The Picture of Dorian Gray - Das Bildnis des Dorian Gray (Oscar Wilde)
"I wish to goodness it never had been discovered at all!" she exclaimed. "Really, our girls have no chance nowadays. It is most unfair."
-- »Wollte Gott, es wäre überhaupt nicht entdeckt worden«, rief sie aus. »Unsere Töchter haben heutzutage wirklich gar keine Chance mehr. Das ist geradezu empörend!«
Like the painting of a sorrow, A face without a heart.
>Gleich dem Bildnis eines Grams, ein Antlitz ohne Herz.<
But Hallward had seen him. Dorian heard him first stopping on the pavement and then hurrying after him. In a few moments, his hand was on his arm.
Aber Hallward hatte ihn gesehen. Dorian hörte, wie er zuerst auf dem Trottoir stehenblieb und ihm dann nacheilte. In ein paar Augenblicken lag eine Hand auf seinem Arm.
But Juliet! Harry, imagine a girl, hardly seventeen years of age, with a little, flowerlike face, a small Greek head with plaited coils of dark-brown hair, eyes that were violet wells of passion, lips that were like the petals of a rose. She was the loveliest thing I had ever seen in my life. You said to me once that pathos left you unmoved, but that beauty, mere beauty, could fill your eyes with tears. I tell you, Harry, I could hardly see this girl for the mist of tears that came across me.
Aber Julia! Harry, stell dir ein Mädchen vor, kaum siebzehn Jahre alt, mit einem blumenhaften Gesichtchen, einem schmalen griechischen Kopf mit dunkelbraunen Zöpfen, mit Augen, wie veilchenblaue Brunnen heißer Leidenschaft, mit Lippen wie Rosenblätter. Das entzückendste Geschöpf, das ich je im Leben gesehen habe. Du sagtest mal zu mir, Pathos ergreife dich nicht, aber Schönheit, keusche Schönheit an sich, könnte deine Augen wohl mit Tränen füllen. Ich sage dir, Harry, ich konnte dieses Mädchen kaum sehen, von dem Tränenflor über meinen Augen.
But the picture? What was he to say of that? It held the secret of his life, and told his story. It had taught him to love his own beauty. Would it teach him to loathe his own soul? Would he ever look at it again?
Aber das Bild? Was sollte er dazu sagen? Es barg das Geheimnis seines Lebens in sich und erzählte seine Geschichte. Es hatte ihn die Liebe zur eigenen Schönheit gelehrt. Sollte es ihn lehren, seine eigene Seele zu verabscheuen? Könnte er es je wieder anblicken?
But this murder--was it to dog him all his life? Was he always to be burdened by his past? Was he really to confess? Never. There was only one bit of evidence left against him. The picture itself-- that was evidence. He would destroy it. Why had he kept it so long? Once it had given him pleasure to watch it changing and growing old. Of late he had felt no such pleasure. It had kept him awake at night. When he had been away, he had been filled with terror lest other eyes should look upon it. It had brought melancholy across his passions. Its mere memory had marred many moments of joy. It had been like conscience to him. Yes, it had been conscience. He would destroy it.
Aber dieser Mord -- sollte er ihn sein ganzes Leben lang verfolgen? Sollte er immer die Last seiner Vergangenheit tragen müssen? Sollte er wirklich eingestehen? Niemals. Es gab nur einen einzigen Beweis gegen ihn. Das Bildnis selbst -- das war ein Beweis. Er wollte es zerstören. Warum hatte er es solange aufgehoben. Früher einmal war es ihm ein Vergnügen gewesen, seine Änderung, sein Altern zu beobachten. In der letzten Zeit hatte er dieses Vergnügen nicht mehr empfunden. Es hatte ihm schlaflose Nächte bereitet. Wenn er außer dem Hause war, erfüllte ihn eine Todesangst, daß fremde Augen das Bild erblicken könnten. Es hatte Schwermut in seine Leidenschaften getröpfelt. Die bloße Erinnerung daran hatte ihm manchen Augenblick der Freude vergällt. Es hatte bei ihm die Rolle des Gewissens übernommen. Ja, es war sein Gewissen gewesen. Er wollte es zerstören.
But he felt afraid of him, and ashamed of being afraid. Why had it been left for a stranger to reveal him to himself? He had known Basil Hallward for months, but the friendship between them had never altered him. Suddenly there had come some one across his life who seemed to have disclosed to him life's mystery. And, yet, what was there to be afraid of? He was not a schoolboy or a girl. It was absurd to be frightened.
Aber er hatte auch Angst vor ihm und schämte sich dieser Angst. Warum hatte ein Fremder kommen müssen, um ihn sich selber zu offenbaren? Er kannte Basil Hallward nun seit Monaten, aber diese Freundschaft hatte ihn niemals verwandelt. Jetzt war plötzlich jemand in sein Leben getreten, der ihm des Lebens Mysterium enthüllt zu haben schien. Und doch, wovor sollte er sich fürchten? Er war kein Schulknabe und kein kleines Mädchen. Es war töricht, Angst zu haben.
But at dinner he could not eat anything. Plate after plate went away untasted. Lady Narborough kept scolding him for what she called "an insult to poor Adolphe, who invented the menu specially for you," and now and then Lord Henry looked across at him, wondering at his silence and abstracted manner. From time to time the butler filled his glass with champagne. He drank eagerly, and his thirst seemed to increase.
Aber er konnte bei Tisch dennoch nichts essen. Platte nach Platte wurde, von ihm unberührt, weggetragen. Lady Narborough schalt ihn unaufhörlich, weil sie darin »eine Beleidigung sah für den armen Adolphe, der das ganze Menü eigens für sie erfunden hätte«, und dann und wann blickte Lord Henry zu ihm herüber und verwunderte sich über sein Schweigen und sein zerstreutes Wesen. Von Zeit zu Zeit füllte der Diener sein Glas mit Champagner. Er trank hastig, und sein Durst schien zu wachsen.
But he never fell into the error of arresting his intellectual development by any formal acceptance of creed or system, or of mistaking, for a house in which to live, an inn that is but suitable for the sojourn of a night, or for a few hours of a night in which there are no stars and the moon is in travail. Mysticism, with its marvellous power of making common things strange to us, and the subtle antinomianism that always seems to accompany it, moved him for a season; and for a season he inclined to the materialistic doctrines of the Darwinismus movement in Germany, and found a curious pleasure in tracing the thoughts and passions of men to some pearly cell in the brain, or some white nerve in the body, delighting in the conception of the absolute dependence of the spirit on certain physical conditions, morbid or healthy, normal or diseased. Yet, as has been said of him before, no theory of life seemed to him to be of any importance compared with life itself. He felt keenly conscious of how barren all intellectual speculation is when separated from action and experiment. He knew that the senses, no less than the soul, have their spiritual mysteries to reveal.
Aber er verfiel nie dem Irrtum, seine geistige Entwicklung durch die förmliche Annahme irgendeines Glaubens oder Systems zu hindern oder irrtümlich ein Haus, in dem man leben konnte, gleichsam für eine Herberge zu halten, die nur zu kurzem Aufenthalt während einer Nacht oder nur für ein paar Stunden während einer Nacht taugt, wenn keine Sterne leuchten und der Mond im Wechsel begriffen ist. Die Mystik mit ihrer wunderbaren Kraft, uns gewöhnliche Dinge seltsam erscheinen zu lassen, und jene tiefe Ketzersucht, die sie immer zu begleiten scheint, reizte ihn eine Saison hindurch; und dann neigte er sich eine andere Saison hindurch wieder den materialistischen Lehren der Darwinistischen Bewegung in Deutschland zu und fand einen besonderen Genuß darin, die Gedanken und Leidenschaften der Menschen bis auf irgendeine perlgroße Zelle im Gehirn oder auf irgendeinen weißen Nerv im Körper zurückzuleiten, schwelgte förmlich in der Vorstellung einer absoluten Abhängigkeit des Geistes von gewissen physischen Bedingungen, mochten sie krankhaft oder gesund, normal oder pathologisch sein. Aber, wie schon früher von ihm berichtet wurde, so schien keine Lebenstheorie von irgendeiner Bedeutung für ihn, im Vergleich mit dem Leben selbst. Er war sich haarscharf bewußt, in welches Irrsal jede geistige Spekulation führen mußte, wenn sie von Handlung und Experiment getrennt ist. Er wußte, daß die Sinne nicht weniger als die Seele ihre geistigen Geheimnisse offenbaren mußten.
Yet it was watching him, with its beautiful marred face and its cruel smile. Its bright hair gleamed in the early sunlight. Its blue eyes met his own. A sense of infinite pity, not for himself, but for the painted image of himself, came over him. It had altered already, and would alter more. Its gold would wither into grey. Its red and white roses would die. For every sin that he committed, a stain would fleck and wreck its fairness. But he would not sin. The picture, changed or unchanged, would be to him the visible emblem of conscience. He would resist temptation. He would not see Lord Henry any more--would not, at any rate, listen to those subtle poisonous theories that in Basil Hallward's garden had first stirred within him the passion for impossible things. He would go back to Sibyl Vane, make her amends, marry her, try to love her again. Yes, it was his duty to do so. She must have suffered more than he had. Poor child! He had been selfish and cruel to her. The fascination that she had exercised over him would return. They would be happy together. His life with her would be beautiful and pure.
Aber es blickte ihn an mit seinem wunderschönen, entstellten Gesicht und seinem grausamen Lächeln. Sein helles Haar leuchtete im Sonnengold der Frühe. Seine blauen Augen blickten in seine eigenen. Ein Gefühl grenzenlosen Mitleids durchdrang ihn, nicht mit sich selbst, nein, mit dem gemalten Abbild. Schon hatte es sich verändert und würde sich noch mehr verändern. Sein Gold wird zum Grau erbleichen. Seine roten und weißen Rosen werden welken. Für jede Sünde, die er begehen würde, wird ein Fleck hervortreten und seine Schönheit besudeln. Aber er wird nicht sündigen. Das Bildnis, verwandelt oder unverwandelt, soll für ihn das sichtbare Wahrzeichen des Gewissens sein. Er wird jeder Versuchung widerstehen. Er wird Lord Henry nicht wiedersehen -- wenigstens nicht mehr seinen blendenden, giftigen Theorien lauschen, die in Basil Hallwards Garten zum erstenmal in ihm die Leidenschaft für unmögliche Dinge aufgerüttelt hatten. Er wird zu Sibyl Vane zurückeilen, sich bestreben, sie in ihrer Kunst zu verfeinern, sie heiraten und versuchen, sie wieder zu lieben. Ja, es war seine Pflicht, das zu tun. Sie mußte ja mehr gelitten haben als er. Armes Kind! Er war selbstsüchtig und grausam gegen sie gewesen. Der Zauber, den sie auf ihn ausgeübt hatte, würde wiederkehren. Sie würden glücklich miteinander werden. Sein Leben mit ihr würde schon und rein sein.
Yet it was not this alone that made him gloomy and morose. Inexperienced though he was, he had still a strong sense of the danger of Sibyl's position. This young dandy who was making love to her could mean her no good. He was a gentleman, and he hated him for that, hated him through some curious race-instinct for which he could not account, and which for that reason was all the more dominant within him. He was conscious also of the shallowness and vanity of his mother's nature, and in that saw infinite peril for Sibyl and Sibyl's happiness. Children begin by loving their parents; as they grow older they judge them; sometimes they forgive them.
Aber es war nicht das allein, was ihn düster und verstimmt sein ließ. So unerfahren er war, fühlte er doch sehr die Gefahr, die in Sibyls Stellung lag. Dieser junge Stutzer, der ihr den Hof machte, konnte es nicht ehrlich mit ihr meinen. Es war ein vornehmes Herrchen, und das trug ihm seinen Haß ein, einen Haß, der aus einem sonderbaren Rasseinstinkt herrührte, von dem er sich keine Rechenschaft geben konnte und der ihn gerade deshalb um so stärker beherrschte. Er kannte auch die Oberflächlichkeit und Eitelkeit seiner Mutter und sah darin ungeheure Gefahren für Sibyl und Sibyls Glück. Kinder fangen damit an, ihre Eltern zu lieben; wenn sie älter werden, sitzen sie über ihnen zu Gericht, manchmal vergeben sie ihnen auch.
But there was no other place in the house so secure from prying eyes as this. He had the key, and no one else could enter it. Beneath its purple pall, the face painted on the canvas could grow bestial, sodden, and unclean. What did it matter? No one could see it. He himself would not see it. Why should he watch the hideous corruption of his soul? He kept his youth-- that was enough. And, besides, might not his nature grow finer, after all? There was no reason that the future should be so full of shame. Some love might come across his life, and purify him, and shield him from those sins that seemed to be already stirring in spirit and in flesh-- those curious unpictured sins whose very mystery lent them their subtlety and their charm. Perhaps, some day, the cruel look would have passed away from the scarlet sensitive mouth, and he might show to the world Basil Hallward's masterpiece.
Aber kein anderer Ort im ganzen Hause war so sicher vor neugierigen Augen als dieser. Er hatte den Schlüssel, und jetzt konnte niemand weiter hinein. Hinter dem purpurnen Bahrtuch konnte nun das gemalte Gesicht auf der Leinwand tierisch, gedunsen und lasterhaft werden. Was lag daran? Niemand konnte es sehen. Er selbst wollte es nicht sehen. Warum sollte er die gräßliche Verwesung seiner Seele verfolgen? Er behielt seine Jugend -- das mußte genügen. Und übrigens, konnte sein Wesen trotz allem nicht edler werden? Es war kein Grund vorhanden, daß die Zukunft so angefüllt von Lastern sein müsse. Die Liebe konnte in sein Leben treten und ihn läutern und ihn vor den Sünden beschützen, die ihm schon in Geist und Blut zu gähren schienen -- diese seltsamen, nicht gemalten Sünden, deren Unbekanntheit ihnen eben den Reiz und die Verführung lieh. Eines Tages vielleicht verschwand der grausame Zug von dem empfindlichen Scharlachmund, und dann würde er der Welt Basil Hallwards Meisterwerk zeigen können.
Yet one had ancestors in literature as well as in one's own race, nearer perhaps in type and temperament, many of them, and certainly with an influence of which one was more absolutely conscious. There were times when it appeared to Dorian Gray that the whole of history was merely the record of his own life, not as he had lived it in act and circumstance, but as his imagination had created it for him, as it had been in his brain and in his passions. He felt that he had known them all, those strange terrible figures that had passed across the stage of the world and made sin so marvellous and evil so full of subtlety. It seemed to him that in some mysterious way their lives had been his own.
Aber man hatte Vorfahren ebensogut in der Literatur wie in dem eigenen Geschlecht, und viele davon standen einem vielleicht näher in ihrem Menschentum und in ihrem Temperament und hatten sicher einen Einfluß, von dem man sich genauere Rechenschaft zu geben vermochte. Es gab Zeiten, wo Dorian Gray den Eindruck hatte, als wäre die ganze Weltgeschichte nur ein Bericht seines eigenen Lebens, nicht wie er es nach Taten und Umständen gelebt hatte, sondern wie es seine Phantasie für ihn erschaffen hatte, wie es in seinem Gehirn und in seinen Sinnentrieben war. Er fühlte, daß er sie alle gekannt hatte, diese merkwürdigen schrecklichen Gestalten, die über die Weltenbühne geschritten waren und die Sünde so glänzend und das Böse so tief und fein gemacht hatten. Es wollte ihm scheinen, daß auf irgendeine geheimnisvolle Weise ihr Leben auch sein eigenes gewesen sei.
But after a time the book fell from his hand. He grew nervous, and a horrible fit of terror came over him. What if Alan Campbell should be out of England? Days would elapse before he could come back. Perhaps he might refuse to come. What could he do then? Every moment was of vital importance. They had been great friends once, five years before-- almost inseparable, indeed. Then the intimacy had come suddenly to an end. When they met in society now, it was only Dorian Gray who smiled: Alan Campbell never did.
Aber nach einiger Zeit entfiel seinen Händen das Buch. Er wurde nervös, und ein gräßlicher Angstanfall schüttelte ihn. Was nun tun, wenn Alan Campbell nicht in England war? Tage könnten möglicherweise verstreichen, bevor er zurückkäme. Vielleicht weigerte er sich, zu kommen. Was sollte er dann tun? Jeder Augenblick war von tödlicher Bedeutung. Sie waren einmal sehr befreundet gewesen, vor fünf Jahren -- sogar fast unzertrennlich. Dann hatte die Intimität plötzlich ein Ende. Wenn sie sich jetzt in Gesellschaft trafen, war es nur noch Dorian Gray, der da lächelte, niemals Alan Campbell.
Yet they felt that the true test of any Juliet is the balcony scene of the second act. They waited for that. If she failed there, there was nothing in her.
Aber sie wußten, daß der wahre Prüfstein für jede Julia die Balkonszene im zweiten Akt sei. Darauf warteten sie. Wenn sie hier versagte, war nichts an ihr.
But perhaps it had been only his fancy that had called vengeance out of the night and set the hideous shapes of punishment before him. Actual life was chaos, but there was something terribly logical in the imagination. It was the imagination that set remorse to dog the feet of sin. It was the imagination that made each crime bear its misshapen brood. In the common world of fact the wicked were not punished, nor the good rewarded. Success was given to the strong, failure thrust upon the weak. That was all. Besides, had any stranger been prowling round the house, he would have been seen by the servants or the keepers. Had any foot-marks been found on the flower-beds, the gardeners would have reported it. Yes, it had been merely fancy. Sibyl Vane's brother had not come back to kill him. He had sailed away in his ship to founder in some winter sea. From him, at any rate, he was safe. Why, the man did not know who he was, could not know who he was. The mask of youth had saved him.
Aber vielleicht war es nur seine Phantasie gewesen, die die Rache aus der Nacht heraufbeschworen und ihm die gräßliche Gestalt der Strafe vorgetäuscht hatte. Das wirkliche Leben war ein Chaos, aber es war eine furchtbare Logik in der Phantasie. Die Phantasie hetzte die Gewissensbisse hinter den flüchtigen Sohlen der Sünde her. Die Phantasie ließ jedes Verbrechen seine mißgestaltete Brut in sich tragen. In der gewöhnlichen Welt der Tatsachen wurden die Schlechten so wenig bestraft wie die Guten belohnt. Der Erfolg gehörte den Starken, Unglück machte die Schwachen unterliegen. Das war alles. Zudem, wenn ein Fremder um das Haus herumgestrolcht wäre, so hätten ihn die Diener oder Wächter entdeckt. Wären irgendwelche Fußtapfen in den Beeten bemerkt worden, so hätten es die Gärtner gemeldet. Ja: es war alles bloße Einbildung. Sybil Vanes Bruder war nicht zurückgekommen, um ihn zu ermorden. Er war mit seinem Schiff abgesegelt, um in irgendeiner arktischen See zu ertrinken. Vor dem war er also sicher. Der Mann wußte gar nicht, wer er war und konnte es nicht wissen. Die Maske der Jugend hatte ihn gerettet.
But, as I was saying, you must not think I have not suffered. If you had come in yesterday at a particular moment-- about half-past five, perhaps, or a quarter to six-- you would have found me in tears. Even Harry, who was here, who brought me the news, in fact, had no idea what I was going through. I suffered immensely. Then it passed away. I cannot repeat an emotion. No one can, except sentimentalists. And you are awfully unjust, Basil. You come down here to console me. That is charming of you. You find me consoled, and you are furious. How like a sympathetic person! You remind me of a story Harry told me about a certain philanthropist who spent twenty years of his life in trying to get some grievance redressed, or some unjust law altered--I forget exactly what it was. Finally he succeeded, and nothing could exceed his disappointment. He had absolutely nothing to do, almost died of ennui, and became a confirmed misanthrope.
Aber wie gesagt, du brauchst nicht zu glauben, daß ich nicht gelitten hätte. Wenn du gestern in einem bestimmten Augenblick, etwa um halb sechs oder um drei Viertel sechs gekommen wärst -- dann hättest du mich in Tränen aufgelöst gefunden. Selbst Harry, der hier war und mir erst die Nachricht brachte, hat keine Ahnung, was ich durchgemacht habe. Ich litt namenlos. Dann ging es vorüber. Ich kann das Gefühl nicht wiederholen. Niemand kann das, sentimentale Menschen ausgenommen. Und du bist furchtbar ungerecht, Basil. Du kommst hierher, um mich zu trösten. Das ist gut und lieb von dir. Du findest mich getröstet und bist wütend. So sieht dein Mitgefühl aus! Du erinnerst mich an eine Geschichte, die mir Harry über einen Philantropen erzählt hat, der sich zwanzig Jahre seines Lebens damit abquälte, irgendeinen Mißstand aus der Welt zu schaffen oder ein ungerechtes Gesetz abzuändern -- ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Schließlich gelang es ihm, und nichts konnte größer sein als seine Enttäuschung. Er hatte nun absolut nichts mehr zu tun, starb beinah vor Langerweile und wurde ein unversöhnlicher Menschenhasser.
Chapter 8
Achtes Kapitel
Chapter 18
Achtzehntes Kapitel
Adrian Singleton rose up wearily and followed Dorian to the bar. A half-caste, in a ragged turban and a shabby ulster, grinned a hideous greeting as he thrust a bottle of brandy and two tumblers in front of them. The women sidled up and began to chatter. Dorian turned his back on them and said something in a low voice to Adrian Singleton.
Adrian Singleton stand schläfrig auf und folgte Dorian ans Büfett. Ein Mischling in zerrissenem Turban und schäbigem Ulster grinste ihnen einen widerlichen Gruß zu, als er zwei Gläser und eine Branntweinflasche vor sie hinstellte. Die Weiber torkelten herbei und begannen zu schwatzen. Dorian kehrte ihnen den Rücken zu und sagte leise etwas zu Adrian Singleton.
Ah! in what a monstrous moment of pride and passion he had prayed that the portrait should bear the burden of his days, and he keep the unsullied splendour of eternal youth! All his failure had been due to that. Better for him that each sin of his life had brought its sure swift penalty along with it. There was purification in punishment. Not "Forgive us our sins" but "Smite us for our iniquities" should be the prayer of man to a most just God.
Ah! In was für einem ungeheuerlichen Augenblick von Hochmut und Leidenschaft hatte er gebetet, es möchte das Bildnis die Last seiner Tage auf sich nehmen und er sich den ungetrübten Glanz ewiger Jugend bewahren! Das war an seinem ganzen verfehlten Leben schuld. Es wäre besser für ihn gewesen, wenn jede Sünde seines Lebens ihre gewisse und schnelle Strafe mit sich gebracht hätte. In der Strafe lag Reinigung. Nicht »Vergib uns unsere Sünden«, sondern »Züchtige uns für unsere Missetaten« sollte das Gebet des Menschen zu einem allgerechten Gotte lauten.
All art is at once surface and symbol.
Alle Kunst ist gleichzeitig Oberfläche und Symbol.
All art is quite useless.
Alle Kunst ist völlig nutzlos.
For there would be a real pleasure in watching it. He would be able to follow his mind into its secret places. This portrait would be to him the most magical of mirrors. As it had revealed to him his own body, so it would reveal to him his own soul. And when winter came upon it, he would still be standing where spring trembles on the verge of summer. When the blood crept from its face, and left behind a pallid mask of chalk with leaden eyes, he would keep the glamour of boyhood. Not one blossom of his loveliness would ever fade. Not one pulse of his life would ever weaken. Like the gods of the Greeks, he would be strong, and fleet, and joyous. What did it matter what happened to the coloured image on the canvas? He would be safe. That was everything.
Allerdings müßte es ein starker Genuß sein, solchen Vorgang zu beobachten. Er würde befähigt werden, seinem Geist in geheime Schlupfwinkel zu folgen. Dies Bild sollte ihm der zauberhafteste Spiegel werden. Wie es ihm seinen Körper geoffenbart hatte, so sollte es ihm nun die Seele enthüllen. Und wenn der Winter über das Gemälde hereinbrach, dann stand er immer noch da, wo der Frühling schwankt, ob er die zum Sommer führende Schwelle überschreiten soll. Wenn das Blut aus seinem Antlitz fortschliche und eine kreidebleiche Maske mit stummen Augen zurückließe, dann bewahrte er immer noch den Glanz des Säuglingsalters. Keine Blüte seiner Lieblichkeit sollte jemals welken. Kein Pulsschlag seines Lebens jemals erlahmen. Wie die Götter der Griechen würde er stark und behend und heiter bleiben. Was lag daran, was aus dem gemalten Abbild auf der Leinwand wurde? Er selbst war seiner sicher. Darauf kam alles an.
Gradually the events of the preceding night crept with silent, blood-stained feet into his brain and reconstructed themselves there with terrible distinctness. He winced at the memory of all that he had suffered, and for a moment the same curious feeling of loathing for Basil Hallward that had made him kill him as he sat in the chair came back to him, and he grew cold with passion. The dead man was still sitting there, too, and in the sunlight now. How horrible that was! Such hideous things were for the darkness, not for the day.
Allmählich schlichen die Vorgänge der vergangenen Nacht auf lautlosen, blutbefleckten Sohlen in sein Gehirn und bauten sich dort mit furchtbarer Deutlichkeit wieder auf. Er erschauerte bei dem Gedächtnis an alles, was er durchlitten hatte, und einen Augenblick lang kehrte in ihm derselbe sonderbare Haß auf Basil Hallward zurück, der ihn dazu getrieben hatte, ihn zu töten, als er im Stuhl saß, er wurde kalt vor Wut. Der Tote saß noch immer da oben und jetzt dazu im Sonnenlicht. Wie schrecklich das war! So gräßliche Dinge gehörten in die Dunkelheit, nicht an den Tag.
When Lord Henry entered the room, he found his uncle sitting in a rough shooting-coat, smoking a cheroot and grumbling over The Times. "Well, Harry," said the old gentleman, "what brings you out so early? I thought you dandies never got up till two, and were not visible till five."
Als Lord Henry ins Zimmer trat, fand er seinen Onkel in einem flockigen Jagdrock, eine ziemlich wohlfeile Zigarre im Munde und brummend in den »Times« lesend. »Na, Harry,« sagte der alte Herr, »was bringt dich so früh her? Ich dachte immer, ihr Dandies steht nie vor zwei Uhr auf und werdet nie vor fünf Uhr sichtbar.«
When the sound of their footsteps had died away, Dorian locked the door and put the key in his pocket. He felt safe now. No one would ever look upon the horrible thing. No eye but his would ever see his shame. On reaching the library, he found that it was just after five o'clock and that the tea had been already brought up. On a little table of dark perfumed wood thickly incrusted with nacre, a present from Lady Radley, his guardian's wife, a pretty professional invalid who had spent the preceding winter in Cairo, was lying a note from Lord Henry, and beside it was a book bound in yellow paper, the cover slightly torn and the edges soiled. A copy of the third edition of The St. James's Gazette had been placed on the tea-tray. It was evident that Victor had returned.
Als das Geräusch ihrer Fußtritte verklungen war, schloß Dorian die Tür zu und steckte den Schlüssel in die Tasche. Jetzt fühlte er sich gleichsam gerettet! Nie würde jemand das Schrecknis sehen. Kein Auge als seines würde mehr seine Schande erblicken. Als er wieder in die Bibliothek kam, sah er, daß es gerade fünf Uhr war und daß der Tee schon bereit stand. Auf einem kleinen Tisch aus dunklem, wohlriechendem Holz, das reich mit Perlmutter ausgelegt war, einem Geschenk der Frau seines Vormundes, Lady Radley, einer hübschen Kranken von Beruf und Gewohnheit, die den vergangenen Winter in Kairo zugebracht hatte, lag ein Briefchen von Lord Henry und daneben ein Buch in gelbem, leicht abgenutztem und an den Ecken nicht mehr ganz sauberem Umschlag. Ein Exemplar der dritten Tagesausgabe der St.-James-Gazette lag auf dem Teebrett. Offenbar war Viktor zurückgekehrt.
When the Duke de Valentinois, son of Alexander VI, visited Louis XII of France, his horse was loaded with gold leaves, according to Brantome, and his cap had double rows of rubies that threw out a great light. Charles of England had ridden in stirrups hung with four hundred and twenty-one diamonds. Richard II had a coat, valued at thirty thousand marks, which was covered with balas rubies. Hall described Henry VIII, on his way to the Tower previous to his coronation, as wearing "a jacket of raised gold, the placard embroidered with diamonds and other rich stones, and a great bauderike about his neck of large balasses." The favourites of James I wore ear-rings of emeralds set in gold filigrane. Edward II gave to Piers Gaveston a suit of red-gold armour studded with jacinths, a collar of gold roses set with turquoise- stones, and a skull-cap parsemé with pearls. Henry II wore jewelled gloves reaching to the elbow, and had a hawk-glove sewn with twelve rubies and fifty-two great orients. The ducal hat of Charles the Rash, the last Duke of Burgundy of his race, was hung with pear-shaped pearls and studded with sapphires.
Als der Herzog von Valentinois, der Sohn Alexanders des Sechsten, Ludwig den Zwölften von Frankreich besuchte, war nach Brantôme sein Pferd mit goldenen Blättern bedeckt, und ein Barett trug eine doppelte Reihe von Rubinen, die ein mächtiges Licht ausstrahlten. Karl von England ritt in Steigbügeln, die mit vierhunderteinundzwanzig Diamanten besetzt waren. Richard der Zweite hatte ein Gewand, das mit Balasrubinen besetzt war, und auf dreißigtausend Mark geschätzt wurde. Hall beschrieb Heinrich den Achten auf seinem Wege zur Krönung nach dem Tower folgendermaßen: er trug ein »Panzerkleid aus erhabenem Gold, die Brust war mit Diamanten und anderen Edelsteinen bestickt, und um den Hals hing ihm eine mächtige Kette aus schweren Balasrubinen«. Die Günstlinge Jakobs des Ersten trugen Ohrringe aus Smaragden, die in Goldfiligran gefaßt waren. Eduard der Zweite schenkte dem Piers Gaveston eine vollständige Rüstung aus rotem Golde, die mit Hyazinthsteinen besetzt war, eine Halsberge aus goldenen Rosen, in die Türkise eingelassen waren, und eine mit Perlen übersäte Sturmhaube. Heinrich der Zweite trug Handschuhe bis zum Ellenbogen hinauf, die mit Edelsteinen besetzt waren, und er hatte einen Falkenierhandschuh, den zwölf Rubinen und zweiundfünfzig große Perlen zierten. Der Herzogshut Karls des Kühnen, des letzten Burgunder Herzogs seines Geschlechts, war behängt mit birnenförmigen Perlen und überstreut mit Saphiren.
As the dawn was just breaking, he found himself close to Covent Garden. The darkness lifted, and, flushed with faint fires, the sky hollowed itself into a perfect pearl. Huge carts filled with nodding lilies rumbled slowly down the polished empty street. The air was heavy with the perfume of the flowers, and their beauty seemed to bring him an anodyne for his pain. He followed into the market and watched the men unloading their waggons. A white-smocked carter offered him some cherries. He thanked him, wondered why he refused to accept any money for them, and began to eat them listlessly. They had been plucked at midnight, and the coldness of the moon had entered into them.
Als der Morgen graute, fand er sich dicht bei Covent Garden. Die Dunkelheit schwand, die Luft rötete sich in blaßrotem Feuer, und der Himmel wölbte sich zu einer vollendeten Perle. Mächtige Wagen voll nickender Lilien rumpelten langsam die gerade, leere Straße hinab. Die Luft war schwer vom Dufte der Blumen, und die Schönheit schien seinem Schmerz Linderung zu bringen. Er trat in die Markthalle und sah den Männern zu, die ihre Wagen ausluden. Ein Fuhrmann in weißem Kittel bot ihm von seinen Kirschen an. Er dankte ihm, wunderte sich, warum er kein Geld dafür annehmen wollte, und begann zerstreut davon zu essen. Sie waren um Mitternacht gepflückt worden, und sie hatten die Kühle des Mondes in sich. Burschen in langer Reihe schleppten Körbe voll gestreifter Tulpen und von gelben und roten Rosen herbei, trotteten an ihm vorbei, als sie sich ihren Weg durch die großen, gelblichgrünen Gemüsestapel suchten.
When the second act was over, there came a storm of hisses, and Lord Henry got up from his chair and put on his coat. "She is quite beautiful, Dorian," he said, "but she can't act. Let us go."
Als der zweite Akt vorüber war, brach ein Sturm von Zischen los, und Lord Henry stand von seinem Stuhl auf und zog seinen Rock an. »Sie ist wunderschön, Dorian,« sagte er, »aber sie kann nicht spielen. Wir wollen gehen.«
As the hall door shut, Campbell started nervously, and having got up from the chair, went over to the chimney-piece. He was shivering with a kind of ague. For nearly twenty minutes, neither of the men spoke. A fly buzzed noisily about the room, and the ticking of the clock was like the beat of a hammer.
Als die Haustür ins Schloß fiel, zuckte Campbell nervös zusammen, stand vom Stuhl auf und ging zum Kamin hinüber. Er schüttelte sich in einer Art kalten Fiebers. Fast zwanzig Minuten lang sprach keiner der beiden Männer. Eine Fliege schwirrte summend durch das Zimmer, und das Ticktack der Uhr klang wie der Fall eines Hammers.
As midnight was striking bronze blows upon the dusky air, Dorian Gray, dressed commonly, and with a muffler wrapped round his throat, crept quietly out of his house. In Bond Street he found a hansom with a good horse. He hailed it and in a low voice gave the driver an address.
Als die Mitternacht ihre metallenen Schläge durch die dunkle Luft schickte, schlich Dorian Gray in ordinärer Kleidung und ein Tuch um den Hals geschlungen, leise aus dem Hause. In Bond Street traf er eine Droschke mit einem guten Pferd. Er ließ sie halten und sagte dem Kutscher mit leiser Stimme eine Adresse.
As the door closed, Dorian put the key in his pocket and looked round the room. His eye fell on a large, purple satin coverlet heavily embroidered with gold, a splendid piece of late seventeenth-century Venetian work that his grandfather had found in a convent near Bologna. Yes, that would serve to wrap the dreadful thing in. It had perhaps served often as a pall for the dead. Now it was to hide something that had a corruption of its own, worse than the corruption of death itself-- something that would breed horrors and yet would never die. What the worm was to the corpse, his sins would be to the painted image on the canvas. They would mar its beauty and eat away its grace. They would defile it and make it shameful. And yet the thing would still live on. It would be always alive.
Als die Tür geschlossen war, steckte Dorian den Schlüssel in die Tasche und blickte sich im Zimmer um. Sein Auge fiel auf eine große purpurne Atlasdecke mit schweren Goldstickereien, ein köstliches Stück venezianischer Arbeit vom Ende des siebzehnten Jahrhunderts, das sein Großvater in einem Kloster nahe bei Bologna aufgestöbert hatte. Ja, die paßte trefflich, um das schreckliche Ding damit zu verhüllen. Sie hatte vielleicht oft als Bahrtuch für Tote gedient. Jetzt sollte sie etwas verhüllen, das eine eigene Art Verwesung in sich hatte, eine ärgere als die Verwesung des Todes -- etwas, das Schrecknisse ausbrüten und doch nie sterben würde. Was Würmer für einen Leichnam sind, das würden seine Sünden für das gemalte Antlitz auf der Leinwand werden. Sie würden seine Schönheit zerstören und seine Anmut wegfressen. Sie würden es beflecken und schänden. Und doch würde das Bild weiterleben. Es würde immer am Leben bleiben.
As he was sitting at breakfast next morning, Basil Hallward was shown into the room.
Als er am nächsten Morgen beim Frühstück saß, trat Basil Hallward ins Zimmer.
As he thought of Hetty Merton, he began to wonder if the portrait in the locked room had changed. Surely it was not still so horrible as it had been? Perhaps if his life became pure, he would be able to expel every sign of evil passion from the face. Perhaps the signs of evil had already gone away. He would go and look.
Als er an Hetty Merton dachte, begann er sich zu fragen, ob sich das Bild in dem verschlossenen Zimmer oben wohl verändert habe. Es konnte doch sicher nicht mehr so häßlich sein, wie es gewesen war. Vielleicht könnte er, wenn sein Leben jetzt rein würde, imstande sein, jedes Anzeichen niedriger Leidenschaften aus dem Antlitz zu tilgen. Vielleicht waren die Spuren des Bösen schon verschwunden. Er wollte hinauf und nachsehen.
Having reached the door, he turned the key and opened it. He did not even glance at the murdered man. He felt that the secret of the whole thing was not to realize the situation. The friend who had painted the fatal portrait to which all his misery had been due had gone out of his life. That was enough.
Als er bei der Türe war, drehte er den Schlüssel und öffnete sie. Er blickte den Ermordeten mit keinem Blicke mehr an. Er empfand, daß das Geheimnis der ganzen Sache darin beruhe, sich die Sachlage nicht zu vergegenwärtigen. Der Freund, der das verhängnisvolle Bild gemalt hatte, von dem all sein Elend herrührte, war aus seinem Leben verschwunden. Das war genug.
When he arrived home, about half-past twelve o'clock, he saw a telegram lying on the hall table. He opened it and found it was from Dorian Gray. It was to tell him that he was engaged to be married to Sibyl Vane.
Als er dann gegen halb ein Uhr nachts nach Hause kam, fand er im Vorflur auf dem Tische ein Telegramm liegen. Er öffnete es und sah, daß es von Dorian Gray war. Es teilte ihm mit, daß er sich mit Sibyl Vane verlobt habe.
As he left the room, Dorian Gray smiled to himself. Poor Basil! How little he knew of the true reason! And how strange it was that, instead of having been forced to reveal his own secret, he had succeeded, almost by chance, in wresting a secret from his friend! How much that strange confession explained to him! The painter's absurd fits of jealousy, his wild devotion, his extravagant panegyrics, his curious reticences-- he understood them all now, and he felt sorry. There seemed to him to be something tragic in a friendship so coloured by romance.
Als er das Zimmer verlassen hatte, lächelte sich Dorian Gray zu. Der arme Basil! Wie wenig ahnte der doch von dem wahren Grunde! Und wie seltsam es war, daß er es, statt sein eigenes Geheimnis offenbaren zu müssen, fast durch einen Zufall erreicht hatte, dem Freunde das seine zu entreißen. Wie viel erklärte ihm doch diese merkwürdige Beichte! Die unverständlichen Eifersuchtsanfälle des Malers, seine ungestüme Verehrung, seine übertriebenen Lobeshymnen, sein sonderbares Verstummen -- das alles verstand er jetzt, und er tat ihm leid. Einer Freundschaft, die so stark von Romantik gefärbt war, schien ihm eine gewisse Tragik inne zu wohnen.
As he left the room, Lord Henry's heavy eyelids drooped, and he began to think. Certainly few people had ever interested him so much as Dorian Gray, and yet the lad's mad adoration of some one else caused him not the slightest pang of annoyance or jealousy. He was pleased by it. It made him a more interesting study. He had been always enthralled by the methods of natural science, but the ordinary subject-matter of that science had seemed to him trivial and of no import.
Als er das Zimmer verlassen hatte, schloß Lord Henry die schweren Lider und begann nachzudenken. Gewiß hatten ihn wenige Menschen bisher so interessiert wie Dorian Gray, und doch verursachte ihm die wahnsinnige Leidenschaft des Jünglings für eine andere Person nicht im entferntesten Ärger oder Eifersucht. Es freute ihn. Dorian wurde dadurch nur noch interessanter. Die Methoden der Naturwissenschaft hatten ihn immer entzückt, aber der gewöhnliche Gegenstand dieser Wissenschaft war ihm kleinlich und belanglos erschienen, und so hatte er begonnen, sich selbst zu vivisezieren und hatte damit geendet, andere zu vivisezieren.
As he was passing out of the door, Dorian Gray touched him on the arm. "Let me come with you," he murmured.
Als er durch den Türrahmen schritt, berührte ihn Dorian Gray am Arm. »Erlauben Sie mir, mitzukommen«, flüsterte er.
When he entered, she looked at him, and an expression of infinite joy came over her. "How badly I acted to-night, Dorian!" she cried.
Als er eintrat, blickte sie ihn an und ein Ausdruck unsäglichen Glückes kam über sie. »Wie schlecht ich heute gespielt habe, Dorian!« rief sie.
When he reached the library, he saw the bag and coat in the corner. They must be hidden away somewhere. He unlocked a secret press that was in the wainscoting, a press in which he kept his own curious disguises, and put them into it. He could easily burn them afterwards. Then he pulled out his watch. It was twenty minutes to two.
Als er in seinem Bibliothekszimmer war, erblickte er die Tasche und den Rock in der Ecke. Die mußten irgendwo verborgen werden. Er öffnete einen Geheimschrank, der in der Holztäfelung war, in dem er seine eigenen Verkleidungen aufbewahrte, und schob die Sachen hinein. Er konnte sie später leicht einmal verbrennen. Dann zog er seine Uhr. Es war zwanzig Minuten vor zwei.
When he reached home, he found his servant waiting up for him. He sent him to bed, and threw himself down on the sofa in the library, and began to think over some of the things that Lord Henry had said to him.
Als er nach Hause kam, wartete sein Diener auf ihn. Er schickte ihn zu Bett und warf sich auf das Sofa in der Bibliothek und begann über einiges von dem nachzudenken, was ihm Lord Henry gesagt hatte.
After he had drunk his cup of black coffee, he wiped his lips slowly with a napkin, motioned to his servant to wait, and going over to the table, sat down and wrote two letters. One he put in his pocket, the other he handed to the valet.
Als er seine Schale schwarzen Kaffee getrunken hatte, trocknete er die Lippen langsam an seiner Serviette ab, gab dem Diener ein Zeichen zu warten, ging zum Schreibtisch hinüber, setzte sich und schrieb zwei Briefe. Einen steckte er in die Tasche, den anderen reichte er dem Diener.
When he had stretched himself on the sofa, he looked at the title-page of the book. It was Gautier's Emaux et Camees, Charpentier's Japanese-paper edition, with the Jacquemart etching. The binding was of citron-green leather, with a design of gilt trellis-work and dotted pomegranates. It had been given to him by Adrian Singleton. As he turned over the pages, his eye fell on the poem about the hand of Lacenaire, the cold yellow hand "du supplice encore mal lavé:e," with its downy red hairs and its "doigts de faune." He glanced at his own white taper fingers, shuddering slightly in spite of himself, and passed on, till he came to those lovely stanzas upon Venice:
Als er sich auf dem Sofa ausgestreckt hatte, sah er auf den Titel des Buches. Es waren Gautiers »~Emaux et Camées~«, Charpentiers Ausgabe auf japanischem Papier, mit Radierungen von Jacquemart. Der Einband war aus zitronengelbem Leder mit einem Blinddruckmuster von goldenem Laubwerk und Granatäpfeln in Punktmanier. Es war ein Geschenk Adrian Singletons. Als er darin blätterte, fiel sein Auge auf das Gedicht über die Hand Lacenaires, die kalte gelbe Hand »~du supplice encore mal lavée~«, mit ihren rötlichen Flaumhärchen und ihren »~doigts de faune~«. Er blickte auf seine eigenen weißen, spitzen Finger, schauderte unwillkürlich zusammen, las dann weiter, bis er zu den lieblichen Versen auf Venedig kam.
When the farm-servant had done so, he stepped forward. A cry of joy broke from his lips. The man who had been shot in the thicket was James Vane.
Als es der Knecht getan hatte, machte er einen Schritt nach vorn. Ein Freudenschrei kam von seinen Lippen. Der Mann, der im Dickicht erschossen worden war, war James Vane.
As the chime struck one, Campbell turned round, and looking at Dorian Gray, saw that his eyes were filled with tears. There was something in the purity and refinement of that sad face that seemed to enrage him. "You are infamous, absolutely infamous!" he muttered.
Als es eins schlug, drehte sich Campbell um, blickte auf Dorian Gray und sah, daß seine Augen mit Tränen gefüllt waren. In den reinen, edlen Zügen dieses traurigen Gesichts lag etwas, was ihn wütend zu machen schien. »Du bist infam, ganz infam«, rief er mit unterdrückter Stimme.
When the half-hour struck, he passed his hand across his forehead, and then got up hastily and dressed himself with even more than his usual care, giving a good deal of attention to the choice of his necktie and scarf-pin and changing his rings more than once. He spent a long time also over breakfast, tasting the various dishes, talking to his valet about some new liveries that he was thinking of getting made for the servants at Selby, and going through his correspondence. At some of the letters, he smiled. Three of them bored him. One he read several times over and then tore up with a slight look of annoyance in his face. "That awful thing, a woman's memory!" as Lord Henry had once said.
Als es halb schlug, fuhr er sich mit der Hand über die Stirn, stand dann rasch auf und zog sich beinahe mit noch größerer Sorgfalt an, als gewöhnlich, indem er die größte Aufmerksamkeit auf die Wahl seiner Krawatte und seiner Nadel verwandte und seine Ringe mehr als einmal wechselte. Er verbrachte auch beim Frühstück längere Zeit, kostete von den verschiedenen Gerichten, sprach mit seinem Bedienten über neue Livreen, die er der Dienerschaft in Selby machen lassen wollte, und sah seine Briefschaften durch. Bei einigen Zuschriften lächelte er. Drei ödeten ihn an. Einen Brief las er mehrmals durch und zerriß ihn dann mit einem leichten Ärger in seinen Mienen. »Was für ein gräßliches Ding das Gedächtnis einer Frau ist«, hatte Lord Henry einmal gesagt.
After about a quarter of an hour Hallward stopped painting, looked for a long time at Dorian Gray, and then for a long time at the picture, biting the end of one of his huge brushes and frowning. "It is quite finished," he cried at last, and stooping down he wrote his name in long vermilion letters on the left-hand corner of the canvas. Lord Henry came over and examined the picture. It was certainly a wonderful work of art, and a wonderful likeness as well.
Als etwa eine Viertelstunde vergangen war, hörte Hallward zu malen auf, betrachtete Dorian lange Zeit, sah dann lange auf das Bildnis, nagte an dem Stiel eines seiner großen Pinsel und runzelte die Stirn. »Ganz fertig«, rief er endlich, bückte sich und schrieb in großen grellroten Lettern seinen Namen in die linke Ecke der Leinwand. Lord Henry trat heran und betrachtete das Bild mit Kennerblick. Es war in der Tat ein wunderbares Kunstwerk und auch wunderbar ähnlich.
When his servant entered, be looked at him steadfastly and wondered if he had thought of peering behind the screen. The man was quite impassive and waited for his orders. Dorian lit a cigarette and walked over to the glass and glanced into it. He could see the reflection of Victor's face perfectly. It was like a placid mask of servility. There was nothing to be afraid of, there. Yet he thought it best to be on his guard.
Als sein Bedienter eintrat, sah er ihn forschend an und fragte sich, ob es ihm wohl schon eingefallen sei, hinter den Schirm zu blicken. Der Mann sah aber ganz harmlos aus und wartete auf seine Befehle. Dorian zündete sich eine Zigarette an, ging zum Spiegel hinüber und sah hinein. Er konnte Viktors Gesicht darin genau sehen. Es war eine reglose Maske der Unterwürfigkeit. Daher war nichts zu fürchten, daher nicht. Doch er hielt es für das beste, auf der Hut zu sein.
As he closed the door behind him, Dorian Gray touched the bell, and in a few minutes Victor appeared with the lamps and drew the blinds down. He waited impatiently for him to go. The man seemed to take an interminable time over everything.
Als sich die Tür hinter ihm schloß, klingelte Dorian Gray, und nach ein paar Minuten erschien Viktor mit den Lampen und ließ die Vorhänge herab. Er wartete ungeduldig, daß der Diener wieder verschwände. Der Mann schien eine unglaubliche Zeit für alles zu gebrauchen.
As the door closed behind them, the painter flung himself down on a sofa, and a look of pain came into his face.
Als sich die Tür hinter ihnen schloß, warf sich der Maler auf den Diwan, und in sein Gesicht trat ein schmerzlicher Ausdruck.
When they reached the Achilles Statue, she turned round. There was pity in her eyes that became laughter on her lips. She shook her head at him. "You are foolish, Jim, utterly foolish; a bad-tempered boy, that is all. How can you say such horrible things? You don't know what you are talking about. You are simply jealous and unkind. Ah! I wish you would fall in love. Love makes people good, and what you said was wicked."
Als sie bei der Achillesstatue war, drehte sie sich nach ihm um. In ihren Augen lag Mitleid, das auf ihren Lippen zu einem Lachen wurde. Sie schüttelte den Kopf über ihn. »Du bist verdreht, Jim, völlig verdreht; ein ungezogener Bubi, sonst nichts. Wie kannst du so was Häßliches sagen? Du weißt gar nicht, was du zusammensprichst. Du bist einfach eifersüchtig und unfreundlich. Ach! ich wollte, daß du dich einmal verliebst. Liebe macht die Menschen gut, und was du gesagt hast, war schlecht.«
When they reached the top landing, Dorian set the lamp down on the floor, and taking out the key, turned it in the lock. "You insist on knowing, Basil?" he asked in a low voice.
Als sie den obersten Absatz erreicht hatten, stellte Dorian die Lampe auf den Boden, nahm den Schlüssel heraus und schloß auf. »Du bestehst auf einer Antwort, Basil?« fragte er mit gedämpfter Stimme.
When they reached the top landing, Dorian took out the key and turned it in the lock. Then he stopped, and a troubled look came into his eyes. He shuddered. "I don't think I can go in, Alan," he murmured.
Als sie den obersten Treppenabsatz erreicht hatten, nahm Dorian den Schlüssel heraus und schloß auf. Dann blieb er stehen, und ein Ausdruck von Unruhe zeigte sich in seinem Blick. Er schauderte. »Ich glaube, ich kann nicht hineingehen, Alan«, flüsterte er.
As they entered they saw Dorian Gray. He was seated at the piano, with his back to them, turning over the pages of a volume of Schumann's "Forest Scenes." "You must lend me these, Basil," he cried. "I want to learn them. They are perfectly charming."
Als sie eintraten, erblickten sie Dorian Gray. Er saß am Klavier, mit dem Rücken ihnen zu, und blätterte in einem Notenbande mit Schumanns Waldszenen. »Die mußt du mir leihen, Basil!« rief er aus. »Ich möchte sie spielen lernen. Sie sind geradezu entzückend.«
When they entered, they found hanging upon the wall a splendid portrait of their master as they had last seen him, in all the wonder of his exquisite youth and beauty. Lying on the floor was a dead man, in evening dress, with a knife in his heart. He was withered, wrinkled, and loathsome of visage. It was not till they had examined the rings that they recognized who it was.
Als sie eintraten, sahen sie an der Wand ein wunderbares Bild ihres Herrn hängen, so wie sie ihn zuletzt gesehen hatten, in all dem Glanz seiner entzückenden Jugend und Schönheit. Auf dem Boden lag ein toter Mann im Gesellschaftsanzug, mit einem Messer im Herzen. Er war welk, runzlig und häßlich von Angesicht. Erst als sie die Ringe untersuchten, erkannten sie, wer es war.
As they entered the studio, Dorian Gray put his hand upon Lord Henry's arm. "In that case, let our friendship be a caprice," he murmured, flushing at his own boldness, then stepped up on the platform and resumed his pose.
Als sie ins Atelier traten, legte Dorian Gray seine Hand auf Lord Henrys Arm. »Lassen Sie also unsere Freundschaft eine Laune sein«, sagte er leise und errötete über seine eigene Kühnheit. Dann bestieg er das Podium und nahm wieder seine Stellung ein.
At the corner of the pine-wood he caught sight of Sir Geoffrey Clouston, the duchess's brother, jerking two spent cartridges out of his gun. He jumped from the cart, and having told the groom to take the mare home, made his way towards his guest through the withered bracken and rough undergrowth.
Am Eingang des Tannenwaldes erblickte er Sir Geoffrey Clouston, den Bruder der Herzogin, der eben zwei verschossene Patronen aus seiner Flinte stieß. Dorian sprang aus dem Wagen, sagte dem Groom, er solle mit dem Gespann nach Hause fahren, und ging durch das welke Farnkraut und das gestrüppige Unterholz auf seinen Gast zu.
At the end of the room there was a little staircase, leading to a darkened chamber. As Dorian hurried up its three rickety steps, the heavy odour of opium met him. He heaved a deep breath, and his nostrils quivered with pleasure. When he entered, a young man with smooth yellow hair, who was bending over a lamp lighting a long thin pipe, looked up at him and nodded in a hesitating manner.
Am Ende des Zimmers war eine kleine Treppe, die in eine verdunkelte Kammer führte. Als Dorian die drei wackligen Stufen hinaufhastete, schlug ihm der schwere Geruch des Opiums entgegen. Er holte tief Atem, und seine Nasenflügel zitterten vor Lust. Als er eintrat, blickte ein junger Mann mit glattgescheiteltem Blondhaar zu ihm auf, der sich über eine Lampe beugte, an der er eine lange, dünne Pfeife anzündete, und zögernd nickte.
At the Marble Arch they hailed an omnibus, which left them close to their shabby home in the Euston Road. It was after five o'clock, and Sibyl had to lie down for a couple of hours before acting. Jim insisted that she should do so. He said that he would sooner part with her when their mother was not present. She would be sure to make a scene, and he detested scenes of every kind.
Am Marble Arch bestiegen sie einen Omnibus, der sie in die Nähe ihrer armseligen Wohnung in Euston Road brachte. Es war schon fünf Uhr vorüber, und Sibyl mußte sich noch, bevor sie auftrat, ein paar Stündchen niederlegen. Jim bestand darauf, daß sie es täte. Er sagte, er würde lieber von ihr Abschied nehmen, wenn die Mutter nicht dabei wäre. Sie würde sicher eine Szene machen, und er verabscheue Szenen aller Art.
At nine o'clock the next morning his servant came in with a cup of chocolate on a tray and opened the shutters. Dorian was sleeping quite peacefully, lying on his right side, with one hand underneath his cheek. He looked like a boy who had been tired out with play, or study. The man had to touch him twice on the shoulder before he woke, and as he opened his eyes a faint smile passed across his lips, as though he had been lost in some delightful dream. Yet he had not dreamed at all. His night had been untroubled by any images of pleasure or of pain. But youth smiles without any reason. It is one of its chiefest charms.
Am nächsten Morgen um neun Uhr kam sein Diener mit einer Tasse Schokolade auf einem Servierbrett herein und öffnete die Fensterläden. Dorian lag auf der rechten Seite, eine Hand unter seiner Wange und schlief ganz friedlich. Er sah aus wie ein Knabe, der beim Spiel oder Lernen müde geworden ist. Der Mann mußte ihn zweimal an der Schulter berühren, bevor er aufwachte, und als er die Augen öffnete, huschte ein leichtes Lächeln über seine Lippen, als wäre er von einem entzückenden Traum befangen gewesen. Aber er hatte gar nicht geträumt. Seine Nacht war weder von Bildern der Freude noch des Grauens gestört worden. Doch die Jugend lächelt ohne Grund. Das ist einer ihrer besonderen Reize.
The next day he did not leave the house, and, indeed, spent most of the time in his own room, sick with a wild terror of dying, and yet indifferent to life itself. The consciousness of being hunted, snared, tracked down, had begun to dominate him. If the tapestry did but tremble in the wind, he shook. The dead leaves that were blown against the leaded panes seemed to him like his own wasted resolutions and wild regrets. When he closed his eyes, he saw again the sailor's face peering through the mist- stained glass, and horror seemed once more to lay its hand upon his heart.
Am nächsten Tage verließ er das Haus nicht und verbrachte den größten Teil der Zeit in seinem Zimmer, durchrüttelt von einer wilden Todesfurcht und dem Leben gegenüber doch gleichgültig. Das Bewußtsein, gejagt, umzingelt, aufgestöbert zu werden, fing an, ihn gänzlich zu beherrschen. Wenn nur die Vorhänge im Winde rauschten, schrak er zusammen. Die toten Blätter, die gegen die verbleiten Scheiben gefegt wurden, schienen ihm seine eigenen vergeudeten Vorsätze und ungestümen Gewissensbisse zu sein. Wenn er die Augen schloß, sah er wieder das Gesicht des Matrosen vor sich, wie es durch das feuchtbeschlagene Glas stierte, und das Entsetzen schien ihm noch einmal seine Hand aufs Herz zu legen.
That evening, at eight-thirty, exquisitely dressed and wearing a large button-hole of Parma violets, Dorian Gray was ushered into Lady Narborough's drawing-room by bowing servants. His forehead was throbbing with maddened nerves, and he felt wildly excited, but his manner as he bent over his hostess's hand was as easy and graceful as ever. Perhaps one never seems so much at one's ease as when one has to play a part. Certainly no one looking at Dorian Gray that night could have believed that he had passed through a tragedy as horrible as any tragedy of our age. Those finely shaped fingers could never have clutched a knife for sin, nor those smiling lips have cried out on God and goodness. He himself could not help wondering at the calm of his demeanour, and for a moment felt keenly the terrible pleasure of a double life.
Am selben Abend um halb neun Uhr wurde Dorian Gray in sorgfältigster Toilette, im Knopfloch einen großen Strauß Parmaveilchen tragend, von dienernden Lakaien in den Salon Lady Narboroughs geführt. Er hatte heftiges Kopfweh und furchtbar überreizte Nerven, aber seine Gebärde, als er sich über die Hand seiner Gastgeberin beugte, war ebenso leicht und anmutig wie sonst. Vielleicht sieht man nie gelassener aus, als wenn man eine Rolle zu spielen hat. Gewiß hätte niemand, der Dorian Gray an diesem Abend sah, geglaubt, daß er eine Tragödie hinter sich habe, die so schrecklich war wie irgendeine Tragödie unserer Zeit. Diese feingeformten Finger konnten doch nie ein Messer gezückt haben, um eine Sünde zu begehen, diese lächelnden Lippen nie Gott und Gottes Güte geschmäht haben. Er selbst mußte sich über die Ruhe seines Benehmens wundern und einen Augenblick lang spürte er in ganzer Stärke den grauenvollen Genuß eines Doppeldaseins.
He was a marvellous type, too, this lad, whom by so curious a chance he had met in Basil's studio, or could be fashioned into a marvellous type, at any rate. Grace was his, and the white purity of boyhood, and beauty such as old Greek marbles kept for us. There was nothing that one could not do with him. He could be made a Titan or a toy. What a pity it was that such beauty was destined to fade! . . .
Auch war er ein wundervoller Typus, dieser junge Mensch, den er durch einen so wunderbaren Zufall in Basils Atelier kennengelernt hatte, oder konnte jedenfalls zu einem wunderbaren Typus umgemodelt werden. Anmut war ihm verliehen und die schneeige Reinheit der Jünglingschaft, und eine Schönheit, wie man sie bei alten griechischen Marmorbildern findet. Nichts gab es, was sich nicht aus ihm machen ließe. Man konnte einen Titanen oder ein Spielzeug aus ihm machen. Welch Jammer, daß solche Schönheit dahinwelken muß...
On a heap of sacking in the far corner was lying the dead body of a man dressed in a coarse shirt and a pair of blue trousers. A spotted handkerchief had been placed over the face. A coarse candle, stuck in a bottle, sputtered beside it.
Auf einem Haufen Säcke im entferntesten Winkel lag der tote Körper eines Mannes, bekleidet mit einem groben Blusenhemd und blauen Hosen. Ein unsauberes Taschentuch war ihm übers Gesicht gebreitet worden. Eine billige Kerze steckte in einer Flasche und flackerte düster.
He collected together from all parts of the world the strangest instruments that could be found, either in the tombs of dead nations or among the few savage tribes that have survived contact with Western civilizations, and loved to touch and try them. He had the mysterious juruparis of the Rio Negro Indians, that women are not allowed to look at and that even youths may not see till they have been subjected to fasting and scourging, and the earthen jars of the Peruvians that have the shrill cries of birds, and flutes of human bones such as Alfonso de Ovalle heard in Chile, and the sonorous green jaspers that are found near Cuzco and give forth a note of singular sweetness.
Aus allen Weltteilen sammelte er die merkwürdigsten Instrumente, die sich finden ließen, entweder in den Gräbern toter Völker oder unter den wenigen wilden Stämmen, die noch die Berührung mit der westlichen Kultur überlebt haben, und er liebte es, sie zu befühlen und zu verfügen. Er besaß das mysteriöse Juruparis der Rio-Negro-Indianer, das die Frauen nicht ansehen dürfen und selbst die jungen Männer erst dann, wenn sie vorher gefastet und sich gegeißelt haben, er besaß die irdenen Klappern der Peruaner, die den schrillen Ton des Vogelschreis wiedergeben, und Flöten aus Menschenknochen, wie sie Alfonso de Ovalle in Chile gehört hat, und die wohlklingenden grünen Jaspissteine, die bei Cuzco gefunden werden und einen Ton von eigentümlicher Süße hervorbringen.
Thin-lipped wisdom spoke at her from the worn chair, hinted at prudence, quoted from that book of cowardice whose author apes the name of common sense. She did not listen. She was free in her prison of passion. Her prince, Prince Charming, was with her. She had called on memory to remake him. She had sent her soul to search for him, and it had brought him back. His kiss burned again upon her mouth. Her eyelids were warm with his breath.
Aus dem abgenutzten Stuhl sprach die Weisheit zu ihr mit dünnen Lippen, mahnte zur Besinnung und gab Ratschläge aus dem Buch der Feigheit, dem sein Autor irrtümlich den Titel »Gesunder Menschenverstand« beigelegt hat. Sie hörte nicht hin. Im Kerker ihrer Leidenschaft fühlte sie sich frei. Ihr Prinz, der Prinz Märchenschön, war bei ihr. Sie hatte das Gedächtnis beschworen, ihn herbeizuschaffen. Sie hatte ihre Seele auf die Suche nach ihm geschickt, und die hatte ihn wieder hergebracht. Sein Kuß brannte wieder auf ihrem Munde. Ihre Lider brannten wieder von seinem Atem.
From the corner of the divan of Persian saddle-bags on which he was lying, smoking, as was his custom, innumerable cigarettes, Lord Henry Wotton could just catch the gleam of the honey-sweet and honey- coloured blossoms of a laburnum, whose tremulous branches seemed hardly able to bear the burden of a beauty so flamelike as theirs; and now and then the fantastic shadows of birds in flight flitted across the long tussore-silk curtains that were stretched in front of the huge window, producing a kind of momentary Japanese effect, and making him think of those pallid, jade-faced painters of Tokio who, through the medium of an art that is necessarily immobile, seek to convey the sense of swiftness and motion.
Aus der Ecke seines Diwans mit persischen Satteltaschen, auf dem Lord Henry Wotton lag und wie gewöhnlich unzählige Zigaretten rauchte, konnte er gerade noch den Schimmer der honigsüßen und honigfarbigen Blüten eines Goldregenstrauches wahrnehmen, dessen zitternde Zweige nur seufzend die Last einer so flammenden Schönheit zu tragen schienen, und dann und wann huschten die phantastischen Schatten vorbeifliegender Vögel über die langen bastseidenen Vorhänge, die vor das große Fenster gezogen waren. Das gab einen Augenblick lang eine Art japanischer Stimmung und ließ den Lord an die bleichen, nephritgelben Maler der Stadt Tokio denken, die mit Hilfe einer Kunst, die notwendigerweise erstarrt genannt werden muß, das Gefühl von Schnelligkeit und Bewegung hervorzubringen suchen.
For some reason or other, the house was crowded that night, and the fat Jew manager who met them at the door was beaming from ear to ear with an oily tremulous smile. He escorted them to their box with a sort of pompous humility, waving his fat jewelled hands and talking at the top of his voice. Dorian Gray loathed him more than ever. He felt as if he had come to look for Miranda and had been met by Caliban. Lord Henry, upon the other hand, rather liked him. At least he declared he did, and insisted on shaking him by the hand and assuring him that he was proud to meet a man who had discovered a real genius and gone bankrupt over a poet.
Aus irgendeinem Grunde war das Haus an diesem Abend besonders dicht gefüllt, und der fette jüdische Direktor, der sie an der Tür empfing, strahlte von einem Ohr zum anderen in einem öligen, zuckenden Lächeln. Er begleitete sie zu ihrer Loge mit einer gewissen prahlerischen Demut, die feisten, juwelenbedeckten Hände hastig bewegend und sich mit der Stimme beinahe überschlagend. Dorian verabscheute ihn mehr als je. Er hatte das Gefühl, als sei er gekommen, um Miranda zu besuchen und Caliban habe ihn empfangen. Dagegen hatte Lord Henry etwas für ihn übrig. Wenigstens erklärte er, daß er ihm gefiele, bestand darauf, ihm die Hand zu schütteln und versicherte ihm, er sei stolz darauf, einen Mann kennenzulernen, der ein bedeutendes Genie entdeckt habe und an einem Dichter bankerott geworden sei.
Basil Hallward's compliments had seemed to him to be merely the charming exaggeration of friendship. He had listened to them, laughed at them, forgotten them. They had not influenced his nature. Then had come Lord Henry Wotton with his strange panegyric on youth, his terrible warning of its brevity. That had stirred him at the time, and now, as he stood gazing at the shadow of his own loveliness, the full reality of the description flashed across him. Yes, there would be a day when his face would be wrinkled and wizen, his eyes dim and colourless, the grace of his figure broken and deformed. The scarlet would pass away from his lips and the gold steal from his hair. The life that was to make his soul would mar his body. He would become dreadful, hideous, and uncouth. As he thought of it, a sharp pang of pain struck through him like a knife and made each delicate fibre of his nature quiver. His eyes deepened into amethyst, and across them came a mist of tears. He felt as if a hand of ice had been laid upon his heart.
Basil Hallwards Komplimente hatte er nur für liebenswürdige Übertreibungen der Freundschaft gehalten. Er hatte sie gehört, über sie gelacht und sie vergessen. Sein Wesen hatten sie niemals beeinflußt. Dann war Lord Henry Wotton gekommen mit seinem sonderbaren Hymnus auf die Jugend, seiner schrecklichen Warnung von ihrer Flüchtigkeit. Das hatte ihn rechtzeitig aufgerüttelt, und als er jetzt dastand und das Abbild der eigenen Schönheit betrachtete, durchdrang ihn die volle Wirklichkeit jener Schilderung. Ja, der Tag mußte kommen, da sein Gesicht verrunzelt und verwelkt, die Augen trüb und farblos, die Anmut seiner Gestalt geknickt und entstellt sein würde. Das Scharlachrot der Lippen würde verblassen, der Goldglanz des Haares sich wegstehlen. Das Leben, das von seiner Seele gebildet wurde, zerstörte seinen Körper. Er würde häßlich, abscheuerregend und formlos werden. Als er daran dachte, durchfuhr ihn ein scharfer Schmerz wie ein Messerstich und ließ die feinsten Nerven seines Ichs erbeben. Seine Augen verdunkelten sich zu Amethysten, und ein Tränenflor umschleierte sie. Es war, als hätte sich ihm eine eiskalte Hand aufs Herz gelegt.
The drowsy sailor leaped to his feet as she spoke, and looked wildly round. The sound of the shutting of the hall door fell on his ear. He rushed out as if in pursuit.
Bei diesen Worten sprang der schläfrige Matrose auf und blickte sich wild um. Das Geräusch der zufallenden Haustür drang an sein Ohr. Er stürzte hinaus, als ob er ihn verfolgen wollte.
Campbell took a chair by the table, and Dorian sat opposite to him. The two men's eyes met. In Dorian's there was infinite pity. He knew that what he was going to do was dreadful.
Campbell nahm einen Stuhl am Tisch, und Dorian setzte sich ihm gegenüber. Die Augen der beiden Männer trafen sich. In denen Dorians lag unendliches Mitleid. Er wußte, was er jetzt tun werde, war schrecklich.
Campbell frowned and bit his lip. "It will take about five hours," he answered.
Campbell runzelte die Stirn und biß sich auf die Lippen. »Es wird ungefähr fünf Stunden beanspruchen«, antwortete er.
Campbell looked at him in surprise, and then took up the paper, and opened it. As he read it, his face became ghastly pale and he fell back in his chair. A horrible sense of sickness came over him. He felt as if his heart was beating itself to death in some empty hollow.
Campbell sah ihn verwundert an, nahm dann das Papier und öffnete es. Als er es gelesen hatte, wurde sein Gesicht totenblaß und er sank in seinen Stuhl zurück. Ein fürchterliches Gefühl der Schwäche überwältigte ihn. Ihm war, als ob sich sein Herz in einer leeren Höhle zu Tode schlüge.
Campbell buried his face in his hands, and a shudder passed through him.
Campbell vergrub sein Gesicht in den Händen und ein Frösteln überlief ihn.
There he paused for a moment, feeling that he was on the brink of a discovery that would either make or mar his life. Then he thrust the door open and entered.
Da hielt er einen Augenblick inne und wurde sich bewußt, daß er vor der Schwelle einer Entdeckung stehe, die ihm entweder ein neues Leben gab oder es zerstörte. Dann stieß er die Tür auf und trat ein.
You came--oh, my beautiful love!-- and you freed my soul from prison. You taught me what reality really is. To-night, for the first time in my life, I saw through the hollowness, the sham, the silliness of the empty pageant in which I had always played. To- night, for the first time, I became conscious that the Romeo was hideous, and old, and painted, that the moonlight in the orchard was false, that the scenery was vulgar, and that the words I had to speak were unreal, were not my words, were not what I wanted to say. You had brought me something higher, something of which all art is but a reflection. You had made me understand what love really is. My love! My love! Prince Charming! Prince of life!
Da kamst du -- o mein schöner Geliebter -- und befreitest meine Seele aus der Kerkerhaft. Du hast mich gelehrt, was die wahre Wirklichkeit ist. Heute habe ich zum erstenmal die ganze Hohlheit durchschaut, den Betrug, die Albernheit des falschen, verlogenen Flittertandes, zwischen dem ich bisher gespielt habe. Heute abend wußte ich zum ersten Male, daß dieser Romeo abscheulich und alt und geschminkt ist, daß der Mond im Garten Blendwerk, die ganze Szenerie ordinär ist und daß die Worte, die ich zu sprechen hatte, nicht wahr, nicht meine Worte sind, nicht, was ich hätte sagen müssen. Du hast mir etwas Höheres geschenkt, etwas, von dem alle Kunst nur Abglanz ist. Du hast mich begreifen gelehrt, was Liebe ist. Mein Geliebter! Mein Geliebter! Prinz Märchenschön! Prinz meines Lebens!
She laughed again. Her teeth showed like white seeds in a scarlet fruit. Upstairs, in his own room, Dorian Gray was lying on a sofa, with terror in every tingling fibre of his body. Life had suddenly become too hideous a burden for him to bear. The dreadful death of the unlucky beater, shot in the thicket like a wild animal, had seemed to him to pre-figure death for himself also. He had nearly swooned at what Lord Henry had said in a chance mood of cynical jesting.
Dabei lachte sie. Ihre Zähne sahen aus wie weiße Kerne in einer scharlachfarbenen Frucht. Indessen lag oben in seinem Zimmer Dorian Gray auf einem Sofa, Schrecken in jeder zuckenden Fiber seines Körpers. Das Leben war für ihn urplötzlich eine so schwere Last geworden, daß er sie nicht mehr tragen konnte. Der gräßliche Tod des unglücklichen Treibers, der in dem Dickicht wie ein wildes Tier niedergeknallt worden war, schien ihm selbst den Tod vorauszusagen. Er war fast in Ohnmacht gefallen bei dem zynischen Scherz, den Lord Henry in einer zufälligen Laune gemacht hatte.
Then--but I don't know how to explain it to you. Something seemed to tell me that I was on the verge of a terrible crisis in my life. I had a strange feeling that fate had in store for me exquisite joys and exquisite sorrows. I grew afraid and turned to quit the room. It was not conscience that made me do so: it was a sort of cowardice. I take no credit to myself for trying to escape."
Dann -- aber ich weiß nicht, wie ich dir das begreiflich machen soll. Irgend etwas schien mir im voraus zu sagen, daß ich an einem schrecklichen Wendepunkt in meinem Leben stand. Ich hatte die eigentümliche Empfindung, das Schicksal halte für mich die ausgesuchtesten Freuden und die ausgesuchtesten Schmerzen in Bereitschaft. Ich bekam Furcht, und ich wandte mich zum Gehen. Das Gewissen trieb mich nicht dazu: es war eine Art Feigheit. Ich bilde mir nichts darauf ein, daß ich diese Flucht versuchte.«
There he stopped, feeling afraid to turn round, and his eyes fixed themselves on the intricacies of the pattern before him. He heard Campbell bringing in the heavy chest, and the irons, and the other things that he had required for his dreadful work. He began to wonder if he and Basil Hallward had ever met, and, if so, what they had thought of each other.
Dann blieb er stehen, voll Angst, sich umzuwenden und seine Augen richteten sich auf die verschlungenen Muster des Vorhangs. Er hörte Campbell den schweren Kasten hereinbringen, und die Eisenklammern und die anderen Geräte, die er sich für seine entsetzliche Arbeit hatte kommen lassen. Er begann sich zu fragen, ob Campbell und Basil Hallward einander je begegnet waren und wenn, welche Meinung sie voneinander gehabt hätten.
Then he remembered the lamp. It was a rather curious one of Moorish workmanship, made of dull silver inlaid with arabesques of burnished steel, and studded with coarse turquoises. Perhaps it might be missed by his servant, and questions would be asked. He hesitated for a moment, then he turned back and took it from the table. He could not help seeing the dead thing. How still it was! How horribly white the long hands looked! It was like a dreadful wax image.
Dann fiel ihm die Lampe ein. Es war eine ziemlich merkwürdige maurische Arbeit, mattes Silber mit eingelegten Arabesken aus dunkelpoliertem Stahl und besetzt mit ungeschliffenen Türkisen. Sie mochte vielleicht von seinem Diener vermißt werden und er könnte danach fragen. Er zögerte einen Augenblick, dann ging er zurück und nahm sie vom Tisch. Dabei mußte er die tote Gestalt sehen. Wie ruhig sie war! Wie furchtbar weiß die langen Hände aussahen! Es schien eine gräßliche Wachsfigur zu sein.
Then they passed by lonely brickfields. The fog was lighter here, and he could see the strange, bottle- shaped kilns with their orange, fanlike tongues of fire. A dog barked as they went by, and far away in the darkness some wandering sea-gull screamed. The horse stumbled in a rut, then swerved aside and broke into a gallop.
Dann fuhren sie an einsamen Ziegeleien vorüber. Der Nebel ward hier durchsichtiger, und er konnte die merkwürdigen, kürbisflaschenartigen Brennöfen mit ihren orangefarbenen fächerartigen Feuerzungen erkennen. Ein Köter schlug an, als sie vorbeirasselten, und weit entfernt in der Dunkelheit schrie eine schlaflose Möwe. Das Pferd stolperte in irgendeiner Rinne, scheute und verfiel in Galopp.
There were moments, indeed, at night, when, lying sleepless in his own delicately scented chamber, or in the sordid room of the little ill-famed tavern near the docks which, under an assumed name and in disguise, it was his habit to frequent, he would think of the ruin he had brought upon his soul with a pity that was all the more poignant because it was purely selfish. But moments such as these were rare. That curiosity about life which Lord Henry had first stirred in him, as they sat together in the garden of their friend, seemed to increase with gratification. The more he knew, the more he desired to know. He had mad hungers that grew more ravenous as he fed them.
Dann gab es in der Tat Augenblicke, nachts, wenn er schlaflos in seinem mild durchdufteten Zimmer lag oder in der schmuddeligen Stube der kleinen berüchtigten Kneipe nahe den Docks, die er unter einem angenommenen Namen und verkleidet zu besuchen pflegte, wo er mit einem Mitgefühl, das um so beklemmender war, als es einen rein ethischen Ursprung hatte, an das Elend dachte, das er über seine Seele gebracht hatte. Aber Augenblicke wie diese waren selten. Jene Neugier auf das Leben, die Lord Henry zuerst in ihm aufgestört hatte, als sie im Garten ihres Freundes nebeneinander saßen, schien mit ihrer Befriedigung nur zu wachsen. Je mehr er wußte, desto mehr wollte er wissen. Er hatte tolle Hungeranfälle, die immer ungestillter wurden, je mehr er sie nährte.
Then came that dreadful night--was it really only last night?-- when she played so badly, and my heart almost broke. She explained it all to me. It was terribly pathetic. But I was not moved a bit. I thought her shallow. Suddenly something happened that made me afraid. I can't tell you what it was, but it was terrible. I said I would go back to her. I felt I had done wrong. And now she is dead. My God! My God! Harry, what shall I do? You don't know the danger I am in, and there is nothing to keep me straight. She would have done that for me. She had no right to kill herself. It was selfish of her."
Dann kam dieser schreckliche Abend, -- war es wirklich erst gestern? wo sie so schlecht spielte und mir fast das Herz zerriß. Sie hat mir alles erklärt. Es war furchtbar rührend. Aber es machte nicht den mindesten Eindruck auf mich. Ich hielt sie für ein oberflächliches Geschöpf. Dann geschah plötzlich etwas, was mir Furcht einjagte. Ich kann dir nicht sagen, was es war, aber es war furchtbar. Ich nahm mir vor, zu ihr zurückzukehren. Ich empfand, daß ich unrecht gehabt habe. Und jetzt ist sie tot. Mein Gott! Mein Gott! Harry, was soll ich tun? Du kennst die Gefahr nicht, in der ich schwebe und es gibt nichts, was mich aufrechterhalten könnte. Sie hätte es für mich getan. Sie hatte kein Recht, sich umzubringen. Es war selbstsüchtig von ihr.«
Then came a new development. I had drawn you as Paris in dainty armour, and as Adonis with huntsman's cloak and polished boar- spear. Crowned with heavy lotus-blossoms you had sat on the prow of Adrian's barge, gazing across the green turbid Nile. You had leaned over the still pool of some Greek woodland and seen in the water's silent silver the marvel of your own face. And it had all been what art should be--unconscious, ideal, and remote. One day, a fatal day I sometimes think, I determined to paint a wonderful portrait of you as you actually are, not in the costume of dead ages, but in your own dress and in your own time. Whether it was the realism of the method, or the mere wonder of your own personality, thus directly presented to me without mist or veil, I cannot tell. But I know that as I worked at it, every flake and film of colour seemed to me to reveal my secret.
Dann kam ein neues Stadium. Ich hatte dich als Paris in strahlender Rüstung gemalt und als Adonis im Jägergewand mit blitzendem Speer. Mit schweren Lotusblüten bekränzt hast du auf dem Bug von Hadrians Barke gesessen und in den grünen, schlammigen Nil geblickt. Du hast dich über das stille Gewässer einer griechischen Waldlandschaft gelehnt und im stummen Silberspiegel das Wunder deines eigenen Antlitzes gesehen. Und es war alles gewesen, wie die Kunst sein soll, unbewußt, ideal und entrückt. Eines Tages, manchmal denke ich, eines verhängnisvollen Tages, entschloß ich mich, ein wundervolles Bildnis von dir zu malen, wie du wirklich bist, nicht im Kostüm toter Zeiten, sondern in deiner eigenen Tracht und deiner eigenen Zeit. Ob es nun die Realistik der Methode war, oder der Zauber deiner eigenen Persönlichkeit, der mir so ohne jeden Schleier und Nebel entgegentrat, kann ich nicht sagen. Aber ich weiß, daß mir bei der Arbeit jede Schicht Farben mein Geheimnis zu enthüllen schien.
Then he looked at Lord Henry. "Dorian Gray is my dearest friend," he said. "He has a simple and a beautiful nature. Your aunt was quite right in what she said of him. Don't spoil him. Don't try to influence him. Your influence would be bad. The world is wide, and has many marvellous people in it. Don't take away from me the one person who gives to my art whatever charm it possesses: my life as an artist depends on him. Mind, Harry, I trust you." He spoke very slowly, and the words seemed wrung out of him almost against his will.
Dann sah der Maler Lord Henry an. »Dorian Gray ist mein teuerster Freund«, sagte er. »Er hat eine schlichte und edle Seele. Deine Tante hatte ganz recht mit dem, was sie über ihn sagte. Verdirb ihn mir nicht. Versuche nicht, Einfluß auf ihn auszuüben. Dein Einfluß wäre verderblich. Die Welt ist groß, und es gibt eine Menge köstlicher Menschen auf ihr. Raube mir nicht den einzigen Menschen, der meiner Kunst ihren ganzen Zauber verleiht, den sie hat: mein Leben als Künstler hängt von ihm ab! Denke daran, Harry, ich vertraue dir.« Er sprach sehr langsam, und die Worte schienen sich ihm gegen seinen Willen zu entringen.
Then he wrote a note to Lord Henry, telling him that he was going up to town to consult his doctor and asking him to entertain his guests in his absence. As he was putting it into the envelope, a knock came to the door, and his valet informed him that the head-keeper wished to see him. He frowned and bit his lip. "Send him in," he muttered, after some moments' hesitation.
Dann schrieb er ein Billett an Lord Henry, in dem er ihm mitteilte, daß er in die Stadt fahre, um den Arzt zu konsultieren, und ihn bat, seine Gäste in seiner Abwesenheit zu unterhalten. Als er die Zeilen in ein Kuvert legte, klopfte es an die Tür, und sein Diener meldete ihm, daß ihn der Hegemeister sprechen wolle. Er runzelte die Stirn und biß sich auf die Lippen. »Lassen Sie ihn eintreten«, murmelte er nach einigem Zögern.
Then he leaped up and went to the door. "Yes," he cried, "you have killed my love. You used to stir my imagination. Now you don't even stir my curiosity. You simply produce no effect. I loved you because you were marvellous, because you had genius and intellect, because you realized the dreams of great poets and gave shape and substance to the shadows of art. You have thrown it all away. You are shallow and stupid. My God! how mad I was to love you! What a fool I have been! You are nothing to me now. I will never see you again. I will never think of you. I will never mention your name. You don't know what you were to me, once. Why, once . . . Oh, I can't bear to think of it! I wish I had never laid eyes upon you! You have spoiled the romance of my life. How little you can know of love, if you say it mars your art! Without your art, you are nothing. I would have made you famous, splendid, magnificent. The world would have worshipped you, and you would have borne my name. What are you now? A third- rate actress with a pretty face."
Dann sprang er auf und schritt zur Tür. »Ja,« rief er, »du hast meine Liebe getötet. Bisher hast du meine Phantasie gefesselt. Jetzt fesselst du nicht einmal meine Neugier. Du wirkst einfach nicht. Ich liebte dich, weil du ein Wunder warst, weil du Genie und Geist hattest, weil du die Träume großer Dichter verkörpertest und den Schatten der Kunst Gestalt und Körper verliehest. All das hast du weggeworfen. Jetzt bist du leer und seicht. Mein Gott. Was für ein Narr war ich, dich zu lieben! Wie verblendet war ich! Jetzt bist du mir nichts mehr. Ich will dich niemals wiedersehen. Nie mehr an dich denken. Nie mehr deinen Namen aussprechen. Du weißt nicht, was du mir einmal warst. Ja, einmal, einmal... Oh, ich ertrage es nicht, daran zu denken. Ich wünschte, ich hätte dich niemals gesehen. Du hast die Poesie meines Lebens vernichtet. Wie wenig mußt du von Liebe wissen, wenn du sagst, sie lähme deine Kunst! Ohne deine Kunst bist du nichts. Ich hätte dich berühmt gemacht, zu einem Sterne, zu etwas Herrlichem. Die Welt hätte dich angebetet, und du hättest meinen Namen getragen. Was bist du jetzt? Eine Schauspielerin dritten Ranges mit einem hübschen Gesichtchen.«
Then he rose from the table, lit a cigarette, and flung himself down on a luxuriously cushioned couch that stood facing the screen. The screen was an old one, of gilt Spanish leather, stamped and wrought with a rather florid Louis-Quatorze pattern. He scanned it curiously, wondering if ever before it had concealed the secret of a man's life.
Dann stand er vom Tische auf, zündete sich eine Zigarette an und warf sich auf eine üppig gepolsterte Ottomane, die gegenüber dem Schirme stand. Es war ein alter Wandschirm aus vergoldetem spanischen Leder, in das ein blumiges Louis-Quatorze-Muster getrieben war. Er musterte ihn forschend und fragte sich, ob der Schirm wohl schon jemals das Geheimnis eines Menschenlebens verhüllt habe.
Then he turned his attention to embroideries and to the tapestries that performed the office of frescoes in the chill rooms of the northern nations of Europe. As he investigated the subject-- and he always had an extraordinary faculty of becoming absolutely absorbed for the moment in whatever he took up--he was almost saddened by the reflection of the ruin that time brought on beautiful and wonderful things. He, at any rate, had escaped that. Summer followed summer, and the yellow jonquils bloomed and died many times, and nights of horror repeated the story of their shame, but he was unchanged. No winter marred his face or stained his flowerlike bloom.
Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den Stickereien zu und den Gobelins, die in den frostigen Räumen der nördlichen Völker Europas die Stelle der Freskogemälde vertraten. Als er sich in dieses Gebiet vertiefte -- und er besaß immer eine außerordentliche Fähigkeit, sich für den Augenblick von allem absorbieren zu lassen, was er in Angriff nahm -- wurde er ordentlich traurig bei dem Gedanken an die Vernichtung, die die Zeit schönen und wundervollen Dingen bereitete. Er wenigstens war ihr entronnen. Sommer folgte dem Sommer, die gelben Jonquillen hatten geblüht und waren viele Male verwelkt, und schreckliche Nächte wiederholten die Geschichte ihrer Schande, aber er blieb unverändert. Kein Winter entstellte sein Antlitz oder beschädigte seinen blütengleichen Schmelz.
Then wisdom altered its method and spoke of espial and discovery. This young man might be rich. If so, marriage should be thought of. Against the shell of her ear broke the waves of worldly cunning. The arrows of craft shot by her. She saw the thin lips moving, and smiled.
Dann zog die Weisheit andere Register auf und sprach von Erkundigen und Nachforschen. Es mochte ja sein, daß dieser junge Mann reich sei. Wenn dem so wäre, dann müßte man ans Heiraten denken. Um die Ohrmuschel des Mädchens plätscherten die Wellen weltlicher Schlauheit. Die Pfeile der Weltklugheit schwirrten an ihr vorüber. Sie sah, wie sich die dünnen Lippen bewegten, und lächelte.
The studio was filled with the rich odour of roses, and when the light summer wind stirred amidst the trees of the garden, there came through the open door the heavy scent of the lilac, or the more delicate perfume of the pink-flowering thorn.
Das Atelier schwamm in einem starken Rosendufte, und wenn der leichte Sommerwind die Bäume im Garten wiegte, so floß durch die offene Tür der schwere Geruch des Flieders herein oder der zartere Duft des Rotdorns.
The lamplight struggled out through the fog, and Hallward looked at his watch. "I have heaps of time," he answered. "The train doesn't go till twelve-fifteen, and it is only just eleven. In fact, I was on my way to the club to look for you, when I met you. You see, I shan't have any delay about luggage, as I have sent on my heavy things. All I have with me is in this bag, and I can easily get to Victoria in twenty minutes."
Das Lampenlicht kämpfte mit dem Nebel, und Hallward sah auf die Uhr. »Ich habe noch eine Menge Zeit«, antwortete er. »Der Zug geht zwölf Uhr fünfzehn, und es ist eben elf. Offen gesagt, ich war gerade auf dem Weg in den Klub, um dich zu suchen, als ich dich traf. Mein Gepäck wird mich, wie du siehst, nicht sehr aufhalten, weil ich die schweren Sachen vorausgeschickt habe. Hier in der Tasche ist alles, was ich mitnehme, und nach Victoria Station kann ich bequem in zwanzig Minuten kommen!«
And so he had begun by vivisecting himself, as he had ended by vivisecting others. Human life--that appeared to him the one thing worth investigating. Compared to it there was nothing else of any value. It was true that as one watched life in its curious crucible of pain and pleasure, one could not wear over one's face a mask of glass, nor keep the sulphurous fumes from troubling the brain and making the imagination turbid with monstrous fancies and misshapen dreams. There were poisons so subtle that to know their properties one had to sicken of them. There were maladies so strange that one had to pass through them if one sought to understand their nature. And, yet, what a great reward one received! How wonderful the whole world became to one! To note the curious hard logic of passion, and the emotional coloured life of the intellect--to observe where they met, and where they separated, at what point they were in unison, and at what point they were at discord--there was a delight in that! What matter what the cost was? One could never pay too high a price for any sensation.
Das Menschenleben -- das schien ihm der einzige einer Untersuchung werte Gegenstand. Verglichen damit war alles andere ohne jegliche Bedeutung. Freilich, wenn man das Leben in dem seltsamen Schmelztiegel des Schmerzes und der Lust beobachtete, konnte man keine Glasmaske über dem Gesicht tragen, konnte auch nicht die Schwefeldämpfe abhalten, die einem das Gehirn verwirrten und die Phantasie mit monströsen Ausgeburten und mißratenen Träumen umwirbelten. Es gab so feine Gifte, daß man an ihnen erkrankt sein mußte, um ihre Eigenheiten zu kennen. Es gab so seltsame Krankheiten, daß man sie durchgemacht haben mußte, um ihre Art zu begreifen. Und doch, welchen Lohn empfing man dafür! Wie wunderbar wandelt sich einem dann die ganze Welt! Die merkwürdig strenge Logik der Leidenschaft und das buntgefärbte Trieb- und Gefühlsleben des Geistes anzumerken -- zu beobachten, wo sich die beiden Linien schneiden und wo sie auseinandergehen, in welchem Punkte sie in Eintracht leben und in welchem sie sich wieder bekriegen -- das ist ein Genuß! Was liegt an dem Preise dafür! Man kann nie einen zu hohen Preis für ein Sinnenerlebnis geben.
The girl laughed again. The joy of a caged bird was in her voice. Her eyes caught the melody and echoed it in radiance, then closed for a moment, as though to hide their secret. When they opened, the mist of a dream had passed across them.
Das Mädchen lachte wieder. In ihrer Stimme lag etwas wie der Jubel eines Vogels im Käfig. Ihre Augen fingen die Lachmelodie auf und wiederholten sie in ihrem Glanze: dann schlossen sie sich einen Augenblick, als wollten sie ihr Geheimnis verbergen. Als sie sich wieder öffneten, war der Schimmer eines Traumes über sie dahingegangen.
The girl smiled. "Dorian," she answered, lingering over his name with long-drawn music in her voice, as though it were sweeter than honey to the red petals of her mouth. "Dorian, you should have understood. But you understand now, don't you?"
Das Mädchen lächelte. »Dorian«, antwortete sie und zog seinen Namen mit einem musikalischen Klang in die Länge, als wäre er den roten Blüten ihres Mundes süßer als Honig -- »Dorian, du hättest begreifen sollen. Aber jetzt begreifst du, nicht wahr?«
The girl looked up and pouted. "Money, Mother?" she cried, "what does money matter? Love is more than money."
Das Mädchen sah auf und ließ die Lippen hängen. »Geld, Mutter?« rief sie, »was liegt an Geld? Liebe ist mehr als Geld!«
The girl grew white, and trembled. She clenched her hands together, and her voice seemed to catch in her throat. "You are not serious, Dorian?" she murmured. "You are acting."
Das Mädchen war totenblaß geworden und zitterte. Sie preßte die Hände zusammen, und die Sprache schien ihr in der Kehle erstickt zu sein. »Du meinst es doch nicht im Ernst, Dorian?« flüsterte sie. »Du verstellst dich nur.«
The suspense became unbearable. Time seemed to him to be crawling with feet of lead, while he by monstrous winds was being swept towards the jagged edge of some black cleft of precipice. He knew what was waiting for him there; saw it, indeed, and, shuddering, crushed with dank hands his burning lids as though he would have robbed the very brain of sight and driven the eyeballs back into their cave. It was useless. The brain had its own food on which it battened, and the imagination, made grotesque by terror, twisted and distorted as a living thing by pain, danced like some foul puppet on a stand and grinned through moving masks. Then, suddenly, time stopped for him. Yes: that blind, slow-breathing thing crawled no more, and horrible thoughts, time being dead, raced nimbly on in front, and dragged a hideous future from its grave, and showed it to him. He stared at it. Its very horror made him stone.
Das Warten wurde unerträglich. Die Zeit schien ihm mit bleiernen Füßen zu schleichen, während er von ungeheuren Wirbelwinden zum zackigen Grat einer schwarzen Kluft oder eines Abgrundes hingefegt wurde. Er wußte, was dort seiner harrte; er sah es und preßte schaudernd mit feuchten Händen seine brennenden Lider zusammen, als wolle er sein Gehirn der Sehkraft berauben und die Augäpfel in ihre Höhlen zurückdrängen. Es war umsonst. Das Gehirn hatte seine eigene Nahrung, mit der es sich mästete, und die durch den Schrecken grotesk gemachte Einbildungskraft krümmte sich vor Schmerz wie ein lebendes Wesen, tanzte wie eine widerwärtige Marionette in einer Schaubude und grinste durch bewegliche Masken hindurch. Dann blieb auf einmal die Zeit für ihn stehen. Ja, dieses blinde, langsamatmende Wesen kroch nicht mehr, und da sie tot war, stürzten sich gräßliche Gedanken mit Blitzesschnelle über ihn hin und zerrten eine scheußliche Zukunft aus ihrem Grabe und zeigten sie ihm. Er starrte darauf hin. Ihre Entsetzlichkeit versteinerte ihn.
The woman gave a bitter laugh. "Little more than a boy!" she sneered. "Why, man, it's nigh on eighteen years since Prince Charming made me what I am."
Das Weib stieß ein bitteres Lachen aus. »Fast noch ein Knabe!« höhnte sie. »Wahrhaftig, Mensch, es ist fast achtzehn Jahre her, seit Prinz Märchenschön das aus mir gemacht hat, was ich heute bin!«
The thing was still seated in the chair, straining over the table with bowed head, and humped back, and long fantastic arms. Had it not been for the red jagged tear in the neck and the clotted black pool that was slowly widening on the table, one would have said that the man was simply asleep.
Das Wesen saß noch immer in dem Stuhl und hing mit gebeugtem Kopf und gekrümmtem Rücken und langen phantastischen Armen über den Tisch. Wäre nicht der rote, klaffende Riß im Nacken gewesen und die dunkle, geronnene Lache, die sich nach und nach auf dem Tisch vergrößerte, so hätte man glauben können, der Mann schlafe nur.
The whole of Venice was in those two lines. He remembered the autumn that he had passed there, and a wonderful love that had stirred him to mad delightful follies. There was romance in every place. But Venice, like Oxford, had kept the background for romance, and, to the true romantic, background was everything, or almost everything. Basil had been with him part of the time, and had gone wild over Tintoret. Poor Basil! What a horrible way for a man to die!
Das ganze Venedig war in diesen zwei Versen enthalten. Er dachte an den Herbst, den er dort verbracht hatte, und eine himmlische Liebelei, die ihn zu wahnsinnigen, entzückenden Torheiten getrieben hatte. Es gab Romantik in jedem Erdenwinkel. Aber Venedig hatte noch wie Oxford den Hintergrund für Romantik bewahrt, und für den wahren Romantiker ist der Hintergrund alles oder fast alles. Basil war einen Teil der Zeit bei ihm gewesen und war ganz wild vor Bewunderung für Tintoretto. Der arme Basil! Was für eine schreckliche Art, so zu sterben!
They are the elect to whom beautiful things mean only beauty.
Das sind die Auserwählten, für die schöne Dinge lediglich Schönheit bedeuten.
The moral life of man forms part of the subject-matter of the artist, but the morality of art consists in the perfect use of an imperfect medium. No artist desires to prove anything. Even things that are true can be proved.
Das sittliche Dasein des Menschen liefert dem Künstler einen Teil des Stoffgebietes, aber die Sittlichkeit der Kunst besteht im vollkommenen Gebrauch eines unvollkommenen Mittels. Kein Künstler empfindet das Verlangen, etwas zu beweisen. Selbst Wahrheiten können bewiesen werden.
The sullen murmur of the bees shouldering their way through the long unmown grass, or circling with monotonous insistence round the dusty gilt horns of the straggling woodbine, seemed to make the stillness more oppressive. The dim roar of London was like the bourdon note of a distant organ.
Das tiefe Gesumme der Bienen, die ihren zweifelnden Flug durch das hohe, ungemähte Gras nahmen oder mit eintöniger Zähigkeit um die bestaubten Goldtrichter des wuchernden Geißblattes kreisten, ließ die Stille noch drückender scheinen. Das dumpfe Brausen Londons murrte dazu wie die Baßtöne einer fernen Orgel.
So that was the story of Dorian Gray's parentage. Crudely as it had been told to him, it had yet stirred him by its suggestion of a strange, almost modern romance. A beautiful woman risking everything for a mad passion. A few wild weeks of happiness cut short by a hideous, treacherous crime. Months of voiceless agony, and then a child born in pain. The mother snatched away by death, the boy left to solitude and the tyranny of an old and loveless man.
Das war also die Geschichte von Dorian Grays Eltern. So roh umrissen sie ihm auch geschildert worden war, sie hatte ihn doch nach Art eines seltsamen, geradezu modernen Romans erregt. Eine schöne Frau, die alles für eine wahnsinnige Leidenschaft einsetzt. Ein paar wilde, wonnige Wochen, jäh abgeschnitten durch ein abscheuliches, heimtückisches Verbrechen, Monate stummer Todesverzweiflung, und dann ein Kind unter Schmerzen geboren. Die Mutter vom Tode weggemäht, der Knabe der Einsamkeit und der Tyrannei eines alten, lieblosen Mannes ausgeliefert.
This was the man Dorian Gray was waiting for. Every second he kept glancing at the clock. As the minutes went by he became horribly agitated. At last he got up and began to pace up and down the room, looking like a beautiful caged thing. He took long stealthy strides. His hands were curiously cold.
Das war der Mann, auf den Dorian Gray wartete. Jede Sekunde blickte er auf die Uhr. Als Minute um Minute verstrich, wurde er furchtbar aufgeregt. Schließlich stand er auf und begann im Zimmer hin und her zu gehen wie irgendeine schöne Bestie im Käfig. Er holte weiten Schrittes, fast sprunghaft, aus und trat leise auf. Seine Hände waren eigentümlich kalt.
Such, at any rate, was Dorian Gray's opinion. He used to wonder at the shallow psychology of those who conceive the ego in man as a thing simple, permanent, reliable, and of one essence. To him, man was a being with myriad lives and myriad sensations, a complex multiform creature that bore within itself strange legacies of thought and passion, and whose very flesh was tainted with the monstrous maladies of the dead. He loved to stroll through the gaunt cold picture-gallery of his country house and look at the various portraits of those whose blood flowed in his veins. Here was Philip Herbert, described by Francis Osborne, in his Memoires on the Reigns of Queen Elizabeth and King James, as one who was "caressed by the Court for his handsome face, which kept him not long company." Was it young Herbert's life that he sometimes led? Had some strange poisonous germ crept from body to body till it had reached his own? Was it some dim sense of that ruined grace that had made him so suddenly, and almost without cause, give utterance, in Basil Hallward's studio, to the mad prayer that had so changed his life? Here, in gold-embroidered red doublet, jewelled surcoat, and gilt-edged ruff and wristbands, stood Sir Anthony Sherard, with his silver-and-black armour piled at his feet.
Das war wenigstens die Meinung von Dorian Gray. Er pflegte sich über die seichte Psychologie derer zu wundern, die sich das Ich eines Menschen als etwas Einfaches, Beständiges, Verläßliches und Einheitliches vorstellen. Für ihn war der Mensch ein Wesen mit Myriaden von Leben und Myriaden von Gefühlen, ein kompliziertes, vielgestaltetes Geschöpf, das seltsame Erbschaften in seinen Gedanken und Leidenschaften mit sich herumtrug und dessen Fleisch von den ungeheuerlichen Krankheiten der Verstorbenen angesteckt war. Er liebte es, die kahle, kalte Bildergalerie auf seinem Landsitze zu durchschlendern und die verschiedenen Porträts der Menschen zu betrachten, deren Blut in seinen Adern floß. Hier war Philipp Herbert, den Francis Osborne in seinen »Memoiren über die Herrscherzeit der Königin Elisabeth und des Königs Jakob« als einen beschrieb, »den der Hof seines hübschen Gesichtes wegen lieb hatte, das ihm aber nicht lange Gesellschaft leistete«. War es das Leben des jungen Herbert, das er manchmal führte? Hatte sich irgendein merkwürdiger, gifttragender Keim von Körper zu Körper übertragen, bis er seinen eigenen erreicht hatte? War es eine dumpfe Erinnerung an diesen verwelkten Liebreiz gewesen, die damals in Basil Hallwards Atelier so jäh und fast ohne Grund über ihn hereinbrach, daß er jenes wahnsinnige Gebet sprechen mußte, das sein Leben so sehr verändert hatte? Hier stand in goldgesticktem rotem Wams, in einem mit Juwelen geschmückten Überrock und goldgefaßten Hals- und Ärmelkrausen Sir Anthony Sherard, die Beine mit silbernen und schwarzen Schienen gepanzert.
Your mysterious young friend, whose name you have never told me, but whose picture really fascinates me, never thinks. I feel quite sure of that. He is some brainless beautiful creature who should be always here in winter when we have no flowers to look at, and always here in summer when we want something to chill our intelligence. Don't flatter yourself, Basil: you are not in the least like him."
Dein geheimnisvoller junger Freund, dessen Namen du mir nie verraten hast, dessen Bild mich aber tatsächlich bezaubert, denkt niemals. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Es ist irgendein hirnloses schönes Geschöpf, das wir im Winter immer bei uns haben sollten, wenn es keine Blumen zum Anschauen gibt, und im Sommer, wenn wir etwas zur Abkühlung unseres Geistes gebrauchen. Schmeichle dir also nicht, Basil: du siehst ihm ganz und gar nicht ähnlich.«
The post on her left was occupied by Mr. Erskine of Treadley, an old gentleman of considerable charm and culture, who had fallen, however, into bad habits of silence, having, as he explained once to Lady Agatha, said everything that he had to say before he was thirty. His own neighbour was Mrs. Vandeleur, one of his aunt's oldest friends, a perfect saint amongst women, but so dreadfully dowdy that she reminded one of a badly bound hymn-book. Fortunately for him she had on the other side Lord Faudel, a most intelligent middle-aged mediocrity, as bald as a ministerial statement in the House of Commons, with whom she was conversing in that intensely earnest manner which is the one unpardonable error, as he remarked once himself, that all really good people fall into, and from which none of them ever quite escape.
Den Platz an ihrer Linken nahm Herr Erskine of Treadley ein, ein alter prächtiger und gebildeter Herr, der sich die schlechte Gewohnheit des Schweigens angeeignet hatte, da er, wie er einmal Lady Agatha erklärte, schon vor seinem dreißigsten Lebensjahr alles gesagt hatte, was er überhaupt zu sagen hatte. Seine Nachbarin war Frau Vandeleur, eine der ältesten Freundinnen seiner Tante, eine vollendete Heilige unter den Frauen, aber so geschmacklos verputzt, daß man bei ihrem Anblick immer an ein schlechtgebundenes Gebetbuch denken mußte. Zu seinem Glück saß an ihrer anderen Seite Lord Faudel, eine sehr intelligente Mittelmäßigkeit in den besten Jahren, der so kahl war wie der Bericht eines Ministers auf eine Interpellation im Unterhaus, und mit ihm unterhielt sie sich in jenem intensiv-ernsten Tone, der, wie Lord Henry einmal selbst geäußert hatte, der eine unverzeihliche Irrtum ist, in den alle wirklich guten Menschen verfallen, und den keiner von ihnen völlig vermeiden kann.
For the wonderful beauty that had so fascinated Basil Hallward, and many others besides him, seemed never to leave him. Even those who had heard the most evil things against him-- and from time to time strange rumours about his mode of life crept through London and became the chatter of the clubs-- could not believe anything to his dishonour when they saw him. He had always the look of one who had kept himself unspotted from the world. Men who talked grossly became silent when Dorian Gray entered the room. There was something in the purity of his face that rebuked them. His mere presence seemed to recall to them the memory of the innocence that they had tarnished. They wondered how one so charming and graceful as he was could have escaped the stain of an age that was at once sordid and sensual.
Denn die wundervolle Schönheit, die Basil Hallward so gefesselt hatte und manchen anderen auch, schien ihn nie zu verlassen. Selbst jene, die die häßlichsten Dinge über ihn gehört hatten -- und von Zeit zu Zeit schlichen seltsame Gerüchte über seine Lebensweise durch London und wurden das Gespräch der Klubs -- konnten, wenn sie ihn sahen, nichts glauben, was ihm hätte zur Unehre gereichen können. Er sah immer aus wie einer, der sich in der Welt unbefleckt erhalten hatte. Männer, die sich anstößige Dinge erzählten, verstummten, wenn Dorian Gray ins Zimmer trat. In der Reinheit seines Antlitzes lag ein Etwas, das sie in Schranken hielt. Seine bloße Gegenwart schien in ihnen die Erinnerung an die Unschuld zu erwecken, die sie beschmutzt hatten. Sie staunten, daß ein so reizender und anmutiger Mensch wie er der Befleckung durch eine Zeit hatte entgehen können, die zugleich unsauber und sinnlich war.
For these treasures, and everything that he collected in his lovely house, were to be to him means of forgetfulness, modes by which he could escape, for a season, from the fear that seemed to him at times to be almost too great to be borne. Upon the walls of the lonely locked room where he had spent so much of his boyhood, he had hung with his own hands the terrible portrait whose changing features showed him the real degradation of his life, and in front of it had draped the purple-and-gold pall as a curtain. For weeks he would not go there, would forget the hideous painted thing, and get back his light heart, his wonderful joyousness, his passionate absorption in mere existence. Then, suddenly, some night he would creep out of the house, go down to dreadful places near Blue Gate Fields, and stay there, day after day, until he was driven away. On his return he would sit in front of the her times, with that pride of individualism that is half the fascination of sin, and smiling with secret pleasure at the misshapen shadow that had to bear the burden that should have been his own.
Denn diese Schätze und überhaupt alles, was er in seinem wunderbaren Hause ansammelte, waren für ihn Mittel zum Vergessen, Liebhabereien, durch die er eine Zeitlang der Angst entrinnen konnte, die ihm oft zu groß erschien, um sie zu ertragen. An die Wand des verlassenen, verschlossenen Raumes, worin er einen so großen Teil seiner Knabenzeit verbracht hatte, hatte er mit seinen eigenen Händen das fürchterliche Porträt aufgehängt, dessen Züge ihm in ihrer Veränderung die wahrhafte Erniedrigung seines Lebens zeigten, und darüber hatte er als Vorhang das Bahrtuch aus Gold und Purpur angebracht. Wochenlang mochte er nicht dahin gehen, wollte er das gräßliche Gemälde vergessen und gewann dann wieder sein leichtes Herz zurück, seine wunderbare Fröhlichkeit und seine Kraft zu leidenschaftlicher Versenkung ins Leben. Dann aber schlich er plötzlich in einer Nacht aus dem Hause, besuchte schaurige Orte in der Nähe von Blue Gate Fields und blieb dort Tag um Tag, bis es ihn wieder wegtrieb. Nach seiner Rückkehr saß er dann wohl vor dem Bilde, manchmal voll Haß vor ihm und vor sich selbst, ein andermal aber erfüllt mit dem Stolze auf das eigene Wesen, der den halben Reiz der Sünde ausmacht, und er lächelte dann mit geheimem Vergnügen das verunstaltete Abbild an, das die Last zu tragen hatte, die eigentlich für ihn bestimmt war.
For, while he was but too ready to accept the position that was almost immediately offered to him on his coming of age, and found, indeed, a subtle pleasure in the thought that he might really become to the London of his own day what to imperial Neronian Rome the author of the Satyricon once had been, yet in his inmost heart he desired to be something more than a mere arbiter elegantiarum, to be consulted on the wearing of a jewel, or the knotting of a necktie, or the conduct of a cane. He sought to elaborate some new scheme of life that would have its reasoned philosophy and its ordered principles, and find in the spiritualizing of the senses its highest realization.
Denn er war nur zu leicht bereit, die Stellung anzunehmen, die ihm unmittelbar nach seiner Volljährigkeit geboten wurde, und er fand in Wahrheit einen besonderen Genuß in dem Gedanken, er könne für das London seiner Zeit das werden, was für das Rom des Kaisers Nero der Verfasser des »Satyrikon« gewesen war, aber er wünschte doch im innersten Herzen mehr zu werden als ein arbiter elegantiarum, und nicht nur über das Tragen eines Schmuckstückes oder das Binden einer Krawatte oder die Haltung eines Spazierstockes befragt zu werden. Er suchte ein neues Schema für die Lebensführung zu entwerfen, das seine philosophische Grundlage und seine geordneten Prinzipien haben und in der Vergeistigung der Sinne seine höchste Vervollkommnung erreichen sollte.
For, while he fascinated many, there were not a few who distrusted him. He was very nearly blackballed at a West End club of which his birth and social position fully entitled him to become a member, and it was said that on one occasion, when he was brought by a friend into the smoking-room of the Churchill, the Duke of Berwick and another gentleman got up in a marked manner and went out. Curious stories became current about him after he had passed his twenty-fifth year. It was rumoured that he had been seen brawling with foreign sailors in a low den in the distant parts of Whitechapel, and that he consorted with thieves and coiners and knew the mysteries of their trade. His extraordinary absences became notorious, and, when he used to reappear again in society, men would whisper to each other in corners, or pass him with a sneer, or look at him with cold searching eyes, as though they were determined to discover his secret.
Denn genau wie er viele fesselte, gab es auch nicht wenige, die ihm mißtrauten. Er wäre fast schwarz ballotiert worden in einem Westend-Klub, zu dessen Mitgliedschaft ihn soziale Stellung und Geburt vollständig berechtigten, und es hieß, daß einmal, als ihn ein Freund in das Rauchzimmer des Curchill-Klubs mitgebracht hatte, der Herzog von Berwick und ein anderer Herr in auffallender Weise aufgestanden und hinausgegangen wären. Sonderbare Geschichten waren über ihn im Umlauf, als er sein fünfundzwanzigstes Jahr vollendet hatte. Man munkelte, daß man ihn in einer elenden Kaschemme in einem entlegenen Winkel Whitechapels mit fremden Matrosen habe zechen sehen, und daß er mit Dieben und Falschmünzern umgehe und die Geheimnisse ihres Gewerbes kenne. Seine auffallende Gewohnheit, zu bestimmten Zeiten zu verschwinden, war bekannt, und wenn er dann wieder in der Gesellschaft auftauchte, flüsterte man sich in den Ecken Bemerkungen zu oder man ging an ihm mit einem unzweideutigen Lächeln oder mit kühlen, forschenden Blicken vorbei, als wäre man entschlossen, sein Geheimnis zu enthüllen.
The lad listened sulkily to her and made no answer. He was heart-sick at leaving home.
Der Bursche hörte ihr brummig zu und gab keine Antwort. Ihm tat das Herz weh, weil er von der Heimat weg mußte.
The man bowed and retired. In a few moments, Alan Campbell walked in, looking very stern and rather pale, his pallor being intensified by his coal-black hair and dark eyebrows.
Der Diener verbeugte sich und ging. Nach einigen Augenblicken trat Alan Campbell ein, mit sehr strengem Gesicht und etwas bleich, und seine blasse Farbe wurde durch das kohlschwarze Haar und die dunkeln Brauen noch verstärkt.
The head-keeper came running up with a stick in his hand.
Der Hegemeister kam mit einem Stock in der Hand herbeigelaufen.
The hero of the wonderful novel that had so influenced his life had himself known this curious fancy. In the seventh chapter he tells how, crowned with laurel, lest lightning might strike him, he had sat, as Tiberius, in a garden at Capri, reading the shameful books of Elephantis, while dwarfs and peacocks strutted round him and the flute-player mocked the swinger of the censer; and, as Caligula, had caroused with the green-shirted jockeys in their stables and supped in an ivory manger with a jewel-frontleted horse; and, as Domitian, had wandered through a corridor lined with marble mirrors, looking round with haggard eyes for the reflection of the dagger that was to end his days, and sick with that ennui, that terrible taedium vitae, that comes on those to whom life denies nothing; and had peered through a clear emerald at the red shambles of the circus and then, in a litter of pearl and purple drawn by silver-shod mules, been carried through the Street of Pomegranates to a House of Gold and heard men cry on Nero Caesar as he passed by; and, as Elagabalus, had painted his face with colours, and plied the distaff among the women, and brought the Moon from Carthage and given her in mystic marriage to the Sun.
Der Held des wunderbaren Romans, der sein Leben so stark beeinflußt hatte, war auch von diesem seltsamen Einfall ergriffen gewesen. Im siebenten Kapitel erzählt er: wie er, bekränzt mit Lorbeer, damit ihn der Blitz nicht treffe, als Tiberius in einem Garten von Capri gesessen und die schändlichen Bücher von Elephantis gelesen habe, während Zwerge und Pfauen um ihn herumstolzierten und der Flötenspieler den Weihrauchschwinger verspottete: wie er als Caligula mit den grünbeschürzten Stallknechten in ihren Ställen gezecht und aus einer elfenbeinernen Krippe ein Mahl genommen habe mit einem Rosse, das ein edelsteingeschmücktes Stirnband trug, und wie er als Domitian durch einen Korridor gewandert sei, dessen Wände mit Marmorspiegeln bedeckt waren, in denen er mit verstörten Augen nach dem Widerschein des Dolches gesucht habe, der seine Tage enden sollte, erkrankt an der Langeweile, dem schrecklichen ~Taedium vitae~, das alle befällt, denen das Leben nichts versagt: und wie er durch einen hellen Smaragd den blutrünstigen Schlächterszenen im Zirkus zugeschaut habe und dann in einer Karosse aus Perlen und Purpur, die von silberfarbig gesprenkelten Maultieren gezogen wurde, durch eine Straße mit Granatbäumen zu einem goldenen Hause gefahren sei und gehört habe, wie ihm die Menschenmenge zurief: Kaiser Nero, als er vorbeifuhr, und wie er sich als Heliogabal das Gesicht geschminkt, mit den Weibern am Spinnrocken gewebt und den Mond aus Karthago geholt habe, um ihn in mystischer Ehe mit der Sonne zu vermählen.
The lad frowned. "I don't like that explanation, Harry," he rejoined, "but I am glad you don't think I am heartless. I am nothing of the kind. I know I am not. And yet I must admit that this thing that has happened does not affect me as it should. It seems to me to be simply like a wonderful ending to a wonderful play. It has all the terrible beauty of a Greek tragedy, a tragedy in which I took a great part, but by which I have not been wounded."
Der Jüngling runzelte die Stirn. »Diese Erklärung besagt mir eigentlich nichts, Harry, aber ich bin dennoch froh, daß du mich nicht für herzlos hältst. Ich bin es gewiß nicht. Ich weiß, daß ich es nicht bin. Und doch muß ich zugeben, daß dies Ereignis mich nicht so angreift, wie es sollte. Es kommt mir wie der wunderbare Szenenschluß eines wunderbaren Dramas vor. Es hat die schreckliche Schönheit einer griechischen Tragödie, einer Tragödie, in der ich eine große Rolle gespielt habe, aber in der ich selbst nicht verwundet worden bin.«
The lad started, as if awakened from some dream.
Der Jüngling schrak wie aus einem Traume auf.
The lad started and drew back. He was bareheaded, and the leaves had tossed his rebellious curls and tangled all their gilded threads. There was a look of fear in his eyes, such as people have when they are suddenly awakened. His finely chiselled nostrils quivered, and some hidden nerve shook the scarlet of his lips and left them trembling.
Der Jüngling schreckte auf und trat einen Schritt zurück. Er war ohne Hut, und das Blattgewirr hatte seine widerspenstigen Locken aufgewühlt und ihre goldblonden Strähnen in Unordnung gebracht. In seinen Augen lag ein Ausdruck von Furcht, wie ihn Menschen haben, die man jäh aus dem Schlaf reißt. Seine zartgeformten Nasenflügel bebten, und ein geheimer Nerv zuckte leis an den scharlachroten Lippen, so daß sie beständig zitterten.
The King of Ceilan rode through his city with a large ruby in his hand, as the ceremony of his coronation. The gates of the palace of John the Priest were "made of sardius, with the horn of the horned snake inwrought, so that no man might bring poison within." Over the gable were "two golden apples, in which were two carbuncles," so that the gold might shine by day and the carbuncles by night. In Lodge's strange romance A Margarite of America, it was stated that in the chamber of the queen one could behold "all the chaste ladies of the world, inchased out of silver, looking through fair mirrours of chrysolites, carbuncles, sapphires, and greene emeraults." Marco Polo had seen the inhabitants of Zipangu place rose-coloured pearls in the mouths of the dead. A sea-monster had been enamoured of the pearl that the diver brought to King Perozes, and had slain the thief, and mourned for seven moons over its loss. When the Huns lured the king into the great pit, he flung it away-- Procopius tells the story--nor was it ever found again, though the Emperor Anastasius offered five hundred-weight of gold pieces for it. The King of Malabar had shown to a certain Venetian a rosary of three hundred and four pearls, one for every god that he worshipped.
Der König von Seilan ritt bei seiner Krönungsfeier, mit einem großen Rubin in der Hand, durch seine Stadt. Die Tore zum Palast des Johannes, des Priesters, waren aus Sarder verfertigt, in den das Horn der Hornviper verarbeitet war, so daß kein Mensch Gift in das Haus bringen konnte. Über dem Giebel waren »zwei goldene Äpfel, die zwei Karfunkelsteine enthielten«, so daß am Tage das Gold glänzen konnte und die Karfunkelsteine bei Nacht. In Lodges seltsamem Roman »Eine amerikanische Perle« heißt es, daß man in dem Zimmer der Königin »alle keuschen Frauen der Welt, wie in Silber getrieben, wahrnehmen konnte, wenn man durch fleckenfreie Spiegel aus Chrysolithen, Karfunkelsteinen, Saphiren und grünen Smaragden blickte«. Marco Polo hatte gesehen, wie die Einwohner von Zipangu den Toten rosenfarbige Perlen in den Mund steckten. Ein Seeungeheuer war in die Perle verliebt, die ein Taucher dem König Perozes brachte, und es hatte den Dieb getötet und sieben Monate lang über den Verlust getrauert. Als die Hunnen den König in den großen Hinterhalt lockten, warf er die Perle weg -- Prokopius erzählt die Geschichte -- und sie wurde nie wieder gefunden, obwohl Kaiser Anastasius dafür fünf Zentner Goldstücke aussetzte. Der König von Malabar hatte einmal einem Venezianer einen Rosenkranz aus dreihundertvier Perlen gezeigt, eine Perle für jeden Gott, den er verehrte.
The artist is the creator of beautiful things.
Der Künstler ist der Schöpfer schöner Dinge.
The painter bit his lip and walked over, cup in hand, to the picture. "I shall stay with the real Dorian," he said, sadly.
Der Maler biß sich auf die Lippe und schritt, die Teetasse in der Hand, zum Bilde. »Ich bleibe hier bei dem wirklichen Dorian«, sagte er traurig.
The painter considered for a few moments. "He likes me," he answered after a pause; "I know he likes me. Of course I flatter him dreadfully. I find a strange pleasure in saying things to him that I know I shall be sorry for having said. As a rule, he is charming to me, and we sit in the studio and talk of a thousand things. Now and then, however, he is horribly thoughtless, and seems to take a real delight in giving me pain. Then I feel, Harry, that I have given away my whole soul to some one who treats it as if it were a flower to put in his coat, a bit of decoration to charm his vanity, an ornament for a summer's day."
Der Maler dachte ein paar Augenblicke nach. »Er hat mich gern«, antwortete er nach einer Weile; »sicher hat er mich gern. Natürlich schmeichle ich ihm fürchterlich. Ich finde eine ganz besondere Lust daran, ihm Dinge zu sagen, die mir später leid tun, wie ich ganz genau weiß. In der Regel ist er auch reizend zu mir, und wir sitzen dann im Atelier und schwatzen von tausend Dingen. Dann und wann ist er allerdings greulich gedankenlos und scheint große Freude darin zu finden, mir wehe zu tun. Dann, Harry, habe ich das Gefühl, daß ich jemand meine ganze Seele überantwortet habe, der sie behandelt wie eine Blume für das Knopfloch, wie ein kleines Ehrenzeichen, mit dem man seine Eitelkeit befriedigt, wie einen Zierat für einen Sommertag.«
The painter shuddered in spite of himself. "Dorian, if I told you, you might like me less than you do, and you would certainly laugh at me. I could not bear your doing either of those two things. If you wish me never to look at your picture again, I am content. I have always you to look at. If you wish the best work I have ever done to be hidden from the world, I am satisfied. Your friendship is dearer to me than any fame or reputation."
Der Maler erschauderte, ohne daß er es wollte. »Dorian, wenn ich es dir sagte, hättest du mich wahrscheinlich weniger lieb und würdest mich gewiß auslachen. Keines von beiden könnte ich ertragen. Wenn du willst, daß ich nie mehr dein Bild ansehen soll, dann geb' ich mich zufrieden. Ich kann dich selbst ja immer ansehen. Wenn du die beste Arbeit, die ich je gemacht habe, vor der Welt versteckt halten willst, soll es mir recht sein. Deine Freundschaft ist mir mehr wert als Ruhm und Anerkennung.«
The painter had been busy mixing his colours and getting his brushes ready. He was looking worried, and when he heard Lord Henry's last remark, he glanced at him, hesitated for a moment, and then said, "Harry, I want to finish this picture to-day. Would you think it awfully rude of me if I asked you to go away?"
Der Maler hatte inzwischen eifrig seine Farben gemischt und seine Pinsel zurechtgemacht. Er sah etwas gequält aus, und als er Lord Henrys letzte Bemerkung hörte, blickte er zu ihm hin, sann einen Augenblick nach und sagte dann: »Harry, ich möchte das Bild heute fertig kriegen. Fändest du es sehr grob von mir, wenn ich dich jetzt bäte, uns allein zu lassen?«
The painter laughed. "I don't think there will be any difficulty about that. Sit down again, Harry. And now, Dorian, get up on the platform, and don't move about too much, or pay any attention to what Lord Henry says. He has a very bad influence over all his friends, with the single exception of myself."
Der Maler lachte. »Ich glaube, damit wird es keine Schwierigkeit haben. Setz dich nur wieder, Harry. Und jetzt, Dorian, geh auf das Podium und bewege dich nicht zuviel und achte auch nicht auf das, was Lord Henry sagt. Er hat einen sehr bösen Einfluß auf alle seine Freunde, nur mich ausgenommen.«
The painter stared at him. "My dear boy, what nonsense!" he cried. "Do you mean to say you don't like what I did of you? Where is it? Why have you pulled the screen in front of it? Let me look at it. It is the best thing I have ever done. Do take the screen away, Dorian. It is simply disgraceful of your servant hiding my work like that. I felt the room looked different as I came in."
Der Maler starrte ihn an. »Mein lieber Junge, was für ein Unsinn«, rief er. »Willst du damit sagen, daß du mein Bild nicht gut findest? Wo ist es? Warum hast du den Wandschirm vorgestellt? Laß es mich sehen. Es ist die beste Arbeit, die ich je gemacht habe. Nimm den Schirm weg, Dorian! Es ist eine Schande, daß dein Bedienter mein Bild so versteckt. Ich merkte gleich, wie ich eintrat, daß das Zimmer ganz verändert sei.«
The painter turned to his servant, who stood blinking in the sunlight. "Ask Mr. Gray to wait, Parker: I shall be in in a few moments." The man bowed and went up the walk.
Der Maler wandte sich zu seinem Diener, der blinzelnd in der Sonne dastand: »Bitten Sie Herrn Gray, zu warten, Parker; ich komme in ein paar Minuten.« Der Mann verbeugte sich und ging ins Haus.
The painter felt strangely moved. The lad was infinitely dear to him, and his personality had been the great turning point in his art. He could not bear the idea of reproaching him any more. After all, his indifference was probably merely a mood that would pass away. There was so much in him that was good, so much in him that was noble.
Der Maler war seltsam bewegt. Der junge Mensch war ihm unsagbar teuer, und seine Erscheinung war der große Wendepunkt in seiner Kunst gewesen. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, ihm noch weitere Vorwürfe zu machen. Am Ende war seine Gleichgültigkeit nur eine vorübergehende Laune. Es steckte ja soviel Gutes, soviel Edles in ihm.
The painter stared in amazement. It was so unlike Dorian to speak like that. What had happened? He seemed quite angry. His face was flushed and his cheeks burning.
Der Maler war starr vor Erstaunen. So zu sprechen sah Dorian gar nicht ähnlich. Was war geschehen? Er schien ganz erregt. Sein Gesicht war gerötet, und die Wangen brannten.
The man shook his head. "It is too far for me," he muttered.
Der Mann schüttelte den Kopf. »Das ist mir zu weit«, brummte er.
The moon hung low in the sky like a yellow skull. From time to time a huge misshapen cloud stretched a long arm across and hid it. The gas-lamps grew fewer, and the streets more narrow and gloomy. Once the man lost his way and had to drive back half a mile. A steam rose from the horse as it splashed up the puddles. The sidewindows of the hansom were clogged with a grey-flannel mist.
Der Mond hing tief am Himmel wie eine gelbe Hirnschale. Von Zeit zu Zeit streckte eine dicke, unförmige Wolke einen langen Arm nach ihm aus und verbarg ihn. Die Gaslaternen wurden spärlicher und die Straßen enger und düsterer. Einmal verlor der Kutscher seinen Weg und mußte einige hundert Meter zurückfahren. Das Roß dampfte, während es in den Pfützen patschte. Die Seitenfenster des Wagens waren wie mit grauem Flanell ausgeschlagen.
The politician looked at him keenly. "What change do you propose, then?" he asked.
Der Politiker sah ihn mit einem forschenden Blicke an. »Welche Änderung schlagen Sie also vor?«
The son, who had been his father's secretary, had resigned along with his chief, somewhat foolishly as was thought at the time, and on succeeding some months later to the title, had set himself to the serious study of the great aristocratic art of doing absolutely nothing. He had two large town houses, but preferred to live in chambers as it was less trouble, and took most of his meals at his club. He paid some attention to the management of his collieries in the Midland counties, excusing himself for this taint of industry on the ground that the one advantage of having coal was that it enabled a gentleman to afford the decency of burning wood on his own hearth.
Der Sohn, der des Vaters Privatsekretär gewesen war, hatte mit seinem Chef zugleich den Abschied genommen, was man damals ziemlich verrückt fand, und als der Titel einige Monate später auf ihn überging, hatte er sich ernstlich dem großen aristokratischen Studium gewidmet, absolut nichts zu tun. Er besaß zwei große Häuser in der Stadt, zog es aber vor, in einer Junggesellenwohnung zu hausen, weil das weniger Umstände machte, und speiste meistens im Klub. Er beschäftigte sich ein wenig mit der Verwaltung seiner Kohlenminen in den Midlandgrafschaften und entschuldigte diese verwerfliche industrielle Tätigkeit damit, daß er sagte, der einzige Vorteil, Kohlen zu besitzen, sei der, es einem Gentleman möglich zu machen, in seinem eigenen Kamin Holz zu brennen.
The way seemed interminable, and the streets like the black web of some sprawling spider. The monotony became unbearable, and as the mist thickened, he felt afraid.
Der Weg schien endlos zu sein und die Straßen dehnten sich aus wie ein schwarzes, durcheinander gewirrtes Spinngewebe. Die Eintönigkeit wurde unerträglich, und als sich der Nebel dichter ballte, empfand er Furcht.
The wind shook some blossoms from the trees, and the heavy lilac-blooms, with their clustering stars, moved to and fro in the languid air. A grasshopper began to chirrup by the wall, and like a blue thread a long thin dragon-fly floated past on its brown gauze wings. Lord Henry felt as if he could hear Basil Hallward's heart beating, and wondered what was coming.
Der Wind schüttelte ein paar Blüten von den Bäumen, und die schweren, vielgesternten Traubendolden der Fliederbüsche bewegten sich in der schwülen Luft. Eine Grille begann an der Gartenmauer zu zirpen, und wie ein blauer Faden huschte eine lange, dünne Wasserjungfer auf ihren braunen Gazeflügeln vorbei. Lord Henry glaubte Basil Hallwards Herz pochen zu hören und war neugierig, was wohl kommen möchte.
The old gentleman growled approvingly and rang the bell for his servant. Lord Henry passed up the low arcade into Burlington Street and turned his steps in the direction of Berkeley Square.
Der alte Herr brummte zustimmend und klingelte seinem Diener. Lord Henry schritt durch die niedrigen Arkaden nach Burlington Street und lenkte dann seine Schritte in die Richtung nach Berkeley Square.
The lad muttered something to himself and drummed on the window-pane with his coarse fingers. He had just turned round to say something when the door opened and Sibyl ran in.
Der junge Mann brummte etwas in sich hinein und trommelte mit seinen dicken Fingern gegen die Fensterscheibe. Er hatte sich gerade umgewandt, um etwas zu sagen, als die Tür aufging und Sibyl hereinflitzte.
The young man was leaning against the mantelshelf, watching him with that strange expression that one sees on the faces of those who are absorbed in a play when some great artist is acting. There was neither real sorrow in it nor real joy. There was simply the passion of the spectator, with perhaps a flicker of triumph in his eyes. He had taken the flower out of his coat, and was smelling it, or pretending to do so.
Der junge Mann lehnte gegen den Kamin und beobachtete ihn mit dem merkwürdigen Ausdruck, den man auf den Gesichtern von Menschen sieht, die von dem Spiel eines großen Schauspielers hingerissen sind. In seinem Gesicht war weder wirklicher Schmerz noch wirkliche Freude. Da war nur die Leidenschaft des Zuschauers und höchstens in den Augen flackerte ein triumphierendes Leuchten. Er hatte die Blume aus seinem Knopfloch genommen und roch daran oder tat mindestens so.
The lad hesitated, and looked over at Lord Henry, who was watching them from the tea-table with an amused smile.
Der junge Mann schwankte und blickte zu Lord Henry hinüber, der die beiden mit einem belustigten Lächeln vom Teetische aus beobachtete.
The lad was touched. He went towards her, and stooping down, he kissed her. "I am sorry if I have pained you by asking about my father," he said, "but I could not help it. I must go now. Good-bye. Don't forget that you will have only one child now to look after, and believe me that if this man wrongs my sister, I will find out who he is, track him down, and kill him like a dog. I swear it."
Der junge Mensch war gerührt. Er ging zu ihr hin, beugte sich über sie und küßte sie. »Es tut mir leid, wenn ich dich mit der Frage nach meinem Vater verletzt habe,« sagte er, »aber ich konnte nicht anders. Jetzt muß ich fort. Lebewohl! Vergiß nicht, daß du jetzt nur noch ein Kind zu beschützen hast, und glaube mir, wenn dieser Mann meiner Schwester ein Leid zufügt, dann bringe ich schon heraus, wer es ist, spüre ihn auf und schlage ihn tot wie einen Hund. Das schwöre ich dir!«
The lad flushed up and, going to the window, looked out for a few moments on the green, flickering, sun-lashed garden. "I owe a great deal to Harry, Basil," he said at last, "more than I owe to you. You only taught me to be vain."
Der junge Mensch wurde rot, ging ans Fenster, sah ein paar Augenblicke auf den grün schimmernden, von der Sonne betupften Garten. »Ich schulde Harry sehr viel, sehr viel, Basil,« sagte er schließlich -- »mehr als ich dir schulde. Du hast mir nur Eitelkeit beigebracht.«
The curiously carved mirror that Lord Henry had given to him, so many years ago now, was standing on the table, and the white-limbed Cupids laughed round it as of old. He took it up, as he had done on that night of horror when be had first noted the change in the fatal picture, and with wild, tear-dimmed eyes looked into its polished shield. Once, some one who had terribly loved him had written to him a mad letter, ending with these idolatrous words: "The world is changed because you are made of ivory and gold. The curves of your lips rewrite history." The phrases came back to his memory, and he repeated them over and over to himself. Then he loathed his own beauty, and flinging the mirror on the floor, crushed it into silver splinters beneath his heel. It was his beauty that had ruined him, his beauty and the youth that he had prayed for. But for those two things, his life might have been free from stain. His beauty had been to him but a mask, his youth but a mockery. What was youth at best? A green, an unripe time, a time of shallow moods, and sickly thoughts. Why had he worn its livery? Youth had spoiled him.
Der mit merkwürdigen Schnitzereien umrahmte Spiegel, den ihm Lord Henry vor so vielen Jahren geschenkt hatte, stand auf dem Tisch, und die weißgliedrigen Liebesgötter lachten ringsherum wie ehedem. Er nahm ihn, wie er es in jener Schreckensnacht getan hatte, als er zum ersten Male die Veränderung in dem verhängnisvollen Bildnis bemerkt hatte, und blickte mit verzweifelten, tränenfeuchten Augen auf die glatte Fläche. Einmal hatte ihm jemand, der ihn abgöttisch geliebt hatte, einen wahnsinnigen Brief geschrieben, dessen Schluß lautete: »Die Welt ist anders geworden, weil du aus Elfenbein und Gold geschaffen wurdest. Der Linienschwung deiner Lippen schreibt die Weltgeschichte um.« Diese Sätze kamen ihm ins Gedächtnis zurück, und er wiederholte sie immer und immer wieder. Dann haßte er seine eigene Schönheit und schleuderte den Spiegel zu Boden und zertrat ihn unter seinem Fuße in silberne Splitter. Seine Schönheit war es, die ihn zugrunde gerichtet hatte, seine Schönheit und Jugend, um die er gefleht hatte. Wären diese beiden nicht gewesen, so hätte er sein Leben wohl fleckenlos erhalten können. Die Schönheit war für ihn nur eine Maske gewesen, die Jugend nur ein Blendwerk. Was war Jugend im besten Falle? Eine grüne, unreife Zeit, eine Zeit seichter Stimmungen und kranker Einfälle. Warum hatte er ihre Tracht angelegt? Die Jugend hatte ihn zugrunde gerichtet.
The elder man lay back and looked at him with half-closed eyes. "By the way, Dorian," he said after a pause, "'what does it profit a man if he gain the whole world and lose--how does the quotation run?-- his own soul'?"
Der ältere Freund saß zurückgelehnt und blickte mit halbgeschlossenen Augen zu ihm hinüber. »Übrigens, Dorian,« sagte er nach einer Pause, »was hülfe es einem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und -- wie heißt die Stelle doch? -- seine eigene Seele verlöre?«
The elder man buried his face in his hands. "How fearful," he muttered, and a shudder ran through him.
Der ältere Mann vergrub sein Gesicht in den Händen. »Wie schrecklich!« flüsterte er und ein Schauer durchrann ihn.
The elder man laughed. "The only horrible thing in the world is ennui, Dorian. That is the one sin for which there is no forgiveness. But we are not likely to suffer from it unless these fellows keep chattering about this thing at dinner. I must tell them that the subject is to be tabooed. As for omens, there is no such thing as an omen. Destiny does not send us heralds. She is too wise or too cruel for that. Besides, what on earth could happen to you, Dorian? You have everything in the world that a man can want. There is no one who would not be delighted to change places with you."
Der ältere lachte. »Das einzig Schreckliche in der Welt ist Langeweile, Dorian. Das ist die einzige Sünde, für die es keine Vergebung gibt. Aber wir werden darunter schwerlich zu leiden haben, wenn die Gesellschaft bei Tisch nicht etwa noch über die Sache viel Aufhebens macht. Ich muß den Leuten sagen, daß dieses Thema einfach Tabu ist. Und Omina --so was wie Omina gibt's nicht. Das Geschick sendet uns keine Herolde. Es ist zu weise dazu oder zu grausam. Übrigens, was in aller Welt sollte dir geschehen, Dorian? Du hast alles, was sich ein Mensch hienieden wünschen kann. Ich wüßte niemand, der nicht freudig mit dir tauschen möchte.«
The same look of pity came into Dorian Gray's eyes. Then he stretched out his hand, took a piece of paper, and wrote something on it. He read it over twice, folded it carefully, and pushed it across the table. Having done this, he got up and went over to the window.
Derselbe mitleidige Ausdruck kam in Dorian Grays Augen. Dann reckte er die Hand aus, nahm ein Stück Papier und schrieb etwas darauf. Er las es zweimal durch, faltete es sorgfältig zusammen und schob es über den Tisch. Nachdem er dies getan hatte, stand er auf und trat ans Fenster.
The nineteenth century dislike of realism is the rage of Caliban seeing his own face in a glass.
Die Abneigung des neunzehnten Jahrhunderts gegen den Realismus ist die Wut Calibans, der sein eigenes Gesicht im Spiegel erblickt.
The nineteenth century dislike of romanticism is the rage of Caliban not seeing his own face in a glass.
Die Abneigung des neunzehnten Jahrhunderts gegen die Romantik ist die Wut Calibans, der sein eigenes Gesicht im Spiegel nicht sieht.
It was the creation of such worlds as these that seemed to Dorian Gray to be the true object, or amongst the true objects, of life; and in his search for sensations that would be at once new and delightful, and possess that element of strangeness that is so essential to romance, he would often adopt certain modes of thought that he knew to be really alien to his nature, abandon himself to their subtle influences, and then, having, as it were, caught their colour and satisfied his intellectual curiosity, leave them with that curious indifference that is not incompatible with a real ardour of temperament, and that, indeed, according to certain modern psychologists, is often a condition of it.
Die Erschaffung solcher Welten schien für Dorian Gray der wahre Lebensinhalt oder wenigstens sein hauptsächlichster Inhalt zu bedeuten; und auf seiner Suche nach Sinnenerlebnissen, die zugleich neu und genußreich sein sollten und jenes Element der Seltsamkeit enthielten, die für die Romantik so wesentlich ist, eignete er sich oft gewisse Arten zu denken an, von denen ihm wohl bewußt war, daß sie seinem Wesen in Wirklichkeit fremd waren, gab sich ihren subtilen Einflüssen hin und verließ sie dann, wenn er sozusagen ihre Farbe in sich eingesogen und seine geistige Neugier befriedigt hatte, mit jener eigentümlichen Gleichgültigkeit, die nicht unvereinbar ist mit einem wirklich glühenden Temperament, und die in der Tat nach der Meinung gewisser moderner Psychologen oft eine Bedingung dafür ist.
The pen dropped from Dorian Gray's hand, and he felt as if his heart had suddenly stopped beating. "A sailor?" he cried out. "Did you say a sailor?"
Die Feder fiel Dorian Gray aus der Hand, und er hatte das Gefühl, als höre sein Herz plötzlich zu schlagen auf. »Ein Matrose!« schrie er auf. »Sagten Sie, ein Matrose?«
The duchess looked puzzled.
Die Herzogin machte ein erstauntes Gesicht.
The duchess sighed. "I am searching for peace," she said, "and if I don't go and dress, I shall have none this evening."
Die Herzogin seufzte. »Ich suche Frieden,« sagte sie, »und wenn ich jetzt nicht gehe und mich anziehe, habe ich ihn heut abend nicht.«
The duchess turned and looked at Dorian Gray with a curious expression in her eyes. "What do you say to that, Mr. Gray?" she inquired.
Die Herzogin wandte sich um und sah Dorian Gray an mit einem seltsamen Ausdruck in ihren Augen. »Was sagen Sie dazu, Herr Gray?« forschte sie.
The music jarred, and Dorian Gray started and stared at his friend. "Why do you ask me that, Harry?"
Die Musik brach schrill ab und Dorian Gray schnellte auf und starrte seinen Freund an. »Warum fragst du mich das, Harry?«
In fact, it was music that had first brought him and Dorian Gray together--music and that indefinable attraction that Dorian seemed to be able to exercise whenever he wished-- and, indeed, exercised often without being conscious of it. They had met at Lady Berkshire's the night that Rubinstein played there, and after that used to be always seen together at the opera and wherever good music was going on. For eighteen months their intimacy lasted. Campbell was always either at Selby Royal or in Grosvenor Square.
Die Musik war es denn auch wirklich, die Dorian Gray und ihn zueinander gebracht hatte -- die Musik und die unerklärliche Anziehungskraft, die Dorian ausüben konnte, wenn er wollte, und auch oft ausübte, ohne es zu wissen. Sie hatten sich bei Lady Berkshire an dem Abend kennengelernt, als Rubinstein dort spielte, und man sah sie von da an immer zusammen in der Oper und überall, wo es gute Musik gab. Achtzehn Monate dauerte diese Freundschaft. Campbell war regelmäßig entweder in Selby Royal oder in Grosvenor Square.
His mother was waiting for him below. She grumbled at his unpunctuality, as he entered. He made no answer, but sat down to his meagre meal. The flies buzzed round the table and crawled over the stained cloth. Through the rumble of omnibuses, and the clatter of street-cabs, he could hear the droning voice devouring each minute that was left to him.
Die Mutter wartete unten auf ihn. Als er eintrat, murrte sie über seine Unpünktlichkeit. Er gab keine Antwort, sondern setzte sich an sein kärgliches Mahl. Die Fliegen summten um den Tisch und krochen über das fleckige Tischtuch. Durch das Gerassel der Omnibusse und das Rackern der Droschken konnte er die einförmige Stimme hören, die ihn um jede Minute beraubte, die ihm noch übrig blieb.
The men laughed, and Mr. Chapman got up solemnly from the foot of the table and came up to the top. Dorian Gray changed his seat and went and sat by Lord Henry. Mr. Chapman began to talk in a loud voice about the situation in the House of Commons. He guffawed at his adversaries. The word doctrinaire--word full of terror to the British mind-- reappeared from time to time between his explosions. An alliterative prefix served as an ornament of oratory. He hoisted the Union Jack on the pinnacles of thought. The inherited stupidity of the race--sound English common sense he jovially termed it--was shown to be the proper bulwark for society.
Die Männer lachten, und Herr Chapman stand feierlich vom Ende der Tafel auf und setzte sich oben hin. Dorian Gray wechselte seinen Platz und setzte sich neben Lord Henry. Herr Chapman begann mit lauter Stimme über die parlamentarische Lage zu sprechen. Er heulte laut auf über seine Widersacher. Das Wort Doktrinär -- ein Wort voller Schrecken für den britischen Geist -- tauchte von Zeit zu Zeit in seinen Wutausbrüchen auf. Eine doppelt ausgesprochene Vorsilbe diente seiner Rede als Alliteration zum Schmuck. Er hißte den Union Jack auf dem Mast des Gedankens auf. Die angestammte Dummheit der Rasse -- gesunder englischer Menschenverstand nannte er sie wohlwollend -- wurde als das Hauptbollwerk der Gesellschaft hingestellt.
The worship of the senses has often, and with much justice, been decried, men feeling a natural instinct of terror about passions and sensations that seem stronger than themselves, and that they are conscious of sharing with the less highly organized forms of existence. But it appeared to Dorian Gray that the true nature of the senses had never been understood, and that they had remained savage and animal merely because the world had sought to starve them into submission or to kill them by pain, instead of aiming at making them elements of a new spirituality, of which a fine instinct for beauty was to be the dominant characteristic.
Die Pflege der Sinne ist oft und mit vielem Recht geschmäht worden, da die Menschen einen natürlichen, instinktiven Abscheu vor Leidenschaften und Empfindungen haben, die stärker scheinen als sie selbst und die sie mit weniger hoch organisierten Formen des Lebendigen gemein zu haben sich bewußt sind. Doch kam es Dorian Gray so vor, als ob die wahre Natur der Sinne noch nie verstanden worden sei und als ob sie nur deshalb wild und tierisch geblieben seien, weil die Welt versuchte, sie durch Hunger zur Unterwerfung zu bringen oder durch Schmerzen zu töten, statt bestrebt zu sein, sie zu Bestandteilen einer neuen geistigen Welt zu machen, in der ein edles Schönheitsbewußtsein die vorherrschende Triebfeder sein sollte.
There are moments, psychologists tell us, when the passion for sin, or for what the world calls sin, so dominates a nature that every fibre of the body, as every cell of the brain, seems to be instinct with fearful impulses. Men and women at such moments lose the freedom of their will. They move to their terrible end as automatons move. Choice is taken from them, and conscience is either killed, or, if it lives at all, lives but to give rebellion its fascination and disobedience its charm. For all sins, as theologians weary not of reminding us, are sins of disobedience. When that high spirit, that morning star of evil, fell from heaven, it was as a rebel that he fell.
Die Psychologen sagen uns, daß es Augenblicke gibt, wo die Anreizung zu Sünden oder zu dem, was die Welt Sünden nennt, eine Natur so beherrscht, daß jede Faser des Körpers, jede Zelle des Gehirns von fürchterlichen Kräften gestachelt zu sein scheint. Männer und Frauen verlieren in solchen Augenblicken die Willensfreiheit. Sie bewegen sich wie Automaten ihrem schrecklichen Ende zu. Die Wahl ist ihnen geraubt, und das Gewissen ist entweder tot oder, wenn es noch lebt, so lebt es nur, um der Empörung ihren Reiz und dem Ungehorsam ihren besonderen Zauber zu verleihen. Denn alle Sünden sind, wie die Theologen nicht müde werden, uns vorzuhalten, Sünden des Ungehorsams. Als jener hohe Geist, der Morgenstern alles Bösen vom Himmel fiel, da fiel er, weil er ein Rebell war.
The voice that spoke was cold and cruel.
Die Stimme, die das sprach, klang kalt und grausam.
The scene was the hall of Capulet's house, and Romeo in his pilgrim's dress had entered with Mercutio and his other friends. The band, such as it was, struck up a few bars of music, and the dance began. Through the crowd of ungainly, shabbily dressed actors, Sibyl Vane moved like a creature from a finer world. Her body swayed, while she danced, as a plant sways in the water. The curves of her throat were the curves of a white lily. Her hands seemed to be made of cool ivory.
Die Szene stellte die Halle in Capulets Hause dar, und Romeo war in seinem Pilgerkleid mit Mercutio und seinen anderen Freunden aufgetreten. Die Musik präludierte, so gut sie konnte, mit ein paar Akkorden, und der Tanz fing an. Mitten in dem Gewimmel von ungeschickten, schäbig gekleideten Schauspielern bewegte sich Sibyl Vane wie ein Geschöpf aus einer höheren Welt. Ihr Körper schwebte im Tanze wie eine Blume auf dem Wasser. Die Linien ihres Halses glichen denen einer weißen Lilie. Ihre Hände schienen aus kühlem Elfenbein zu sein.
The elder woman grew pale beneath the coarse powder that daubed her cheeks, and her dry lips twitched with a spasm of pain. Sybil rushed to her, flung her arms round her neck, and kissed her. "Forgive me, Mother. I know it pains you to talk about our father. But it only pains you because you loved him so much. Don't look so sad. I am as happy to-day as you were twenty years ago. Ah! let me be happy for ever!"
Die alte Frau wurde bleich unter dem dicken Puder, womit ihre Wangen beklebt waren, und ihre verwelkten Lippen zitterten in krampfigem Schmerz. Sibyl stürzte zu ihr hin, schlang ihr ihre Arme um den Hals und küßte sie. »Verzeih mir, Mutter! Ich weiß, es schmerzt dich, an unseren Vater zu denken. Aber es schmerzt dich nur, weil du ihn so lieb gehabt hast. Sieh nicht so traurig drein. Heute bin ich so glücklich, wie du es warst vor zwanzig Jahren. Ach, könnte ich für immer so glücklich sein!«
Poor Sibyl! What a romance it had all been! She had often mimicked death on the stage. Then Death himself had touched her and taken her with him. How had she played that dreadful last scene? Had she cursed him, as she died? No; she had died for love of him, and love would always be a sacrament to him now. She had atoned for everything by the sacrifice she had made of her life. He would not think any more of what she had made him go through, on that horrible night at the theatre. When he thought of her, it would be as a wonderful tragic figure sent on to the world's stage to show the supreme reality of love. A wonderful tragic figure? Tears came to his eyes as he remembered her childlike look, and winsome fanciful ways, and shy tremulous grace. He brushed them away hastily and looked again at the picture.
Die arme Sibyl! Wie sonderbar romantisch alles gewesen war! Sie hatte oft den Tod auf der Bühne dargestellt. Dann hatte sie der Tod selbst gepackt und weggeholt. Wie mochte sie die grauenvolle letzte Szene gespielt haben? Hatte sie ihn im Sterben verflucht? Nein; sie war aus Liebe zu ihm gestorben, und die Liebe sollte ihm von jetzt ab immer ein Heiligtum bleiben. Sie hatte alles gebüßt durch das Opfer ihres Lebens. Er wollte nicht mehr daran denken, was er ihretwegen an jenem schrecklichen Theaterabend durchgemacht hatte. Wenn er an sie dachte, sollte es sein wie an eine wundersam tragische Gestalt, die auf die Weltbühne gestellt worden war, um die höchste Verwirklichung der Liebe zu künden. Eine wundersam tragische Gestalt? Tränen traten ihm in die Augen, als er sich ihres kindlichen Aussehens, ihrer fröhlichen, phantastischen Art, ihrer scheuen, zaghaften Anmut entsann. Er verscheuchte alles hastig und blickte wieder auf das Porträt.
The exaggerated folly of the threat, the passionate gesture that accompanied it, the mad melodramatic words, made life seem more vivid to her. She was familiar with the atmosphere. She breathed more freely, and for the first time for many months she really admired her son. She would have liked to have continued the scene on the same emotional scale, but he cut her short. Trunks had to be carried down and mufflers looked for. The lodging-house drudge bustled in and out. There was the bargaining with the cabman. The moment was lost in vulgar details.
Die wahnwitzige Übertreibung seines Schwurs, die leidenschaftlichen Handbewegungen, die ihn begleiteten, die tollen, melodramatischen Worte machten der alten Frau das Leben wieder interessanter. Diese Atmosphäre war ihr vertraut. Sie atmete wie erlöst, und zum erstenmal seit vielen Monaten bewunderte sie förmlich ihren Sohn. Sie hätte die Szene gern auf derselben Gefühlshöhe fortgesetzt, aber er brach sie kurz ab. Koffer mußten heruntergebracht und Decken beschafft werden. Der Hausknecht des Mietshauses rannte geschäftig hin und her. Mit dem Kutscher wurde der Preis abgehandelt. So wurde der Augenblick durch gemeine Einzelheiten verzettelt.
Yet these whispered scandals only increased in the eyes of many his strange and dangerous charm. His great wealth was a certain element of security. Society--civilized society, at least-- is never very ready to believe anything to the detriment of those who are both rich and fascinating. It feels instinctively that manners are of more importance than morals, and, in its opinion, the highest respectability is of much less value than the possession of a good chef. And, after all, it is a very poor consolation to be told that the man who has given one a bad dinner, or poor wine, is irreproachable in his private life. Even the cardinal virtues cannot atone for half-cold entrées, as Lord Henry remarked once, in a discussion on the subject, and there is possibly a good deal to be said for his view. For the canons of good society are, or should be, the same as the canons of art. Form is absolutely essential to it. It should have the dignity of a ceremony, as well as its unreality, and should combine the insincere character of a romantic play with the wit and beauty that make such plays delightful to us. Is insincerity such a terrible thing? I think not. It is merely a method by which we can multiply our personalities.
Doch dieses Skandalgeflüster erhöhte in den Augen vieler nur seinen seltsamen und gefährlichen Reiz. Auch sein großer Reichtum bot ein gewisses Unterpfand der Sicherheit. Die Gesellschaft, wenigstens die zivilisierte Gesellschaft, ist niemals schnell geneigt, etwas Schlechtes von denen zu glauben, die zugleich reich und interessant sind. Sie begreift instinktiv, daß Manieren wichtiger sind als Moral, und ihrer Meinung nach ist die höchste Ehrbarkeit weniger wert als der Besitz eines guten Küchenchefs. Und schließlich ist es auch ein sehr schwacher Trost, wenn einem gesagt wird, daß der Mann, bei dem es ein schlechtes Diner oder einen elenden Wein gegeben hat, in seinem Privatleben unantastbar dasteht. Selbst die Kardinaltugenden können nicht für kalt gewordene Entrees entschädigen, bemerkte Lord Henry einmal, als man über dieses Thema sprach; und für seine Ansicht spricht wahrscheinlich sehr viel. Denn die Gesetze der guten Gesellschaft sind oder sollten wenigstens dieselben sein, wie die Regeln der Kunst. Form ist für sie unbedingt wesentlich. Sie sollte die Würde ebenso wie die Unwirklichkeit einer Zeremonie haben und sollte den unaufrichtigen Schein eines romantischen Schauspiels mit dem Witz und der Schönheit verbinden, die für uns das Entzücken solcher Spiele ausmachen. Ist Unaufrichtigkeit denn etwas so Furchtbares? Ich glaube nicht. Sie ist nur ein Mittel, wodurch wir unsere Persönlichkeit vervielfachen können.
Dorian Gray drew a long breath. The colour came back to his cheeks, and a smile played about his lips. The peril was over. He was safe for the time. Yet he could not help feeling infinite pity for the painter who had just made this strange confession to him, and wondered if he himself would ever be so dominated by the personality of a friend. Lord Henry had the charm of being very dangerous. But that was all. He was too clever and too cynical to be really fond of. Would there ever be some one who would fill him with a strange idolatry? Was that one of the things that life had in store?
Dorian Gray atmete tief auf. Seine Wangen bekamen wieder Farbe, und ein Lächeln umspielte seine Lippen. Die Gefahr war vorbei. Für den Augenblick war er gerettet. Doch er mußte unendliches Mitleid fühlen mit dem Maler, der ihm eben diese seltsame Beichte abgelegt hatte, und er fragte sich, ob er selbst jemals so stark von der Persönlichkeit eines Freundes beherrscht werden könnte. Lord Henry hatte den Reiz, sehr gefährlich zu sein. Aber das war alles. Er war zu klug und zu zynisch, als daß man ihn wirklich lieben könnte. Würde es je einen Menschen geben, den er merkwürdig abgöttisch anbeten könnte? War das eines von den Dingen, die ihm das Leben noch aufsparte?
Dorian Gray stepped up on the dais with the air of a young Greek martyr, and made a little moue of discontent to Lord Henry, to whom he had rather taken a fancy. He was so unlike Basil. They made a delightful contrast. And he had such a beautiful voice. After a few moments he said to him, "Have you really a very bad influence, Lord Henry? As bad as Basil says?"
Dorian Gray bestieg das Podium mit der Miene eines jungen griechischen Märtyrers und stieß, zu Lord Henry gewandt, der ihm gleich gut gefallen hatte, einen kleinen drolligen Seufzer aus. Dieser Mann war so ganz anders als Basil. Die beiden bildeten einen entzückenden Gegensatz. Und er hatte ein so schönes Organ. Nach ein paar Augenblicken sagte Dorian zu ihm: »Haben Sie wirklich einen so bösen Einfluß, Lord Henry? Ist es so arg, wie Basil sagt?«
Dorian Gray glanced at the picture, and suddenly an uncontrollable feeling of hatred for Basil Hallward came over him, as though it had been suggested to him by the image on the canvas, whispered into his ear by those grinning lips. The mad passions of a hunted animal stirred within him, and he loathed the man who was seated at the table, more than in his whole life he had ever loathed anything. He glanced wildly around. Something glimmered on the top of the painted chest that faced him. His eye fell on it. He knew what it was. It was a knife that he had brought up, some days before, to cut a piece of cord, and had forgotten to take away with him. He moved slowly towards it, passing Hallward as he did so. As soon as he got behind him, he seized it and turned round. Hallward stirred in his chair as if he was going to rise. He rushed at him and dug the knife into the great vein that is behind the ear, crushing the man's head down on the table and stabbing again and again.
Dorian Gray blickte nach dem Bild, und plötzlich überkam ihn ein unbezwingliches Haßgefühl auf Basil Hallward, als sei er ihm von dem Bildnis auf der Leinwand eingeflößt, von diesen grinsenden Lippen in sein Ohr gewispert worden. Die wilde Zornwut eines gehetzten Tieres kochte in ihm, und er haßte den Mann, der da an dem Tisch saß, mehr als er in seinem ganzen Leben irgend etwas gehaßt hatte. Er spähte wild um sich. Auf der Platte der bemalten Truhe, die ihm gegenüberstand, glitzerte etwas. Sein Blick fiel darauf. Er erkannte, was es war. Ein Messer war's, das er vor einigen Tagen mit hinaufgenommen hatte, um ein Stück Schnur zu durchschneiden, und das er wieder mit herunterzunehmen vergessen hatte. Er ging langsam darauf zu und mußte dabei an Hallward vorüber. Sobald er hinter ihm stand, ergriff er das Messer und drehte sich um. Hallward rührte sich in seinem Stuhl, als wollte er soeben aufstehen. Er stürzte sich auf ihn und bohrte ihm das Messer tief in die Schlagader hinter dem Ohr, preßte den Kopf des Mannes auf den Tisch herunter und stieß immer und immer wieder zu.
Dorian Gray hurried along the quay through the drizzling rain. His meeting with Adrian Singleton had strangely moved him, and he wondered if the ruin of that young life was really to be laid at his door, as Basil Hallward had said to him with such infamy of insult. He bit his lip, and for a few seconds his eyes grew sad. Yet, after all, what did it matter to him? One's days were too brief to take the burden of another's errors on one's shoulders. Each man lived his own life and paid his own price for living it. The only pity was one had to pay so often for a single fault. One had to pay over and over again, indeed. In her dealings with man, destiny never closed her accounts.
Dorian Gray eilte rasch durch den herabstäubenden Regen den Kai entlang. Sein Zusammentreffen mit Adrian Singleton hatte ihn sonderbar bewegt, und er grübelte darüber nach, ob der Untergang dieses jungen Lebens wirklich sein Werk war, wie ihm Basil Hallward mit so schändlicher Beschimpfung schuldgegeben hatte. Er biß sich auf die Lippen, und für ein paar Augenblicke wurde sein Auge traurig. Aber schließlich, was ging es ihn an? Das bißchen Leben war zu kurz, als daß man die Sünden anderer auf seine Schultern laden könnte. Jeder lebte sein eigenes Leben und zahlte seinen eigenen Preis dafür. Das einzige Unglück war, daß man für ein einziges Vergehen so oftmals zahlen mußte. Man mußte immer und immer wieder zahlen. In seinem Handel mit dem Menschen glich das Schicksal sein Schuldbuch nie aus.
Dorian Gray grew pale as he watched her. He was puzzled and anxious. Neither of his friends dared to say anything to him. She seemed to them to be absolutely incompetent. They were horribly disappointed.
Dorian Gray erbleichte, als er es hörte. Er war verlegen und erschreckt. Seine beiden Freunde wagten nicht, ihm etwas zu sagen. Sie schien ja ganz talentlos zu sein. Sie waren furchtbar enttäuscht.
Dorian Gray passed his hand over his forehead. There were beads of perspiration there. He felt that he was on the brink of a horrible danger. "You told me a month ago that you would never exhibit it," he cried. "Why have you changed your mind? You people who go in for being consistent have just as many moods as others have. The only difference is that your moods are rather meaningless. You can't have forgotten that you assured me most solemnly that nothing in the world would induce you to send it to any exhibition. You told Harry exactly the same thing." He stopped suddenly, and a gleam of light came into his eyes. He remembered that Lord Henry had said to him once, half seriously and half in jest, "If you want to have a strange quarter of an hour, get Basil to tell you why he won't exhibit your picture. He told me why he wouldn't, and it was a revelation to me." Yes, perhaps Basil, too, had his secret. He would ask him and try.
Dorian Gray fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Schweißtropfen standen darauf. Er fühlte, daß er am Rande einer fürchterlichen Gefahr stehe. »Du hast mir vor einem Monat gesagt, du würdest es nie ausstellen«, rief er. »Warum hast du dich anders entschlossen? Ihr Leute, die ihr viel Aufhebens von der Konsequenz macht, habt genau soviel Launen wie andere. Der einzige Unterschied ist der, daß eure Launen wenig Sinn haben. Du kannst nicht vergessen haben, daß du mir feierlichst versichert hast, nichts in der Welt könne dich bewegen, das Bild auf eine Ausstellung zu bringen. Du sagtest zu Harry ganz dasselbe.« Er stockte plötzlich, und ein Glanz erwachte in seinen Augen. Er erinnerte sich, daß ihm Lord Harry einmal halb ernst und halb scherzend gesagt hatte: Willst du mal eine merkwürdige Viertelstunde erleben, dann laß dir von Basil sagen, warum er dein Porträt nicht ausstellen will. Er hat mir den Grund erzählt, und es war für mich eine Offenbarung. Ja, vielleicht hatte auch Basil sein Geheimnis. Er wollte ihn fragen und auf die Probe stellen.
Dorian Gray lifted his golden head from the pillow, and with pallid face and tear-stained eyes, looked at him as he walked over to the deal painting-table that was set beneath the high curtained window. What was he doing there? His fingers were straying about among the litter of tin tubes and dry brushes, seeking for something. Yes, it was for the long palette-knife, with its thin blade of lithe steel. He had found it at last. He was going to rip up the canvas. With a stifled sob the lad leaped from the couch, and, rushing over to Hallward, tore the knife out of his hand, and flung it to the end of the studio.
Dorian Gray hob seinen goldschimmernden Kopf von dem Kissen und blickte ihn mit bleichem Gesicht und tränenfeuchten Augen an, als er zu dem Maltische aus Kiefernholz trat, der unter dem hohen verhängten Fenster stand. Was wollte Basil beginnen? Seine Finger wühlten zwischen dem Wust von Blechtuben und trockenen Pinseln herum, als suchten sie etwas. Ja, sie suchten das lange Schabmesser mit der schmalen Klinge aus schmiegsamem Stahl. Endlich hatte er es gefunden. Er wollte die Leinwand zerschlitzen. Mit einem erstickten Schluchzen sprang der Jüngling vom Diwan auf, schoß auf Hallward zu, riß ihm das Messer aus der Hand und schleuderte es in den äußersten Winkel des Ateliers.
Dorian Gray listened, open-eyed and wondering. The spray of lilac fell from his hand upon the gravel. A furry bee came and buzzed round it for a moment. Then it began to scramble all over the oval stellated globe of the tiny blossoms. He watched it with that strange interest in trivial things that we try to develop when things of high import make us afraid, or when we are stirred by some new emotion for which we cannot find expression, or when some thought that terrifies us lays sudden siege to the brain and calls on us to yield. After a time the bee flew away. He saw it creeping into the stained trumpet of a Tyrian convolvulus. The flower seemed to quiver, and then swayed gently to and fro.
Dorian Gray hörte zu, mit aufgerissenen Augen und staunend. Der Fliederzweig, den er in der Hand hielt, fiel auf den Kies. Eine Biene in ihrem Pelzkleid schoß her und umsummte ihn einen Augenblick. Dann krabbelte sie eifrig auf den kleinen Blumensternen herum. Er beobachtete sie mit dem seltsamen Interesse an gewöhnlichen Dingen, das wir in uns heranzubilden suchen, wenn wir uns vor entscheidenden Dingen fürchten, oder wenn uns ein neues Gefühl erschüttert, für das wir noch keine Formel haben, oder wenn ein schrecklicher Gedanke das Hirn umklammert und verlangt, daß wir uns ihm ausliefern sollen. Nach einer Weile schwirrte die Biene weg. Er sah sie in den bunten Trompetentrichter einer tyrischen Winde kriechen. Die Blume schien zusammenzuzucken und bewegte sich dann mit Grazie hin und her.
Dorian Gray laughed, and tossed his head. "You are quite incorrigible, Harry; but I don't mind. It is impossible to be angry with you. When you see Sibyl Vane, you will feel that the man who could wrong her would be a beast, a beast without a heart. I cannot understand how any one can wish to shame the thing he loves. I love Sibyl Vane. I want to place her on a pedestal of gold and to see the world worship the woman who is mine. What is marriage? An irrevocable vow. You mock at it for that. Ah! don't mock. It is an irrevocable vow that I want to take. Her trust makes me faithful, her belief makes me good. When I am with her, I regret all that you have taught me. I become different from what you have known me to be. I am changed, and the mere touch of Sibyl Vane's hand makes me forget you and all your wrong, fascinating, poisonous, delightful theories."
Dorian Gray lachte und schüttelte den Kopf. »Du bist ganz unverbesserlich, Harry; aber ich bin nicht böse. Man kann dir ja gar nicht böse sein. Wenn du Sibyl Vane siehst, wirst du fühlen, daß der Mann, der ihr ein Leid antun kann, ein Tier sein muß, ein herzloses Tier. Ich kann nicht begreifen, wie man es über sich gewinnen kann, ein Wesen, das man liebt, in Schande zu bringen. Ich liebe Sibyl Vane. Ich möchte sie auf einen goldenen Sockel stellen und dann sehen, wie die ganze Welt das Weib anbetet, das mir gehört. Was ist Ehe? Ein unwiderrufliches Gelübde. Du spottest deshalb darüber. Ach, spotte nicht! Ein unwiderrufliches Gelübde will ich ablegen. Ihr Vertrauen macht mich treu, ihr Glaube macht mich gut. Wenn ich bei ihr bin, verleugne ich alles, was du mich gelehrt hast. Ich werde ein ganz anderer Mensch als der, den du in mir siehst. Ich bin verwandelt, und die bloße Berührung von Sibyl Vanes Hand läßt mich alle deine falschen, bezaubernden, vergifteten, entzückenden Theorien vergessen.«
Dorian Gray smiled. There was a curl of contempt in his lips. "Come upstairs, Basil," he said quietly. "I keep a diary of my life from day to day, and it never leaves the room in which it is written. I shall show it to you if you come with me."
Dorian Gray lächelte. Seine Lippen krausten sich in Verachtung. »Komm hinauf, Basil«, sagte er ruhig. »Ich führe da ein Tagebuch meines Lebens, Tag für Tag, und es verläßt niemals das Zimmer, in dem es geschrieben wird. Ich will es dir zeigen, wenn du mit mir kommst.«
Dorian Gray frowned and turned his head away. He could not help liking the tall, graceful young man who was standing by him. His romantic, olive-coloured face and worn expression interested him. There was something in his low languid voice that was absolutely fascinating. His cool, white, flowerlike hands, even, had a curious charm. They moved, as he spoke, like music, and seemed to have a language of their own.
Dorian Gray runzelte die Stirn und wendete den Kopf weg. Ein unwiderstehlicher Reiz zog ihn zu diesem großen, anmutigen jungen Mann hin, der da neben ihm stand. Sein romantisches, olivenfarbiges Gesicht und der müde Ausdruck darin fesselten ihn. Es war etwas in dem müden Ton seiner Stimme, was völlig in Bann schlug. Auch seine Hände, kühl, weiß und blumenhaft, zogen an. Sie bewegten sich bei seinen Worten, begleiteten sie wie Musik und schienen ihre eigene Sprache zu reden.
Dorian Gray shuddered. He felt that his could not be the hand to take the handkerchief away, and called out to one of the farm-servants to come to him.
Dorian Gray schauerte. Er fühlte, daß er nicht mit eigener Hand das Taschentuch wegziehen könne, und rief nach einem der Stallknechte.
"You have been on the brink of committing a terrible crime, my man," he said, looking at him sternly. "Let this be a warning to you not to take vengeance into your own hands."
Dorian Gray schöpfte tief Atem. »Sie waren dicht daran, ein furchtbares Verbrechen zu begehen, Mann«, sagte er mit einem strengen Blick. »Lassen Sie sich das eine Warnung sein, eine Rache nicht mit eigener Hand zu übernehmen.«
Dorian Gray shook his head and struck some soft chords on the piano. "'Like the painting of a sorrow,'" he repeated, "'a face without a heart.'"
Dorian Gray schüttelte den Kopf und schlug ein paar sanfte Akkorde auf dem Klavier an. »Gleich dem Bildnis eines Grams, ein Antlitz ohne Herz«, wiederholte er, »ein Antlitz ohne Herz.«
Dorian Gray shook his head. "I left her in the forest of Arden; I shall find her in an orchard in Verona."
Dorian Gray schüttelte den Kopf. »Ich verließ sie im Ardennenwald und werde sie in einem Garten von Verona wiederfinden.«
Dorian Gray shook his head. "No, Harry, I have done too many dreadful things in my life. I am not going to do any more. I began my good actions yesterday."
Dorian Gray schüttelte den Kopf. »Nein, Harry, ich habe zuviel gräßliche Dinge getan in meinem Leben. Ich will keine mehr tun. Ich habe gestern mit meinen guten Taten den Anfang gemacht.«
Dorian Gray laughed and shook his head.
Dorian Gray schüttelte lachend den Kopf.
Dorian Gray leaped to his feet, with flushed cheeks and burning eyes. "Harry! Sibyl Vane is sacred!"
Dorian Gray sprang mit geröteten Wangen und blitzenden Augen auf. »Harry! Sibyl Vane ist mir heilig.«
Dorian Gray turned slowly around and looked at him with tear-dimmed eyes. "It is too late, Basil," he faltered.
Dorian Gray wandte sich langsam um und sah ihn mit tränenschimmernden Augen an. »Es ist zu spät, Basil«, flüsterte er.
Dorian Gray turned and looked at him. "I believe you would, Basil. You like your art better than your friends. I am no more to you than a green bronze figure. Hardly as much, I dare say."
Dorian Gray wandte sich zu ihm und sah ihn an. »Ich bin davon überzeugt, Basil. Die Kunst ist dir mehr als deine Freunde. Ich bedeute für dich nicht mehr als eine grüne Bronzefigur. Vielleicht kaum so viel, müßte ich sagen.«
Dorian Gray threw his hat and coat upon the table and passed into the library. For a quarter of an hour he walked up and down the room, biting his lip and thinking. Then he took down the Blue Book from one of the shelves and began to turn over the leaves. "Alan Campbell, 152, Hertford Street, Mayfair." Yes; that was the man he wanted.
Dorian Gray warf Hut und Stock auf den Tisch und trat ins Bücherzimmer. Eine Viertelstunde lang ging er auf und ab, biß sich auf die Lippen und grübelte. Dann nahm er das blaue Adreßbuch von einem Regal und begann zu blättern. »Alan Campbell, Hertford Street 152, Mayfair.« Ja, das war der Mann, den er brauchte.
Dorian Gray grew sick with fear. "I never knew her," he stammered. "I never heard of her. You are mad."
Dorian Gray wurde fast ohnmächtig vor Furcht. »Ich habe sie nie gekannt«, stammelte er. »Ich habe nie von ihr gehört. Sie sind verrückt.«
Dorian glanced at him hurriedly and frowned. "No, Harry," he said at last, "I did not get home till nearly three."
Dorian blickte ihn rasch an und runzelte die Stirn. »Nein, Harry,« sagte er endlich, »es war schon fast drei, als ich nach Hause kam.«
Dorian started. "It would not interest you, Mr. Hubbard," he said, keeping his eye on the man. He felt ready to leap upon him and fling him to the ground if he dared to lift the gorgeous hanging that concealed the secret of his life. "I shan't trouble you any more now. I am much obliged for your kindness in coming round."
Dorian erschrak. »Es würde Sie nicht interessieren, Herr Hubbard«, sagte er und sah den Mann fest an. Er fühlte sich imstande, auf ihn loszustürzen und ihn zu Boden zu werfen, wenn er es wagen sollte, die schimmernde Hülle zu lüften, die das Geheimnis seines Lebens barg. »Ich will Sie nicht länger aufhalten. Schönsten Dank, daß Sie so freundlich waren, herüberzukommen.«
Dorian started and peered round. "This will do," he answered, and having got out hastily and given the driver the extra fare he had promised him, he walked quickly in the direction of the quay. Here and there a lantern gleamed at the stern of some huge merchantman. The light shook and splintered in the puddles. A red glare came from an outward-bound steamer that was coaling. The slimy pavement looked like a wet mackintosh.
Dorian fuhr auf und blickte sich um. »Schon gut«, antwortete er, stieg rasch aus, gab dem Kutscher Trinkgeld, das er ihm versprochen hatte, und ging eilig dem Kai zu. Hier und da flimmerte eine Laterne am Heck eines großen Kauffahrers. Das Licht zitterte und zersplitterte sich in den Pfützen. Ein rotes Geglitzer kam von einem weit draußen ankernden Dampfer, der Kohlen verlud. Das schlüpfrige Pflaster sah aus wie ein regenglänzender Gummimantel.
Dorian made no answer, but passed listlessly in front of his picture and turned towards it. When he saw it he drew back, and his cheeks flushed for a moment with pleasure. A look of joy came into his eyes, as if he had recognized himself for the first time. He stood there motionless and in wonder, dimly conscious that Hallward was speaking to him, but not catching the meaning of his words. The sense of his own beauty came on him like a revelation. He had never felt it before.
Dorian gab keine Antwort, sondern trat, ohne hinzuhören, vor sein Bild und wandte sich dem Werke zu. Als er es sah, zuckte er zusammen, und seine Wangen röteten sich einen Augenblick vor Vergnügen. Ein Ausdruck der Freude blitzte in seinen Augen, als erkenne er sich selbst jetzt zum ersten Male. Bewegungslos und in Staunen versunken, stand er da und merkte dumpf, daß Hallward zu ihm sprach, ohne daß er den Sinn der Worte erfaßte. Das Gefühl seiner eigenen Schönheit kam über ihn wie eine Offenbarung. Er hatte es nie vorher empfunden.
Dorian murmured a graceful compliment and looked round the room. Yes: it was certainly a tedious party. Two of the people he had never seen before, and the others consisted of Ernest Harrowden, one of those middle-aged mediocrities so common in London clubs who have no enemies, but are thoroughly disliked by their friends; Lady Ruxton, an overdressed woman of forty-seven, with a hooked nose, who was always trying to get herself compromised, but was so peculiarly plain that to her great disappointment no one would ever believe anything against her; Mrs. Erlynne, a pushing nobody, with a delightful lisp and Venetian-red hair; Lady Alice Chapman, his hostess's daughter, a dowdy dull girl, with one of those characteristic British faces that, once seen, are never remembered; and her husband, a red-cheeked, white-whiskered creature who, like so many of his class, was under the impression that inordinate joviality can atone for an entire lack of ideas.
Dorian murmelte ein anmutiges Kompliment und blickte sich im Zimmer um. Ja, es war wirklich eine öde Gesellschaft. Zwei von den Anwesenden hatte er vordem nie gesehen, und die anderen waren Ernest Harrowden, eine der Mittelmäßigkeiten in mittleren Jahren, denen man so häufig in Londoner Klubs begegnet, die keine Feinde haben, die aber keiner ihrer Freunde leiden kann: dann Lady Ruxton, eine aufgeputzte Dame mit einer Papageiennase, im Alter von siebenundvierzig Jahren, die sich unablässig bemühte, sich zu kompromittieren, die aber so lächerlich häßlich war, daß zu ihrer großen Enttäuschung niemals einer etwas Schlechtes von ihr glauben wollte: Frau Erlynne, eine zudringliche Nichtigkeit mit einem entzückenden Lispeln und venezianisch rotem Haar: Lady Alice Chapman, die Tochter der Wirtin, eine schlechtgekleidete, bedeutungslose Frau mit einem der charakteristischen englischen Gesichter, an die man sich nie wieder erinnert, wenn man sie einmal gesehen hat, und ihr Mann, ein rotbäckiges, weißbärtiges Geschöpf, das, wie so viele seiner Kaste, der Überzeugung lebte, daß ungewöhnliche Liebenswürdigkeit den vollständigen Mangel an Gedanken ersetzen könne.
Dorian said nothing, but rose from the table, and passing into the next room, sat down to the piano and let his fingers stray across the white and black ivory of the keys. After the coffee had been brought in, he stopped, and looking over at Lord Henry, said, "Harry, did it ever occur to you that Basil was murdered?"
Dorian sagte nichts, sondern stand vom Tisch auf, ging in das Nebenzimmer, setzte sich an das Klavier und ließ seine Finger über das weiße und schwarze Elfenbein der Tasten gleiten. Als der Kaffee gebracht wurde, hörte er auf, sah zu Lord Henry hinüber und sagte: »Harry, ist es dir nie eingefallen, daß Basil ermordet worden sein könnte?«
Dorian looked at Campbell. "How long will your experiment take, Alan?" he said in a calm indifferent voice. The presence of a third person in the room seemed to give him extraordinary courage.
Dorian sah Campbell an. »Wie lange wird dein Experiment dauern, Alan?« fragte er mit ruhiger, gleichgültiger Stimme. Die Gegenwart eines Dritten im Zimmer schien ihm außerordentlichen Mut einzuflößen.
Dorian looked at him and smiled. "What a way for a fashionable painter to travel! A Gladstone bag and an ulster! Come in, or the fog will get into the house. And mind you don't talk about anything serious. Nothing is serious nowadays. At least nothing should be."
Dorian sah ihn lächelnd an. »Für einen berühmten Maler eine merkwürdige Art, zu reisen! Eine Handtasche und ein Ulster! Komm herein, sonst dringt der Nebel ins Haus! Und bitte, sprich über nichts Ernsthaftes mit mir. Nichts ist heutzutage ernsthaft. Wenigstens sollte es nichts sein.«
Dorian watched them as they plunged into the alder-clump, brushing the lithe swinging branches aside. In a few moments they emerged, dragging a body after them into the sunlight. He turned away in horror. It seemed to him that misfortune followed wherever he went. He heard Sir Geoffrey ask if the man was really dead, and the affirmative answer of the keeper. The wood seemed to him to have become suddenly alive with faces. There was the trampling of myriad feet and the low buzz of voices. A great copper- breasted pheasant came beating through the boughs overhead.
Dorian sah ihnen nach, wie sie in die Erlenbüsche eindrangen und die biegsamen Zweige zur Seite bogen. Nach einigen Augenblicken erschienen sie wieder und zogen einen Körper ans Tageslicht. Er wandte sich entsetzt ab. Es schien ihm, als folge ihm das Mißgeschick überallhin. Er hörte, wie Sir Geoffrey fragte, ob der Mann wirklich tot wäre, und vernahm die bejahende Antwort des Hegemeisters. Es schien ihm, als wimmele der Wald urplötzlich von Gesichtern. Er hörte das Gelaufe von unzähligen Füßen und das gedämpfte Flüstern von Stimmen. Ein großer Fasan mit kupferfarbener Brust rauschte durch die Äste über ihm dahin.
Dorian strolled along by his side. The keen aromatic air, the brown and red lights that glimmered in the wood, the hoarse cries of the beaters ringing out from time to time, and the sharp snaps of the guns that followed, fascinated him and filled him with a sense of delightful freedom. He was dominated by the carelessness of happiness, by the high indifference of joy.
Dorian schlenderte neben ihm weiter. Die starke, aromatische Luft, die braunen und roten Lichter, die den Wald durchflimmerten, das rauhe Geschrei der Treiber, das von Zeit zu Zeit aufgellte, und der scharfe Knall der Flinten, der dann folgte, das alles fesselte ihn und erfüllte ihn mit einem Gefühl entzückender Freiheit. Er war beherrscht von einem sorglosen Glück, von einer großartigen Gleichgültigkeit der Freude.
Dorian walked to the door with a look of pain in his face. As he drew the curtain aside, a hideous laugh broke from the painted lips of the woman who had taken his money. "There goes the devil's bargain!" she hiccoughed, in a hoarse voice.
Dorian schritt mit einem qualvollen Zug im Gesicht zur Tür. Als er den Vorhang beiseitezog, scholl ein gräßliches Lachen von den geschminkten Lippen des Weibes, das sein Geld genommen hatte. »Da geht er hin, der Seelenverschacherer!« stieß sie mit einer heiser glucksenden Stimme hervor.
Dorian shook his head, and a look of annoyance passed over his face at the mention of the word "inquest." There was something so crude and vulgar about everything of the kind. "They don't know my name," he answered.
Dorian schüttelte den Kopf, und eine unangenehme Empfindung glitt bei dem Wort »Leichenschau« über sein Gesicht. In all diesen Dingen lag etwas so Rohes und Gemeines. »Sie kennen meinen Namen nicht«, antwortete er.
Dorian shook his head. "You must not ask me that, Basil. I could not possibly let you stand in front of that picture."
Dorian schüttelte den Kopf. »Das darfst du von mir nicht verlangen, Basil. Es ist mir unmöglich, dich vor dem Bilde stehen zu sehen.«
Dorian shook his head. "It is a bad omen, Harry. I feel as if something horrible were going to happen to some of us. To myself, perhaps," he added, passing his hand over his eyes, with a gesture of pain.
Dorian schüttelte den Kopf. »Es ist ein böses Omen, Harry. Ich habe das Gefühl, als müßte einem von uns etwas Schreckliches zustoßen. Mir selbst vielleicht«, fügte er hinzu und legte mit einer schmerzlichen Bewegung die Hand über die Augen.
Dorian shook his head. "I am not cold," he murmured.
Dorian schüttelte den Kopf. »Mir ist nicht kalt«, antwortete er.
Dorian smiled and shook his head: "I am afraid I don't think so, Lady Henry. I never talk during music--at least, during good music. If one hears bad music, it is one's duty to drown it in conversation."
Dorian schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich bedaure, Lady Henry, das ist nicht meine Meinung. Ich unterhalte mich nie, während man spielt -- wenigstens nicht, wenn es gute Musik ist. Wenn man schlechte Musik hört, ist man freilich verpflichtet, sie durch ein Gespräch zu ertränken.«
Dorian heaved a sigh of relief as he saw the gardener approaching. The man touched his hat, glanced for a moment at Lord Henry in a hesitating manner, and then produced a letter, which he handed to his master. "Her Grace told me to wait for an answer," he murmured.
Dorian seufzte erleichtert auf, als er den Gärtner herankommen sah. Der Mann legte die Hand an den Hut, blickte erst zaudernd auf Lord Henry und zog dann einen Brief hervor, den er seinem Herrn überreichte. »Ihre Gnaden hat mir aufgetragen, auf Antwort zu warten«, sagte er halblaut.
Dorian heaved a sigh, and Lord Henry strolled across the room and began to stroke the head of a curious Java parrot, a large, grey-plumaged bird with pink crest and tail, that was balancing itself upon a bamboo perch. As his pointed fingers touched it, it dropped the white scurf of crinkled lids over black, glasslike eyes and began to sway backwards and forwards.
Dorian seufzte und Lord Henry schlenderte durch das Zimmer und unterhielt sich damit, einem merkwürdigen Papagei aus Java den Kopf zu krauen, einem großen, graugefiederten Vogel mit rotem Schopf und Schwanz, der auf einem Bambusstab balancierte. Als ihn seine spitzen Finger berührten, ließ er die weiße Nickhaut seiner Liderfalten über die schwarzen Glaskugelaugen fallen und begann sich hin- und herzuwiegen.
Dorian sighed and lit a cigarette. "Half an hour!" he murmured.
Dorian seufzte und steckte sich eine Zigarette an. »Ein halb Stündchen«, flüsterte er.
Dorian started to his feet. A terrible hope fluttered past him. He clutched at it madly. "Where is the body?" he exclaimed. "Quick! I must see it at once."
Dorian sprang auf die Füße. Eine furchtbare Hoffnung durchblitzte ihn. Er klammerte sich wahnsinnig an sie an. »Wo ist der Leichnam?« rief er aus. »Rasch, ich muß ihn sofort sehen.«
Dorian rose up from the piano and passed his hand through his hair. "Yes, life has been exquisite," he murmured, "but I am not going to have the same life, Harry. And you must not say these extravagant things to me. You don't know everything about me. I think that if you did, even you would turn from me. You laugh. Don't laugh."
Dorian stand vom Klavier auf und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ja, das Leben ist himmlisch gewesen,« sagte er vor sich hin, »aber dieses Leben werde ich nicht fortsetzen, Harry. Und du sollst nicht so überspannte Dinge zu mir sagen. Du weißt nicht alles von mir. Ich glaube, wenn du es wüßtest, so würdest selbst du dich von mir abwenden. Du lachst. Lache nicht!«
Dorian put the letter into his pocket. "Tell her Grace that I am coming in," he said, coldly. The man turned round and went rapidly in the direction of the house.
Dorian steckte den Brief in die Tasche. »Sagen Sie Ihrer Gnaden, ich würde kommen«, sagte er kühl. Der Mann kehrte um und schritt rasch dem Hause zu.
Dorian was one of her especial favourites, and she always told him that she was extremely glad she had not met him in early life. "I know, my dear, I should have fallen madly in love with you," she used to say, "and thrown my bonnet right over the mills for your sake. It is most fortunate that you were not thought of at the time. As it was, our bonnets were so unbecoming, and the mills were so occupied in trying to raise the wind, that I never had even a flirtation with anybody. However, that was all Narborough's fault. He was dreadfully short-sighted, and there is no pleasure in taking in a husband who never sees anything."
Dorian war einer ihrer erklärten Lieblinge, und sie sagte ihm immer, sie sei äußerst froh darüber, ihn nicht in früheren Jahren kennengelernt zu haben. »Ich weiß, mein Lieber, ich hätte mich sinnlos in Sie verliebt,« pflegte sie zu sagen, »und wäre Ihretwillen der größten Tollheiten fähig gewesen. Es ist ein großes Glück, daß man damals noch gar nicht an Sie dachte. Zu meiner Zeit waren die Tollheiten eine so seltene Ware, daß ich nicht einmal eine harmlose Liebelei mit jemand gehabt habe. Indessen war das nur die Schuld Narboroughs. Er war schrecklich kurzsichtig, und es ist alles andere als ein Vergnügen, einen Ehemann zu betrügen, der nie etwas sieht.«
Dorian shrugged his shoulders. "I believe he married Lady Radley's maid, and has established her in Paris as an English dressmaker. Anglomanie is very fashionable over there now, I hear. It seems silly of the French, doesn't it? But--do you know?--he was not at all a bad servant. I never liked him, but I had nothing to complain about. One often imagines things that are quite absurd. He was really very devoted to me and seemed quite sorry when he went away. Have another brandy-and-soda? Or would you like hock-and-seltzer? I always take hock-and-seltzer myself. There is sure to be some in the next room."
Dorian zuckte die Achseln. »Ich glaube, er hat Lady Radleys Kammermädchen geheiratet und sie in Paris als englische Schneiderin etabliert. Ich höre, daß Anglomanie zurzeit drüben sehr Mode ist. Scheint mir recht töricht von den Franzosen, nicht wahr? Aber -- weißt du noch? -- er war wirklich kein schlechter Bedienter. Ich mochte ihn zwar auch nie so recht leiden, aber er gab mir keinen Grund zur Klage. Man bildet sich oft Dinge ein, die ganz sinnlos sind. Er war mir wirklich sehr ergeben und schien ganz traurig, als er wegging. Willst du noch einen Kognak und Soda? Oder lieber Wein mit Selter? Ich nehme immer Wein mit Selter. Es ist gewiß etwas im Nebenzimmer.«
Dorian shrugged his shoulders. "I am sick of women who love one. Women who hate one are much more interesting. Besides, the stuff is better."
Dorian zuckte die Achseln. »Ich habe die Weiber, die einen lieben, satt. Weiber, die einen hassen, sind viel interessanter. Übrigens ist dort der Stoff besser.«
Dorian winced and looked round at the grotesque things that lay in such fantastic postures on the ragged mattresses. The twisted limbs, the gaping mouths, the staring lustreless eyes, fascinated him. He knew in what strange heavens they were suffering, and what dull hells were teaching them the secret of some new joy. They were better off than he was. He was prisoned in thought. Memory, like a horrible malady, was eating his soul away. From time to time he seemed to see the eyes of Basil Hallward looking at him. Yet he felt he could not stay. The presence of Adrian Singleton troubled him. He wanted to be where no one would know who he was. He wanted to escape from himself.
Dorian zuckte zusammen und sah sich nach den grotesken Gestalten um, die da in so abenteuerlichen Stellungen auf den zerlumpten Matratzen lagen. Die verkrümmten Glieder, die offenen Mäuler, die stierenden, glanzlosen Augen übten eine starke Anziehungskraft auf ihn aus. Er kannte die absonderlichen Paradiese, in denen sie litten, und welche dumpfe Höllen sie in das Geheimnis neuer Genüsse einweihten. Sie waren besser daran als er. Ihn hielten seine Gedanken eingekerkert. Die Erinnerung fraß wie eine fürchterliche Krankheit an seiner Seele. Von Zeit zu Zeit glaubte er die Augen Basil Hallwards auf sich gerichtet zu sehen. Aber er fühlte, daß er hier nicht bleiben konnte. Die Anwesenheit Adrian Singletons störte ihn. Er wollte irgendwo sein, wo ihn niemand kennt. Er wollte sich selbst entfliehen.
Dorian hesitated for a moment. Then he threw his head back and laughed. "I always agree with Harry, Duchess." "Even when he is wrong?"
Dorian zögerte einen Augenblick. Dann warf er den Kopf zurück und lachte. »Ich stimme mit Harry immer überein, Frau Herzogin.« »Auch wenn er unrecht hat?«
Dorian half opened the door. As he did so, he saw the face of his portrait leering in the sunlight. On the floor in front of it the torn curtain was lying. He remembered that the night before he had forgotten, for the first time in his life, to hide the fatal canvas, and was about to rush forward, when he drew back with a shudder.
Dorian öffnete die Tür zur Hälfte. Als er dies tat, sah er seinem Porträt, das im hellen Sonnenlicht hing, grade ins Gesicht. Davor lag auf den Dielen der herabgerissene Vorhang. Er erinnerte sich, daß er in der vergangenen Nacht zum ersten Male in seinem Leben vergessen hatte, die verhängnisvolle Leinwand zu verhüllen, und wollte eben nach vorn stürzen, als er schaudernd zurückprallte.
Dorian's arms fell to his side. Paralysed with terror, he did not know what to do. Suddenly a wild hope flashed across his brain.
Dorians Arme sanken herab. Von Todesangst gelähmt, wußte er nicht, was er beginnen sollte. Plötzlich zuckte eine jähe Hoffnung in seinem Gehirn auf.
Chapter 13
Dreizehntes Kapitel
Inside, in the servants' part of the house, the half-clad domestics were talking in low whispers to each other. Old Mrs. Leaf was crying and wringing her hands. Francis was as pale as death.
Drinnen in den Dienerzimmern sprachen die halbangezogenen Bedienten in leisem Wispern miteinander. Die alte Frau Leaf weinte und rang die Hände. Francis war bleich wie der Tod.
Chapter 3
Drittes Kapitel
Thou knowest the mask of night is on my face, Else would a maiden blush bepaint my cheek For that which thou hast heard me speak to-night--
Du weißt, die Nacht verschleiert mein Gesicht, Sonst färbte Mädchenröte meine Wangen Um das, was du vorhin mich sagen hörtest --
An exclamation of horror broke from the painter's lips as he saw in the dim light the hideous face on the canvas grinning at him. There was something in its expression that filled him with disgust and loathing. Good heavens! it was Dorian Gray's own face that he was looking at! The horror, whatever it was, had not yet entirely spoiled that marvellous beauty. There was still some gold in the thinning hair and some scarlet on the sensual mouth. The sodden eyes had kept something of the loveliness of their blue, the noble curves had not yet completely passed away from chiselled nostrils and from plastic throat. Yes, it was Dorian himself. But who had done it? He seemed to recognize his own brushwork, and the frame was his own design. The idea was monstrous, yet he felt afraid.
Ein Entsetzensschrei kam von den Lippen des Malers, als er in der düsteren Beleuchtung das gräßliche Gesicht auf der Leinwand erblickte, das ihm entgegengrinste. In seinem Ausdruck war etwas, das ihn mit Ekel und Abscheu erfüllte. Gott im Himmel! Es war Dorian Grays eigenes Antlitz, das er sah! Das Schreckliche, was es auch sein mochte, hatte die wundervolle Schönheit noch nicht ganz zerstört. Noch war etwas Gold in dem gelichteten Haar und etwas Purpur auf dem sinnlichen Mund. Die stumpfgewordenen Augen hatten noch etwas von ihrem lieblichen Blau behalten, der edle Schwung der Linien um die feingewölbten Nasenflügel und den plastischen Hals war noch nicht ganz verschwunden. Ja, es war Dorian selbst. Aber wer hatte das gemalt? Er glaubte, das Werk seines eigenen Pinsels zu erkennen, und der Rahmen war von ihm selbst gezeichnet. Die Vorstellung war ungeheuerlich, und doch fürchtete er sich.
An oath broke from his lips. "I don't care for myself," he exclaimed, "but don't let Sibyl. . . . It is a gentleman, isn't it, who is in love with her, or says he is? Highly connected, too, I suppose."
Ein Fluch kam über seine Lippen. »Es bekümmert mich nicht meinetwegen,« rief er, »aber laß Sibyl nicht... Ist es ein Gentleman oder nicht, der sie liebt, oder so sagt? Mit hohen Verbindungen, vermute ich.«
A crooked smile, like a Malay crease, writhed across the face of one of the women. "We are very proud to-night," she sneered.
Ein Grinsen gleich einem krummen malaischen Dolch verzerrte das Gesicht des einen Weibes. »Wir sind sehr stolz heute abend«, höhnte sie lachend.
The critic is he who can translate into another manner or a new material his impression of beautiful things. The highest as the lowest form of criticism is a mode of autobiography.
Ein Kritiker ist, wer seinen Eindruck von schönen Dingen in eine andere Form oder in einen anderen Stoff zu übertragen vermag. Die höchste wie die niederste Form der Kritik ist eine Art Autobiographie.
A smile curved Lord Henry's lips, and he turned round and looked at Dorian.
Ein Lächeln kräuselte Lord Henrys Lippen, und er drehte sich um und blickte zu Dorian hin.
A cry of pain broke from the lad's lips, and he leaped to his feet, tearing his hands away from Lord Henry's grasp.
Ein Schmerzensschrei gellte von den Lippen des Jünglings, und er sprang auf und riß seine Hände aus Lord Henrys Umklammerung los.
A cry of terror broke from Dorian Gray's lips, and he rushed between the painter and the screen. "Basil," he said, looking very pale, "you must not look at it. I don't wish you to."
Ein Schrei des Entsetzens entrang sich den Lippen Dorian Grays, und er stürzte sich zwischen den Maler und den Schirm. »Basil,« sagte er und sah ganz bleich aus, »du darfst es nicht sehen. Ich will es nicht.«
A sigh of relief broke from his parched lips, and the colour came back to his cheeks.
Ein Seufzer der Erleichterung kam von seinen trockenen Lippen und die Farbe kehrte in seine Wangen zurück.
A groan broke from Campbell's lips and he shivered all over. The ticking of the clock on the mantelpiece seemed to him to be dividing time into separate atoms of agony, each of which was too terrible to be borne. He felt as if an iron ring was being slowly tightened round his forehead, as if the disgrace with which he was threatened had already come upon him. The hand upon his shoulder weighed like a hand of lead. It was intolerable. It seemed to crush him.
Ein Stöhnen klang von Campbells Lippen, und er zitterte am ganzen Leibe. Das Ticken der Uhr auf dem Kaminsims schien ihm die Zeit in einzelne Atome eines Todeskampfes zu zerstückeln, von denen das kleinste schon zu schrecklich war, um es zu ertragen. Er hatte das Gefühl, als ob ein eiserner Ring um seine Stirn nach und nach festgespannt wurde, als ob die Schande, mit der man ihn bedrohte, schon über ihn käme. Die Hand auf seiner Schulter beschwerte ihn wie ein Gewicht von Blei. Sie war unerträglich. Sie schien ihn zu zerquetschen.
To become the spectator of one's own life, as Harry says, is to escape the suffering of life. I know you are surprised at my talking to you like this. You have not realized how I have developed. I was a schoolboy when you knew me. I am a man now. I have new passions, new thoughts, new ideas. I am different, but you must not like me less. I am changed, but you must always be my friend. Of course, I am very fond of Harry. But I know that you are better than he is. You are not stronger-- you are too much afraid of life--but you are better. And how happy we used to be together! Don't leave me, Basil, and don't quarrel with me. I am what I am. There is nothing more to be said."
Ein Zuschauer seines eigenen Lebens sein, wie Harry sagt, das heißt, den Schmerzen des Lebens entrinnen. Ich weiß, du bist erstaunt, daß ich so zu dir spreche. Du hast noch nicht bemerkt, wie ich mich entwickelt habe. Ich war ein Schulknabe, als du mich kennenlerntest. Jetzt bin ich ein Mann. Ich habe neue Leidenschaften, neue Gedanken, neue Vorstellungen. Ich bin anders, aber du mußt mich trotzdem nicht weniger lieb haben. Ich bin verändert, aber du mußt immer mein Freund bleiben. Natürlich habe ich Harry sehr gern. Aber ich weiß auch, daß du besser bist als er. Du bist nicht stärker -- dazu ängstigst du dich zu viel vorm Leben -- aber du bist besser. Und wie glücklich waren wir doch miteinander! Verlaß mich nicht, Basil, und zanke nicht mit mir. Ich bin, was ich bin. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
Another cope was of green velvet, embroidered with heart-shaped groups of acanthus- leaves, from which spread long-stemmed white blossoms, the details of which were picked out with silver thread and coloured crystals. The morse bore a seraph's head in gold-thread raised work. The orphreys were woven in a diaper of red and gold silk, and were starred with medallions of many saints and martyrs, among whom was St. Sebastian. He had chasubles, also, of amber-coloured silk, and blue silk and gold brocade, and yellow silk damask and cloth of gold, figured with representations of the Passion and Crucifixion of Christ, and embroidered with lions and peacocks and other emblems; dalmatics of white satin and pink silk damask, decorated with tulips and dolphins and fleurs-de-lys; altar frontals of crimson velvet and blue linen; and many corporals, chalice-veils, and sudaria. In the mystic offices to which such things were put, there was something that quickened his imagination.
Ein anderer Chorrock war aus grünem Samt, bestickt mit herzförmigen Bündeln von Akanthusblättern, aus denen langgestielte weiße Blüten hervorsprossen, die zart mit silbernen Fäden und farbigen Kristallperlen ausgearbeitet waren. Auf der Spange war der Kopf eines Seraphs in erhabener Goldstickerei ausgeführt. Die Borten waren fortlaufend auf blumigem Tuch in roter und goldener Seide eingewebt und mit den Medaillonbildnissen vieler Heiligen und Märtyrer ausstaffiert, unter denen sich der heilige Sebastian befand. Er hatte auch Meßgewänder aus bernsteinfarbiger Seide und blauer Seide und goldenem Brokat und aus gelbem Seidendamast und goldenem Tuch, die bedeckt waren mit Darstellungen der Passion und der Kreuzigung Christi, und bestickt mit Löwen, Pfauen und anderen Emblemen, er hatte Dalmatikas aus weißem Atlas und rosarotem Seidendamast, geziert mit Tulpen, Delphinen und heraldischen Lilien: Altardecken aus karmoisinrotem Samt und blauem Linnen, und viele Decken für Meßgeräte, Kelchhüllen und Schweißtücher. In den mystischen Diensten, zu denen diese Dinge bestimmt waren, lag etwas, das seine Einbildungskraft anregte.
At another time he devoted himself entirely to music, and in a long latticed room, with a vermilion-and- gold ceiling and walls of olive-green lacquer, he used to give curious concerts in which mad gipsies tore wild music from little zithers, or grave, yellow-shawled Tunisians plucked at the strained strings of monstrous lutes, while grinning Negroes beat monotonously upon copper drums and, crouching upon scarlet mats, slim turbaned Indians blew through long pipes of reed or brass and charmed-- or feigned to charm--great hooded snakes and horrible horned adders. The harsh intervals and shrill discords of barbaric music stirred him at times when Schubert's grace, and Chopin's beautiful sorrows, and the mighty harmonies of Beethoven himself, fell unheeded on his ear.
Ein andermal widmete er sich gänzlich der Musik und gab öfter Konzerte in einem langen, dämmerigen Saal, dessen Wände mit olivengrünem Lack überzogen waren, und dessen Decke aus einem rot und gold Muster bestand, wobei tolle Zigeuner kleinen Zithern wilde Musik entlockten oder ernste, in gelbe Tücher gehüllte Männer aus Tunis die gespannten Saiten seltsam großer Lauten zupften, während grinsende Neger eintönig auf kupferne Trommeln schlugen und schlankschmächtige, turbanbedeckte Inder auf scharlachroten Matten hockten und auf langen Rohr- oder Messingpfeifen bliesen und damit große Brillenschlangen oder schreckliche Hornvipern beschworen oder zu beschwören schienen. Die kreischenden Intervalle und die schrillen Mißtöne barbarischer Musik reizten ihn zuweilen, wenn Schuberts Lieblichkeit oder Chopins süßes Schmachten und die gewaltigen Harmonien des großen Beethoven machtvoll in sein Ohr schlugen.
A bitter laugh of mockery broke from the lips of the younger man. "You shall see it yourself, to-night!" he cried, seizing a lamp from the table. "Come: it is your own handiwork. Why shouldn't you look at it? You can tell the world all about it afterwards, if you choose. Nobody would believe you. If they did believe you, they would like me all the better for it. I know the age better than you do, though you will prate about it so tediously. Come, I tell you. You have chattered enough about corruption. Now you shall look on it face to face."
Ein bitter-höhnisches Gelächter brach aus dem Munde des Jüngeren. »Du sollst sie selbst sehen, noch heute nacht!« rief er aus und nahm eine Lampe vom Tisch. »Komm: sie ist das Werk deiner eigenen Hand. Warum solltest du es nicht sehen? Du kannst nachher aller Welt davon erzählen, wenn du willst. Niemand würde dir glauben. Wenn sie dir glaubten, haben sie mich deswegen nur um so lieber. Ich kenne unsere Zeit besser als du, obwohl du darüber so langweilig faseln kannst. Komm, sag' ich dir. Du hast genug über Verderbnis geschwatzt. Jetzt sollst du sie von Angesicht zu Angesicht sehen.«
There was a horrible fascination in them all. He saw them at night, and they troubled his imagination in the day. The Renaissance knew of strange manners of poisoning-- poisoning by a helmet and a lighted torch, by an embroidered glove and a jewelled fan, by a gilded pomander and by an amber chain. Dorian Gray had been poisoned by a book. There were moments when he looked on evil simply as a mode through which he could realize his conception of the beautiful.
Ein grauenhafter Zauber war in alledem. Er sah sie bei Nacht, und während des Tages verwirrten sie seine Vorstellungen. Die Renaissance kannte seltsame Arten, zu vergiften -- zu vergiften durch einen Helm und eine angezündete Fackel, einen bestickten Handschuh und einen edelsteinbesetzten Fächer, ein vergoldetes Riechbüchschen und eine Bernsteinkette. Dorian Gray war durch ein Buch vergiftet worden. Es gab Augenblicke, in denen er die Sünde einzig als eine Möglichkeit ansah, seinen Schönheitsbegriff zu verwirklichen.
A cold rain began to fall, and the blurred street-lamps looked ghastly in the dripping mist. The public- houses were just closing, and dim men and women were clustering in broken groups round their doors. From some of the bars came the sound of horrible laughter. In others, drunkards brawled and screamed.
Ein kalter Regen begann zu fallen und die flackernden Laternen sahen in dem herabsickernden Nebel geisterhaft aus. Die Schenken wurden eben geschlossen, und Männer und Frauen drängten sich in schattenhaften Gruppen vor den Türen. Aus einigen Wirtschaften scholl ein gräßliches Lachen. In anderen lärmten und grölten Betrunkene.
A low moan broke from her, and she flung herself at his feet and lay there like a trampled flower. "Dorian, Dorian, don't leave me!" she whispered. "I am so sorry I didn't act well. I was thinking of you all the time. But I will try--indeed, I will try. It came so suddenly across me, my love for you. I think I should never have known it if you had not kissed me-- if we had not kissed each other. Kiss me again, my love. Don't go away from me. I couldn't bear it. Oh! don't go away from me.
Ein leises Stöhnen brach aus ihr hervor, und sie warf sich ihm zu Füßen und lag da wie eine zertretene Blume. »Dorian, Dorian, geh nicht fort von mir!« rief sie leise. »Ich bin so betrübt, daß ich nicht gut gespielt habe. Ich dachte nur immer an dich. Aber ich will es wieder versuchen -- wirklich, ich will es versuchen. Es kam so jäh über mich, die Liebe zu dir. Ich glaube, ich hätte nie etwas von ihr gewußt, wenn du mich nicht geküßt hättest -- wenn wir uns nicht geküßt hätten. Küß mich wieder, Geliebter! Geh nicht von mir! Ich könnte es nicht überleben. Oh, verlaß mich nicht!
There is no such thing as a moral or an immoral book. Books are well written, or badly written. That is all.
Ein moralisches oder unmoralisches Buch gibt's überhaupt nicht. Bücher sind gut oder schlecht geschrieben. Sonst nichts.
A new life! That was what he wanted. That was what he was waiting for. Surely he had begun it already. He had spared one innocent thing, at any rate. He would never again tempt innocence. He would be good.
Ein neues Leben! Das war es, was er wollte. Das war es, worauf er wartete. Gewiß hatte er es schon begonnen. Ein unschuldiges Wesen hatte er jedenfalls geschont. Nie wieder wollte er die Unschuld in Versuchung führen. Er wollte gut sein.
Dorian did not answer for a few moments. He was dazed with horror. Finally he stammered, in a stifled voice, "Harry, did you say an inquest? What did you mean by that? Did Sibyl--? Oh, Harry, I can't bear it! But be quick. Tell me everything at once."
Ein paar Augenblicke lang antwortete Dorian nicht. Er war vor Entsetzen gelähmt. Schließlich stammelte er mit erstickter Stimme: »Harry, sagtest du eine Untersuchung? Was meintest du damit? Hat sich Sibyl --? Oh, Harry, ich kann's nicht ertragen. Mach's kurz. Sag' mir alles auf einmal.«
A few moments afterwards the footlights flared up and the curtain rose on the third act. Dorian Gray went back to his seat. He looked pale, and proud, and indifferent. The play dragged on, and seemed interminable. Half of the audience went out, tramping in heavy boots and laughing. The whole thing was a fiasco. The last act was played to almost empty benches. The curtain went down on a titter and some groans.
Ein paar Augenblicke später flammte die Rampe wieder auf, und der Vorhang rauschte zum dritten Akt in die Höhe. Dorian Gray ging auf seinen Platz zurück. Er sah bleich, abwesend, gleichgültig aus. Das Spiel schleppte sich weiter und schien endlos zu sein. Die Hälfte des Publikums ging weg, auf schweren Stiefeln trampelnd und lachend. Das Ganze war ein richtiges Fiasko. Der letzte Akt wurde beinah vor leeren Bänken gespielt. Der Vorhang fiel unter Zischen und höhnischem Gegrunze.
A feeling of pain crept over him as he thought of the desecration that was in store for the fair face on the canvas. Once, in boyish mockery of Narcissus, he had kissed, or feigned to kiss, those painted lips that now smiled so cruelly at him. Morning after morning he had sat before the portrait wondering at its beauty, almost enamoured of it, as it seemed to him at times. Was it to alter now with every mood to which he yielded? Was it to become a monstrous and loathsome thing, to be hidden away in a locked room, to be shut out from the sunlight that had so often touched to brighter gold the waving wonder of its hair? The pity of it! the pity of it!
Ein peinliches Gefühl beschlich ihn, als er an die Entweihung dachte, die dieses schönen Gesichtes auf der Leinwand harrte. Einmal hatte er in knabenhafter Parodie des Narzissus die gemalten Lippen, die ihn jetzt so grausam anlächelten, geküßt oder doch zum Schein geküßt. Morgen für Morgen hatte er vor dem Bild gesessen und seine Schönheit angestaunt; zu Zeiten kam es ihm vor, als sei er in sein eigenes Bild verliebt. Sollte es sich nun wandeln mit jeder Laune, der er nachgab? Sollte es ein ungeheuerliches, widerliches Ding werden, das man im verhängten Winkel verschließen müsse vor dem Glanz der Sonne, der so oft das lockige Wunder seines Haares noch goldiger hatte aufleuchten lassen? Wie schade! Wie schade!
A sudden thought struck him. He put on his fur coat and hat and went out into the hall. There he paused, hearing the slow heavy tread of the policeman on the pavement outside and seeing the flash of the bull's-eye reflected in the window. He waited and held his breath.
Ein plötzlicher Einfall durchzuckte ihn. Er zog seinen Pelz an, setzte seinen Hut auf und ging in die Vorhalle hinaus. Dort blieb er stehen, weil er den langsamen, schweren Tritt des Schutzmanns draußen auf dem Pflaster hörte und den tanzenden Widerschein seiner Blendlaterne im Türfenster sah. Er wartete und hielt den Atem an.
A twisted flash of pain shot across the painter's face. He paused for a moment, and a wild feeling of pity came over him. After all, what right had he to pry into the life of Dorian Gray? If he had done a tithe of what was rumoured about him, how much he must have suffered! Then he straightened himself up, and walked over to the fire-place, and stood there, looking at the burning logs with their frostlike ashes and their throbbing cores of flame.
Ein wehevolles Zucken ging durch das Gesicht des Malers. Er schwieg einen Augenblick und ein heftiger Mitleidsschmerz überkam ihn. Welches Recht hatte er schließlich, in Dorian Grays Leben hineinzuspähen? Wenn er nur den zehnten Teil von dem getan hatte, wovon die Gerüchte gingen, wie qualvoll mußte er gelitten haben! Dann richtete er sich auf, ging zum Kamin hinüber und blieb da stehen, versunken in den Anblick der brennenden Holzscheite, die mit ihrer weißen Asche wie bereift aussahen und stierte ihre zuckenden Feuerherzen an.
A quarter of an hour afterwards, amidst an extraordinary turmoil of applause, Sibyl Vane stepped on to the stage. Yes, she was certainly lovely to look at-- one of the loveliest creatures, Lord Henry thought, that he had ever seen. There was something of the fawn in her shy grace and startled eyes. A faint blush, like the shadow of a rose in a mirror of silver, came to her cheeks as she glanced at the crowded enthusiastic house. She stepped back a few paces and her lips seemed to tremble. Basil Hallward leaped to his feet and began to applaud. Motionless, and as one in a dream, sat Dorian Gray, gazing at her. Lord Henry peered through his glasses, murmuring, "Charming! charming!"
Eine Viertelstunde später betrat Sibyl Vane unter einem geräuschvollen Beifallssturm die Bühne. Ja, sie war wirklich entzückend -- eins der entzückendsten Geschöpfe, dachte Lord Henry, die er je gesehen hatte. Es lag etwas von einem Reh in ihrer scheuen Grazie und ihren erstaunten Augen. Ein schwaches Erröten wie der Widerschein einer Rose in einem silbernen Spiegel trat auf ihre Wangen, als sie das überfüllte und begeisterte Haus erblickte. Sie trat ein paar Schritte zurück, und ihre Lippen schienen zu zittern. Basil Hallward sprang auf und begann zu klatschen. Bewegungslos, und wie in tiefem Traume, saß Dorian Gray da und sah sie an. Lord Henry starrte unverwandt durch sein Glas und murmelte: »Entzückend! Entzückend!«
One thing, however, he felt that it had done for him. It had made him conscious how unjust, how cruel, he had been to Sibyl Vane. It was not too late to make reparation for that. She could still be his wife. His unreal and selfish love would yield to some higher influence, would be transformed into some nobler passion, and the portrait that Basil Hallward had painted of him would be a guide to him through life, would be to him what holiness is to some, and conscience to others, and the fear of God to us all. There were opiates for remorse, drugs that could lull the moral sense to sleep. But here was a visible symbol of the degradation of sin. Here was an ever-present sign of the ruin men brought upon their souls.
Eine Wirkung aber, das fühlte er, hatte es gehabt. Es hatte ihm klargemacht, wie ungerecht, wie grausam er gegen Sibyl Vane gewesen war. Noch war es nicht zu spät, das wieder gut zu machen. Sie konnte noch sein Weib werden. Seine unwahre, selbstsüchtige Liebe sollte einer höheren Kraft den Platz einräumen, sollte sich zu einer edleren Leidenschaft erhöhen und das Bildnis, das Basil Hallward gemalt hatte, sollte sein Führer durchs Leben, sollte das für ihn sein, was Heiligkeit für einige ist, Gewissen für andere und Gottesfurcht für uns alle ist. Es gab Schlafmittel für Gewissensbisse, Medikamente, die das Sittlichkeitsgefühl in Schlaf lullen konnten. Aber hier war das durch Sündigkeit hervorgerufene sichtbare Symbol der Erniedrigung. Hier war das ewig unauslöschliche Zeichen des Verderbens, das Menschen der eigenen Seele zufügen.
A week later Dorian Gray was sitting in the conservatory at Selby Royal, talking to the pretty Duchess of Monmouth, who with her husband, a jaded-looking man of sixty, was amongst his guests. It was tea- time, and the mellow light of the huge, lace-covered lamp that stood on the table lit up the delicate china and hammered silver of the service at which the duchess was presiding. Her white hands were moving daintily among the cups, and her full red lips were smiling at something that Dorian had whispered to her. Lord Henry was lying back in a silk-draped wicker chair, looking at them. On a peach-coloured divan sat Lady Narborough, pretending to listen to the duke's description of the last Brazilian beetle that he had added to his collection. Three young men in elaborate smoking-suits were handing tea-cakes to some of the women. The house-party consisted of twelve people, and there were more expected to arrive on the next day.
Eine Woche später saß Dorian Gray im Gewächshaus von Selby Royal und plauderte mit der hübschen Herzogin von Monmouth, die sich mit ihrem Gatten, einem ermüdet aussehenden Manne von sechzig Jahren, unter seinen Gästen befand. Es war zur Teezeit, und das sanfte Licht der großen, mit einem Spitzenschleier verhängten Lampe, die auf dem Tische stand, erleuchtete das kostbare Porzellan und das getriebene Silberservice, das neben der Herzogin stand. Ihre weißen Hände machten sich zierlich zwischen den Tassen zu schaffen, und ihre vollen, roten Lippen lächelten über etwas, das ihr Dorian zugeflüstert hatte. Lord Henry lag zurückgelehnt in einem mit Silberseide bezogenen Rohrsessel und sah beide an. Auf einem pfirsichfarbenen Diwan saß Lady Narborough und tat so, als ob sie der Beschreibung des Herzogs zuhörte, die den letzten brasilianischen Käfer betraf, den er seiner Sammlung einverleibt hatte. Drei junge Leute in gewählter Gesellschaftstoilette boten den Damen Teekuchen an. Die Gesellschaft bestand aus zwölf Personen, und für den nächsten Tag wurden noch einige erwartet.
For a moment, he thought of praying that the horrible sympathy that existed between him and the picture might cease. It had changed in answer to a prayer; perhaps in answer to a prayer it might remain unchanged. And yet, who, that knew anything about life, would surrender the chance of remaining always young, however fantastic that chance might be, or with what fateful consequences it might be fraught? Besides, was it really under his control? Had it indeed been prayer that had produced the substitution? Might there not be some curious scientific reason for it all? If thought could exercise its influence upon a living organism, might not thought exercise an influence upon dead and inorganic things? Nay, without thought or conscious desire, might not things external to ourselves vibrate in unison with our moods and passions, atom calling to atom in secret love or strange affinity? But the reason was of no importance. He would never again tempt by a prayer any terrible power. If the picture was to alter, it was to alter. That was all. Why inquire too closely into it?
Einen Augenblick dachte er daran, zu beten, daß die entsetzliche Beziehung zwischen ihm und dem Bilde aufhören möge. Es hatte sich verwandelt, da er darum gebeten hatte; es könnte vielleicht, wenn er darum bäte, auch wieder unverändert bleiben. Und doch, wer, der eine Ahnung vom Leben hat, würde die Möglichkeit, immer jung zu bleiben, aufgeben, mochte die Möglichkeit noch so phantastisch und mit noch so verhängnisreichen Folgen verknüpft sein? Überdies, stand es wirklich in seiner Macht? War wirklich das Gebet die Ursache der Verwandlung? Konnte es für die ganze Sache nicht irgendeine merkwürdige wissenschaftliche Ursache geben? Wenn das Denken eine Wirkung auf einen lebenden Organismus ausüben konnte, konnte da nicht das Denken auch auf tote unorganische Dinge Einfluß haben? Ja, konnten nicht ohne Gedanken und bewußte Wünsche Dinge eingreifen, die ganz außerhalb unserer Person stehen, im Einklange mit unseren Launen und Leidenschaftsanfällen erzittern, konnte nicht Atom zu Atom sprechen in geheimer Neigung oder seltsamer Verwandtschaft? Aber schließlich waren die Ursachen gleichgültig. Er wollte durch Gebet nie wieder eine schreckliche Macht versuchen. Wenn das Bildnis sich wandeln wollte, so sollte es sich wandeln. Das war einmal so. Warum zu tief in ein Geheimnis eindringen?
For a moment a hideous sense of humiliation came over the woman. Her head drooped. She wiped her eyes with shaking hands. "Sibyl has a mother," she murmured; "I had none."
Einen Augenblick lang kam ein schreckliches Gefühl der Demütigung über die Frau. Ihr Kopf sank herab. Mit zitternden Händen wischte sie sich die Augen. »Sibyl hat eine Mutter,« flüsterte sie, »ich hatte keine.«
Well, one evening about seven o'clock, I determined to go out in search of some adventure. I felt that this grey monstrous London of ours, with its myriads of people, its sordid sinners, and its splendid sins, as you once phrased it, must have something in store for me. I fancied a thousand things. The mere danger gave me a sense of delight. I remembered what you had said to me on that wonderful evening when we first dined together, about the search for beauty being the real secret of life.
Eines Abends also gegen sieben beschloß ich, mich auf die Suche nach einem Abenteuer zu begeben. Ich hatte solch Gefühl, daß unser graues, riesenhaftes London mit seinen vielen Hunderttausenden schmutzigen Sündern und seinen schillernden Sünden, wie du dich mal ausdrücktest, irgend etwas für mich in Bereitschaft halten müsse. Ich erfand mir tausenderlei Dinge. Schon die bloße Gefahr schenkte mir einen gewissen Genuß. Ich erinnerte mich an das, was du mir sagtest an dem wunderbaren Abend, als wir das erstemal zusammen speisten: daß nämlich das Suchen nach Schönheit das eigentliche Geheimnis des Lebens sei.
One afternoon, a month later, Dorian Gray was reclining in a luxurious arm-chair, in the little library of Lord Henry's house in Mayfair. It was, in its way, a very charming room, with its high panelled wainscoting of olive-stained oak, its cream-coloured frieze and ceiling of raised plasterwork, and its brickdust felt carpet strewn with silk, long-fringed Persian rugs. On a tiny satinwood table stood a statuette by Clodion, and beside it lay a copy of Les Cent Nouvelles, bound for Margaret of Valois by Clovis Eve and powdered with the gilt daisies that Queen had selected for her device. Some large blue china jars and parrot- tulips were ranged on the mantelshelf, and through the small leaded panes of the window streamed the apricot-coloured light of a summer day in London.
Eines Nachmittags, einen Monat später, saß Dorian Gray zurückgelehnt in einem schwellenden Sessel der kleinen Bibliothek in Lord Henrys Hause in Mayfair. Es war in seiner Art ein allerliebster Raum, bis hoch hinauf mit olivenfarbigem Eichenholz getäfelt, mit einem cremefarbigen Deckenfries und mit Stuckverzierungen und mit einem ziegelfarbigen Filzteppich, der in langen Seidenfransen auslief. Auf einem niedlichen Tischchen aus Satinholz stand eine Figur von Clodion, und daneben lag eine Ausgabe der Cent Nouvelles, die für Margarete von Valois von Clovis Eve eingebunden und mit goldenen Gänseblümchen verziert war, wie sie die Königin auf ihr Wappenzeichen gewählt hatte. Auf dem Kaminsims standen ein paar große blaue Porzellanvasen mit Papageientulpen, und durch die schmalen, bleigerahmten Rautenfelder der Fenster drang das aprikosenfarbene Licht eines Londoner Sommertages.
It was rumoured of him once that he was about to join the Roman Catholic communion, and certainly the Roman ritual had always a great attraction for him. The daily sacrifice, more awful really than all the sacrifices of the antique world, stirred him as much by its superb rejection of the evidence of the senses as by the primitive simplicity of its elements and the eternal pathos of the human tragedy that it sought to symbolize. He loved to kneel down on the cold marble pavement and watch the priest, in his stiff flowered dalmatic, slowly and with white hands moving aside the veil of the tabernacle, or raising aloft the jewelled, lantern-shaped monstrance with that pallid wafer that at times, one would fain think, is indeed the "panis caelestis," the bread of angels, or, robed in the garments of the Passion of Christ, breaking the Host into the chalice and smiting his breast for his sins. The fuming censers that the grave boys, in their lace and scarlet, tossed into the air like great gilt flowers had their subtle fascination for him. As he passed out, he used to look with wonder at the black confessionals and long to sit in the dim shadow of one of them and listen to men and women whispering through the worn grating the true story of their lives.
Einmal ging ein Gerücht von ihm, er wolle katholisch werden; und gewiß hatte der katholische Kult eine große Anziehungskraft für ihn. Das tägliche Meßopfer, das wirklich viel ehrfurchterweckender ist als alle Opfer der antiken Welt, regte ihn ebensosehr an durch seine prachtvolle Unbekümmertheit des sinnlichen Augenscheins wie durch die primitive Einfachheit seiner Elemente und das ewige Pathos der menschlichen Tragödie, die es zu symbolisieren versuchte. Er liebte es, auf das kalte Marmorpflaster hinzuknien und den Priester zu beobachten, der in seiner stimmungsvollen, blumengestickten Stola langsam und mit weißen Händen den Vorhang vom Tabernakel hinwegzog, oder die laternenförmige edelsteingeschmückte Monstranz in die Höhe hob, die jene blasse Hostie enthielt, von der man zuzeiten wirklich denken konnte, es sei der panis coelestis, das Brot der Engel, oder der, in die Gewänder der Christuspassion gehüllt, die Hostie in den Kelch tauchte und sich um seiner Sünden willen die Brust schlug. Die rauchenden Weihrauchkessel, die die ernsten Knaben in ihren Spitzen- und Scharlachmänteln in der Luft schwangen und die wie große, goldene Blumen aussahen, übten einen tiefen Zauber auf ihn aus. Wenn er hinaustrat, pflegte er staunend die dunkeln Beichtstühle anzublicken und empfand eine Sehnsucht, im düsteren Schatten eines solchen zu sitzen und den Männern und Frauen zu lauschen, die durch das abgenutzte Gitter die wahre Geschichte ihres Lebens flüsterten.
Chapter 11
Elftes Kapitel
At last, liveried in the costume of the age, reality entered the room in the shape of a servant to tell the duchess that her carriage was waiting. She wrung her hands in mock despair. "How annoying!" she cried. "I must go. I have to call for my husband at the club, to take him to some absurd meeting at Willis's Rooms, where he is going to be in the chair. If I am late he is sure to be furious, and I couldn't have a scene in this bonnet. It is far too fragile. A harsh word would ruin it. No, I must go, dear Agatha. Good- bye, Lord Henry, you are quite delightful and dreadfully demoralizing. I am sure I don't know what to say about your views. You must come and dine with us some night. Tuesday? Are you disengaged Tuesday?"
Endlich betrat die Wirklichkeit im Kleide des Alltags das Zimmer, und zwar in Gestalt eines Lakaien, der der Herzogin meldete, daß ihr Wagen warte. Sie rang ihre Hände in geschauspielerter Verzweiflung. »Wie schade!« rief sie aus. »Ich muß fort. Muß meinen Mann im Klub abholen und mit ihm zu irgendeiner albernen Sitzung bei Willis fahren, wo er präsidiert. Wenn ich zu spät komme, ist er sicher ärgerlich, und in dem Hut, den ich aufhabe, könnte ich eine Szene nicht vertragen. Er ist viel zu gebrechlich dazu. Ein rauhes Wort und er wäre ruiniert. Nein, liebe Agatha, ich muß fort. Adieu, Lord Henry! Sie sind ein ganz entzückender Mensch und fürchterlich unmoralisch. Ich weiß wahrhaftig nicht, was ich zu Ihren Ansichten sagen soll. Sie müssen mal bei uns zu Abend essen. Dienstag? Sind Sie Dienstag frei?«
At last he reached the Home Farm. Two men were loitering in the yard. He leaped from the saddle and threw the reins to one of them. In the farthest stable a light was glimmering. Something seemed to tell him that the body was there, and he hurried to the door and put his hand upon the latch.
Endlich erreichte er das Wirtschaftsgebäude. Zwei Männer lungerten im Hof herum. Er sprang aus dem Sattel und warf einem die Zügel hin. In dem letzten Stall flimmerte ein Licht. Irgend etwas schien ihm zu sagen, daß dort der Leichnam liege, und er ging rasch auf die Tür zu und legte die Hand auf die Klinke.
At last he heard a step outside, and the door opened. "How late you are, Harry!" he murmured.
Endlich hörte er draußen einen Schritt und die Tür öffnete sich. »Wie spät du kommst, Harry!« sagte er leisen Vorwurfs.
At last the door opened and his servant entered. He turned glazed eyes upon him.
Endlich öffnete sich die Tür, und sein Bedienter trat ein. Er wandte ihm seine gläsernen Augen zu.
He heaved a deep breath, opened the door a little wider, and with half-closed eyes and averted head, walked quickly in, determined that he would not look even once upon the dead man. Then, stooping down and taking up the gold-and-purple hanging, he flung it right over the picture.
Er atmete tief auf, öffnete die Tür etwas weiter und ging mit halbgeschlossenen Augen und abgewandtem Kopf rasch hinein, entschlossen, mit keinem einzigen Blick nach dem Toten hinzusehen. Dann bückte er sich, nahm den gold- und purpurschimmernden Vorhang auf und warf ihn gerade über das Bild.
He began to wonder whether we could ever make psychology so absolute a science that each little spring of life would be revealed to us. As it was, we always misunderstood ourselves and rarely understood others. Experience was of no ethical value. It was merely the name men gave to their mistakes. Moralists had, as a rule, regarded it as a mode of warning, had claimed for it a certain ethical efficacy in the formation of character, had praised it as something that taught us what to follow and showed us what to avoid. But there was no motive power in experience. It was as little of an active cause as conscience itself. All that it really demonstrated was that our future would be the same as our past, and that the sin we had done once, and with loathing, we would do many times, and with joy.
Er dachte darüber nach, ob wir je die Psychologie zu einer so exakten Wissenschaft machen können, daß uns auch das kleinste Triebrädchen des Lebens offenbar würde. Wie die Dinge heute liegen, begreifen wir uns selbst nie und die anderen nur selten. Die Erfahrung hat keinerlei ethische Bedeutung. Sie ist nur das Firmenschild, das die Menschen ihren Irrtümern anhängen. Die Moralisten haben sie meist als eine Art Warnung betrachtet, haben für sie eine gewisse ethische Wirksamkeit in der Bildung der Charaktere beansprucht, haben sie als Mittel gepriesen, das uns darüber aufklärt, was wir tun und lassen sollen. Aber in der Erfahrung liegt keine bewegende Kraft. Sie ist ebensowenig eine tätige Ursache wie das Gewissen. Alles, was sie in Wirklichkeit lehrt, ist, daß unsere Zukunft ebenso sein wird wie unsere Vergangenheit, und daß wir die Sünde, die wir dereinst mit Abscheu und Widerwillen begangen haben, immer und immer wieder und dann mit Genuß wiederholen werden.
He thought for a moment. "Can you remember any great error that you committed in your early days, Duchess?" he asked, looking at her across the table.
Er dachte einen Augenblick nach. »Können Sie sich an irgendeinen großen Fehler erinnern, den Sie in der Jugend begangen haben?« fragte er dann, sie fest über den Tisch hin ansehend.
He turned round and, walking to the window, drew up the blind. The bright dawn flooded the room and swept the fantastic shadows into dusky corners, where they lay shuddering. But the strange expression that he had noticed in the face of the portrait seemed to linger there, to be more intensified even. The quivering ardent sunlight showed him the lines of cruelty round the mouth as clearly as if he had been looking into a mirror after he had done some dreadful thing.
Er drehte sich um, ging zum Fenster und zog den Vorhang auf. Der helle Morgen flutete durch das Zimmer und fegte die phantastischen Schatten in düstere Winkel, wo sie zitternd liegenblieben. Aber der seltsame Ausdruck, den er im Gesicht des Bildes bemerkt hatte, schien nicht nur dazubleiben, sondern sich noch verstärkt zu haben. Das heiße, zitternde Sonnenlicht zeigte ihm den grausamen Zug um den Mund so deutlich, als sähe er sich in einem Spiegel, nachdem er etwas Furchtbares verübt hätte.
He turned round, and leaning upon his elbow, began to sip his chocolate. The mellow November sun came streaming into the room. The sky was bright, and there was a genial warmth in the air. It was almost like a morning in May.
Er drehte sich um, stützte sich auf den Ellbogen und begann seine Schokolade zu schlürfen. Die matte Novembersonne strömte in das Zimmer. Der Himmel war wolkenlos, eine heitere Wärme lag in der Luft. Es war fast wie ein Maimorgen.
He turned round. "What I have to say is this," he cried. "You must give me some answer to these horrible charges that are made against you. If you tell me that they are absolutely untrue from beginning to end, I shall believe you. Deny them, Dorian, deny them! Can't you see what I am going through? My God! don't tell me that you are bad, and corrupt, and shameful."
Er drehte sich um. »Was ich noch zu sagen habe, ist das«, rief er. »Du mußt mir eine Antwort geben auf diese fürchterlichen Anklagen, die gegen dich erhoben werden. Wenn du mir sagst, daß sie von Anfang bis zu Ende unwahr sind, werde ich dir glauben. Leugne sie ab, Dorian, leugne sie ab! Kannst du nicht sehen, was ich durchmache? Mein Gott, sage mir nicht, daß du schlecht und verderbt und schändlich bist!«
He felt that the eyes of Dorian Gray were fixed on him, and the consciousness that amongst his audience there was one whose temperament he wished to fascinate seemed to give his wit keenness and to lend colour to his imagination. He was brilliant, fantastic, irresponsible. He charmed his listeners out of themselves, and they followed his pipe, laughing. Dorian Gray never took his gaze off him, but sat like one under a spell, smiles chasing each other over his lips and wonder growing grave in his darkening eyes.
Er empfand, daß die Augen Dorian Grays auf ihn gerichtet waren, und das Bewußtsein, daß es unter seinen Zuhörern einen gab, dessen Temperament er zu bezaubern wünschte, gab seinem Witz Würzigkeit und seiner Phantasie Farbe. Er war geistreich, phantasievoll, unwiderstehlich. Er begeisterte seine Zuhörer dahin, aus sich heraus zu gehen, und lachend folgten sie seiner Rattenfängerpfeife. Dorian Gray verwandte seinen Blick nicht von ihm, sondern saß wie unter einem Zauberbanne da, während ein Lächeln nach dem andern auf seine Lippen trat und sich das Staunen in seinen dunklen Augen immer mehr vertiefte.
He discovered wonderful stories, also, about jewels. In Alphonso's Clericalis Disciplina a serpent was mentioned with eyes of real jacinth, and in the romantic history of Alexander, the Conqueror of Emathia was said to have found in the vale of Jordan snakes "with collars of real emeralds growing on their backs." There was a gem in the brain of the dragon, Philostratus told us, and "by the exhibition of golden letters and a scarlet robe" the monster could be thrown into a magical sleep and slain. According to the great alchemist, Pierre de Boniface, the diamond rendered a man invisible, and the agate of India made him eloquent. The cornelian appeased anger, and the hyacinth provoked sleep, and the amethyst drove away the fumes of wine. The garnet cast out demons, and the hydropicus deprived the moon of her colour. The selenite waxed and waned with the moon, and the meloceus, that discovers thieves, could be affected only by the blood of kids. Leonardus Camillus had seen a white stone taken from the brain of a newly killed toad, that was a certain antidote against poison. The bezoar, that was found in the heart of the Arabian deer, was a charm that could cure the plague. In the nests of Arabian birds was the aspilates, that, according to Democritus, kept the wearer from any danger by fire.
Er entdeckte auch wunderbare Geschichten über Edelsteine. In Alfons »~Clericalis disciplina~« wurde eine Schlange erwähnt mit Augen aus wirklichen Hyazinthsteinen, und in der romantischen Alexandersage hieß es von dem Eroberer Emathias, er habe im Jordantale Schlangen gefunden »mit Halsgeschmeiden aus wirklichen Smaragden, die ihnen auf dem Rücken gewachsen waren«. Im Gehirn des Drachen war nach dem Bericht des Philostratus ein Edelstein, und »durch das Entgegenhalten goldener Lettern und eines scharlachroten Gewandes« konnte das Ungeheuer in einen magischen Schlaf versetzt und getötet werden. Nach der Meinung des großen Alchimisten Pierre de Boniface sollte der Diamant den Menschen unsichtbar und der indische Achat ihn beredt machen. Der Karneol beschwichtigte den Zorn, und der Hyazinth schläferte ein, und der Amethyst verscheuchte den Weindunst. Der Granat trieb Teufel aus, und der Hydrophyt beraubte den Mond seiner Farbe. Der Selenit nahm mit dem Monde zu und ab, und der Meloceus, der die Diebe entdeckte, verlor seine Kraft nur, wenn man ihn mit dem Blut junger Ziegen betropfte. Leonardus Camillus hatte einen weißen Stein gesehen, den man aus dem Gehirn einer frisch getöteten Kröte genommen hatte und der ein sicheres Gegenmittel gegen Gift war. Der Bezoar, den man im Herzen des arabischen Hirsches fand, war ein Zauber, der die Pest zu heilen vermochte. In den Nestern arabischer Vögel kam der Aspilates vor, der nach der Angabe des Demokrit seinen Träger vor jeder Feuersgefahr beschützte.
He invented a facile excuse, and having taken the vacant seat next to her, looked round to see who was there. Dorian bowed to him shyly from the end of the table, a flush of pleasure stealing into his cheek. Opposite was the Duchess of Harley, a lady of admirable good-nature and good temper, much liked by every one who knew her, and of those ample architectural proportions that in women who are not duchesses are described by contemporary historians as stoutness. Next to her sat, on her right, Sir Thomas Burdon, a Radical member of Parliament, who followed his leader in public life and in private life followed the best cooks, dining with the Tories and thinking with the Liberals, in accordance with a wise and well-known rule.
Er erfand eine glaubwürdige Entschuldigung, setzte sich auf den leeren Platz neben sie und sah sich um, zu sehen, wer noch da war. Dorian begrüßte ihn schüchtern vom Ende des Tisches her, und seine Wangen wurden vor geheimer Freude rot. Gegenüber saß die Herzogin von Harley, eine Dame von bewunderungswürdig guter Laune und ebensolchem Charakter, die jeder gern hatte und deren Körper in jenen erhabenen architektonischen Maßen aufgebaut war, der von zeitgenössischen Geschichtsschreibern bei Frauen, die nicht gerade Herzoginnen sind, als Beleibtheit bezeichnet wird. Zu ihrer Rechten saß Sir Thomas Burdon, ein radikales Parlamentsmitglied, das im öffentlichen Leben seinem Parteichef Gefolge leistete und im privaten den besten Küchenchefs, der nach einer weisen und allgemein verbreiteten Lebensregel mit den Tories dinierte und mit den Liberalen geistig übereinstimmte.
As he often remembered afterwards, and always with no small wonder, he found himself at first gazing at the portrait with a feeling of almost scientific interest. That such a change should have taken place was incredible to him. And yet it was a fact. Was there some subtle affinity between the chemical atoms that shaped themselves into form and colour on the canvas and the soul that was within him? Could it be that what that soul thought, they realized?--that what it dreamed, they made true? Or was there some other, more terrible reason? He shuddered, and felt afraid, and, going back to the couch, lay there, gazing at the picture in sickened horror.
Er erinnerte sich später oft und immer mit nicht geringer Verwunderung, daß er zuerst das Bild mit einem Gefühl von wissenschaftlichem Interesse geprüft habe. Daß eine solche Veränderung möglich sei, schien ihm nicht glaublich. Und doch war es Tatsache. Gab es irgendeine geheime Verwandtschaft zwischen den chemischen Atomen, die auf der Leinwand Form und Farbe werden, und der Seele, die in ihm lebte? Konnte es sein, daß sie in Wirklichkeit ausdrückten, was seine Seele dachte? -- daß sie zur Wahrheit machten, was sie träumte? Oder gab es eine andere schreckliche Beziehung? Er schauderte zusammen und fühlte sich von Angst gepackt. Dann ging er zu der Ottomane zurück und lag nun da, das Bildnis in krankhaftem Schrecken anstierend.
He remembered something like it in history. Was it not Plato, that artist in thought, who had first analyzed it? Was it not Buonarotti who had carved it in the coloured marbles of a sonnet-sequence? But in our own century it was strange. . . . Yes; he would try to be to Dorian Gray what, without knowing it, the lad was to the painter who had fashioned the wonderful portrait. He would seek to dominate him--had already, indeed, half done so. He would make that wonderful spirit his own. There was something fascinating in this son of love and death.
Er erinnerte sich, daß es in der Geschichte irgend etwas Ähnliches gab. War es nicht Plato, dieser Künstler in der Welt der Gedanken, der es als erster untersucht hatte? War es nicht Buonarotti, der es in den farbigen Marmor seiner Sonettreihe gemeißelt hatte? Aber in unserem Jahrhundert war es etwas Seltenes... Ja, er wollte versuchen, für Dorian Gray das zu sein, was der Jüngling, ohne es zu wissen, für den Maler war, der das prächtige Bildnis geschaffen hatte. Er wollte versuchen, in ihm zu herrschen -- hatte es in Wahrheit schon zum Teil getan. Er wollte diesen wunderbaren Geist zu seinem eigenen machen. Es war etwas unwiderstehlich Magnetisches in diesem Abkömmling von Tod und Liebe.
He wondered if he had met the men in the hall as they were leaving the house and had wormed out of them what they had been doing. He would be sure to miss the picture--had no doubt missed it already, while he had been laying the tea-things. The screen had not been set back, and a blank space was visible on the wall. Perhaps some night he might find him creeping upstairs and trying to force the door of the room. It was a horrible thing to have a spy in one's house. He had heard of rich men who had been blackmailed all their lives by some servant who had read a letter, or overheard a conversation, or picked up a card with an address, or found beneath a pillow a withered flower or a shred of crumpled lace.
Er fragte sich, ob er wohl die Leute in der Vorhalle getroffen hätte, als sie das Haus verließen, und ob er sie ausgeforscht hätte, was sie getan hätten. Er würde sicher das Bild vermissen -- hatte es ohne Zweifel schon vermißt, als er den Teetisch zurecht machte. Der Schirm war noch nicht an seinen Platz zurückgestellt worden, und der leere Raum an der Wand war auffallend. Vielleicht würde er ihn eines Nachts ertappen, wie er hinaufschlich und die Tür des Bodenzimmers zu sprengen versuchte. Es war schrecklich, einen Spion im Hause zu haben. Er hatte von reichen Leuten gehört, die ihr ganzes Leben hindurch von den Erpressungen eines Bedienten ausgesaugt wurden, der mal irgendeinen Brief gelesen oder ein Gespräch mitangehört oder eine Karte mit einer Adresse gefunden oder unter einem Kissen eine verwelkte Blume oder einen Fetzen zerknitterter Spitze entdeckt hatte.
He winced and, taking up from the table an oval glass framed in ivory Cupids, one of Lord Henry's many presents to him, glanced hurriedly into its polished depths. No line like that warped his red lips. What did it mean?
Er fuhr zusammen und nahm vom Tisch einen ovalen Spiegel, dessen Fassung von elfenbeinernen Liebesgöttern gebildet wurde, eines der vielen Geschenke Lord Henrys, und blickte hastig in die glänzende Tiefe. Keine Linie solcher Art verunstaltete seine roten Lippen. Was sollte dies bedeuten?
He felt that if he brooded on what he had gone through he would sicken or grow mad. There were sins whose fascination was more in the memory than in the doing of them, strange triumphs that gratified the pride more than the passions, and gave to the intellect a quickened sense of joy, greater than any joy they brought, or could ever bring, to the senses. But this was not one of them. It was a thing to be driven out of the mind, to be drugged with poppies, to be strangled lest it might strangle one itself.
Er fühlte, daß er krank oder wahnsinnig würde, wenn er über das brütete, was er hinter sich hatte. Es gibt Sünden, deren Reiz mehr in der Erinnerung liegt als in der Begehung, seltsame Siege, die mehr dem Stolz Genüge tun als der Leidenschaft und die dem Geist ein Lustgefühl geben, das stärker ist als jede Wonne, die sie Sinnen verschaffen oder jemals verschaffen können. Aber diesmal war es keine von diesen. Dies war eine, die man aus dem Geiste verjagen, die man mit einem Opiat vergiften, die man ersticken mußte, da sie einen sonst selbst ersticken würde.
He felt that the time had really come for making his choice. Or had his choice already been made? Yes, life had decided that for him--life, and his own infinite curiosity about life. Eternal youth, infinite passion, pleasures subtle and secret, wild joys and wilder sins--he was to have all these things. The portrait was to bear the burden of his shame: that was all.
Er fühlte, daß nun der Zeitpunkt gekommen sei, zu wählen. Oder war die Wahl schon getroffen? Ja, das Leben hatte für ihn entschieden -- das Leben und seine unermeßliche Neugier auf das Leben. Ewige Jugend, unerschöpfliche Leidenschaft, ausgesuchte, geheimnisvolle Genüsse, wilde Freuden und noch wildere Sünden -- all das sollte er haben. Das Bildnis sollte die Last seiner Schmach tragen: das war alles.
He made no answer at first, but remained quite still. The knocking still continued and grew louder. Yes, it was better to let Lord Henry in, and to explain to him the new life he was going to lead, to quarrel with him if it became necessary to quarrel, to part if parting was inevitable. He jumped up, drew the screen hastily across the picture, and unlocked the door.
Er gab zuerst keine Antwort, sondern blieb ganz still. Das Klopfen wiederholte sich und wurde lauter. Ja, es war besser, Lord Henry einzulassen und ihm zu erklären, daß er ein neues Leben führen wolle, mit ihm zu streiten, wenn Streit nötig wäre, und sich von ihm zu trennen, wenn Trennung stattfinden mußte. Er sprang auf, schob den Wandschirm hastig vor das Bild und schloß die Tür auf.
He was walking home about eleven o'clock from Lord Henry's, where he had been dining, and was wrapped in heavy furs, as the night was cold and foggy. At the corner of Grosvenor Square and South Audley Street, a man passed him in the mist, walking very fast and with the collar of his grey ulster turned up. He had a bag in his hand. Dorian recognized him. It was Basil Hallward. A strange sense of fear, for which he could not account, came over him. He made no sign of recognition and went on quickly in the direction of his own house.
Er ging gegen elf Uhr aus Lord Henrys Wohnung, bei dem er gegessen hatte, nach Hause und war in einen schweren Pelz gehüllt, da die Nacht kalt und neblig war. An der Ecke von Grosvenor Square und South Audley Street ging im Nebel ein Mann sehr eilig an ihm vorbei, der den Kragen seines grauen Ulsters hochgeschlagen hatte. Er trug eine Reisetasche. Dorian erkannte ihn. Es war Basil Hallward. Ein seltsames Angstgefühl, über das er sich keine Rechenschaft geben konnte, befiel ihn. Er ließ nicht merken, daß er ihn erkannt hatte und setzte rasch seinen Weg fort in der Richtung seines Hauses.
He went to his room and dressed. There was a wild recklessness of gaiety in his manner as he sat at table, but now and then a thrill of terror ran through him when he remembered that, pressed against the window of the conservatory, like a white handkerchief, he had seen the face of James Vane watching him.
Er ging in sein Zimmer und zog sich um. Als er bei Tisch saß, war in seinem Gehaben eine wilde, übermütige Lustigkeit, aber hin und wieder überlief ihn ein Angstschauer, wenn er sich erinnerte, daß er, gegen die Fensterscheiben des Gewächshauses gepreßt, das lauernde Gesicht James Vanes wie ein weißes Tuch erblickt hatte.
He went in quietly, locking the door behind him, as was his custom, and dragged the purple hanging from the portrait. A cry of pain and indignation broke from him. He could see no change, save that in the eyes there was a look of cunning and in the mouth the curved wrinkle of the hypocrite. The thing was still loathsome--more loathsome, if possible, than before--and the scarlet dew that spotted the hand seemed brighter, and more like blood newly spilled. Then he trembled. Had it been merely vanity that had made him do his one good deed? Or the desire for a new sensation, as Lord Henry had hinted, with his mocking laugh? Or that passion to act a part that sometimes makes us do things finer than we are ourselves? Or, perhaps, all these? And why was the red stain larger than it had been? It seemed to have crept like a horrible disease over the wrinkled fingers. There was blood on the painted feet, as though the thing had dripped--blood even on the hand that had not held the knife. Confess? Did it mean that he was to confess? To give himself up and be put to death? He laughed. He felt that the idea was monstrous. Besides, even if he did confess, who would believe him? There was no trace of the murdered man anywhere. Everything belonging to him had been destroyed. He himself had burned what had been below-stairs. The world would simply say that he was mad. They would shut him up if he persisted in his story. . . . Yet it was his duty to confess, to suffer public shame, and to make public atonement. There was a God who called upon men to tell their sins to earth as well as to heaven. Nothing that he could do would cleanse him till he had told his own sin. His sin? He shrugged his shoulders. The death of Basil Hallward seemed very little to him. He was thinking of Hetty Merton. For it was an unjust mirror, this mirror of his soul that he was looking at. Vanity? Curiosity? Hypocrisy? Had there been nothing more in his renunciation than that? There had been something more. At least he thought so. But who could tell? . . . No. There had been nothing more. Through vanity he had spared her. In hypocrisy he had worn the mask of goodness. For curiosity's sake he had tried the denial of self. He recognized that now.
Er ging ruhig hinein, schloß die Tür nach seiner Gewohnheit hinter sich ab und zog den Purpurvorhang von dem Bildnis hinweg. Ein Schrei voll Schmerz und Entrüstung scholl von seinen Lippen. Er konnte keine Verwandlung bemerken, außer daß ein schlauer Ausdruck in den Augen lag und um den Mund der gekniffene Zug des Heuchlers. Das Ding war noch immer abscheulich, womöglich noch abscheulicher als vordem -- und der scharlachrote Tau, der die Hand befleckte, schien heller zu glänzen und mehr wie frisch vergossenes Blut auszusehen. Er erzitterte. War es bloße Eitelkeit gewesen, die ihn dazu getrieben hatte, einmal etwas Gutes zu tun? Oder die Begier nach einer neuartigen Empfindung, wie Lord Henry mit seinem spöttischen Lachen angedeutet hatte? Oder das Verlangen, eine Rolle zu spielen, das uns manchmal Dinge begehen läßt, die edler sind als wir selbst? Oder vielleicht das alles zusammen? Und warum war der rote Fleck jetzt größer als er vorher war? Er schien sich wie ein fürchterlicher Aussatz über die runzligen Finger weiter gefressen zu haben. Es war Blut auf den gemalten Füßen, als wäre es von den Händen herabgetropft -- Blut selbst auf der Hand, die das Messer nicht geführt hatte. Bekennen? Bedeutete dies, daß er bekennen sollte? Sich selbst aufgeben und hingerichtet werden? Er lachte. Er fühlte, daß der Einfall ungeheuerlich wäre. Überdies selbst wenn er es eingestände, wer würde ihm glauben? Nirgends gab es eine Spur des Ermordeten. Alles, was zu ihm gehörte, war zerstört. Er selbst hatte verbrannt, was unten geblieben war. Die Welt würde einfach sagen, daß er wahnsinnig sei. Sie würden ihn irgendwo einsperren, wenn er bei seiner Erzählung beharrte... Aber doch war es seine Pflicht, ein Geständnis abzulegen, öffentlich Schande zu erleiden und öffentlich Buße zu tun. Es war ein Gott, der den Menschen zurief, ihre Sünden der Erde so gut wie dem Himmel zu beichten. Nichts, was er sonst tun konnte, würde ihn reinigen, bis er seine Sünde selber bekannt hätte. Seine Sünde? Er zuckte die Achseln. Der Tod Basil Hallwards schien ihm nur unwesentlich. Er dachte an Hetty Merton. Denn es war ein ungerechter Spiegel. Dieser Spiegel seiner Seele, in den er hineinblickte. Eitelkeit? Neugier? Heuchelei? War sonst nichts in seinen Entsagungen gewesen? Es war noch etwas darin gewesen. Er glaubte es wenigstens. Aber wer konnte das sagen...? Nein. Es war weiter nichts darin gewesen. Aus Eitelkeit hatte er sie geschont. Aus Heuchelei hatte er die Maske der Güte getragen. Aus Neugier hatte er es mit der Verzichtleistung versucht. Er erkannte das jetzt.
He walked up and down the room two or three times. Then he turned to the still figure in the chair. "Mother, are my things ready?" he asked.
Er ging zwei oder dreimal durch die Stube, dann wandte er sich zu der schweigsamen Gestalt im Lehnstuhl. »Mutter, sind meine Sachen gepackt?« fragte er.
He took up from the couch the great purple-and-gold texture that covered it, and, holding it in his hands, passed behind the screen. Was the face on the canvas viler than before? It seemed to him that it was unchanged, and yet his loathing of it was intensified. Gold hair, blue eyes, and rose-red lips--they all were there. It was simply the expression that had altered. That was horrible in its cruelty. Compared to what he saw in it of censure or rebuke, how shallow Basil's reproaches about Sibyl Vane had been!-- how shallow, and of what little account! His own soul was looking out at him from the canvas and calling him to judgement. A look of pain came across him, and he flung the rich pall over the picture. As he did so, a knock came to the door. He passed out as his servant entered.
Er griff nach dem großen Überwurf aus Purpur und Gold, der den Diwan bedeckte, hob ihn mit beiden Händen auf und ging damit hinter den Schirm. War das Gesicht auf der Leinwand jetzt häßlicher als vorher? Es erschien ihm unverändert; und doch, sein Abscheu davor war noch verstärkt. Goldiges Haar, blaue Augen, rosenrote Lippen -- das war alles da. Nur der Ausdruck hatte sich verwandelt. Der war erschreckend in seiner Grausamkeit. Im Vergleich zu den Vorwürfen und der Rüge, die er in dem Bilde sah, wie nichtssagend waren da Basils Vorhaltungen über Sibyl Vane gewesen -- nichtssagend und belanglos! Seine eigene Seele sah ihn an aus der Leinwand und forderte ihn vors Gericht. Ein schmerzlicher Zug legte sich über sein Gesicht, und er warf die prunkvolle Sofadecke über das Bild. Während er dies tat, klopfte es an die Tür. Er kam hinter dem Wandschirm hervor, als sein Bedienter eintrat.
He hurried on towards the left, glancing back now and then to see if he was being followed. In about seven or eight minutes he reached a small shabby house that was wedged in between two gaunt factories. In one of the top-windows stood a lamp. He stopped and gave a peculiar knock.
Er hastete nach links weiter und blickte sich dann und wann um, ob ihm niemand folgte. Nach sieben oder acht Minuten erreichte er ein kleines, elendes Haus, das zwischen zwei große Faktoreien eingequetscht war. In einem der Giebelfenster brannte eine Lampe. Er blieb stehen und klopfte wie auf eine verabredete Art an.
He had painted gourds filled with pebbles that rattled when they were shaken; the long clarin of the Mexicans, into which the performer does not blow, but through which he inhales the air; the harsh ture of the Amazon tribes, that is sounded by the sentinels who sit all day long in high trees, and can be heard, it is said, at a distance of three leagues; the teponaztli, that has two vibrating tongues of wood and is beaten with sticks that are smeared with an elastic gum obtained from the milky juice of plants; the yotl-bells of the Aztecs, that are hung in clusters like grapes; and a huge cylindrical drum, covered with the skins of great serpents, like the one that Bernal Diaz saw when he went with Cortes into the Mexican temple, and of whose doleful sound he has left us so vivid a description. The fantastic character of these instruments fascinated him, and he felt a curious delight in the thought that art, like Nature, has her monsters, things of bestial shape and with hideous voices. Yet, after some time, he wearied of them, and would sit in his box at the opera, either alone or with Lord Henry, listening in rapt pleasure to "Tannhäuser" and seeing in the prelude to that great work of art a presentation of the tragedy of his own soul.
Er hatte bemalte, mit Kieselsteinen gefüllte Kürbisse, die beim Schütteln rasselten, er hatte die langen Zinken der Mexikaner, in die der Spieler nicht hineinbläst, sondern durch die er die Luft einatmet, das rauhe Ture der Amozonenstämme, das die Wachen ertönen lassen, wenn sie den ganzen Tag auf hohen Bäumen sitzen, und das, wie man sagt, auf eine Entfernung von drei Seemeilen gehört werden kann, das Teponaztli, das zwei zitternde Holzzungen hat und auf die man mit Stöcken schlägt, die mit einer Art elastischen Kautschuks eingesalbt werden, das aus dem milchigen Saft von Pflanzen gewonnen wird, er hatte die Yotlglocken der Azteken, die wie Trauben in Büscheln hängen, und eine große zylinderförmige Trommel, die bespannt ist mit den Häuten großer Schlangen gleich der, die Bernal Diaz sah, als er mit Cortez in den mexikanischen Tempel trat, und von deren wehklagendem Tone er uns eine so lebendige Schilderung hinterlassen hat. Das phantastische Wesen dieser Instrumente wirkte bezaubernd auf ihn, und er empfand einen seltsamen Genuß bei dem Gedanken, daß die Kunst wie die Natur ihre Ungeheuer hat, Dinge von tierischer Form und mit abscheulichen Stimmen. Aber nach einiger Zeit wurde er ihrer müde und saß dann wieder in seiner Loge in der Oper, entweder allein oder mit Lord Henry, lauschte hingerissen dem Tannhäuser und erkannte in dem Vorspiel zu diesem großen Kunstwerk eine Verkörperung des Trauerspiels seiner eigenen Seele.
He had a special passion, also, for ecclesiastical vestments, as indeed he had for everything connected with the service of the Church. In the long cedar chests that lined the west gallery of his house, he had stored away many rare and beautiful specimens of what is really the raiment of the Bride of Christ, who must wear purple and jewels and fine linen that she may hide the pallid macerated body that is worn by the suffering that she seeks for and wounded by self-inflicted pain. He possessed a gorgeous cope of crimson silk and gold-thread damask, figured with a repeating pattern of golden pomegranates set in six-petalled formal blossoms, beyond which on either side was the pine-apple device wrought in seed-pearls. The orphreys were divided into panels representing scenes from the life of the Virgin, and the coronation of the Virgin was figured in coloured silks upon the hood. This was Italian work of the fifteenth century.
Er hatte dann eine besondere Leidenschaft für kirchliche Gewänder wie für alles, was mit dem religiösen Ritus zusammenhing. In den langen Kästen aus Zedernholz, die auf der westlichen Galerie seines Hauses standen, hatte er viele seltene, schöne Proben des wahrhaften Kleides der Christusbraut angesammelt, die sich in Purpur, in Edelsteine und feines Linnen kleiden muß, um den bleichen, abgezehrten Leib darin zu verhüllen, der erschöpft ist von den Leiden, die sie sucht, und verwundet von selbst zugefügten Schmerzen. Er besaß einen prachtvollen Chorrock aus karminroter Seide und goldgewirktem Damast, der mit einem sich wiederholenden Muster von goldenen Granatäpfeln geziert war, die auf sechsblättrigen, regelmäßigen Blüten saßen, worunter auf jeder Seite ein in Staubperlen gestickter Tannenzapfen war. Die Goldstickereien waren in einzelne Felder geteilt, in denen Szenen aus dem Leben der Jungfrau abgebildet waren und die Krönung der Jungfrau war in der dazu gehörigen Kappe in farbiger Seide oben eingestickt. Es war italienische Arbeit aus dem fünfzehnten Jahrhundert.
He felt that the man must be got rid of at once. He must not be allowed to know where the picture was being taken to. There was something sly about him, and he had thoughtful, treacherous eyes. Sitting down at the writing-table he scribbled a note to Lord Henry, asking him to send him round something to read and reminding him that they were to meet at eight-fifteen that evening.
Er hatte das Gefühl, daß er den Mann jetzt los werden müsse. Er durfte nicht wissen, wohin das Bild sollte. Er hatte etwas Listiges an sich und nachdenkliche, verräterische Augen. Er setzte sich an den Schreibtisch, kritzelte ein paar Zeilen hin an Lord Henry, worin er bat, ihm etwas zum Lesen zu schicken, und worin er ihn daran erinnerte, daß sie sich um viertel neun heut abend treffen wollten.
He had not entered the place for more than four years--not, indeed, since he had used it first as a play- room when he was a child, and then as a study when he grew somewhat older. It was a large, well- proportioned room, which had been specially built by the last Lord Kelso for the use of the little grandson whom, for his strange likeness to his mother, and also for other reasons, he had always hated and desired to keep at a distance. It appeared to Dorian to have but little changed. There was the huge Italian cassone, with its fantastically painted panels and its tarnished gilt mouldings, in which he had so often hidden himself as a boy. There the satinwood book-case filled with his dog-eared schoolbooks. On the wall behind it was hanging the same ragged Flemish tapestry where a faded king and queen were playing chess in a garden, while a company of hawkers rode by, carrying hooded birds on their gauntleted wrists. How well he remembered it all! Every moment of his lonely childhood came back to him as he looked round. He recalled the stainless purity of his boyish life, and it seemed horrible to him that it was here the fatal portrait was to be hidden away. How little he had thought, in those dead days, of all that was in store for him!
Er hatte die Stube wohl länger als vier Jahre nicht betreten -- in Wirklichkeit nicht, seitdem sie ihm in seiner Kindheit zuerst als Spielzimmer, und dann, als er etwas älter war, als Studierzimmer gedient hatte. Es war ein großer Raum von schönen Verhältnissen, den der verstorbene Lord Kelso eigens zur Benutzung für seinen kleinen Enkel angebaut hatte, den er wegen seiner fabelhaften Ähnlichkeit mit seiner Mutter und auch noch aus anderen Gründen immer gehaßt hatte und möglichst weit weg von sich haben wollte. Der Raum schien Dorian wenig verändert. Da war der mächtige italienische Cassone mit den phantastisch bemalten Füllungen und den abgenutzten goldenen Ornamenten, in dem er sich als Junge oft versteckt hatte. Da stand der polierte Bücherschrank aus Satinholz mit seinen Schulbüchern voll Eselsohren. An der Wand darüber hing noch derselbe zerfaserte flämische Gobelin, auf dem ein verblichener König und eine Königin in einem Garten Schach spielten, während ein Trupp von Falkenieren vorbeiritt, die auf ihren Panzerhandschuhen Vögel mit kappenverhüllten Köpfen trugen. Wie gut er sich an alles erinnerte! Jeder Augenblick seiner vereinsamten Kindheit kam ihm vors Gedächtnis, während er sich umsah. Er entsann sich der fleckenlosen Reinheit seines Knabenlebens, und es schien ihm furchtbar, daß gerade hier das verhängnisvolle Bildnis verborgen werden sollte. Wie wenig hatte er in diesen längst verrauschten Tagen von alledem geahnt, was seiner warten sollte!
There was something about him, Harry, that amused me. He was such a monster. You will laugh at me, I know, but I really went in and paid a whole guinea for the stage-box. To the present day I can't make out why I did so; and yet if I hadn't-- my dear Harry, if I hadn't--I should have missed the greatest romance of my life. I see you are laughing. It is horrid of you!"
Er hatte etwas an sich, Harry, was mich belustigte. Er war das reine Monstrum. Du wirst mich auslachen, ich weiß schon, aber ich trat wirklich ein und erlegte ein Zwanzigmarkstück für die Proszeniumsloge. Ich kann mir noch heute nicht erklären, warum ich das tat; und doch -- wenn ich's nicht getan hätte -- bester Harry, ich wäre um das größte Ereignis meines Lebens gekommen. Ja, lach du nur. Es ist häßlich von dir.«
He held the door open for them, and they passed out into the hall and began the ascent. The elaborate character of the frame had made the picture extremely bulky, and now and then, in spite of the obsequious protests of Mr. Hubbard, who had the true tradesman's spirited dislike of seeing a gentleman doing anything useful, Dorian put his hand to it so as to help them.
Er hielt ihnen die Tür auf, und sie gingen in den Vorraum hinaus und fingen an, hinaufzusteigen. Die ausladenden Verzierungen des Rahmens hatten das Bild sehr umfangreich gemacht, und hin und wieder legte Dorian mit Hand an, um ihnen zu helfen, trotz den unterwürfigen Einwänden des Herrn Hubbard, der die lebhafte Abneigung des wirklichen Handwerkers gegen jede nützliche Beschäftigung eines vornehmen Herrn hatte.
He turned and hurried out, just conscious that the dead man had been thrust back into the chair and that Campbell was gazing into a glistening yellow face. As he was going downstairs, he heard the key being turned in the lock.
Er kehrte sich um und lief hinaus, eben noch gerade wahrnehmend, daß der Tote in seinen Stuhl zurückgelehnt worden war und daß Campbell in ein schimmerndes, gelbes Gesicht starrte. Als er die Stufen hinabging, hörte er, wie der Schlüssel im Schloß umgedreht wurde.
He could not finish the sentence.
Er konnte den Satz nicht vollenden.
He could hear nothing, but the drip, drip on the threadbare carpet. He opened the door and went out on the landing. The house was absolutely quiet. No one was about. For a few seconds he stood bending over the balustrade and peering down into the black seething well of darkness. Then he took out the key and returned to the room, locking himself in as he did so.
Er konnte nichts hören, als das Tropf-Tropf auf den fadenscheinigen Teppich. Er öffnete die Tür und ging bis an den Treppenabsatz. Das Haus war vollständig ruhig. Niemand war wach. Über das Geländer gebeugt, stand er ein paar Augenblicke da und forschte hinab in den schwarzen brodelnden Schacht von Dunkelheit. Dann zog er den Schlüssel ab, ging in das Zimmer zurück und schloß sich darin ein.
He struggled madly for life, and by a terrible effort wrenched the tightening fingers away. In a second he heard the click of a revolver, and saw the gleam of a polished barrel, pointing straight at his head, and the dusky form of a short, thick-set man facing him.
Er kämpfte wie wahnsinnig um sein Leben, und mit furchtbarer Anstrengung glückte es ihm, sich aus den umschnürenden Fingern loszureißen. Einen Augenblick darauf hörte er das Knacken eines Revolvers und sah den Glanz eines blanken Laufes gerade gegen seinen Kopf gerichtet und die dunkle Gestalt eines untersetzten Mannes vor sich.
He laughed. "Lady Narborough," he whispered. "She perfectly adores him."
Er lachte. »Lady Narborough«, flüsterte er. »Sie betet ihn an.«
He read of the room that was prepared at the palace at Rheims for the use of Queen Joan of Burgundy and was decorated with "thirteen hundred and twenty-one parrots, made in broidery, and blazoned with the king's arms, and five hundred and sixty-one butterflies, whose wings were similarly ornamented with the arms of the queen, the whole worked in gold." Catherine de Médicis had a mourning-bed made for her of black velvet powdered with crescents and suns. Its curtains were of damask, with leafy wreaths and garlands, figured upon a gold and silver ground, and fringed along the edges with broideries of pearls, and it stood in a room hung with rows of the queen's devices in cut black velvet upon cloth of silver. Louis XIV had gold embroidered caryatides fifteen feet high in his apartment. The state bed of Sobieski, King of Poland, was made of Smyrna gold brocade embroidered in turquoises with verses from the Koran. Its supports were of silver gilt, beautifully chased, and profusely set with enamelled and jewelled medallions. It had been taken from the Turkish camp before Vienna, and the standard of Mohammed had stood beneath the tremulous gilt of its canopy.
Er las von dem Zimmer, das man im Palast von Reims für den Gebrauch der Königin Johanna von Burgund hergerichtet hatte, »und das ausgeschmückt war mit dreizehnhunderteinundzwanzig gestickten Papageien, die das Wappen des Königs trugen, und mit fünfhunderteinundsechzig Schmetterlingen, deren Flügel auf dieselbe Weise mit dem Wappen der Königin geschmückt waren, das Ganze in Gold gearbeitet.« Katharina von Medici hatte sich ein Trauerbett machen lassen aus schwarzem Samt, bestickt mit Halbmonden und Sonnen. Seine Vorhänge waren aus Damast, und auf einem Grunde von Gold und Silber waren Zweige und Girlanden gestickt, und die Bordüren bestanden aus Fransen mit Perlen, und es stand in einem Zimmer, das mit einem Silbertuch bespannt war, auf dem reihenweise die Wahlsprüche der Königin in schwarzem, geschorenem Samt appliziert waren. Ludwig der Vierzehnte hatte in seinem Gemach goldgestickte, fünfzehn Fuß hohe Karyatiden. Das Staatsbett Sobieskis, des Königs von Polen, bestand aus Smyrna-Goldbrokat, und Verse aus dem Koran waren aus Türkisen hineingestickt. Seine Füße waren aus vergoldetem Silber, schön getrieben und verschwenderisch mit Medaillons aus Email und Edelsteinen besetzt. Es war bei der Belagerung von Wien aus dem türkischen Lager erbeutet worden, und die Fahne Mohammeds war unter dem flimmerigen Gold seines Baldachins angebracht.
He loosened his hold and reeled back. "My God! my God!" he cried, "and I would have murdered you!" Dorian Gray drew a long breath.
Er ließ seine Faust von ihm los und taumelte zurück. »Mein Gott, mein Gott!« rief er aus, »und ich hätte Sie fast ermordet!«
He took the lamp from the table and crept upstairs. As he unbarred the door, a smile of joy flitted across his strangely young-looking face and lingered for a moment about his lips. Yes, he would be good, and the hideous thing that he had hidden away would no longer be a terror to him. He felt as if the load had been lifted from him already.
Er nahm die Lampe vom Tisch und schlich die Treppe hinan. Als er die Tür aufschloß, huschte ein frohes Lächeln über sein seltsam junges Gesicht und verweilte einen Augenblick auf seinen Lippen. Ja, er wollte gut sein, und das gräßliche Ding, das er verborgen hatte, würde dann nicht länger ein Schrecken für ihn sein. Ihm war, als wäre diese Last schon jetzt von ihm genommen.
He seized the lighted candle, and held it to the picture. In the left-hand corner was his own name, traced in long letters of bright vermilion.
Er nahm die brennende Kerze und hielt sie nahe an das Bild. In der linken Ecke stand ein Name in langen, hellroten Lettern.
He rubbed his eyes, and came close to the picture, and examined it again. There were no signs of any change when he looked into the actual painting, and yet there was no doubt that the whole expression had altered. It was not a mere fancy of his own. The thing was horribly apparent.
Er rieb sich die Augen und trat ganz nahe an das Bild heran, um es abermals zu mustern. An der Technik der Malerei konnte man gar keine Spur einer Veränderung bemerken, und doch war kein Zweifel, daß sich der Ausdruck im ganzen verändert hatte. Es war keine Einbildung von ihm. Die Sache war schrecklich klar.
He frowned, and tearing the paper in two, went across the room and flung the pieces away. How ugly it all was! And how horribly real ugliness made things! He felt a little annoyed with Lord Henry for having sent him the report. And it was certainly stupid of him to have marked it with red pencil. Victor might have read it. The man knew more than enough English for that.
Er runzelte die Stirn, zerriß das Blatt, lief im Zimmer auf und ab und warf die Papierfetzen weg. Wie häßlich das alles war! Und was für eine schreckliche Wirklichkeit die Häßlichkeit allem gab! Er ärgerte sich ein wenig über Lord Henry, daß er ihm den Bericht geschickt hatte. Und sicher war es albern von ihm, ihn mit Rotschrift anzustreichen. Viktor konnte ihn gelesen haben. Der Mann verstand dafür mehr als genug Englisch.
He glanced quickly round and rose to his feet. "I beg your pardon. I thought--"
Er sah sich rasch um und sprang auf die Füße. »Ich bitte um Entschuldigung, ich glaubte --«
He looked round and saw the knife that had stabbed Basil Hallward. He had cleaned it many times, till there was no stain left upon it. It was bright, and glistened. As it had killed the painter, so it would kill the painter's work, and all that that meant. It would kill the past, and when that was dead, he would be free. It would kill this monstrous soul-life, and without its hideous warnings, he would be at peace. He seized the thing, and stabbed the picture with it.
Er sah sich um und erblickte das Messer, das Basil Hallward erstochen hatte. Er hatte es oft gereinigt, bis kein Fleck mehr darauf war. Es war blank und glitzerte. Wie es den Maler getötet hatte, sollte es des Malers Werk töten und alles, was es bedeutete. Es sollte die Vergangenheit töten, und wenn die tot war, würde er frei sein. Es sollte dieses ungeheuerliche Seelenleben töten, und sobald diese gräßlichen Warnungen nicht mehr vorhanden waren, würde er Frieden haben. Er ergriff es und durchbohrte damit das Bildnis.
He shuddered, and for a moment he regretted that he had not told Basil the true reason why he had wished to hide the picture away. Basil would have helped him to resist Lord Henry's influence, and the still more poisonous influences that came from his own temperament. The love that he bore him--for it was really love-- had nothing in it that was not noble and intellectual. It was not that mere physical admiration of beauty that is born of the senses and that dies when the senses tire. It was such love as Michelangelo had known, and Montaigne, and Winckelmann, and Shakespeare himself. Yes, Basil could have saved him. But it was too late now. The past could always be annihilated. Regret, denial, or forgetfulness could do that. But the future was inevitable. There were passions in him that would find their terrible outlet, dreams that would make the shadow of their evil real.
Er schauderte, und einen Augenblick lang tat es ihm leid, daß er Basil nicht den wahren Grund gesagt habe, warum er das Bild verstecken wolle. Basil hätte ihm helfen können, sowohl dem Einfluß Lord Henrys zu widerstehen, als auch den noch viel giftigeren Einflüssen, die aus seiner eigenen Natur herrührten. Die Liebe, die Basil für ihn hegte -- denn es war wirklich Liebe --, schloß nichts ein, was nicht edel und vergeistigt wäre. Es war nicht jene rein physische Bewunderung, die eine Geburt der Sinne ist und mit der Ermüdung der Sinne hinstirbt. Es war eine Liebe, wie sie Michelangelo gekannt hatte und Montaigne und Winkelmann und auch Shakespeare. Ja, Basil hätte ihn retten können. Aber jetzt war es zu spät. Die Vergangenheit konnte immer vernichtet werden. Reue, Verleugnung oder Vergessenheit konnten das bewirken. Aber die Zukunft war unabwendlich. Er hatte Leidenschaften in sich, die ihr fürchterliches Ausfalltor bei ihm finden wurden, Träume, die ihre sündigen Schatten zur Wirklichkeit umwandeln würden.
Having locked the door behind him, he crept quietly downstairs. The woodwork creaked and seemed to cry out as if in pain. He stopped several times and waited. No: everything was still. It was merely the sound of his own footsteps.
Er schloß die Türe hinter sich und schlich langsam die Treppe hinunter. Das Holz knarrte und schien wie vor Schmerz aufzustöhnen. Er blieb einige Male stehen und wartete. Nein, alles war still. Er hörte nur den Widerhall seiner eigenen Schritte.
He drew the screen back into its former place in front of the picture, smiling as he did so, and passed into his bedroom, where his valet was already waiting for him. An hour later he was at the opera, and Lord Henry was leaning over his chair.
Er schob den Schirm wieder auf den alten Platz vor dem Bilde und lächelte, indem er es tat. Dann ging er in sein Schlafzimmer, wo sein Diener schon auf ihn wartete. Eine Stunde später war er in der Oper, und Lord Harry beugte sich über seinen Stuhl.
He hesitated a moment. "Is there a fire in the room upstairs?" "Yes, there is a gas-fire with asbestos."
Er schwankte einen Augenblick. »Ist ein Ofen da oben?« »Ja, ein Gasofen mit Asbest.«
He shook his head. "To-night she is Imogen," he answered, "and to-morrow night she will be Juliet."
Er schüttelte den Kopf. »Heute abend ist sie Imogen,« antwortete er, »und morgen abend Julia.«
He shook his head. "Knowledge would be fatal. It is the uncertainty that charms one. A mist makes things wonderful."
Er schüttelte den Kopf. »Wissen, wäre ein Verhängnis. Nur die Ungewißheit hat für uns Reiz. Ein Nebel macht die Dinge wunderbar.«
He sat down and began to think. Every year--every month, almost-- men were strangled in England for what he had done. There had been a madness of murder in the air. Some red star had come too close to the earth. . . . And yet, what evidence was there against him? Basil Hallward had left the house at eleven. No one had seen him come in again. Most of the servants were at Selby Royal. His valet had gone to bed.... Paris! Yes. It was to Paris that Basil had gone, and by the midnight train, as he had intended. With his curious reserved habits, it would be months before any suspicions would be roused. Months! Everything could be destroyed long before then.
Er setzte sich und begann nachzudenken. Jahr für Jahr -- fast jeden Monat -- werden in England Leute gehenkt für so etwas, wie er soeben getan hatte. Irgendeine wahnwitzige Mordlust hatte in der Luft gelegen. Irgendein blutroter Stern war der Erde zu nahe gekommen... Und doch, wie wollte man es ihm beweisen? Basil Hallward hatte das Haus um elf Uhr verlassen. Niemand hatte ihn noch einmal wiederkommen sehen. Die meisten Diener waren in Selby Royal. Sein eigener Diener war schlafen gegangen... Paris! Ja. Basil war nach Paris gefahren, und zwar mit dem Mitternachtszug, wie es seine Absicht gewesen war. Bei seinen merkwürdigen Gewohnheiten, sich zurückzuziehen, würden Monate vergehen, bevor irgendein Verdacht entstehen würde. Monate! Alle Spuren konnten lange vorher getilgt sein.
He sighed and touched the bell. The portrait must be hidden away at all costs. He could not run such a risk of discovery again. It had been mad of him to have allowed the thing to remain, even for an hour, in a room to which any of his friends had access.
Er seufzte und drückte auf die Klingel. Das Porträt mußte um jeden Preis versteckt werden. Er konnte sich nicht ein zweitesmal der Gefahr solcher Entdeckung aussetzen. Es war wahnsinnig von ihm gewesen, das Ding da überhaupt nur eine Stunde lang in einem Zimmer zu lassen, zu dem jeder seiner Freunde Zutritt hatte.
He sighed, and having poured himself out some tea, opened Lord Henry's note. It was simply to say that he sent him round the evening paper, and a book that might interest him, and that he would be at the club at eight-fifteen. He opened The St. James's languidly, and looked through it. A red pencil-mark on the fifth page caught his eye. It drew attention to the following paragraph:
Er seufzte, goß sich etwas Tee ein und öffnete Lord Henrys Billett. Es stand nur darin, daß er ihm die Abendzeitung schicke und ein Buch, das ihn vielleicht interessieren werde, und daß er ihn um Viertel neun im Klub zu treffen hoffe. Er öffnete langsam die St.-James und durchflog sie. Ein Strich mit Rotstift auf der fünften Seite fiel ihm auf. Er machte auf die folgende Notiz aufmerksam:
He sighed, and took up the volume again, and tried to forget. He read of the swallows that fly in and out of the little cafe at Smyrna where the Hadjis sit counting their amber beads and the turbaned merchants smoke their long tasselled pipes and talk gravely to each other; he read of the Obelisk in the Place de la Concorde that weeps tears of granite in its lonely sunless exile and longs to be back by the hot, lotus- covered Nile, where there are Sphinxes, and rose-red ibises, and white vultures with gilded claws, and crocodiles with small beryl eyes that crawl over the green steaming mud; he began to brood over those verses which, drawing music from kiss-stained marble, tell of that curious statue that Gautier compares to a contralto voice, the "monstre charmant" that couches in the porphyry-room of the Louvre.
Er seufzte, nahm das Buch wieder auf und suchte zu vergessen. Er las von den Schwalben, die aus- und einfliegen in dem kleinen Café zu Smyrna, wo die Hadjis sitzen und ihre Bernsteinperlen durch die Hand laufen lassen, und wo die Kaufleute im Turban ihre langen, quastenbehängten Pfeifen rauchen und ernsthaft miteinander sprechen: er las von dem Obelisk auf der Place de la Concorde, der in seiner vereinsamten, sonnenlosen Verbannung granitene Tränen weint und sich zurücksehnt nach dem heißen, lotosbedeckten Nil, wo die Sphinxe sind, und rosenrote Ibisse und weiße Geier mit goldenen Klauen und Krokodile mit kleinen Beryllaugen, die durch den grünen, dampfenden Schlamm dahinkriechen: er fing an, den Versen nachzusinnen, die ihre Musik aus Marmor locken, der von Küssen fleckig geworden ist, und die uns von der sonderbaren Statue erzählen, die Gautier einer Altstimme vergleicht, von dem »~monstre charmant~«, das in dem Porphyrsaal des Louvre steht.
He was to leave the vessel at Melbourne, bid a polite good-bye to the captain, and go off at once to the gold-fields. Before a week was over he was to come across a large nugget of pure gold, the largest nugget that had ever been discovered, and bring it down to the coast in a waggon guarded by six mounted policemen. The bushrangers were to attack them three times, and be defeated with immense slaughter. Or, no. He was not to go to the gold-fields at all. They were horrid places, where men got intoxicated, and shot each other in bar-rooms, and used bad language. He was to be a nice sheep-farmer, and one evening, as he was riding home, he was to see the beautiful heiress being carried off by a robber on a black horse, and give chase, and rescue her. Of course, she would fall in love with him, and he with her, and they would get married, and come home, and live in an immense house in London. Yes, there were delightful things in store for him. But he must be very good, and not lose his temper, or spend his money foolishly. She was only a year older than he was, but she knew so much more of life. He must be sure, also, to write to her by every mail, and to say his prayers each night before he went to sleep. God was very good, and would watch over him. She would pray for him, too, and in a few years he would come back quite rich and happy.
Er sollte in Melbourne das Schiff verlassen, dem Kapitän höflich Lebewohl sagen und sich sofort in die Goldfelder begeben. Bevor noch eine Woche um sei, werde er auf einen großen Klumpen puren Goldes stoßen, auf den größten, der je gefunden worden sei, und werde ihn zur Küste schaffen in einem großen Wagen, den sechs berittene Polizisten bewachen sollten. Die Buschklepper überfielen sie dreimal, würden aber nach einem ungeheuren Gemetzel zurückgeschlagen werden. Oder nein! Er sollte überhaupt nicht in die Goldfelder wandern. Das sind schreckliche Örter, wo sich die Leute betrinken und einander in Kneipen totschössen und eine schreckliche Sprache führten. Er sollte ein friedsamer Viehzüchter werden, und eines Abends, wenn er heimritte, begegnete er der schönen Erbin, die gerade von einem Räuber auf einem Rappen entführt würde, und dann setzt er ihm nach und befreit sie. Natürlich würde sie sich in ihn verlieben und er in sie, und sie heirateten dann und kehrten heim und wohnten in einem großen Palais in London. Ja, entzückende Dinge warteten auf ihn. Aber er müsse auch sehr brav sein, nie die Geduld verlieren oder sein Geld vergeuden. Sie sei nur ein Jahr älter als er, aber sie wisse schon genügend mehr vom Leben. Er müsse ihr auch zuverlässig an jedem Posttag schreiben und jeden Abend, wenn er schlafen gehe, beten. Gott sei sehr gut und werde über ihn wachen. Auch sie werde für ihn beten, und in ein paar Jahren werde er reich und glücklich nach Hause kommen.
He played with the idea and grew wilful; tossed it into the air and transformed it; let it escape and recaptured it; made it iridescent with fancy and winged it with paradox. The praise of folly, as he went on, soared into a philosophy, and philosophy herself became young, and catching the mad music of pleasure, wearing, one might fancy, her wine-stained robe and wreath of ivy, danced like a Bacchante over the hills of life, and mocked the slow Silenus for being sober. Facts fled before her like frightened forest things. Her white feet trod the huge press at which wise Omar sits, till the seething grape-juice rose round her bare limbs in waves of purple bubbles, or crawled in red foam over the vat's black, dripping, sloping sides. It was an extraordinary improvisation.
Er spielte jetzt mit diesem Einfall nach Willkür; warf ihn in die Luft und änderte ihn um: ließ ihn entwischen und haschte ihn wieder auf: ließ ihn phantastisch glitzern und gab ihm Paradoxe als Flügel. Als er fortfuhr, rundete sich dieser Ruhm der Narretei in ein philosophisches System und die Philosophie selbst wurde dabei jung und tanzte, begleitet von der tollen Musik der Lust, in ihrem von Wein befleckten Gewande und mit Efeu bekränzten Locken, wie eine Bacchantin über die Hügel des Lebens und neckte den plumpen Silen, weil er nüchtern blieb. Die Tatsachen flüchteten vor ihr wie das erschreckte Getier des Waldes. Ihre weißen Füße stampften in der ungefügen Kelter, an der der weise Omar sitzt, bis der schäumende Traubensaft in purpurblasigen Wellen an ihren nackten Gliedern aufspritzte oder in rotem Gischt über die dunkeln, triefenden, gewölbten Seiten der Kufe herabrann. Es war eine ganz brillante Improvision.
He jumped up and seized her roughly by the arm. "Show him to me. Which is he? Point him out. I must see him!" he exclaimed; but at that moment the Duke of Berwick's four-in-hand came between, and when it had left the space clear, the carriage had swept out of the park.
Er sprang auf und faßte rauh ihren Arm. »Zeig' ihn mir. Welcher ist es? Zeig' ihn mir, ich muß ihn sehen!« rief er. Aber in diesem Augenblick fuhr der Viererzug des Herzogs von Verwick dazwischen, und als die Aussicht wieder frei war, hatte der Wagen schon den Park verlassen.
He got up and locked both doors. At least he would be alone when he looked upon the mask of his shame. Then he drew the screen aside and saw himself face to face. It was perfectly true. The portrait had altered.
Er stand auf und verschloß beide Türen. Er wollte wenigstens allein sein, wenn er die Maske seiner Schande betrachtete. Dann schob er den Schirm zur Seite und sah sich selbst von Angesicht zu Angesicht. Es war vollständig wahr. Das Bildnis hatte sich verändert.
He stood there for some minutes looking at the dead body. As he rode home, his eyes were full of tears, for he knew he was safe.
Er stand einige Minuten da und starrte auf den toten Körper. Als er nach Hause ritt, waren seine Augen von Tränen umschleiert, denn er wußte jetzt, daß er gerettet war.
He got up from his chair and drew a large screen right in front of the portrait, shuddering as he glanced at it. "How horrible!" he murmured to himself, and he walked across to the window and opened it. When he stepped out on to the grass, he drew a deep breath. The fresh morning air seemed to drive away all his sombre passions. He thought only of Sibyl. A faint echo of his love came back to him. He repeated her name over and over again. The birds that were singing in the dew-drenched garden seemed to be telling the flowers about her.
Er stand von seinem Stuhl auf und schob einen großen Wandschirm vor das Bildnis. Er schrak zusammen, als er es anblickte. »Wie schrecklich«, flüsterte er. Dann schritt er zur Glastür und öffnete sie. Als er in das Grüne hinaus trat, atmete er tief auf. Die frische Morgenluft schien all die düsteren Leidenschaften zu verjagen. Er dachte nur noch an Sibyl. Ein schwacher Glanz seiner Liebe kehrte zurück. Er wiederholte ihren Namen immer wieder, immer wieder. Die Vögel, die in dem taubeperlten Garten sangen, schienen den Blumen von ihr zu erzählen.
He passed out of the room and began the ascent, Basil Hallward following close behind. They walked softly, as men do instinctively at night. The lamp cast fantastic shadows on the wall and staircase. A rising wind made some of the windows rattle.
Er verließ das Zimmer und begann die Treppe hinaufzugehen, Basil Hallward folgte dicht hinter ihm. Sie gingen leise, wie man es bei Nacht instinktiv tut. Die Lampe warf phantastische Schatten auf Wand und Treppe. Im Winde, der sich erhoben hatte, klirrten einige Fenster.
He was an extremely clever young man, though he had no real appreciation of the visible arts, and whatever little sense of the beauty of poetry he possessed he had gained entirely from Dorian. His dominant intellectual passion was for science. At Cambridge he had spent a great deal of his time working in the laboratory, and had taken a good class in the Natural Science Tripos of his year. Indeed, he was still devoted to the study of chemistry, and had a laboratory of his own in which he used to shut himself up all day long, greatly to the annoyance of his mother, who had set her heart on his standing for Parliament and had a vague idea that a chemist was a person who made up prescriptions. He was an excellent musician, however, as well, and played both the violin and the piano better than most amateurs.
Er war ein außerordentlich begabter junger Mann, wenn er auch kein eigentliches Verhältnis zu den sichtbaren Künsten hatte, und der geringe Sinn für Poesie, den er besaß, vollständig von Dorian herrührte. Die geistige Leidenschaft, die ihn beherrschte, erstreckte sich nur auf die Wissenschaft. In Cambridge hatte er einen großen Teil seiner Zeit mit Arbeiten im Laboratorium verbracht und hatte sein Examen in den Naturwissenschaften mit vorzüglich bestanden. Noch jetzt war er dem Studium der Chemie ergeben und hatte ein eigenes Laboratorium, in das er sich häufig den ganzen Tag einzuschließen pflegte, zum großen Kummer seiner Mutter, die sich darauf verbissen hatte, daß er für das Parlament kandidieren sollte, und die eine unklare Vorstellung hatte, ein Chemiker sei ein Mensch, der Rezepte anfertige. Indessen war er ein ausgezeichneter Musiker und spielte Geige und Klavier besser als die meisten Dilettanten.
He was conscious--and the thought brought a gleam of pleasure into his brown agate eyes--that it was through certain words of his, musical words said with musical utterance, that Dorian Gray's soul had turned to this white girl and bowed in worship before her. To a large extent the lad was his own creation. He had made him premature. That was something. Ordinary people waited till life disclosed to them its secrets, but to the few, to the elect, the mysteries of life were revealed before the veil was drawn away. Sometimes this was the effect of art, and chiefly of the art of literature, which dealt immediately with the passions and the intellect. But now and then a complex personality took the place and assumed the office of art, was indeed, in its way, a real work of art, life having its elaborate masterpieces, just as poetry has, or sculpture, or painting.
Er war sich bewußt -- und dieser Gedanke brachte einen freudigen Glanz in seine achatbraunen Augen -- daß sich durch gewisse Worte, die er gesprochen hatte, musikalische Worte in melodischem Tonfall, Dorian Grays Seele diesem weißen Mädchen zugewendet und sich in Verehrung vor ihr gebeugt hatte. In hohem Maße war der Jüngling sein Geschöpf. Er hatte ihn vor der Zeit reifen lassen. Das war schon was. Die gewöhnlichen Menschen warten, bis ihnen das Leben seine Geheimnisse aufschließt, aber den wenigen Auserwählten werden die Mysterien des Daseins enthüllt, bevor der Schleier weggezogen wird. Manchmal ist das die Wirkung der Kunst, besonders der Dichtung, die ja unmittelbar die Leidenschaften und den Intellekt behandelt. Ab und zu nimmt aber eine komplizierte Persönlichkeit diesen Platz ein und übt das Amt der Kunst aus, ist eigentlich auf ihre Weise ein richtiges Kunstwerk, denn das Leben schafft ebenso seine vollendeten Meisterwerke wie die Poesie oder die Bildhauerkunst oder die Malerei.
It was clear to him that the experimental method was the only method by which one could arrive at any scientific analysis of the passions; and certainly Dorian Gray was a subject made to his hand, and seemed to promise rich and fruitful results. His sudden mad love for Sibyl Vane was a psychological phenomenon of no small interest. There was no doubt that curiosity had much to do with it, curiosity and the desire for new experiences, yet it was not a simple, but rather a very complex passion. What there was in it of the purely sensuous instinct of boyhood had been transformed by the workings of the imagination, changed into something that seemed to the lad himself to be remote from sense, and was for that very reason all the more dangerous. It was the passions about whose origin we deceived ourselves that tyrannized most strongly over us. Our weakest motives were those of whose nature we were conscious. It often happened that when we thought we were experimenting on others we were really experimenting on ourselves.
Er war sich darüber klar, daß die Versuchsmethode die einzige sei, durch die man zu irgendeiner wissenschaftlichen Erklärung der Leidenschaften kommen könne; und sicher war ihm Dorian Gray ein bequemes Objekt und schien reiche und wertvolle Erfolge zu versprechen. Seine jähe sturmartige Liebe zu Sibyl Vane war eine psychologische Tatsache von großem Interesse. Kein Zweifel, daß die Neugier dabei stark im Spiele war, Neugier und Lust an neuen Erlebnissen; doch es war keine einfache, sondern eher eine recht komplizierte Leidenschaft. Was von dem rein sinnlichen Triebe des Knabenalters in ihr war, das hatte die Mitarbeit der Phantasie umgebildet, in irgendwas verwandelt, das dem Jüngling selbst ganz fern von allem Sinnlichen schien und gerade deshalb um so gefährlicher war. Alle Leidenschaften, über deren Ursprung wir uns selbst täuschen, üben die stärkste Herrschaft auf uns aus. Unsere schwächsten Triebkräfte sind die, über deren Natur wir klar sehen. Es kommt oft vor, daß wir im Denken mit uns selbst Experimente anstellen und glauben, sie mit anderen zu versuchen.
He was quite conscious that this would tell them nothing. It was true that the portrait still preserved, under all the foulness and ugliness of the face, its marked likeness to himself; but what could they learn from that? He would laugh at any one who tried to taunt him. He had not painted it. What was it to him how vile and full of shame it looked? Even if he told them, would they believe it?
Er war sich vollauf bewußt, daß niemand etwas verraten könne. Allerdings bewahrte das Bild unter all der Gemeinheit und Häßlichkeit seines Antlitzes noch eine deutliche Ähnlichkeit mit ihm, aber was konnte das den Leuten sagen? Er würde jeden auslachen, der es versuchen wollte, ihn zu schmähen. Er hatte es ja nicht gemalt. Was ging es ihn an, wie abscheulich und schändlich es aussah? Selbst wenn er jemand die Wahrheit erzählte, konnte sie einer glauben?
He flung himself down on the sofa and turned away his face. "You have killed my love," he muttered.
Er warf sich auf das Sofa und wandte sein Gesicht ab. »Du hast meine Liebe getötet«, murmelte er.
He threw himself into a chair and began to think. Suddenly there flashed across his mind what he had said in Basil Hallward's studio the day the picture had been finished. Yes, he remembered it perfectly. He had uttered a mad wish that he himself might remain young, and the portrait grow old; that his own beauty might be untarnished, and the face on the canvas bear the burden of his passions and his sins; that the painted image might be seared with the lines of suffering and thought, and that he might keep all the delicate bloom and loveliness of his then just conscious boyhood. Surely his wish had not been fulfilled? Such things were impossible. It seemed monstrous even to think of them. And, yet, there was the picture before him, with the touch of cruelty in the mouth.
Er warf sich in einen Stuhl und begann zu grübeln. Plötzlich überkam ihn die Erinnerung an die Worte, die er in Basil Hallwards Atelier an dem Tage gesagt hatte, wo das Bild fertig geworden war. Ja, er erinnerte sich ganz deutlich. Er hatte den sinnlosen Wunsch ausgesprochen, daß er selbst jung bleiben solle, und das Porträt altern: daß seine eigene Schönheit fleckenlos bleiben, und das Antlitz auf der Leinwand die Last seiner Leidenschaften und Sünden tragen solle: daß das gemalte Bildnis von den Linien des Leidens und Denkens durchfurcht werden und er selbst den feinen Schmelz und alle Lieblichkeit seiner Jugend behalten solle, deren er sich damals gerade bewußt geworden war. Sein Wunsch war doch nicht erfüllt worden? Solche Dinge bleiben unmöglich. Nur so etwas zu denken, schien ungeheuerlich. Und doch, da stand das Bild vor ihm und hatte den Zug von Grausamkeit um den Mund.
He was carried at once into the blue drawing-room and laid upon one of the sofas. After a short time, he came to himself and looked round with a dazed expression.
Er wurde sofort in den blauen Salon gebracht und auf ein Sofa gelegt. Nach einer kurzen Weile kam er wieder zu sich und sah sich verstört um.
He hesitated for a moment. "Very well," he said at last, "but don't be too long dressing." She danced out of the door. One could hear her singing as she ran upstairs. Her little feet pattered overhead.
Er zauderte einen Augenblick. »Schön denn,« sagte er schließlich, »mach' aber nicht zu lang mit dem Anziehen.« Sie tanzte zur Tür hinaus. Man konnte sie singen hören, während sie die Treppe hinauflief. Ihre kleinen Füße trippelten oben.
He shrugged his shoulders. "You are ill, I suppose. When you are ill you shouldn't act. You make yourself ridiculous. My friends were bored. I was bored."
Er zuckte die Achseln. »Du bist gewiß krank. Wenn du krank bist, solltest du nicht spielen. Du machst dich nur lächerlich. Meine Freunde haben sich gelangweilt. Ich ebenfalls.«
He shrugged his shoulders. "You are more likely to forget me than I am to forget you, Sibyl."
Er zuckte die Schultern. »Es wäre eher möglich, daß du mich vergißt, als daß ich dich vergesse, Sibyl.«
He winced at the mention of his grandfather. He had hateful memories of him. "That does not matter," he answered. "I simply want to see the place-- that is all. Give me the key."
Er zuckte zusammen bei der Erwähnung seines Großvaters. Er hatte nur gehässige Erinnerungen an ihn. »Das macht nichts«, erwiderte er. »Ich will das Zimmer nur sehen -- das ist alles. Geben Sie mir den Schlüssel.«
He hesitated for some moments, with a strangely immobile smile upon his face. Then shivering, though the atmosphere of the room was terribly hot, he drew himself up and glanced at the clock. It was twenty minutes to twelve. He put the box back, shutting the cabinet doors as he did so, and went into his bedroom.
Er zögerte ein paar Augenblicke mit einem seltsam unbeweglichen Lächeln auf seinem Antlitz. Dann schauerte er zusammen, obwohl es im Zimmer ganz außergewöhnlich heiß war, raffte sich auf und sah nach der Uhr. Es fehlten zwanzig Minuten an zwölf. Er legte das Kästchen zurück, schloß die Türen des Schrankes und ging in sein Schlafzimmer.
It was not till the third day that he ventured to go out. There was something in the clear, pine-scented air of that winter morning that seemed to bring him back his joyousness and his ardour for life. But it was not merely the physical conditions of environment that had caused the change. His own nature had revolted against the excess of anguish that had sought to maim and mar the perfection of its calm. With subtle and finely wrought temperaments it is always so. Their strong passions must either bruise or bend. They either slay the man, or themselves die. Shallow sorrows and shallow loves live on. The loves and sorrows that are great are destroyed by their own plenitude. Besides, he had convinced himself that he had been the victim of a terror-stricken imagination, and looked back now on his fears with something of pity and not a little of contempt.
Erst am dritten Tage wagte er auszugehen. Es lag etwas in der klaren, tannenduftenden Luft dieses Wintermorgens, das ihm seine Fröhlichkeit und seine Lebenslust wiederzugeben schien. Aber nicht nur die physischen Bedingungen seiner Umgebung hatten diese Wandlung zuwege gebracht. Seine eigene Natur hatte sich gegen das Übermaß der Angst empört, die ihre vollendete Ruhe zu stören und zu vernichten versucht hatte. Mit feinen und subtil organisierten Temperamenten ist es immer so. Ihre heftigen Leidenschaften können nur Hammer oder Amboß sein. Entweder töten sie den Menschen oder sterben selbst. Oberflächliche Sorgen, oberflächliche Liebesempfindungen können weiter leben. Tiefe Liebesempfindungen und große Sorgen gehen durch ihre eigene Überfülle zugrunde. Überdies hatte er sich jetzt überzeugt, daß er das Opfer einer erschreckten Einbildungskraft gewesen war, und sah jetzt auf seine Ängste mit einer Art Mitleid und nicht geringer Verachtung zurück.
Chapter 1
Erstes Kapitel
There was a silence. The evening darkened in the room. Noiselessly, and with silver feet, the shadows crept in from the garden. The colours faded wearily out of things.
Es entstand ein Schweigen. Der Abend dämmerte im Zimmer. Geräuschlos auf silbernen Fußen schlichen die Schatten aus dem Garten herein. Die Farben verschwanden müde aus allen Dingen.
There are moments when the odour of lilas blanc passes suddenly across me, and I have to live the strangest month of my life over again. I wish I could change places with you, Dorian. The world has cried out against us both, but it has always worshipped you. It always will worship you. You are the type of what the age is searching for, and what it is afraid it has found. I am so glad that you have never done anything, never carved a statue, or painted a picture, or produced anything outside of yourself! Life has been your art. You have set yourself to music. Your days are your sonnets."
Es gibt Augenblicke, da durchblitzt mich plötzlich der Geruch von weißem Flieder, und ich muß wieder den sonderbarsten Monat meines Daseins durchleben. Ich wollte, ich könnte mit dir tauschen, Dorian. Die Welt hat über uns beide gezetert, aber sie hat dich immer bewundert. Sie wird dich immer bewundern. Du bist eben der Typus dessen, wonach unsere Zeit sucht und was sie fürchtet gefunden zu haben. Ich bin so froh darüber, daß du nie etwas getan hast, nie eine Statue gemeißelt oder ein Bild gemalt oder irgend etwas aus dir heraus produziert hast. Das Leben war deine Kunst. Du hast dich selbst in Musik gesetzt. Deine Tage sind deine Sonette.«
There are few of us who have not sometimes wakened before dawn, either after one of those dreamless nights that make us almost enamoured of death, or one of those nights of horror and misshapen joy, when through the chambers of the brain sweep phantoms more terrible than reality itself, and instinct with that vivid life that lurks in all grotesques, and that lends to Gothic art its enduring vitality, this art being, one might fancy, especially the art of those whose minds have been troubled with the malady of reverie. Gradually white fingers creep through the curtains, and they appear to tremble. In black fantastic shapes, dumb shadows crawl into the corners of the room and crouch there. Outside, there is the stirring of birds among the leaves, or the sound of men going forth to their work, or the sigh and sob of the wind coming down from the hills and wandering round the silent house, as though it feared to wake the sleepers and yet must needs call forth sleep from her purple cave.
Es gibt nur wenige unter uns, die nicht manchmal vor Tagesgrauen erwacht wären, entweder nach einer jener traumlosen Nächte, die uns den Tod lieben lassen, oder nach einer jener Nächte voll Schrecken und wollüstiger Albdrücken, wo durch die Kammern des Gehirns Gespenster flattern, die schrecklicher sind als die Wirklichkeit selbst und erfüllt sind von dem lebendigen Dasein, das in allem Grotesken lauert und das der gotischen Kunst ihre ewig lebendige Kraft gibt, weil gerade diese Kunst, wie man sagen möchte, die besondere Kunst jener ist, deren Geist durch die Krankheit von Fieberträumen verwirrt worden ist. Nach und nach strecken sich bleiche Finger zwischen den Vorhängen durch und scheinen zu erzittern. In schwarzen, abenteuerlichen Formen kriechen stumme Schatten in die Ecken des Zimmers und kauern dort nieder. Draußen regen sich die Vögel im Geblätter, oder man hört den Schritt der Menschen, die zur Arbeit gehen, oder das Heulen und Schluchzen des Windes, der von den Bergen kommt und das schweigsame Haus umwandert, als fürchte er, die Schläfer zu wecken, und müsse dennoch den Schlaf aus seiner purpurnen Höhle ans Licht rufen.
There came a knock at the door, and the butler entered with a laden tea-tray and set it down upon a small Japanese table. There was a rattle of cups and saucers and the hissing of a fluted Georgian urn. Two globe-shaped china dishes were brought in by a page. Dorian Gray went over and poured out the tea. The two men sauntered languidly to the table and examined what was under the covers.
Es klopfte an die Tür, und der Diener trat mit einem besetzten Teebrett ein und servierte auf einem kleinen japanischen Tisch den Tee. Die Tassen und Löffel klapperten, und ein georgischer Samowar begann zu summen. Zwei gewölbte chinesische Porzellanschüsseln wurden von einem jungen Diener hereingebracht. Dorian Gray ging hin und goß den Tee ein. Die beiden Männer schlenderten zum Tische und sahen nach, was unter den Deckeln der Schüsseln war.
There was something terribly enthralling in the exercise of influence. No other activity was like it. To project one's soul into some gracious form, and let it tarry there for a moment; to hear one's own intellectual views echoed back to one with all the added music of passion and youth; to convey one's temperament into another as though it were a subtle fluid or a strange perfume: there was a real joy in that--perhaps the most satisfying joy left to us in an age so limited and vulgar as our own, an age grossly carnal in its pleasures, and grossly common in its aims....
Es lag doch etwas unerhört Knechtendes darin, auf jemand Einfluß auszuüben. Keine andere Tätigkeit kam dem gleich. Seine eigene Seele in eine anmutige Form gießen und sie darin einen Augenblick lang verweilen lassen: seine eigenen Gedankenakkorde im Echo zurückbekommen, bereichert durch die Musik der Leidenschaft und Jugend: sein eigenes Temperament in ein anderes hineinversenken, als wäre es das allerätherischste Fluidum oder ein seltener Wohlgeruch: darin lag eine wahre Lust -- vielleicht die allerbefriedigendste Lust, die uns übriggeblieben ist, in einer so beschränkten und ordinären Zeit wie die unsere, die so derbfleischlich in ihren Genüssen und so grobzufassend in ihren Begierden ist...
Three o'clock struck, and four, and the half-hour rang its double chime, but Dorian Gray did not stir. He was trying to gather up the scarlet threads of life and to weave them into a pattern; to find his way through the sanguine labyrinth of passion through which he was wandering. He did not know what to do, or what to think. Finally, he went over to the table and wrote a passionate letter to the girl he had loved, imploring her forgiveness and accusing himself of madness. He covered page after page with wild words of sorrow and wilder words of pain. There is a luxury in self-reproach. When we blame ourselves, we feel that no one else has a right to blame us. It is the confession, not the priest, that gives us absolution. When Dorian had finished the letter, he felt that he had been forgiven.
Es schlug drei und vier, und noch eine halbe Stunde ließ das doppelte Zeichen erklingen, aber Dorian Gray rührte sich nicht. Er bemühte sich, die scharlachroten Fäden des Lebens zu entwirren und sie in ein Muster zu verschlingen; seinen Weg zu finden aus dem blutroten Irrgarten der Leidenschaft, den er durchwanderte. Er wußte nicht, was er tun, nicht, was er denken sollte. Endlich trat er an den Tisch und schrieb einen leidenschaftlichen Brief an das Mädchen, das er geliebt hatte, flehte sie an, ihm zu verzeihen, und beschuldigte sich des Wahnsinns. Er bedeckte Seite um Seite mit wilden Worten der Sorge und noch heftigeren des Schmerzes. Es gibt eine Wollust in Selbstanklagen. Wenn wir uns selbst tadeln, haben wir das Gefühl, daß uns kein anderer tadeln dürfe. Die Beichte, nicht der Priester, erteilt uns Absolution. Als Dorian den Brief beendet hatte, fühlte er, daß ihm vergeben worden sei.
He was rather sorry he had come, till Lady Narborough, looking at the great ormolu gilt clock that sprawled in gaudy curves on the mauve-draped mantelshelf, exclaimed: "How horrid of Henry Wotton to be so late! I sent round to him this morning on chance and he promised faithfully not to disappoint me."
Es tat ihm beinah leid, daß er gekommen war, bis Lady Narborough einen Blick auf die große goldene Pendeluhr warf, die sich mit ihren geschmacklosen Zieraten auf dem malvefarbig behängten Kamin spreizte, und ausrief: »Wie häßlich von Henry Wotton, zu spät zu kommen! Ich schickte heute früh auf gut Glück zu ihm hinüber und er hat fest zugesagt, mich nicht im Stich zu lassen.«
It was on the ninth of November, the eve of his own thirty-eighth birthday, as he often remembered afterwards.
Es war am neunten November, am Vorabend seines achtunddreißigsten Geburtstages, wie er sich später oftmals erinnerte.
It was better not to think of the past. Nothing could alter that. It was of himself, and of his own future, that he had to think. James Vane was hidden in a nameless grave in Selby churchyard. Alan Campbell had shot himself one night in his laboratory, but had not revealed the secret that he had been forced to know. The excitement, such as it was, over Basil Hallward's disappearance would soon pass away. It was already waning. He was perfectly safe there. Nor, indeed, was it the death of Basil Hallward that weighed most upon his mind. It was the living death of his own soul that troubled him. Basil had painted the portrait that had marred his life. He could not forgive him that. It was the portrait that had done everything. Basil had said things to him that were unbearable, and that he had yet borne with patience. The murder had been simply the madness of a moment. As for Alan Campbell, his suicide had been his own act. He had chosen to do it. It was nothing to him.
Es war besser, nicht an die Vergangenheit zu denken. Er mußte an sich selber und an seine Zukunft denken. James Vane war in einem namenlosen Grabe auf dem Kirchhof in Selby geborgen. Alan Campbell hatte sich eines Nachts in seinem Laboratorium erschossen, aber das Geheimnis nicht verraten, das ihm aufgezwungen worden war. Die Erregung über Basil Hallwards Verschwinden würde sich bald legen. Sie hatte schon nachgelassen. Da war er völlig sicher. Es war auch in der Tat nicht der Tod Basil Hallwards, der sein Gemüt am schwersten belastete. Es war der lebendige Tod seiner eigenen Seele, der ihm die Ruhe raubte. Basil hatte das Bildnis gemalt, das sein Leben vernichtet hatte. Er konnte ihm das nicht vergeben. Das Porträt war an allem schuld. Basil hatte ihm Dinge gesagt, die unerträglich waren und die er doch geduldig ertragen hatte. Der Mord war nur der Wahnsinn eines Augenblicks gewesen. Was Alan Campbell anlangte, so war der Selbstmord seine eigene Tat gewesen. Er war sein freier Entschluß. Das ging ihn nichts an.
It was a poisonous book. The heavy odour of incense seemed to cling about its pages and to trouble the brain. The mere cadence of the sentences, the subtle monotony of their music, so full as it was of complex refrains and movements elaborately repeated, produced in the mind of the lad, as he passed from chapter to chapter, a form of reverie, a malady of dreaming, that made him unconscious of the falling day and creeping shadows.
Es war ein Buch voll Gift. Ein dicker Weihrauchnebel schien über den Seiten zu schweben und sein Gehirn zu betäuben. Schon der melodische Fall der Sätze, die gesuchte Monotonie ihrer Musik mit der Fülle von komplizierten Refrains und Taktgefügen, die sich in der raffiniertesten Weise wiederholten, erzeugten im Geist des Jünglings, als er von Kapitel zu Kapitel weiterlas, eine Art Träumerei, ja eine förmliche Krankheit des Träumens, so daß er den sinkenden Tag und die hereinkriechenden Schatten nicht merkte.
It was a novel without a plot and with only one character, being, indeed, simply a psychological study of a certain young Parisian who spent his life trying to realize in the nineteenth century all the passions and modes of thought that belonged to every century except his own, and to sum up, as it were, in himself the various moods through which the world-spirit had ever passed, loving for their mere artificiality those renunciations that men have unwisely called virtue, as much as those natural rebellions that wise men still call sin. The style in which it was written was that curious jewelled style, vivid and obscure at once, full of argot and of archaisms, of technical expressions and of elaborate paraphrases, that characterizes the work of some of the finest artists of the French school of Symbolistes. There were in it metaphors as monstrous as orchids and as subtle in colour. The life of the senses was described in the terms of mystical philosophy. One hardly knew at times whether one was reading the spiritual ecstasies of some mediaeval saint or the morbid confessions of a modern sinner.
Es war ein Roman ohne rechte Handlung, der sich um einen einzigen Charakter drehte, eigentlich eine bloße psychologische Studie über einen gewissen jungen Pariser, der sein Leben mit dem Versuche hinbrachte, im neunzehnten Jahrhundert alle Leidenschaften und Wandlungen der Denkungsart in Wirklichkeit umzusetzen, die jedem Jahrhundert, außer seinem eigenen, angehört hatten, und so die verschiedenartigen psychischen Zustände, die irgend einmal die Weltseele durchgemacht hatte, in sich selbst gewissermaßen zu vereinigen, indem er jene Entsagungen, die die Menschen in ihrer Torheit Tugend genannt haben, ihrer bloßen Künstlichkeit wegen ebenso heftig liebte wie jene Empörungen gegen die Natur, die weise Menschen noch immer Sünden nennen. Der Stil, in dem das Buch geschrieben war, bestand in jener sonderbaren, reich geschmückten Diktion, die lebendig und dunkel zugleich ist, von Argotausdrücken und archaistischen Wendungen, von technischen Ausdrücken und sorgsam gefeilten Umschreibungen strotzt, wie sie die Arbeiten einiger der feinsten Künstler aus der französischen Symbolistenschule kennzeichnet. Es waren Metaphern darin, so abenteuerlich an Form wie Orchideen und auch so fein angehaucht wie deren Farbentöne. Das Leben der Sinne war mit einer Terminologie mystischer Philosophie beschrieben. Man wußte manchmal kaum, ob man von den vergeistigten Entzückungen eines mittelalterlichen Heiligen las oder die krankhaften Beichtbekenntnisse eines modernen Sünders.
It was some consolation that Harry was to be there, and when the door opened and he heard his slow musical voice lending charm to some insincere apology, he ceased to feel bored.
Es war ein Trost, daß Harry kommen sollte, und als sich die Tür öffnete und er seine sanfte musikalische Stimme hörte, die irgendeine läppische Ausrede bezaubernd hervorbrachte, schwand seine Verdrießlichkeit.
It was a small party, got up rather in a hurry by Lady Narborough, who was a very clever woman with what Lord Henry used to describe as the remains of really remarkable ugliness. She had proved an excellent wife to one of our most tedious ambassadors, and having buried her husband properly in a marble mausoleum, which she had herself designed, and married off her daughters to some rich, rather elderly men, she devoted herself now to the pleasures of French fiction, French cookery, and French esprit when she could get it.
Es war eine kleine Gesellschaft, die Lady Narborough kurzer Hand zusammengeladen hatte, und die Gastgeberin war eine sehr gescheite Frau mit ansehnlichen Überbleibseln einer unleugbar hervorragenden Häßlichkeit, wie es Lord Henry auszudrücken liebte. Sie hatte sich einem unserer langweiligsten Botschafter als eine ausgezeichnete Frau erwiesen, und nachdem sie ihren Gemahl, wie sich's geziemte, in einem marmornen Mausoleum beigesetzt hatte, das nach ihren eigenen Entwürfen erbaut worden war, und seitdem sie ihre Töchter an einige reiche, etwas angejahrte Herren verheiratet hatte, widmete sie sich den Genüssen französischer Romane, französischer Kochkunst und französischen Geistes, wenn sie ihn auftreiben konnte.
It was a lovely night, so warm that he threw his coat over his arm and did not even put his silk scarf round his throat. As he strolled home, smoking his cigarette, two young men in evening dress passed him. He heard one of them whisper to the other, "That is Dorian Gray." He remembered how pleased he used to be when he was pointed out, or stared at, or talked about. He was tired of hearing his own name now. Half the charm of the little village where he had been so often lately was that no one knew who he was. He had often told the girl whom he had lured to love him that he was poor, and she had believed him. He had told her once that he was wicked, and she had laughed at him and answered that wicked people were always very old and very ugly. What a laugh she had!--just like a thrush singing. And how pretty she had been in her cotton dresses and her large hats! She knew nothing, but she had everything that he had lost.
Es war eine wundervolle Nacht, so warm, daß er seinen Mantel über den Arm hing und nicht einmal das seidene Halstuch umlegte. Als er nach Hause schlenderte, seine Zigarette rauchend, gingen zwei Herren in Gesellschaftstoilette an ihm vorbei. Er hörte, wie der eine dem anderen zuflüsterte: »Das ist Dorian Gray.« Er erinnerte sich, wie schmeichelhaft es ihm früher gewesen war, wenn man auf ihn zeigte oder ihn anstarrte oder über ihn sprach. Jetzt war er es müde, seinen eigenen Namen zu hören. Der halbe Reiz des kleinen Dorfes, wo er kürzlich so oft gewesen war, bestand darin, daß dort niemand wußte, wer er war. Er hatte dem Mädchen, das er zur Liebe verlockt hatte, oft gesagt, daß er arm sei, und sie hatte es geglaubt. Er hatte ihr einmal gesagt, daß er schlecht sei, und sie hatte ihn ausgelacht und geantwortet, schlechte Menschen seien immer sehr alt und sehr häßlich. Was für ein Lachen sie hatte! -- gerade wie der Gesang einer Drossel. Und wie hübsch sie ausgesehen hatte in ihren Kattunkleidern und großen Hüten! Sie wußte nichts, aber sie besaß alles, was er verloren hatte.
It was almost nine o'clock before he reached the club, where he found Lord Henry sitting alone, in the morning-room, looking very much bored.
Es war fast neun Uhr, als er im Klub ankam, wo er Lord Henry allein und sehr gelangweilt aussehend, im Frühstückszimmer sitzend, antraf.
It was some foul parody, some infamous ignoble satire. He had never done that. Still, it was his own picture. He knew it, and he felt as if his blood had changed in a moment from fire to sluggish ice. His own picture! What did it mean? Why had it altered? He turned and looked at Dorian Gray with the eyes of a sick man. His mouth twitched, and his parched tongue seemed unable to articulate. He passed his hand across his forehead. It was dank with clammy sweat.
Es war irgendeine infame Parodie, eine niederträchtige, elende Satire. Er hatte das niemals gemalt. Und doch, es war sein eigenes Bild. Er wußte es und ihm war, als ob sich sein Blut in einem Augenblick aus Feuer in starrendes Eis verwandelt hätte. Sein eigenes Bild! Was sollte das heißen? Warum hatte es sich verändert? Er drehte sich um und sah Dorian Gray mit krankhaften Augen an. Sein Mund zuckte, seine trockne Zunge schien jedes Lautes ganz unfähig zu sein. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Kühle Schweißperlen standen darauf.
It was long after seven when Campbell came back into the library. He was pale, but absolutely calm. "I have done what you asked me to do," he muttered "And now, good-bye. Let us never see each other again."
Es war lange nach sieben Uhr, als Campbell wieder in die Bibliothek trat. Er war blaß, aber vollständig ruhig. »Ich habe getan, was du von mir verlangt hast«, sagte er leise. »Und jetzt adieu. Wir wollen uns nie wiedersehen.«
After about ten minutes he got up, and throwing on an elaborate dressing-gown of silk-embroidered cashmere wool, passed into the onyx-paved bathroom. The cool water refreshed him after his long sleep. He seemed to have forgotten all that he had gone through. A dim sense of having taken part in some strange tragedy came to him once or twice, but there was the unreality of a dream about it.
Etwa nach zehn Minuten stand er auf, schlüpfte in einen raffinierten Schlafrock aus Kaschmirwolle mit Seidenstickereien, und ging in das onyxgepflasterte Badezimmer. Das kalte Wasser erquickte ihn nach dem langen Schlaf. Er schien alles vergessen zu haben, was er hinter sich hatte. Ein- oder zweimal durchzuckte ihn ein undeutliches Gefühl, als wäre er irgendwie in eine seltsame Tragödie verwickelt gewesen, aber die Unwirklichkeit eines Traumes webte darüber.
For nearly ten minutes he stood there, motionless, with parted lips and eyes strangely bright. He was dimly conscious that entirely fresh influences were at work within him. Yet they seemed to him to have come really from himself. The few words that Basil's friend had said to him--words spoken by chance, no doubt, and with wilful paradox in them-- had touched some secret chord that had never been touched before, but that he felt was now vibrating and throbbing to curious pulses.
Etwa zehn Minuten stand er bewegungslos da, mit halboffenen Lippen und seltsam leuchtenden Augen. Er war sich dumpf bewußt, daß ganz neue Einflüsse in ihm arbeiteten. Und doch schien es, als kämen sie in Wirklichkeit aus seinem eigenen Innern. Die paar Worte, die Basils Freund zu ihm gesagt hatte -- ohne Zweifel zufällig hingeworfene Worte voll absichtlicher Paradoxie -- hatten eine geheime Saite seiner Seele berührt, die vordem nie berührt worden war, die er aber nun zittern und in seltsamer Wildheit schluchzen hörte.
Mrs. Vane glanced at her, and with one of those false theatrical gestures that so often become a mode of second nature to a stage-player, clasped her in her arms. At this moment, the door opened and a young lad with rough brown hair came into the room. He was thick-set of figure, and his hands and feet were large and somewhat clumsy in movement. He was not so finely bred as his sister. One would hardly have guessed the close relationship that existed between them. Mrs. Vane fixed her eyes on him and intensified her smile. She mentally elevated her son to the dignity of an audience. She felt sure that the tableau was interesting.
Frau Vane blickte sie an und schloß sie plötzlich mit einer der unwahren theatralischen Gesten in die Arme, wie sie den Schauspielern oft zur zweiten Natur werden. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und ein junger Bursche mit struppigem, braunem Haar kam in die Stube. Er war von untersetzter Gestalt, und seine Hände und Füße waren groß und bewegten sich etwas ungelenk. Er war nicht so gut erzogen wie seine Schwester. Man hätte kaum die nahe Verwandtschaft erraten können, die zwischen beiden bestand. Frau Vane richtete ihre Augen auf ihn, und ihr Lächeln verstärkte sich. In ihrem Geiste ließ sie ihren Sohn die Rolle des Publikums spielen. Sie war überzeugt, daß das Tableau interessant war.
Mrs. Vane winced and put her thin, bismuth-whitened hands on her daughter's head. "Happy!" she echoed, "I am only happy, Sibyl, when I see you act. You must not think of anything but your acting. Mr. Isaacs has been very good to us, and we owe him money."
Frau Vane zuckte zusammen und legte ihre dünnen, wismutweißen Hände auf den Kopf ihrer Tochter. »Glücklich!« echote sie, »ich bin nur glücklich, Sibyl, wenn ich dich spielen sehe. Du darfst an nichts anderes denken als an deine Rollen. Herr Isaacs ist sehr gut gegen uns gewesen, und wir sind ihm Geld schuldig.«
Chapter 5
Fünftes Kapitel
Chapter 15
Fünfzehntes Kapitel
To him, as to many others, Dorian Gray was the type of everything that is wonderful and fascinating in life. Whether or not a quarrel had taken place between them no one ever knew. But suddenly people remarked that they scarcely spoke when they met and that Campbell seemed always to go away early from any party at which Dorian Gray was present. He had changed, too--was strangely melancholy at times, appeared almost to dislike hearing music, and would never himself play, giving as his excuse, when he was called upon, that he was so absorbed in science that he had no time left in which to practise. And this was certainly true. Every day he seemed to become more interested in biology, and his name appeared once or twice in some of the scientific reviews in connection with certain curious experiments.
Für ihn wie für viele andere war Dorian Gray die Verkörperung alles dessen, was wunderbar und bezaubernd im Leben ist. Ob zwischen ihnen ein Streit vorgefallen war oder nicht, wußte kein Mensch. Aber plötzlich bemerkten die Leute, daß sie kaum miteinander sprachen, wenn sie sich trafen, und daß Campbell jede Gesellschaft frühzeitig verließ, in der Dorian anwesend war. Er war auch verändert -- bisweilen merkwürdig melancholisch, schien kaum noch Musik hören zu können, spielte nie mehr selbst und gab, wenn man ihn dazu aufforderte, als Entschuldigung an, daß ihn die Wissenschaft so stark in Anspruch nähme, daß er keine Zeit mehr zum Üben habe. Und das war auch der Fall. Er schien jeden Tag mehr Interesse für biologische Studien zu gewinnen, und sein Name erschien ein- oder zweimal in wissenschaftlichen Zeitschriften in Verbindung mit gewissen außergewöhnlichen Experimenten.
Thought and language are to the artist instruments of an art.
Gedanken und Sprache sind für den Künstler Werkzeuge einer Kunst.
Ordinary women never appeal to one's imagination. They are limited to their century. No glamour ever transfigures them. One knows their minds as easily as one knows their bonnets. One can always find them. There is no mystery in any of them. They ride in the park in the morning and chatter at tea-parties in the afternoon. They have their stereotyped smile and their fashionable manner. They are quite obvious. But an actress! How different an actress is! Harry! why didn't you tell me that the only thing worth loving is an actress?"
Gewöhnliche Frauen sagen unserer Phantasie nichts. Sie sind in ihre Zeit hineingebannt. Kein Zauber kann sie umwandeln. Man kennt ihren Geist ebenso schnell wie ihre Güte. Man kennt sie immer heraus. Es gibt kein Geheimnis in ihnen. Sie reiten morgens in den Park und schnattern nachmittags beim Tee. Sie haben ihr stereotypes Lächeln und ihre eleganten Modemanieren. Aber eine Schauspielerin! Wie anders solche Schauspielerin! Harry! Warum hast du mir nicht gesagt, daß nichts geliebt zu werden verdient als eine Schauspielerin?«
Ordinary women always console themselves. Some of them do it by going in for sentimental colours. Never trust a woman who wears mauve, whatever her age may be, or a woman over thirty-five who is fond of pink ribbons. It always means that they have a history. Others find a great consolation in suddenly discovering the good qualities of their husbands. They flaunt their conjugal felicity in one's face, as if it were the most fascinating of sins. Religion consoles some. Its mysteries have all the charm of a flirtation, a woman once told me, and I can quite understand it. Besides, nothing makes one so vain as being told that one is a sinner. Conscience makes egotists of us all. Yes; there is really no end to the consolations that women find in modern life. Indeed, I have not mentioned the most important one."
Gewöhnliche Frauen trösten sich immer. Einige von ihnen tun es, indem sie sich in empfindsame Farben verlieben. Traue niemals einer Frau, die Malven trägt, wie alt sie auch sein mag, oder einer Frau über fünfunddreißig, die rosa Bänder liebt. Das bedeutet immer, daß sie eine Geschichte haben. Andere finden starken Trost darin, plötzlich die Vorzüge ihrer Männer zu entdecken. Sie reiben einem ihr eheliches Glück unter die Nase, als wäre das die fesselndste Sünde. Einige wieder tröstet die Religion. Ihre Mysterien haben alle Reize einer Liebelei an sich, hat mir einmal eine Frau versichert und ich kann es wohl verstehen. Übrigens macht unsereinen nichts so eitel, als wenn einem gesagt wird, man wäre ein Sünder. Das Gewissen macht uns alle zu Egoisten. Ja; die Tröstungen haben wirklich kein Ende, die die Frauen im modernen Leben finden. Die wichtigste habe ich noch gar nicht erwähnt.«
Cruelty! Had he been cruel? It was the girl's fault, not his. He had dreamed of her as a great artist, had given his love to her because he had thought her great. Then she had disappointed him. She had been shallow and unworthy. And, yet, a feeling of infinite regret came over him, as he thought of her lying at his feet sobbing like a little child. He remembered with what callousness he had watched her. Why had he been made like that? Why had such a soul been given to him? But he had suffered also. During the three terrible hours that the play had lasted, he had lived centuries of pain, aeon upon aeon of torture. His life was well worth hers. She had marred him for a moment, if he had wounded her for an age. Besides, women were better suited to bear sorrow than men. They lived on their emotions. They only thought of their emotions. When they took lovers, it was merely to have some one with whom they could have scenes. Lord Henry had told him that, and Lord Henry knew what women were. Why should he trouble about Sibyl Vane? She was nothing to him now.
Grausamkeit! War er grausam gewesen? Das Mädchen hatte schuld, nicht er. Er hatte von ihr geträumt, als einer großen Künstlerin, hatte ihr seine Liebe geschenkt, weil er sie für groß gehalten hatte. Dann hatte sie ihn enttäuscht. Sie war hohl und wertlos gewesen. Und doch überkam ihn ein Gefühl unendlichen Mitleids, als er daran dachte, wie sie zu seinen Füßen gelegen und wie ein kleines Kind geschluchzt hatte. Er erinnerte sich, mit welcher Gefühllosigkeit er sie betrachtet hatte. Warum war er so geschaffen worden? Warum war ihm eine solche Seele verliehen worden? Aber auch er hatte gelitten. In den drei schrecklichen Stunden, die das Stück dauerte, hatte er Jahrhunderte von Schmerzen, Ewigkeiten über Ewigkeiten von Qualen durchlebt. Sein Leben war gewiß soviel wert als das ihre, wenn er sie für das ganze Leben verwundet hatte. Sie hatte ihn für einen Augenblick vernichtet. Außerdem sind die Frauen besser dafür geeignet, Leiden zu ertragen als Männer. Sie leben von ihren Gefühlen. Sie denken nur an ihre Gefühle. Wenn sie einen Geliebten haben, so ist es nur, um jemand zu haben, dem sie Szenen machen können. Lord Henry hatte ihm das gesagt, und Lord Henry wußte, wie es mit den Frauen bestellt war. Warum sollte er sich um Sibyl Vane beunruhigen? Sie war ihm jetzt nichts mehr.
Hallward bit his lip. "If Dorian wishes it, of course you must stay. Dorian's whims are laws to everybody, except himself."
Hallward biß sich auf die Lippe. »Wenn es Dorian wünscht, wirst du natürlich dableiben. Dorians Launen sind Gesetze für jedermann, außer für ihn selbst.«
Hallward glanced round him with a puzzled expression. The room looked as if it had not been lived in for years. A faded Flemish tapestry, a curtained picture, an old Italian cassone, and an almost empty book-case--that was all that it seemed to contain, besides a chair and a table. As Dorian Gray was lighting a half-burned candle that was standing on the mantelshelf, he saw that the whole place was covered with dust and that the carpet was in holes. A mouse ran scuffling behind the wainscoting. There was a damp odour of mildew.
Hallward blickte erstaunt umher. Das Zimmer sah aus, als wär' es seit langen Jahren nicht bewohnt worden. Ein fadenscheiniger flämischer Gobelin, ein verhängtes Bild, ein alter italienischer Cassone und ein fast leerer Bücherschrank -- das war außer einem Stuhl und einem Tisch alles, was darin zu sein schien. Als Dorian Gray eine halb abgebrannte Kerze, die auf dem Kamin stand, angezündet hatte, sah der Maler, daß der ganze Raum mit Staub bedeckt und der Teppich zerfetzt und durchlöchert war. Eine Maus lief erschreckt hinter die Täfelung. Ein dumpfer Modergeruch machte sich bemerkbar. --
Hallward started and then frowned. "Dorian engaged to be married!" he cried. "Impossible!"
Hallward fuhr zurück und runzelte sofort die Stirn. »Dorian verlobt!« rief er. »Unmöglich!«
Hallward laid his hand upon his arm. "Don't, Harry. You have annoyed Dorian. He is not like other men. He would never bring misery upon any one. His nature is too fine for that."
Hallward legte die Hand auf seinen Arm. »Nicht doch, Harry. Du kränkst Dorian. Er ist nicht wie andere Männer. Er würde nie jemand unglücklich machen. Seine Natur ist dafür zu edel.«
Hallward got up from the seat and walked up and down the garden. After some time he came back. "Harry," he said, "Dorian Gray is to me simply a motive in art. You might see nothing in him. I see everything in him. He is never more present in my work than when no image of him is there. He is a suggestion, as I have said, of a new manner. I find him in the curves of certain lines, in the loveliness and subtleties of certain colours. That is all."
Hallward schnellte von der Bank auf und ging im Garten hin und her. Nach einer Weile kam er zurück. »Harry,« sagte er, »Dorian Gray ist für mich nichts als ein künstlerisches Motiv. Vielleicht fändest du gar nichts in ihm. Ich finde alles in ihm. Er ist in Wirklichkeit nie mehr in meiner Arbeit lebendig, als wenn kein Schatten von ihm darin ist. Er ist für mich, wie ich sagte, die Anregung zu einem Stil. Ich finde ihn in den Schwingungen gewisser Linien wieder, in der Lieblichkeit und Zartheit gewisser Farben. Das ist alles.«
Hallward started back. "This is blasphemy, Dorian!" he cried. "You must not say things like that. They are horrible, and they don't mean anything."
Hallward schrak zurück. »Das ist Gotteslästerung, Dorian. Du darfst nicht solche Dinge sagen. Sie sind schrecklich und unverständig.«
Hallward shook his head, as he entered, and followed Dorian into the library. There was a bright wood fire blazing in the large open hearth. The lamps were lit, and an open Dutch silver spirit-case stood, with some siphons of soda-water and large cut-glass tumblers, on a little marqueterie table.
Hallward schüttelte den Kopf als er eintrat, und folgte Dorian ins Bibliothekzimmer. Dort brannte in dem offenen Kamin ein helles Holzfeuer. Die Lampen waren angezündet, und ein offenstehender holländischer Likörkasten aus Silber stand nebst ein paar Sodawassersiphons und großen geschliffenen Gläsern auf einem eingelegten Tischchen.
Hallward shook his head. "You don't understand what friendship is, Harry," he murmured--"or what enmity is, for that matter. You like every one; that is to say, you are indifferent to every one."
Hallward schüttelte den Kopf. »Du hast ja keine Ahnung, was Freundschaft ist, Harry,« murmelte er, »und ebensowenig, was Feindschaft ist. Du hast alle Welt gern; mit anderen Worten: dir sind alle gleichgültig.«
Hallward amused himself with watching the faces in the pit. The heat was terribly oppressive, and the huge sunlight flamed like a monstrous dahlia with petals of yellow fire. The youths in the gallery had taken off their coats and waistcoats and hung them over the side. They talked to each other across the theatre and shared their oranges with the tawdry girls who sat beside them. Some women were laughing in the pit. Their voices were horribly shrill and discordant. The sound of the popping of corks came from the bar.
Hallward unterhielt sich damit, die Gestalten im Stehparterre zu beobachten. Die Hitze war äußerst drückend, und der riesige Sonnenkronleuchter flammte wie eine gigantische Dahlie mit Blättern von gelbem Feuer. Die jungen Leute auf der Galerie hatten Röcke und Westen ausgezogen und sie über die Brüstung gehängt. Sie riefen einander quer über das ganze Theater zu und fütterten die grell gekleideten Mädchen neben ihnen mit Orangen. Ein paar Weiber unten im Stehparterre lachten. Ihre Stimmen waren schrecklich schrill und unangenehm. Vom Büfett her hörte man Flaschen entkorken.
Hallward was thunderstruck. He looked at Dorian Gray in absolute amazement. He had never seen him like this before. The lad was actually pallid with rage. His hands were clenched, and the pupils of his eyes were like disks of blue fire. He was trembling all over.
Hallward war wie vom Donner gerührt. Er sah Dorian Gray ganz verblüfft an. So hatte er ihn vorher nie gesehen. Der Jüngling war wirklich ganz bleich vor Zorn. Seine Hände waren zusammengeballt, und die Pupillen seiner Augen sahen aus wie blaue Feuerräder. Er zitterte am ganzen Leibe.
Hallward turned pale and caught his hand. "Dorian! Dorian!" he cried, "don't talk like that. I have never had such a friend as you, and I shall never have such another. You are not jealous of material things, are you?-- you who are finer than any of them!"
Hallward wurde bleich und faßte ihn bei der Hand. »Dorian, Dorian!« rief er, »sage so etwas nicht. Ich habe nie einen Freund gehabt wie dich und werde nie wieder so einen haben. Du bist doch nicht auf leblose Dinge eifersüchtig? Du, der schöner ist als irgendeines von ihnen.«
People are afraid of themselves, nowadays. They have forgotten the highest of all duties, the duty that one owes to one's self. Of course, they are charitable. They feed the hungry and clothe the beggar. But their own souls starve, and are naked. Courage has gone out of our race. Perhaps we never really had it. The terror of society, which is the basis of morals, the terror of God, which is the secret of religion--these are the two things that govern us. And yet--"
Heutzutage hat jeder Mensch Angst vor sich. Sie haben ihre heiligste Pflicht vergessen, nämlich die gegen sich selbst. Natürlich sind sie wohltätig. Sie nähren den Hungernden und kleiden den Bettler. Aber ihre eigenen Seelen darben und gehen nackt. Der Mut ist unserem Geschlecht abhanden gekommen. Vielleicht haben wir ihn nie wirklich besessen. Die Furcht vor der Gesellschaft als der Grundlage der Sittlichkeit, und die Furcht vor Gott, als dem Geheimnis der Religion -- das sind die zwei Dinge, die uns beherrschen. Und doch --«
I am bound to state that she ate an enormous dinner, so I did not feel any anxiety. But what a lack of taste she showed! The one charm of the past is that it is the past. But women never know when the curtain has fallen. They always want a sixth act, and as soon as the interest of the play is entirely over, they propose to continue it. If they were allowed their own way, every comedy would have a tragic ending, and every tragedy would culminate in a farce. They are charmingly artificial, but they have no sense of art. You are more fortunate than I am. I assure you, Dorian, that not one of the women I have known would have done for me what Sibyl Vane did for you.
Ich fühle mich verpflichtet festzustellen, daß sie trotzdem mit staunenswertem Appetite aß, so daß ich gar keine Gewissensbisse empfand. Aber welchen Mangel an Taktgefühl bewies sie! Der einzige Reiz der Vergangenheit liegt eben darin, daß sie vergangen ist. Aber Frauen wissen nie, wann der Vorhang gefallen ist. Sie wollen immer noch einen sechsten Akt, und sowie das ganze Interesse an dem Stück erlahmt ist, schlagen sie vor, weiterzuspielen. Wenn man ihnen ihren Willen ließe, erlebte jede Komödie einen tragischen Schluß, und jede Komödie gipfelte in einer Farce. Sie sind oft entzückende Kunstprodukte, aber sie haben keinen Sinn für die Kunst. Du bist glücklicher als ich. Ich versichere dir, Dorian, nicht eine einzige Frau, die ich gekannt habe, hätte für mich getan, was Sibyl Vane für dich vollbrachte.
I mean everything that I have said. I have the greatest contempt for optimism. As for a spoiled life, no life is spoiled but one whose growth is arrested. If you want to mar a nature, you have merely to reform it. As for marriage, of course that would be silly, but there are other and more interesting bonds between men and women. I will certainly encourage them. They have the charm of being fashionable. But here is Dorian himself. He will tell you more than I can."
Ich glaube jedes Wort, das ich gesprochen habe. Ich habe die größte Verachtung für den Optimismus. Was das zerstörte Leben betrifft, so ist kein Leben zerstört, dessen Wachstum nicht gehemmt wird. Wenn man eine Persönlichkeit verderben will, braucht man sie nur zu verbessern. Die Ehe allerdings ist eine Narretei, aber es gibt andere und interessantere Bande zwischen Mann und Frau. Natürlich würde ich dazu eher raten. Sie haben den Reiz, fashionabel zu sein. Aber da ist Dorian selbst. Er wird dir mehr sagen, als ich es kann.«
I have grown sick of shadows. You are more to me than all art can ever be. What have I to do with the puppets of a play? When I came on to-night, I could not understand how it was that everything had gone from me. I thought that I was going to be wonderful. I found that I could do nothing. Suddenly it dawned on my soul what it all meant. The knowledge was exquisite to me. I heard them hissing, and I smiled. What could they know of love such as ours? Take me away, Dorian--take me away with you, where we can be quite alone. I hate the stage. I might mimic a passion that I do not feel, but I cannot mimic one that burns me like fire. Oh, Dorian, Dorian, you understand now what it signifies? Even if I could do it, it would be profanation for me to play at being in love. You have made me see that."
Ich kann die Schatten nicht mehr ertragen. Du bist mir mehr, als mir alle Kunst je sein kann. Was hab' ich mit den Puppen eines Spiels zu schaffen? Als ich heute abend auftrat, konnte ich nicht begreifen, wie es gekommen war, daß alles verschwunden sein sollte. Ich hatte gedacht, ich würde wundervoll sein. Ich merkte, daß ich durchaus versagte. Plötzlich dämmerte es meiner Seele, was das alles bedeutete. Es war ein herrliches Wissen. Ich hörte sie zischen und lächelte. Was konnten die wissen von einer Liebe wie die unsere? Nimm mich fort, Dorian -- nimm mich mit dir irgendwohin, wo wir allein sein können. Ich hasse das Theater. Ich konnte vielleicht ein Gefühl darstellen, das ich nicht spüre, aber ich kann doch nicht eins spielen, das mich verbrennt wie Feuer. Ach, Dorian, Dorian, begreifst du jetzt, was das bedeutet? Selbst wenn ich es zustande brächte, wär' es Entweihung, zu spielen, während ich liebe. Du hast mich sehend gemacht.«
I sat in the dingy box absolutely enthralled. I forgot that I was in London and in the nineteenth century. I was away with my love in a forest that no man had ever seen. After the performance was over, I went behind and spoke to her. As we were sitting together, suddenly there came into her eyes a look that I had never seen there before. My lips moved towards hers. We kissed each other. I can't describe to you what I felt at that moment. It seemed to me that all my life had been narrowed to one perfect point of rose-coloured joy. She trembled all over and shook like a white narcissus. Then she flung herself on her knees and kissed my hands. I feel that I should not tell you all this, but I can't help it. Of course, our engagement is a dead secret. She has not even told her own mother. I don't know what my guardians will say. Lord Radley is sure to be furious. I don't care. I shall be of age in less than a year, and then I can do what I like. I have been right, Basil, haven't I, to take my love out of poetry and to find my wife in Shakespeare's plays? Lips that Shakespeare taught to speak have whispered their secret in my ear. I have had the arms of Rosalind around me, and kissed Juliet on the mouth."
Ich saß ganz verzaubert in der schmierigen Loge. Ich vergaß, daß ich in London war und im neunzehnten Jahrhundert lebte. Ich war mit meiner Geliebten weit fort in einem Wald, den noch kein Menschenauge gesehen hatte. Nach der Vorstellung ging ich hinter die Bühne und sprach mit ihr. Als wir nebeneinander saßen, trat plötzlich ein Ausdruck in ihre Augen, den ich nie vorher gesehen hatte. Meine Lippen fühlten sich zu ihr hingezogen. Wir küßten uns beide. Ich kann euch nicht beschreiben, was ich in dem Augenblick gefühlt habe. Mir schien, daß all mein Leben in einen vollkommenen Moment rosenfarbiger Wonne zusammengepreßt wäre. Sie zitterte am ganzen Leibe und bebte wie eine weiße Narzisse. Dann warf sie sich auf die Knie und küßte meine Hände. Ich weiß, ich sollte euch das alles nicht erzählen, aber ich kann mir nicht helfen. Natürlich ist unsere Verlobung tiefstes Geheimnis. Sie hat nicht einmal zu ihrer Mutter davon gesprochen. Ich weiß nicht, was meine Vormünder dazu sagen werden. Lord Radley wird sicher wütend sein. Ist mir ganz gleich. In weniger als einem Jahre bin ich volljährig und kann dann machen, was ich will. Hatte ich nicht recht, Basil, meine Geliebte aus dem Reich der Dichtung wegzuholen und meine Frau in Shakespeares Stücken zu finden? Lippen, die Shakespeare reden gelehrt hat, haben mir ihr Geheimnis ins Ohr geflüstert. Rosalindens Arme lagen um meinen Hals, und ich habe Julia auf den Mund geküßt.«
I don't know what I expected, but I went out and wandered eastward, soon losing my way in a labyrinth of grimy streets and black grassless squares. About half-past eight I passed by an absurd little theatre, with great flaring gas-jets and gaudy play-bills. A hideous Jew, in the most amazing waistcoat I ever beheld in my life, was standing at the entrance, smoking a vile cigar. He had greasy ringlets, and an enormous diamond blazed in the centre of a soiled shirt.'Have a box, my Lord?' he said, when he saw me, and he took off his hat with an air of gorgeous servility.
Ich weiß nicht, was ich erwartete, aber ich ging drauflos und wanderte nach dem Osten, wo ich meinen Weg bald in einem Wirrwarr von rußigen Straßen und schwarzen, graslosen Plätzen verlor. Gegen halb acht kam ich an einem kleinen, schnurrigen Theater mit großen, flackernden Gasflammen und grellen Plakaten vorbei. Ein widerlicher Jude, in dem erstaunlichsten Rock, den ich mein Lebtag gesehen habe, stand an der Tür und paffte eine stänkrige Zigarre. Er hatte fettige Peies, und ein riesiger Brillant glitzerte auf seiner schmutzigen Hemdenbrust. >Eine Loge, Herr Baron?< fragte er mich und nahm seinen Hut mit grandioser Unterwürfigkeit ab.
I know how people chatter in England. The middle classes air their moral prejudices over their gross dinner-tables, and whisper about what they call the profligacies of their betters in order to try and pretend that they are in smart society and on intimate terms with the people they slander. In this country, it is enough for a man to have distinction and brains for every common tongue to wag against him. And what sort of lives do these people, who pose as being moral, lead themselves? My dear fellow, you forget that we are in the native land of the hypocrite."
Ich weiß, wie die Leute in England klatschen. Die Mittelklassen spreizen sich bei ihren endlosen Diners mit ihren moralischen Vorurteilen und munkeln von etwas, das sie die Ausschweifungen derer nennen, denen es besser geht, und um sich damit zu brüsten, daß sie in der feinen Gesellschaft verkehren und intim mit den Leuten sind, die sie durchhecheln. Bei uns zulande genügt es, daß einer Vornehmheit und Geist hat, damit sich jede gemeine Zunge an ihm wetzt. Und was für eine Art Leben führen denn diese Menschen selber, die sich so auf die Moral hinausspielen? Mein lieber Junge, du vergißt, daß wir in der Heimat der Heuchelei leben.«
I won't tell you that I don't want to preach to you. I remember Harry saying once that every man who turned himself into an amateur curate for the moment always began by saying that, and then proceeded to break his word. I do want to preach to you. I want you to lead such a life as will make the world respect you. I want you to have a clean name and a fair record. I want you to get rid of the dreadful people you associate with. Don't shrug your shoulders like that. Don't be so indifferent. You have a wonderful influence. Let it be for good, not for evil. They say that you corrupt every one with whom you become intimate, and that it is quite sufficient for you to enter a house for shame of some kind to follow after. I don't know whether it is so or not. How should I know? But it is said of you. I am told things that it seems impossible to doubt.
Ich will dir das nicht vorhalten, ich will dir keine Predigt halten. Ich erinnere mich, daß Harry einmal gesagt hat, jeder Mensch, der sich als Moralprediger versuchen will, fängt damit an, daß er sagt, er wolle nicht predigen und dann sein Wort bricht. Ich will dir also eine Predigt halten. Ich möchte dich ein solches Leben führen sehen, daß die Welt Achtung vor dir haben soll. Ich will, daß du einen reinen Namen und einen guten Ruf hast. Ich will, daß du dich von den gräßlichen Menschen losmachst, mit denen du jetzt fraternisierst. Zucke nicht mit den Achseln. Sei nicht so gleichgültig. Du hast einen mächtigen Einfluß. Laß ihn zum Guten und nicht zum Bösen wirken. Man sagt, du verderbest jeden Menschen, mit dem du intim wirst, und es sei völlig hinreichend, daß du ein Haus betrittst, damit dir Schande irgendeiner Art auf dem Fuße folge. Ich weiß nicht, ob dem so ist oder nicht. Wie sollte ich's auch wissen? Aber man sagte es von dir. Man sagte mir Dinge, die ich unmöglich länger anzweifeln kann.
I won't tell you that I am dissatisfied with what I have done of him, or that his beauty is such that art cannot express it. There is nothing that art cannot express, and I know that the work I have done, since I met Dorian Gray, is good work, is the best work of my life. But in some curious way--I wonder will you understand me?--his personality has suggested to me an entirely new manner in art, an entirely new mode of style. I see things differently, I think of them differently. I can now recreate life in a way that was hidden from me before. 'A dream of form in days of thought'--who is it who says that? I forget; but it is what Dorian Gray has been to me. The merely visible presence of this lad--for he seems to me little more than a lad, though he is really over twenty-- his merely visible presence--ah! I wonder can you realize all that that means? Unconsciously he defines for me the lines of a fresh school, a school that is to have in it all the passion of the romantic spirit, all the perfection of the spirit that is Greek. The harmony of soul and body-- how much that is! We in our madness have separated the two, and have invented a realism that is vulgar, an ideality that is void. Harry! if you only knew what Dorian Gray is to me! You remember that landscape of mine, for which Agnew offered me such a huge price but which I would not part with? It is one of the best things I have ever done. And why is it so? Because, while I was painting it, Dorian Gray sat beside me. Some subtle influence passed from him to me, and for the first time in my life I saw in the plain woodland the wonder I had always looked for and always missed."
Ich will gewiß nicht behaupten, daß ich unzufrieden mit dem bin, was ich nach ihm gemacht habe, oder daß seine Schönheit derart ist, daß sie die Kunst nicht ausdrücken könne. Es gibt überhaupt nichts, was die Kunst nicht ausdrücken kann, und ich weiß: was ich gemacht habe, seitdem ich Dorian Gray kenne, ist gute Arbeit, ja, die gelungenste Arbeit meines Lebens. Aber auf irgendeine seltsame Weise -- ich glaube kaum, daß du das verstehen wirst -- hat mir seine Persönlichkeit eine vollständig neue Art der Kunst, einen durchaus neuen Stil offenbart. Ich sehe die Dinge anders, ich denke darüber anders. Ich kann jetzt das Leben auf eine Art festhalten, die mir früher nicht gegeben war. >Ein Traum von Form in unseren Tagen des Denkens<: wer war es, der so sagte? Ich hab's vergessen, aber das bedeutet Dorian Gray für mich. Die bloße sichtbare Gegenwart dieses Knaben -- denn für mich ist er kaum mehr als das, wenn er auch schon über die Zwanzig -- seine bloße sichtbare Gegenwart -- ach! ich glaube nicht, daß du einen Begriff davon hast, was sie für mich bedeutet! Ohne selbst es zu wissen, enthüllt er mir die Linien einer neuen Schule, einer Schule, in der enthalten ist die ganze Leidenschaft der Romantik und die ganze Vollkommenheit des griechischen Geistes. Die Harmonie von Seele und Leib, wieviel ist das doch! Wir in unserer Verblendung haben die beiden voneinander gerissen und haben uns einen Realismus erfunden, der gewöhnlich ist, und einen Idealismus, der leer ist. Harry! wenn du wissen könntest, was mir Dorian Gray ist! Erinnerst du dich an die Landschaft von mir, für die mir Agnew ein so wahnsinniges Geld angeboten hat und von der ich mich doch nie trennen wollte? Es ist sicher eins der besten Stücke, die ich je gemacht habe. Und warum? Weil Dorian Gray neben mir saß, während ich sie malte. Irgendein ganz feines Fluidum strömte von ihm zu mir, und zum erstenmal in meinem Leben entdeckte ich in der simpeln Waldlandschaft das Wunder, nach dem ich immer gesucht und das ich nie gefunden hatte.«
I grew afraid that others would know of my idolatry. I felt, Dorian, that I had told too much, that I had put too much of myself into it. Then it was that I resolved never to allow the picture to be exhibited. You were a little annoyed; but then you did not realize all that it meant to me. Harry, to whom I talked about it, laughed at me. But I did not mind that. When the picture was finished, and I sat alone with it, I felt that I was right.... Well, after a few days the thing left my studio, and as soon as I had got rid of the intolerable fascination of its presence, it seemed to me that I had been foolish in imagining that I had seen anything in it, more than that you were extremely good-looking and that I could paint.
Ich ängstigte mich, andere könnten die Abgötterei, die ich mit dir trieb, entdecken. Ich fühlte, Dorian, daß ich zuviel gesagt, daß ich zuviel von mir selber hineingelegt hatte. Damals beschloß ich, das Bild nie auszustellen. Es kränkte dich ein wenig, aber damals verstandest du eben nicht, was es für mich bedeutete; Harry, dem ich davon erzählte, lachte mich aus. Aber das machte mich nicht irrig. Als das Bild fertig war, und ich allein vor ihm dasaß, fühlte ich, daß ich recht hatte... Schön, ein paar Tage später, als es mein Atelier verlassen, und ich alsbald den unerträglichen Zauber seiner Gegenwart überwunden hatte, schien es mir, daß es verrückt von mir gewesen war, mehr darin zu sehen, als daß du sehr hübsch seist, und ich wohl malen könne.
Her guests this evening were rather tedious. The fact was, as she explained to Dorian, behind a very shabby fan, one of her married daughters had come up quite suddenly to stay with her, and, to make matters worse, had actually brought her husband with her. "I think it is most unkind of her, my dear," she whispered. "Of course I go and stay with them every summer after I come from Homburg, but then an old woman like me must have fresh air sometimes, and besides, I really wake them up. You don't know what an existence they lead down there. It is pure unadulterated country life. They get up early, because they have so much to do, and go to bed early, because they have so little to think about. There has not been a scandal in the neighbourhood since the time of Queen Elizabeth, and consequently they all fall asleep after dinner. You shan't sit next either of them. You shall sit by me and amuse me."
Ihre Gäste waren an diesem Abend ziemlich langweilig. Die Sache war so, wie sie Dorian hinter einem ziemlich schäbigen Fächer erklärte, daß eine ihrer verheirateten Töchter plötzlich zu Besuch gekommen war, und, was die Sache noch ärgerlicher machte, obendrein ihren Mann mitgebracht hatte. »Ich finde das sehr unliebenswürdig von ihr, mein Lieber«, flüsterte sie ihm zu. »Natürlich bin ich jeden Sommer mit ihnen zusammen, wenn ich von Homburg komme, aber eine alte Frau wie ich muß eben manchmal frische Luft haben, und außerdem rüttle ich sie dann etwas auf. Sie ahnen ja gar nicht, was die für ein Leben da hinten führen. Es ist das reine, unverfälschte Landleben. Sie stehen früh auf, weil sie so viel zu tun haben, und gehen früh zu Bett, weil sie so wenig zu denken haben. In der ganzen Gegend da hat es seit der Zeit der Königin Elisabeth keinen Skandal gegeben, und infolgedessen schlafen sie alle nach dem Essen ein. Sie sollen aber nicht neben einem von ihnen sitzen. Sie sollen neben mir sitzen und mich amüsieren.«
The moment I met you I saw that you were quite unconscious of what you really are, of what you really might be. There was so much in you that charmed me that I felt I must tell you something about yourself. I thought how tragic it would be if you were wasted. For there is such a little time that your youth will last--such a little time. The common hill-flowers wither, but they blossom again. The laburnum will be as yellow next June as it is now. In a month there will be purple stars on the clematis, and year after year the green night of its leaves will hold its purple stars. But we never get back our youth. The pulse of joy that beats in us at twenty becomes sluggish. Our limbs fail, our senses rot. We degenerate into hideous puppets, haunted by the memory of the passions of which we were too much afraid, and the exquisite temptations that we had not the courage to yield to. Youth! Youth! There is absolutely nothing in the world but youth!"
Im Augenblick, da ich Sie sah, merkte ich, daß Sie keine Ahnung davon haben, was Sie wirklich sind, was Sie wirklich sein könnten. So viel in Ihnen entzückte mich, daß ich förmlich gezwungen war, Ihnen etwas über Ihre Natur zu sagen. Ich dachte mir, welche Tragik darin läge, wenn Sie vergebens lebten. Denn Ihre Jugend währt nur so kurze Zeit -- so kurze Zeit. Die alltäglichen Wiesenblumen welken, aber sie blühen wieder. Der Goldregen wird im nächsten Juni genau so gelb sein wie heute. In einem Monat setzt die Klematis purpurne Sterne an, und Jahr für Jahr umhüllt die grüne Nacht ihrer Blätter solche Purpursterne. Aber wir Menschen bekommen unsere Jugend nie wieder. Die Freude, die den Puls des Zwanzigjährigen peitscht, läßt nach. Unsere Glieder versagen, die Sinne werden seicht. Wir verkommen und werden greuliche Verpuppungen, werden verfolgt von den Erinnerungen an die Leidenschaften, vor denen wir zurückgeschreckt sind, und an die reizenden Versuchungen, denen zu erliegen wir nicht den Mut hatten. Jugend! Jugend! Es gibt in der Welt nichts weiter als Jugend!«
I think you will tire first, all the same. Some day you will look at your friend, and he will seem to you to be a little out of drawing, or you won't like his tone of colour, or something. You will bitterly reproach him in your own heart, and seriously think that he has behaved very badly to you. The next time he calls, you will be perfectly cold and indifferent. It will be a great pity, for it will alter you. What you have told me is quite a romance, a romance of art one might call it, and the worst of having a romance of any kind is that it leaves one so unromantic."
Immerhin, ich glaube, du wirst zuerst müde werden. Eines Tages wirst du deinen jungen Freund anschauen und finden, daß er etwas verzeichnet ist, oder du wirst an seiner Farbe etwas auszusetzen haben oder irgend so etwas. Du wirst ihm dann in deinem Herzen bittere Vorwürfe machen und ganz ernsthaft überzeugt sein, daß er sich recht schlecht gegen dich benommen hat. Wenn er dich dann das nächstemal besucht, wirst du völlig kühl und gleichgültig gegen ihn sein. Das wird sehr schade sein, denn es wird dich selbst verändern. Was du mir da erzählt hast, ist völlig ein Gedicht, eine Romanze der Kunst möchte man es nennen, und das Schlimmste beim Erleben von Gedichten ist nur, daß es einen so ganz unpoetisch zurückläßt.«
It is the spectator, and not life, that art really mirrors.
In Wahrheit wird der Betrachter und nicht das Leben abgespiegelt.
In the centre of the room, clamped to an upright easel, stood the full-length portrait of a young man of extraordinary personal beauty, and in front of it, some little distance away, was sitting the artist himself, Basil Hallward, whose sudden disappearance some years ago caused, at the time, such public excitement and gave rise to so many strange conjectures.
In der Mitte des Gemaches stand auf einer hoch aufgestellten Staffelei das lebensgroße Bildnis eines außerordentlich schönen Jünglings, und ihm gegenüber, ein paar Schritte entfernt, saß sein Schöpfer, der Maler Basil Hallward, dessen plötzliches Verschwinden vor einigen Jahren bei der Menge so viel Aufsehen gemacht und zu so vielen seltsamen Vermutungen Anlaß gegeben hatte.
In the huge gilt Venetian lantern, spoil of some Doge's barge, that hung from the ceiling of the great, oak-panelled hall of entrance, lights were still burning from three flickering jets: thin blue petals of flame they seemed, rimmed with white fire. He turned them out and, having thrown his hat and cape on the table, passed through the library towards the door of his bedroom, a large octagonal chamber on the ground floor that, in his new-born feeling for luxury, he had just had decorated for himself and hung with some curious Renaissance tapestries that had been discovered stored in a disused attic at Selby Royal. As he was turning the handle of the door, his eye fell upon the portrait Basil Hallward had painted of him. He started back as if in surprise. Then he went on into his own room, looking somewhat puzzled. After he had taken the button-hole out of his coat, he seemed to hesitate. Finally, he came back, went over to the picture, and examined it. In the dim arrested light that struggled through the cream-coloured silk blinds, the face appeared to him to be a little changed. The expression looked different. One would have said that there was a touch of cruelty in the mouth. It was certainly strange.
In der großen venezianischen Goldlaterne, einer Beute von der Barke irgendeines Dogen, die von der Decke der großen eichengetäfelten Vorhalle herabhing, brannten noch drei flackernde Gaslichter: wie dünne blaue Feuerblüten, von weißen Flammen umsäumt. Er drehte sie aus, warf Hut und Mantel auf den Tisch und ging durch die Bibliothek zur Tür seines Schlafzimmers. Das war ein großer, achteckiger Raum zu ebener Erde, den er in seinem neu erwachten Gefühl für Luxus erst unlängst einrichten und mit einigen schnurrigen Renaissancegobelins hatte bespannen lassen, die er in einer nicht mehr gebrauchten Dachkammer in Selby Royal entdeckt hatte. Als er eben nach der Klinke griff, fiel sein Blick auf das Bildnis, das Basil Hallward von ihm gemalt hatte. Erstaunt schrak er zurück. Dann ging er in sein Zimmer und sah nachdenklich und betroffen aus. Nachdem er die Blume aus seinem Knopfloch genommen hatte, schien er zu zögern. Schließlich ging er zurück, trat vor das Bild und musterte es. In dem unbestimmten, gedämpften Licht, das durch die mattgelblichen Seidenvorhänge drang, schien ihm das Gesicht ein wenig verändert. Der Ausdruck war anders. Man hätte sagen können, daß ein grausamer Zug um den Mund läge. Es war wirklich seltsam.
Lying back in the hansom, with his hat pulled over his forehead, Dorian Gray watched with listless eyes the sordid shame of the great city, and now and then he repeated to himself the words that Lord Henry had said to him on the first day they had met, "To cure the soul by means of the senses, and the senses by means of the soul." Yes, that was the secret. He had often tried it, and would try it again now. There were opium dens where one could buy oblivion, dens of horror where the memory of old sins could be destroyed by the madness of sins that were new.
In die Droschke zurückgelehnt, den Hut tief in die Stirn gezogen, blickte Dorian Gray mit gleichgültigen Augen auf das Elend und den Schmutz der Großstadt, und dann und wann wiederholte er sich die Worte, die ihm Lord Henry am ersten Tage, wo sie sich kennengelernt hatten, gesagt hatte: »die Seele durch die Sinne und die Sinne durch die Seele zu heilen«. Ja, das war das Geheimnis. Er hatte es oft versucht und wollte es jetzt wieder versuchen. Es gab Opiumkneipen, wo man Vergessenheit kaufen konnte, Kneipen des Grauens, wo die Erinnerung an alte Sünden durch den Wahnsinn neuer ausgelöscht werden kann.
In one point he was more fortunate than the novel's fantastic hero. He never knew--never, indeed, had any cause to know--that somewhat grotesque dread of mirrors, and polished metal surfaces, and still water which came upon the young Parisian so early in his life, and was occasioned by the sudden decay of a beau that had once, apparently, been so remarkable. It was with an almost cruel joy-- and perhaps in nearly every joy, as certainly in every pleasure, cruelty has its place--that he used to read the latter part of the book, with its really tragic, if somewhat overemphasized, account of the sorrow and despair of one who had himself lost what in others, and the world, he had most dearly valued.
In einer Beziehung aber war er glücklicher als der phantastische Romanheld. Er kannte nie -- hatte in der Tat auch nie einen Grund dazu -- das beinahe groteske Grauen vor Spiegeln und polierten Metallflächen und unbewegten Wassern, das den jungen Pariser so früh im Leben überkam und das durch den jähen Verfall einer Schönheit verursacht war, die allem Anschein nach vorher ganz außerordentlich gewesen sein mußte. Mit einer fast grausamen Lust -- und vielleicht liegt in jeder Lust, wie gewißlich in jedem Genuß, Grausamkeit -- pflegte er den zweiten Teil des Buches zu lesen mit dem wirklich tragischen, wenn auch etwas übertrieben geschilderten Bericht von den Leiden und der Verzweiflung eines Menschen, der selbst verloren hatte, was er an anderen und an der Welt am höchsten schätzte.
There was the madness of pride in every word he uttered. He stamped his foot upon the ground in his boyish insolent manner. He felt a terrible joy at the thought that some one else was to share his secret, and that the man who had painted the portrait that was the origin of all his shame was to be burdened for the rest of his life with the hideous memory of what he had done.
In jedem Wort, das er sprach, klang der Wahnsinn des Hochmuts. Er stampfte in seiner knabenhaften, dreisten Art mit dem Fuß auf die Dielen. Er empfand ein furchtbares Vergnügen bei dem Gedanken, daß ein anderer jetzt sein Geheimnis teilen solle und daß der Mann, der sein Bild gemalt hatte, das der Ursprung all seiner Schande war, für den Rest seines Lebens die Last der gräßlichen Erinnerung an seine Tat mit sich herumschleppen müsse.
Speaking very slowly, he told him to tell the house-keeper that he wanted to see her, and then to go to the frame-maker and ask him to send two of his men round at once. It seemed to him that as the man left the room his eyes wandered in the direction of the screen. Or was that merely his own fancy?
In sehr leisem Tone trug er ihm auf, die Haushälterin herein zu rufen und dann zum Einrahmer zu gehen, damit er sofort zwei Gehilfen schicke. Es schien ihm, daß die Augen des Mannes, als er das Zimmer verließ, in die Richtung des Schirmes gingen. Oder war das nur Einbildung von ihm?
Hallward painted away with that marvellous bold touch of his, that had the true refinement and perfect delicacy that in art, at any rate comes only from strength. He was unconscious of the silence.
Inzwischen malte Hallward in jenen wundervollen, kühnen Zügen weiter, die das Zeichen aller wahren Feinheit und Vollkommenheit sind, denn die kann der Kunst nur aus der Kraft werden. Er merkte die wortlose Stille gar nicht.
Yes; it was an interesting background. It posed the lad, made him more perfect, as it were. Behind every exquisite thing that existed, there was something tragic. Worlds had to be in travail, that the meanest flower might blow. . . . And how charming he had been at dinner the night before, as with startled eyes and lips parted in frightened pleasure he had sat opposite to him at the club, the red candleshades staining to a richer rose the wakening wonder of his face. Talking to him was like playing upon an exquisite violin. He answered to every touch and thrill of the bow. . . .
Ja, das war ein interessanter Hintergrund. Er gab dem jungen Menschen Relief, machte ihn noch vollkommener. Hinter allem Köstlichen in der Welt lauert eine geheime Tragödie, Welten müssen in Schwingung sein, damit die kleinste Blume erblühen kann... Und wie entzückend war er gestern abend gewesen, als er ihm mit erschreckten Augen, die Lippen in scheuem Verlangen geöffnet, im Klub gegenüber gesessen und die roten Kerzenschirme das erwachende Wunder seines Gesichts in einen noch rosenfarbenen Ton getaucht hatten. Mit ihm sprechen, das war wie auf einer auserlesenen Geige spielen. Er gab jedem Druck nach, jeder zitternden Berührung des Bogens...
Yes, the lad was premature. He was gathering his harvest while it was yet spring. The pulse and passion of youth were in him, but he was becoming self-conscious. It was delightful to watch him. With his beautiful face, and his beautiful soul, he was a thing to wonder at. It was no matter how it all ended, or was destined to end. He was like one of those gracious figures in a pageant or a play, whose joys seem to be remote from one, but whose sorrows stir one's sense of beauty, and whose wounds are like red roses.
Ja, dieser Jüngling war vor der Zeit reich. Er erntete, während er noch lenzte. Der Puls und die Leidenschaft der Jugend wohnten in ihm, und er begann, seiner bewußt zu werden. Es war entzückend, ihn zu beobachten. Mit seinem schönen Angesicht und seiner schönen Seele war er ein Stück Leben zum Anstaunen. Es lag nichts daran, wie das alles endete, oder enden sollte. Er glich einer der graziösen Gestalten auf einem Gobelin oder in einem Schauspiel, deren Freuden von den unseren weit entfernt zu sein scheinen, aber deren Schmerzen unseren Schönheitssinn erregen und deren Wunden wie rote Rosen sind.
Yes: that is what it was like."
Ja, so sah es aus.«
Yes: there was to be, as Lord Henry had prophesied, a new Hedonism that was to recreate life and to save it from that harsh uncomely puritanism that is having, in our own day, its curious revival. It was to have its service of the intellect, certainly, yet it was never to accept any theory or system that would involve the sacrifice of any mode of passionate experience. Its aim, indeed, was to be experience itself, and not the fruits of experience, sweet or bitter as they might be. Of the asceticism that deadens the senses, as of the vulgar profligacy that dulls them, it was to know nothing. But it was to teach man to concentrate himself upon the moments of a life that is itself but a moment.
Ja: es mußte, wie Lord Henry prophezeit hatte, ein neuer Hedonismus kommen, um das Leben zu erneuern und es von jenem strengen, häßlichen Puritanertum zu erlösen, das in unseren Tagen seine sonderbare Auferstehung feierte. Gewiß, er würde dem Intellekt gehorsam sein müssen; aber niemals dürfte er eine Theorie oder ein System anerkennen, das irgendein leidenschaftliches Erlebnis zum Opfer forderte. Sein wahres Ziel sollte gerade die Erfahrung selbst sein und nicht die Früchte der Erfahrung, mochten sie nun so süß oder bitter sein, wie sie wollten. Von dem Asketentum, das die Sinne tötet, oder von der gewöhnlichen Ausschweifung, die sie abstumpft, würde er nichts wissen wollen. Aber er sollte die Menschen lehren, sich für die Momente des Lebens zu sammeln, da dieses selbst doch nur ein Moment ist.
Yes; there had been things in his boyhood that he had not understood. He understood them now. Life suddenly became fiery-coloured to him. It seemed to him that he had been walking in fire. Why had he not known it?
Ja; es hatte in seiner Knabenzeit Dinge gegeben, die ihm unbegreiflich geblieben waren. Jetzt verstand er sie. Plötzlich bekam das Leben für ihn lodernde Farben. Nun schien es ihm, als sei er mittenhin durch Feuer gewandelt. Warum hatte er es nie gemerkt?
For years, Dorian Gray could not free himself from the influence of this book. Or perhaps it would be more accurate to say that he never sought to free himself from it. He procured from Paris no less than nine large-paper copies of the first edition, and had them bound in different colours, so that they might suit his various moods and the changing fancies of a nature over which he seemed, at times, to have almost entirely lost control. The hero, the wonderful young Parisian in whom the romantic and the scientific temperaments were so strangely blended, became to him a kind of prefiguring type of himself. And, indeed, the whole book seemed to him to contain the story of his own life, written before he had lived it.
Jahre hindurch konnte sich Dorian Gray von dem Einfluß dieses Buches nicht losmachen. Oder es wäre vielleicht richtiger zu sagen, er versuchte gar nicht, sich von ihm loszumachen. Er ließ sich aus Paris nicht weniger als neun Luxusexemplare der ersten Auflage kommen und ließ sie verschiedenfarbig einbinden, damit sie zu den wechselnden Launen und veränderlichen Stimmungen seiner Natur paßten, über die er bisweilen jede Herrschaft verloren zu haben schien. Der Held, der wunderbare junge Pariser, bei dem das romantische und das wissenschaftliche Temperament so merkwürdig vermischt waren, wurde für ihn eine Art vorbildlicher Idealgestalt seiner selbst. Und in der Tat schien ihm das ganze Buch die Geschichte seines Lebens zu enthalten, aufgeschrieben, bevor er selbst es gelebt hatte.
James Vane bit his lip. "Watch over Sibyl, Mother," he cried, "watch over her."
James Vane biß sich auf die Lippen. »Wache über Sibyl!« schrie er. »Wache über sie!«
James Vane looked into his sister's face with tenderness. "I want you to come out with me for a walk, Sibyl. I don't suppose I shall ever see this horrid London again. I am sure I don't want to."
James Vane sah seiner Schwester zärtlich in das Gesicht. »Ich möchte mit dir spazieren gehen, Sibyl. Ich glaube kaum, daß ich dies schreckliche London jemals wiedersehe. Ich mache mir auch wirklich nicht im geringsten was draus.«
James Vane stood on the pavement in horror. He was trembling from head to foot. After a little while, a black shadow that had been creeping along the dripping wall moved out into the light and came close to him with stealthy footsteps. He felt a hand laid on his arm and looked round with a start. It was one of the women who had been drinking at the bar.
James Vane stand voller Entsetzen auf dem Pflaster. Er zitterte von Kopf bis Fuß. Nach einer kleinen Weile bewegte sich ein schwarzer Schatten, der längs der regenfeuchten Wand hingeschlichen war, ins Licht hinaus und glitt mit verstohlenen Schritten an seine Seite. Er spürte eine Hand auf seinem Arm und drehte sich mit jähem Ruck um. Es war eines der Weiber, die am Büfett getrunken hatten.
James Vane hesitated for a moment, not understanding what was meant. Then he seized Dorian Gray and dragged him from the archway.
James Vane zögerte einen Augenblick und begriff nicht, was er meinte. Dann packte er Dorian Gray und schleifte ihn aus dem Torweg heraus.
Every impulse that we strive to strangle broods in the mind and poisons us. The body sins once, and has done with its sin, for action is a mode of purification. Nothing remains then but the recollection of a pleasure, or the luxury of a regret. The only way to get rid of a temptation is to yield to it. Resist it, and your soul grows sick with longing for the things it has forbidden to itself, with desire for what its monstrous laws have made monstrous and unlawful. It has been said that the great events of the world take place in the brain. It is in the brain, and the brain only, that the great sins of the world take place also.
Jeder Trieb, den wir zu ersticken suchen, frißt im Innern weiter und vergiftet uns. Der Körper sündigt nur einmal und hat sich durch die Sünde befreit, denn Tat ist immer eine Art Reinigung. Nichts bleibt davon zurück als die Erinnerung an ein Vergnügen oder die schmerzliche Wollust der Reue. Der einzige Weg, eine Versuchung zu bestehen, ist, sich ihr hinzugeben. Widerstehen Sie ihr, und Ihre Seele erkrankt vor Sehnsucht nach der Erfüllung, die sie sich selber verweigert hat, erkrankt vor dem Verlangen nach dem, was ihre ungeheuerlichen Gesetze ungeheuerlich und ungesetzmäßig gemacht haben. Es ist wohl gesagt worden, die großen Ereignisse der Welt gingen im Gehirn vor sich. Im Gehirn und ganz allein im Gehirn werden auch die großen Sünden der Welt begangen.
Still, there are certain temperaments that marriage makes more complex. They retain their egotism, and add to it many other egos. They are forced to have more than one life. They become more highly organized, and to be highly organized is, I should fancy, the object of man's existence. Besides, every experience is of value, and whatever one may say against marriage, it is certainly an experience. I hope that Dorian Gray will make this girl his wife, passionately adore her for six months, and then suddenly become fascinated by some one else. He would be a wonderful study."
Jedoch gibt es gewisse Temperamente, die durch die Ehe komplizierter werden. Sie behalten ihren Egoismus und erweitern ihn durch eine Reihe anderer Ichs. Sie sehen sich gezwungen, mehr als ein einzelnes Leben zu führen. Sie werden feiner organisiert, und feiner organisiert zu werden, scheint mir der Zweck des menschlichen Lebens. Überdies hat jede Erfahrung ihren Wert, und was man auch gegen die Ehe sagen kann, eine Erfahrung ist sie sicher. Ich hoffe, Dorian Gray wird dies Mädchen heiraten, wird sie sechs Monate hindurch leidenschaftlich anbeten, und dann wird ihn plötzlich eine andere anziehen. Es wäre prachtvoll, das zu beobachten.«
Somebody--I won't mention his name, but you know him--came to me last year to have his portrait done. I had never seen him before, and had never heard anything about him at the time, though I have heard a good deal since. He offered an extravagant price. I refused him. There was something in the shape of his fingers that I hated. I know now that I was quite right in what I fancied about him. His life is dreadful. But you, Dorian, with your pure, bright, innocent face, and your marvellous untroubled youth-- I can't believe anything against you. And yet I see you very seldom, and you never come down to the studio now, and when I am away from you, and I hear all these hideous things that people are whispering about you, I don't know what to say.
Jemand -- ich will seinen Namen nicht nennen, aber du kennst ihn -- kam voriges Jahr zu mir und wollte sich malen lassen. Ich hatte ihn nie vorher gesehen und damals nie etwas von ihm gehört, seitdem aber hat man mir eine Menge von ihm erzählt. Er bot mir einen fabelhaften Preis an. Ich habe abgelehnt. An der Form seiner Finger war etwas, das mir ekelhaft war. Jetzt weiß ich, daß ich mit meiner Vermutung über ihn ganz recht hatte. Sein Leben ist fürchterlich. Aber von dir, Dorian, mit deinem reinen, leuchtenden, unschuldigen Gesicht und deiner wunderbaren unberührten Jugend -- ich kann nicht das Häßliche glauben, das man gegen dich vorbringt. Und doch, ich sehe dich jetzt so selten, und du kommst gar nicht mehr in mein Atelier, und wenn ich nicht mit dir zusammen bin und alle die abscheulichen Dinge höre, die sich die Leute über dich zuflüstern, dann weiß ich nicht, was ich sagen soll.
Jim frowned from time to time when he caught the inquisitive glance of some stranger. He had that dislike of being stared at, which comes on geniuses late in life and never leaves the commonplace. Sibyl, however, was quite unconscious of the effect she was producing. Her love was trembling in laughter on her lips. She was thinking of Prince Charming, and, that she might think of him all the more, she did not talk of him, but prattled on about the ship in which Jim was going to sail, about the gold he was certain to find, about the wonderful heiress whose life he was to save from the wicked, red-shirted bushrangers. For he was not to remain a sailor, or a supercargo, or whatever he was going to be. Oh, no! A sailor's existence was dreadful. Fancy being cooped up in a horrid ship, with the hoarse, hump-backed waves trying to get in, and a black wind blowing the masts down and tearing the sails into long screaming ribands!
Jim runzelte von Zeit zu Zeit die Stirn, wenn er den forschenden Blick eines Fremden bemerkte. Er hatte jene Abneigung gegen das Angestarrtwerden, die Menschen von Geist erst spät im Leben bekommen und die den Herdenmenschen nie verläßt. Sibyl dagegen wußte nichts von der Wirkung, die sie ausübte. Ihre Liebe zitterte auf ihren lächelnden Lippen. Sie dachte an ihren Märchenprinzen, und damit sie um so besser an ihn denken könnte, sprach sie nicht von ihm, sondern plauderte nur von dem Schiff, mit dem Jim abfahren sollte, von dem Gold, das er sicher finden würde, von der wunderhübschen Millionenerbin, deren Leben er verruchten rotblusigen Buschräubern entreißen sollte. Denn er würde nicht Matrose bleiben oder Verfrachter oder was er jetzt fürs erste werden sollte. O nein! Solch Matrosendasein war schrecklich. Er solle nur daran denken, in ein schreckliches Schiff hineingepfercht zu sein, wenn die brüllenden, katzenbuckelnden Wellen immer eindringen wollen und ein schwarzer Wind die Masten umblase und die Segel in lange, klatschnasse Streifen zerreiße.
Youth! There is nothing like it. It's absurd to talk of the ignorance of youth. The only people to whose opinions I listen now with any respect are people much younger than myself. They seem in front of me. Life has revealed to them her latest wonder. As for the aged, I always contradict the aged. I do it on principle. If you ask them their opinion on something that happened yesterday, they solemnly give you the opinions current in 1820, when people wore high stocks, believed in everything, and knew absolutely nothing. How lovely that thing you are playing is! I wonder, did Chopin write it at Majorca, with the sea weeping round the villa and the salt spray dashing against the panes? It is marvellously romantic. What a blessing it is that there is one art left to us that is not imitative! Don't stop. I want music to-night. It seems to me that you are the young Apollo and that I am Marsyas listening to you. I have sorrows, Dorian, of my own, that even you know nothing of. The tragedy of old age is not that one is old, but that one is young. I am amazed sometimes at my own sincerity. Ah, Dorian, how happy you are! What an exquisite life you have had! You have drunk deeply of everything. You have crushed the grapes against your palate. Nothing has been hidden from you. And it has all been to you no more than the sound of music. It has not marred you. You are still the same."
Jugend! Nichts kommt ihr gleich. Es ist absurd, von der Unwissenheit der Jugend zu schwatzen. Die einzigen Leute, deren Ansichten ich jetzt mit einigem Respekt anhöre, sind Leute, die viel jünger sind als ich. Die scheinen mir weit voraus zu sein. Das Leben hat ihnen sein letztes Wunder enthüllt. Was die älteren betrifft, denen widerspreche ich immer. Ich tue es aus Prinzip. Wenn du einen um seine Meinung über etwas fragst, das gestern passiert ist, dann gibt er dir feierlichen Aufschluß über die Meinungen, die Anno 1820 im Schwunge waren, als die Leute hohe Halsbinden trugen, an alles glaubten und absolut nichts wußten. Wie hübsch das ist, was du da spielst! Ich möchte wohl wissen, ob es Chopin in Majorca geschrieben hat, während das Meer seine Villa umklagte und der Salzschaum klatschend gegen die Fensterscheiben spritzte. Es ist entzückend romantisch. Was für ein Segen es ist, daß es doch die eine Kunst gibt, die nicht aus Nachahmung besteht. Hör' nicht auf. Ich brauche Musik heut abend. Es kommt mir so vor, als ob du der junge Apollo bist und ich Marsyas, der dir zuhört. Ich habe meine eigenen Sorgen, Dorian, von denen nicht einmal du etwas weißt. Die Tragödie des Alters beruht nicht darin, daß man alt ist, sondern daß man jung ist. Ich bin manchmal ganz erschrocken über meine eigene Aufrichtigkeit. Ach, Dorian, wie glücklich bist du! Was für ein köstliches Leben hast du gehabt! Du hast tief aus jedem Quell getrunken! Du hast die Trauben an deinem Gaumen zerdrückt. Nichts ist dir verborgen geblieben. Und all das ist dir nicht mehr gewesen als ein Klang von Musik. Es hat dir nichts anhaben können. Du bist noch heute derselbe.«
In less than a quarter of an hour, Dorian Gray was galloping down the long avenue as hard as he could go. The trees seemed to sweep past him in spectral procession, and wild shadows to fling themselves across his path. Once the mare swerved at a white gate-post and nearly threw him. He lashed her across the neck with his crop. She cleft the dusky air like an arrow. The stones flew from her hoofs.
Kaum eine Viertelstunde später galoppierte Dorian, so rasch er konnte, die lange Allee hinunter. Die Bäume schienen in gespenstischer Parade an ihm vorbeizufliegen und ihm wilde Schatten in den Weg zu schleudern. Einmal scheute die Stute vor einem weißen Pfahle und warf ihn fast ab. Er schlug ihr die Gerte um den Hals. Sie durchschnitt die dunkle Luft wie ein Pfeil. Die Steine stoben unter ihren Hufen.
No artist has ethical sympathies. An ethical sympathy in an artist is an unpardonable mannerism of style.
Kein Künstler hat ethische Neigungen. Eine ethische Neigung beim Künstler ist eine unverzeihliche Manieriertheit des Stils.
No artist is ever morbid. The artist can express everything.
Kein Künstler ist an sich krankhaft. Der Künstler kann alles aussprechen.
To reveal art and conceal the artist is art's aim.
Kunst zu offenbaren und den Künstler zu verbergen, ist die Aufgabe der Kunst.
L'esquif aborde et me dépose, Jetant son amarre au pilier, Devant une façade rose, Sur le marbre d'un escalier.
L'esquif aborde et me dépose, Jetant son amarre au pilier, Devant une façade rose, Sur le marbre d'un escalier.~
Lady Ruxton glanced at him curiously. "You must come and explain that to me some afternoon, Lord Henry. It sounds a fascinating theory," she murmured, as she swept out of the room.
Lady Ruxton sah ihn neugierig an. »Lord Henry, Sie müssen mich eines Nachmittags besuchen und mir das erklären. Es klingt wie eine verlockende Theorie«, sagte sie, während sie aus dem Zimmer rauschte.
Vice and virtue are to the artist materials for an art. From the point of view of form, the type of all the arts is the art of the musician. From the point of view of feeling, the actor's craft is the type.
Laster und Tugend sind für den Künstler Stoffe einer Kunst. Was die Form betrifft, so ist die Kunst des Musikers die Urform aller Künste. Was das Gefühl betrifft, so ist der Beruf des Schauspielers diese Urform.
Les dômes, sur l'azur des ondes Suivant la phrase au pur contour, S'enflent comme des gorges rondes Que soulève un soupir d'amour.
Les dômes, sur l'azur des ondes Suivant la phrase au pur contur, S'enflent comme des gorges rondes Que soulève un soupir d'amour.
Lord Gloucester was one of my greatest friends at Oxford. He showed me a letter that his wife had written to him when she was dying alone in her villa at Mentone. Your name was implicated in the most terrible confession I ever read. I told him that it was absurd--that I knew you thoroughly and that you were incapable of anything of the kind. Know you? I wonder do I know you? Before I could answer that, I should have to see your soul."
Lord Gloucester war einer meiner liebsten Freunde in Oxford. Er hat mir den Brief gezeigt, den ihm seine Frau geschrieben hat, als sie allein in ihrer Villa in Mentone auf dem Sterbebette lag. Dein Name war da in die fürchterlichste Beichte verwickelt, die ich je gelesen habe. Ich sagte ihm, daß es Tollheit wäre, daß ich dich durch und durch kennte und daß du zu irgend etwas Derartigem unfähig wärest. Kenne ich dich? Ich frage mich, kenne ich dich! Bevor ich darauf antworten kann, müßte ich deine Seele sehen.«
With his subtle smile, Lord Henry watched him. He knew the precise psychological moment when to say nothing. He felt intensely interested. He was amazed at the sudden impression that his words had produced, and, remembering a book that he had read when he was sixteen, a book which had revealed to him much that he had not known before, he wondered whether Dorian Gray was passing through a similar experience. He had merely shot an arrow into the air. Had it hit the mark? How fascinating the lad was!
Lord Henry beobachtete ihn mit einem feinspürenden Lächeln. Er verstand sich gut auf jenen psychologischen Moment, in dem man kein Wort sagen darf. Er fühlte sich sehr stark interessiert. Die jähe Wirkung seiner Worte machte ihn erstaunen; nun entsann er sich eines Buches, das er mit sechzehn Jahren gelesen und das ihm viel bis dahin Unbekanntes enthüllt hatte, und er fragte sich, ob Dorian Gray jetzt wohl eine ähnliche Erfahrung erlebe. Er hatte nur einen Pfeil ins Blaue geschossen. Hatte er das Ziel getroffen? Wie anziehend doch dieser Junge war!
Lord Henry watched him with a subtle sense of pleasure. How different he was now from the shy frightened boy he had met in Basil Hallward's studio! His nature had developed like a flower, had borne blossoms of scarlet flame. Out of its secret hiding-place had crept his soul, and desire had come to meet it on the way.
Lord Henry betrachtete ihn mit stillem Wohlbehagen. Wie anders war er jetzt als jener verlegene, schüchterne Knabe, den er in Basil Hallwards Atelier angetroffen hatte! Seine Natur hatte sich entwickelt wie eine Blume und trug Blüten von brennendrotem Scharlach. Aus ihrem geheimen Versteck war seine Seele hervorgekrochen, und die Wollust war ihr auf halbem Wege entgegengekommen.
Lord Henry looked across the table. "Dorian is never annoyed with me," he answered. "I asked the question for the best reason possible, for the only reason, indeed, that excuses one for asking any question-- simple curiosity. I have a theory that it is always the women who propose to us, and not we who propose to the women. Except, of course, in middle-class life. But then the middle classes are not modern."
Lord Henry blickte über den Tisch. »Dorian fühlt sich nie gekränkt durch mich«, antwortete er. »Ich habe aus dem besten Grund gefragt, den es geben kann, aus dem einzigen Grund, der eine Entschuldigung für eine Frage ist -- einfach aus Neugier. Ich habe eine Theorie, wonach es immer Frauen sind, die uns einen Antrag machen, und nicht wir den Frauen. Natürlich ausgenommen die Mittelklassen. Aber die Mittelklassen sind eben nicht modern.«
Lord Henry went out to the garden and found Dorian Gray burying his face in the great cool lilac-blossoms, feverishly drinking in their perfume as if it had been wine. He came close to him and put his hand upon his shoulder. "You are quite right to do that," he murmured. "Nothing can cure the soul but the senses, just as nothing can cure the senses but the soul."
Lord Henry ging in den Garten hinaus und fand dort Dorian Gray, wie er sein Gesicht hinter den großen, kühlen Blütenbüscheln der Fliedersträuche versteckte und fieberhaft ihren Duft einsog, als tränke er Wein. Er trat nahe an ihn heran und legte ihm die Hand auf die Achsel. »Sie haben ganz recht, so zu tun«, sagte er leise. »Nichts hilft der Seele besser als die Sinne, sowie den Sinnen nichts besser als die Seele helfen kann.«
Lord Henry yawned. "Basil was very popular, and always wore a Waterbury watch. Why should he have been murdered? He was not clever enough to have enemies. Of course, he had a wonderful genius for painting. But a man can paint like Velasquez and yet be as dull as possible. Basil was really rather dull. He only interested me once, and that was when he told me, years ago, that he had a wild adoration for you and that you were the dominant motive of his art."
Lord Henry gähnte. »Basil war sehr populär und trug immer nur eine Waterburyuhr. Warum hätte man ihn ermorden sollen? Er war nicht klug genug, um Feinde zu haben. Freilich hatte er ein wunderbares Genie als Maler. Aber ein Mensch kann malen wie Velasquez und doch so langweilig als möglich sein. In Wirklichkeit war Basil ziemlich langweilig. Er interessierte mich nur ein einziges Mal, und das war damals, als er mir vor vielen Jahren gestand, daß er dich so ungestüm anbete und daß du das Leitmotiv seiner Kunst seist.«
Lord Henry elevated his eyebrows and looked at him in amazement through the thin blue wreaths of smoke that curled up in such fanciful whorls from his heavy, opium-tainted cigarette. "Not send it anywhere? My dear fellow, why? Have you any reason? What odd chaps you painters are! You do anything in the world to gain a reputation. As soon as you have one, you seem to want to throw it away. It is silly of you, for there is only one thing in the world worse than being talked about, and that is not being talked about. A portrait like this would set you far above all the young men in England, and make the old men quite jealous, if old men are ever capable of any emotion."
Lord Henry hob die Augenbrauen und sah den anderen erstaunt durch die dünnen blauen Raucharabesken an, die in so abenteuerlichen Wirbeln von der starken opiumgetränkten Zigarette aufstiegen. »Nirgends ausstellen? Ja warum, mein Lieber? Hast du einen Grund dafür? Was ihr Maler doch für Käuze seid! Ihr tut alles in der Welt, um euch einen Namen zu machen. Habt ihr ihn endlich, so wollt ihr ihn scheinbar wieder loswerden. Das ist albern von dir, denn es gibt nur ein leidiges Ding auf Erden, das peinlicher ist als in aller Leute Munde zu sein, und das ist: nicht in aller Leute Munde zu sein. Ein Porträt wie das da höbe dich weit über alle jungen Leute in England empor und würde die Alten vor Neid platzen lassen, soweit alte Leute überhaupt noch einer Empfindung fähig sind.«
Lord Henry laughed and rose. "I am going to the park," he cried.
Lord Henry lachte und stand auf. »Ich gehe in den Park!« rief er aus.
Lord Henry laughed. "The reason we all like to think so well of others is that we are all afraid for ourselves. The basis of optimism is sheer terror. We think that we are generous because we credit our neighbour with the possession of those virtues that are likely to be a benefit to us. We praise the banker that we may overdraw our account, and find good qualities in the highwayman in the hope that he may spare our pockets.
Lord Henry lachte. »Der Grund, weshalb wir alle so gut von anderen denken, ist der, daß wir alle Angst vor uns selber haben. Die Grundlage des Optimismus ist nichts als Furcht. Wir halten uns für großherzig, weil wir unserem Nachbar Tugenden zuschreiben, aus denen für uns ein Nutzen erwachsen könnte. Wir rühmen den Bankier, damit wir unser Konto überschreiten können, und finden im Buschklepper gute Eigenschaften in der Hoffnung, daß er unseren Geldbeutel verschonen wird.
Lord Henry laughed. "I don't desire to change anything in England except the weather," he answered. "I am quite content with philosophic contemplation. But, as the nineteenth century has gone bankrupt through an over-expenditure of sympathy, I would suggest that we should appeal to science to put us straight. The advantage of the emotions is that they lead us astray, and the advantage of science is that it is not emotional."
Lord Henry lachte. »Ich habe gar nicht das Verlangen, in England etwas zu ändern außer dem Wetter«, entgegnete er. »Ich begnüge mich mit philosophischer Betrachtung. Da aber das neunzehnte Jahrhundert durch übermäßigen Verbrauch von Sympathie Bankrott geworden ist, möchte ich vorschlagen, daß man sich an die Wissenschaft hält, damit diese uns wieder aufrichtet. Der Vorteil der Gefühle liegt darin, daß sie uns in die Irre führen, und der Vorteil der Wissenschaft darin, daß sie sich mit Gefühlen nicht abgibt.«
Lord Henry laughed. "And what is that?" he asked.
Lord Henry lachte. »Und worin bestünde das?« fragte er.
Lord Henry laughed. "If a man treats life artistically, his brain is his heart," he answered, sinking into an arm-chair.
Lord Henry lachte. »Wenn ein Mensch das Leben künstlerisch behandelt, ist sein Hirn sein Herz«, antwortete er und ließ sich in einen Armsessel fallen.
Lord Henry smiled, and leaning down, plucked a pink-petalled daisy from the grass and examined it. "I am quite sure I shall understand it," he replied, gazing intently at the little golden, white-feathered disk, "and as for believing things, I can believe anything, provided that it is quite incredible."
Lord Henry lächelte und bückte sich dann, um ein rosa angehauchtes Gänseblümchen aus dem Grase zu pflücken, das er betrachtete. »Ich werde dich ganz gewiß verstehen,« erwiderte er, die Blicke aufmerksam auf die kleine, goldene, weißgefiederte Blütenscheibe gerichtet, »und was das Glauben angeht, so kann ich alles glauben, vorausgesetzt, daß es unwahrscheinlich genug ist.«
Lord Henry smiled and looked at Dorian Gray. "Am I to go, Mr. Gray?" he asked.
Lord Henry lächelte und sah Dorian Gray an. »Soll ich gehen, Herr Gray?« fragte er.
Lord Henry smiled. "People are very fond of giving away what they need most themselves. It is what I call the depth of generosity."
Lord Henry lächelte. »Die Menschen haben eine starke Vorliebe, das wegzuschenken, was sie selber am nötigsten hätten. Ich nenne das den Chimborasso Freigebigkeit.«
Lord Henry took up his hat and gloves. "You are very pressing, Basil, but I am afraid I must go. I have promised to meet a man at the Orleans. Good-bye, Mr. Gray. Come and see me some afternoon in Curzon Street. I am nearly always at home at five o'clock. Write to me when you are coming. I should be sorry to miss you."
Lord Henry nahm seinen Hut und seine Handschuhe. »Trotz deiner dringenden Aufforderung, Basil, fürchte ich, gehen zu müssen. Ich habe mit jemand eine Verabredung im Orleans-Klub. Adieu, Herr Gray! Bitte, besuchen Sie mich doch mal eines Nachmittags in Curzon Street. Um fünf Uhr treffen Sie mich fast immer. Schreiben Sie mir, bitte, wann Sie kommen. Es täte mir sehr leid, wenn Sie mich verfehlten.«
Lord Henry looked serious for some moments. "It is perfectly monstrous," he said, at last, "the way people go about nowadays saying things against one behind one's back that are absolutely and entirely true." "Isn't he incorrigible?" cried Dorian, leaning forward in his chair.
Lord Henry sah einige Augenblicke ernsthaft aus. »Es ist ganz abscheulich,« sagte er schließlich, »wie die Leute heutzutage herumgehen und einem hinterm Rücken Dinge nachsagen, die ganz und gar auf Wahrheit beruhen.« »Ist er nicht unverbesserlich?« rief Dorian und beugte sich in seinem Stuhl vor.
Lord Henry looked at him. Yes, he was certainly wonderfully handsome, with his finely curved scarlet lips, his frank blue eyes, his crisp gold hair. There was something in his face that made one trust him at once. All the candour of youth was there, as well as all youth's passionate purity. One felt that he had kept himself unspotted from the world. No wonder Basil Hallward worshipped him.
Lord Henry sah ihn an. Ja, er war wirklich wunderbar schön, mit seinen feingeschwungenen dunkelroten Lippen, seinen offenen blauen Augen und seinem gewellten, goldblonden Haar. In seinem Gesicht war ein Ausdruck, der sofort Vertrauen erweckte. Aller Glanz der Jugend lag darin und ebenso all die leidenschaftliche Reinheit der Jugend. Man fühlte, daß er bisher noch nicht von der Welt befleckt war. Kein Wunder, daß ihn Basil Hallward anbetete.
Lord Henry looked in the direction in which the trembling gloved hand was pointing. "Yes," he said, smiling, "I see the gardener waiting for you. I suppose he wants to ask you what flowers you wish to have on the table to-night. How absurdly nervous you are, my dear fellow! You must come and see my doctor, when we get back to town."
Lord Henry sah in die Richtung, wohin die behandschuhte Hand zitternd wies. »Ja,« sagte er lächelnd, »ich sehe da den Gärtner auf dich warten. Er will dich vermutlich fragen, welche Blumen du heute auf dem Tisch haben willst. Wie lächerlich nervös du heute bist, lieber Junge! Du mußt gleich meinen Doktor konsultieren, wenn wir wieder in der Stadt sind.«
Lord Henry looked over at Mr. Erskine. "Humanity takes itself too seriously. It is the world's original sin. If the caveman had known how to laugh, history would have been different."
Lord Henry sah zu Herrn Erskine hinüber. »Die Menschheit nimmt sich selber zu ernst. Das ist die Todsünde der Welt. Wenn die Höhlenmenschen schon hätten lachen können, hätte die Weltgeschichte andere Wege eingeschlagen.«
Lord Henry sipped his champagne in a meditative manner. "At what particular point did you mention the word marriage, Dorian? And what did she say in answer? Perhaps you forgot all about it."
Lord Henry schlürfte nachdenklich seinen Champagner. »In welchem Augenblick hast du von Heirat gesprochen, Dorian? Und was erwiderte sie darauf? Vielleicht hast du das schon ganz vergessen.«
Lord Henry shook his head. "American girls are as clever at concealing their parents, as English women are at concealing their past," he said, rising to go.
Lord Henry schüttelte den Kopf. »Amerikanische Mädchen sind ebenso klug, ihre Eltern zu verbergen, wie englische Frauen im Verbergen ihrer Vergangenheit«, antwortete er und stand auf, um wegzugehen.
Lord Henry stretched himself out on the divan and laughed.
Lord Henry streckte sich auf dem Diwan aus und lachte.
Lord Henry stroked his pointed brown beard and tapped the toe of his patent-leather boot with a tasselled ebony cane.
Lord Henry strich seinen braunen Spitzbart und stieß mit dem zierlichen Spazierstock aus Ebenholz gegen die Kappe seines eleganten Lackstiefels.
Lord Henry walked across the room, and sitting down by Dorian Gray, took both his hands in his own and held them tightly. "Dorian," he said, "my letter--don't be frightened--was to tell you that Sibyl Vane is dead."
Lord Henry wanderte durch das Zimmer, setzte sich dann neben Dorian Gray, nahm seine beiden Hände und hielt sie fest. »Dorian,« sagte er, »mein Brief -- erschrick nicht -- sollte dir melden, daß Sibyl Vane tot ist.«
Lord Henry had not yet come in. He was always late on principle, his principle being that punctuality is the thief of time. So the lad was looking rather sulky, as with listless fingers he turned over the pages of an elaborately illustrated edition of Manon Lescaut that he had found in one of the book-cases. The formal monotonous ticking of the Louis Quatorze clock annoyed him. Once or twice he thought of going away.
Lord Henry war noch nicht nach Hause gekommen. Er kam grundsätzlich zu spät, da sein Grundsatz war, Pünktlichkeit stehle einem die Zeit. Daher sah der junge Mann etwas gelangweilt aus, als er mit lässigen Fingern die Seiten einer reichillustrierten Ausgabe von Manon Lescaut durchblätterte, die er in einem der Bücherschränke gefunden hatte. Das abgemessene gleichförmige Ticktack der Louis-Quatorze-Uhr machte ihn nervös. Ein- oder zweimal machte er schon Miene, wegzugehen.
Lord Henry flung himself into a large wicker arm-chair and watched him. The sweep and dash of the brush on the canvas made the only sound that broke the stillness, except when, now and then, Hallward stepped back to look at his work from a distance. In the slanting beams that streamed through the open doorway the dust danced and was golden. The heavy scent of the roses seemed to brood over everything.
Lord Henry warf sich in einen bequemen Korbsessel und beobachtete ihn. Das Hin- und Herfahren des Pinsels auf der Leinwand war das einzige, die Stille unterbrechende Geräusch, nur manchmal hörte man den Schritt Hallwards, wenn er zurücktrat, um sein Werk aus der Entfernung zu prüfen. In den schrägen Sonnenstrahlen, die durch die offene Tür fluteten, tanzte der Staub in goldenen Schuppen. Über allem lagerte der schwere Duft der Rosen.
Lord Henry shrugged his shoulders. "My dear fellow, as if I cared! Let us go up to the drawing-room. No sherry, thank you, Mr. Chapman. Something has happened to you, Dorian. Tell me what it is. You are not yourself to-night."
Lord Henry zuckte die Achseln. »Aber, lieber Junge, als ob mir daran etwas läge? Wir wollen in den Salon hinauf. Keinen Sherry, nein danke, Herr Chapman. Dir ist etwas zugestoßen, Dorian. Sage mir, was es ist. Du bist heute abend nicht du selber.«
"That is a rather commonplace début."
Lord Henry zuckte die Achseln. »Ein recht landläufiger Anfang.«
Lord Henry shrugged his shoulders. "It is the real Dorian Gray-- that is all."
Lord Henry zuckte die Achseln. »Es ist der wahre Dorian Gray -- sonst nichts.«
Lord Henry shrugged his shoulders. "My dear fellow, mediaeval art is charming, but mediaeval emotions are out of date. One can use them in fiction, of course. But then the only things that one can use in fiction are the things that one has ceased to use in fact. Believe me, no civilized man ever regrets a pleasure, and no uncivilized man ever knows what a pleasure is."
Lord Henry zuckte die Achseln. »Mein lieber Junge, die mittelalterliche Kunst ist etwas Entzückendes, aber mittelalterliche Gefühle sind nicht mehr Mode. Man kann sie freilich in der Dichtung gebrauchen. Aber die einzigen Dinge, die in Dichtungen zu verwerten sind, sind solche, um die man sich in der Wirklichkeit nicht mehr kümmert. Glaube mir, kein zivilisierter Mensch bereut einen durchlebten Genuß, und kein unzivilisierter Mensch weiß, was ein Genuß ist.«
There was a rustle of chirruping sparrows in the green lacquer leaves of the ivy, and the blue cloud-shadows chased themselves across the grass like swallows. How pleasant it was in the garden! And how delightful other people's emotions were!-- much more delightful than their ideas, it seemed to him. One's own soul, and the passions of one's friends--those were the fascinating things in life. He pictured to himself with silent amusement the tedious luncheon that he had missed by staying so long with Basil Hallward.
Man hörte ein leises Rauschen von zirpenden Sperlingen in den grünen, wie mit glänzendem Lack überzogenen Efeublättern, und die blauen Wolkenschatten jagten wie Schwalben über das Gras. Wie reizend war es doch in dem Garten und wie entzückend waren die Gefühlsregungen anderer Leute! -- weit entzückender als ihre Gedanken, so schien es ihm. Des Menschen eigene Seele und die Leidenschaft seiner Freunde -- das sind die fesselnden Dinge des Lebens. Er stellte sich mit geheimem Vergnügen das langweilige Frühstück vor, das er durch seinen langen Besuch bei Basil Hallward versäumt hatte.
There was a stifled groan and the horrible sound of some one choking with blood. Three times the outstretched arms shot up convulsively, waving grotesque, stiff-fingered hands in the air. He stabbed him twice more, but the man did not move. Something began to trickle on the floor. He waited for a moment, still pressing the head down. Then he threw the knife on the table, and listened.
Man hörte ein unterdrücktes Röcheln und den fürchterlichen Ton eines Menschen, der in seinem Blut erstickt. Dreimal schlugen die krampfhaft ausgestreckten Arme um sich, und die Hände fuhren mit eigentümlich steifen Fingern durch die Luft. Er stieß noch zweimal zu, aber der Mann rührte sich nicht mehr. Etwas begann auf den Boden zu tröpfeln. Er wartete einen Augenblick und drückte den Kopf immer noch nach unten. Dann warf er das Messer auf den Tisch und horchte.
There was a cry heard, and a crash. The cry was so horrible in its agony that the frightened servants woke and crept out of their rooms. Two gentlemen, who were passing in the square below, stopped and looked up at the great house. They walked on till they met a policeman and brought him back. The man rang the bell several times, but there was no answer. Except for a light in one of the top windows, the house was all dark. After a time, he went away and stood in an adjoining portico and watched.
Man hörte einen Schrei und einen Fall. Der Schrei war mit seinem Todesröcheln so schrecklich, daß die Dienerschaft erschreckt aufwachte und aus ihren Kammern stürzte. Zwei Herren, die auf dem Platze unten vorbeigingen, blieben stehen und spähten an dem stattlichen Hause empor. Sie gingen weiter, bis sie einen Schutzmann trafen und dann mit ihm umkehrten. Der Mann zog mehrmals die Klingel, aber es erfolgte keine Antwort. Bis auf ein Licht in einem der Giebelfenster war das ganze Haus dunkel. Nach einiger Zeit ging er weg, stellte sich unter einen Torweg in der Nähe und verhielt sich abwartend.
We can forgive a man for making a useful thing as long as he does not admire it. The only excuse for making a useless thing is that one admires it intensely.
Man kann einem Menschen verzeihen, daß er etwas Nützliches schafft, solang er es nicht bewundert. Die einzige Entschuldigung für den, der etwas Nutzloses schuf, besteht darin, daß es äußerst bewundert wird.
It is said that passion makes one think in a circle. Certainly with hideous iteration the bitten lips of Dorian Gray shaped and reshaped those subtle words that dealt with soul and sense, till he had found in them the full expression, as it were, of his mood, and justified, by intellectual approval, passions that without such justification would still have dominated his temper. From cell to cell of his brain crept the one thought; and the wild desire to live, most terrible of all man's appetites, quickened into force each trembling nerve and fibre. Ugliness that had once been hateful to him because it made things real, became dear to him now for that very reason. Ugliness was the one reality. The coarse brawl, the loathsome den, the crude violence of disordered life, the very vileness of thief and outcast, were more vivid, in their intense actuality of impression, than all the gracious shapes of art, the dreamy shadows of song. They were what he needed for forgetfulness. In three days he would be free.
Man sagt, die Leidenschaft wirble einem die Gedanken im Kreise umher. Jedenfalls formten die zerbissenen Lippen Dorian Grays in endloser Wiederholung die feingesetzten Worte von der Seele und den Sinnen und formten sie immer wieder, bis er in ihnen sozusagen den vollsten Ausdruck seiner Stimmung gefunden und durch die Zustimmung des Verstandes Leidenschaften gerechtfertigt hatte, die auch ohne solche Rechtfertigung sein Temperament beherrscht hätten. Von Zelle zu Zelle seines Gehirns kroch der eine Gedanke und die wilde Lebensgier, das schrecklichste aller menschlichen Hungergelüste, ließ sich jeden zuckenden Nerv und Muskel gewaltsam emporbäumen. Das Häßliche, das er einst gehaßt hatte, weil es den Dingen Wirklichkeit verlieh, wurde ihm jetzt aus demselben Grunde lieb. Das Häßliche war das einzig Wirkliche. Das rohe Geschrei, die ekelhafte Kneipe, die ordinäre Gewalttätigkeit eines liederlichen Lebens, die widerliche Verworfenheit der Diebe und Verbrecher waren in der intensiven Wirklichkeit ihrer Eindrücke mehr vom Leben erfüllt, als all die anmutigen Formen der Kunst, die träumerischen Schatten der Dichtung. Das war es, was er zum Vergessen brauchte. In drei Tagen würde er frei sein.
They said Kelso got some rascally adventurer, some Belgian brute, to insult his son- in-law in public--paid him, sir, to do it, paid him-- and that the fellow spitted his man as if he had been a pigeon. The thing was hushed up, but, egad, Kelso ate his chop alone at the club for some time afterwards. He brought his daughter back with him, I was told, and she never spoke to him again. Oh, yes; it was a bad business. The girl died, too, died within a year. So she left a son, did she? I had forgotten that. What sort of boy is he? If he is like his mother, he must be a good-looking chap."
Man sagte, der alte Kelso hätte irgendeinen Schuft, so einen Abenteurer aus Belgien gemietet, um seinen Schwiegersohn öffentlich zu beleidigen, hätte ihn dafür bezahlt, mein Bester, einfach bezahlt, damit er es täte, und dieser Kerl spießte dann sein Opfer auf wie eine Taube. Die Geschichte wurde natürlich vertuscht, aber Kelso mußte eine Zeitlang sein Kotelett allein im Klub essen. Ich hörte, er brachte seine Tochter wieder mit, doch sie sprach nie mehr ein Wort mit ihm. O jawohl, das war eine böse Sache. Das Mädel starb dann auch, kaum ein Jahr später. So, sie hat also einen Sohn hinterlassen? Das hatte ich ganz vergessen. Was für ein Junge ist es denn? Wenn er seiner Mutter ähnlich sieht, muß es ein hübsches Kerlchen sein.«
My brother . . . No; never mind. He didn't mean it. He was in jest. . . . But you, oh! can't you forgive me for to-night? I will work so hard and try to improve. Don't be cruel to me, because I love you better than anything in the world. After all, it is only once that I have not pleased you. But you are quite right, Dorian. I should have shown myself more of an artist. It was foolish of me, and yet I couldn't help it. Oh, don't leave me, don't leave me." A fit of passionate sobbing choked her. She crouched on the floor like a wounded thing, and Dorian Gray, with his beautiful eyes, looked down at her, and his chiselled lips curled in exquisite disdain. There is always something ridiculous about the emotions of people whom one has ceased to love. Sibyl Vane seemed to him to be absurdly melodramatic. Her tears and sobs annoyed him.
Mein Bruder... nein, nichts darüber. Er meinte es nicht im Ernst. Er scherzte nur... Aber du, oh! Kannst du mir nie den heutigen Abend verzeihen? Ich werde so fleißig sein und mir Mühe geben, besser zu werden. Sei nicht grausam gegen mich, weil ich dich mehr liebe als alles in der Welt. Es ist doch nur ein einziges Mal, wo ich dir mißfallen habe. Aber du hast ganz recht, Dorian. Ich hätte mich mehr als Künstlerin zeigen sollen. Es war närrisch von mir; und doch konnte ich nicht anders. Ach, verlaß mich nicht, verlaß mich nicht.« Leidenschaftliches Schluchzen erschütterte sie. Sie kauerte sich nieder wie ein wundes Tier, und Dorian Gray sah mit seinen schönen Augen zu ihr herab, und seine feingeschnittenen Lippen kräuselten sich in tiefster Verachtung. Die Gefühlsregungen von Menschen, die man nicht mehr liebt, haben immer etwas Lächerliches an sich. Sibyl Vane schien ihm überspannt melodramatisch zu sein. Ihre Tränen und ihr Schluchzen langweilten ihn nur.
Diversity of opinion about a work of art shows that the work is new, complex, and vital. When critics disagree, the artist is in accord with himself.
Meinungsunterschiede über ein Kunstwerk beweisen seine Neuheit, Vielfältigkeit und Lebenskraft. Sind die Kritiker uneinig, so ist der Künstler einig mit sich selbst.
He broke from her with an oath and rushed to the corner of the street, but Dorian Gray had disappeared. When he looked back, the woman had vanished also.
Mit einem Fluch riß er sich von ihr los und stürzte an die Straßenecke; aber Dorian Gray war verschwunden. Als er zurückblickte, war auch das Weib schon weg.
It was with a renewed feeling of disappointment that she waved the tattered lace handkerchief from the window, as her son drove away. She was conscious that a great opportunity had been wasted. She consoled herself by telling Sibyl how desolate she felt her life would be, now that she had only one child to look after. She remembered the phrase. It had pleased her. Of the threat she said nothing. It was vividly and dramatically expressed. She felt that they would all laugh at it some day.
Mit einem erneuten Gefühl der Enttäuschung stand sie am Fenster und ließ das zerrissene Spitzentaschentuch durch die Luft wimpeln, als ihr Sohn wegfuhr. Es war ihr zumute, als sei eine große Gelegenheit verpaßt worden. Sie tröstete sich, indem sie Sibyl sagte, wie öde künftig ihr Leben sein werde, da sie jetzt nur ein einziges Kind zu behüten habe. Diesen Satz hatte sie sich gemerkt. Er hatte ihr gefallen. Von seinem Schwur sagte sie nichts. Er war lebendig und dramatisch deklamiert worden. Sie hatte die Empfindung, daß sie alle eines Tages darüber lachen würden.
It was long past noon when he awoke. His valet had crept several times on tiptoe into the room to see if he was stirring, and had wondered what made his young master sleep so late. Finally his bell sounded, and Victor came in softly with a cup of tea, and a pile of letters, on a small tray of old Sevres china, and drew back the olive-satin curtains, with their shimmering blue lining, that hung in front of the three tall windows.
Mittag war längst vorüber, als er erwachte. Sein Diener war mehrmals auf den Fußspitzen in das Zimmer geschlichen, um zu sehen, ob er wach wäre, und er hatte sich gewundert, weshalb sein junger Herr so lange schlafe. Schließlich klingelte es, und Viktor trat leise ein mit einer Schale Tee und einem Stoß Postsachen auf einer schmalen Sevresplatte und zog die olivengelben Atlasvorhänge mit ihrem blauglänzenden Futter vor den drei großen Fenstern zurück.
Music had stirred him like that. Music had troubled him many times. But music was not articulate. It was not a new world, but rather another chaos, that it created in us. Words! Mere words! How terrible they were! How clear, and vivid, and cruel! One could not escape from them. And yet what a subtle magic there was in them! They seemed to be able to give a plastic form to formless things, and to have a music of their own as sweet as that of viol or of lute. Mere words! Was there anything so real as words?
Musik hatte ihn so ähnlich aufgewühlt. Musik hatte ihn oft in Aufruhr gebracht. Aber Musik war etwas Unbestimmtes. Sie bringt keine neue Welt in uns hervor; schafft eher ein neues Chaos in uns. Worte! Bloße Worte! Wie schrecklich die waren! Wie klar und lebendig und grausam! Man konnte ihnen nicht entrinnen. Und doch, welch tiefer Zauber steckte in ihnen! Sie schienen die Kraft zu haben, formlosen Dingen eine greifbare Gestalt zu geben, und schienen eine Musik in sich zu bergen, so süß wie die der Geige oder der Laute. Bloße Worte! Gab es denn irgend etwas so Wirkliches wie Worte?
After breakfast, he walked with the duchess for an hour in the garden and then drove across the park to join the shooting-party. The crisp frost lay like salt upon the grass. The sky was an inverted cup of blue metal. A thin film of ice bordered the flat, reed-grown lake.
Nach dem Frühstück ging er mit der Herzogin ein Stündchen im Garten spazieren und fuhr dann durch den Park, um mit der Jagdgesellschaft zusammenzutreffen. Der feinperlige Reif lag wie Salz auf dem Rasen. Der Himmel sah aus wie ein umgestülpter Pokal aus blauem Metall. Ein dünner Eisgallert umsäumte den seichten, schilfbewachsenen Teich.
After a strained moment of silence, he leaned across and said, very quietly, but watching the effect of each word upon the face of him he had sent for, "Alan, in a locked room at the top of this house, a room to which nobody but myself has access, a dead man is seated at a table. He has been dead ten hours now. Don't stir, and don't look at me like that. Who the man is, why he died, how he died, are matters that do not concern you. What you have to do is this--"
Nach einem Augenblick peinlichen Schweigens beugte er sich nach vorn und sagte sehr ruhig, die Wirkung jedes Wortes auf dem Gesicht des Mannes ablesend, den er hatte holen lassen: »Alan, in einem verschlossenen Dachzimmer dieses Hauses, in einem Zimmer, zu dem kein einziger Mensch außer mir Zutritt hat, sitzt ein toter Mann an einem Tisch. Er ist jetzt seit zehn Stunden tot. Bleib' ruhig sitzen und sieh mich nicht so an. Wer der Mann ist, warum er starb, wie er starb, sind Dinge, die dich nicht kümmern. Was du zu tun hast, ist --«
After a little while, he hailed a hansom and drove home. For a few moments he loitered upon the doorstep, looking round at the silent square, with its blank, close-shuttered windows and its staring blinds. The sky was pure opal now, and the roofs of the houses glistened like silver against it. From some chimney opposite a thin wreath of smoke was rising. It curled, a violet riband, through the nacre-coloured air.
Nach einer Weile rief er sich eine Droschke und fuhr nach Hause. Ein paar Augenblicke blieb er zögernd auf der Schwelle stehen, blickte über den schweigenden Platz und auf die Häuser mit den blanken, geschlossenen Fenstern und den hellen Gardinen. Der Himmel war jetzt ein wirklicher Opal, und die Dächer der Häuser glitzerten ihm wie Silber entgegen. Von einem Schornstein gegenüber stieg eine dünne Rauchsäule in die Höhe. Sie schlängelte sich wie ein violettes Band durch die perlmutterfarbene Luft.
After some time Dorian Gray looked up. "You have explained me to myself, Harry," he murmured with something of a sigh of relief. "I felt all that you have said, but somehow I was afraid of it, and I could not express it to myself. How well you know me! But we will not talk again of what has happened. It has been a marvellous experience. That is all. I wonder if life has still in store for me anything as marvellous."
Nach einer Weile sah Dorian Gray auf. »Du hast mich mir selber klargemacht«, flüsterte er mit einem Seufzer der Erleichterung. »Alles, was du gesagt hast, habe ich auch gefühlt, nur hab' ich mich davor geängstigt, und ich konnte es mir selbst nicht ausdrücken. Wie gut du mich kennst! Aber wir wollen, von dem was geschehen ist, nie wieder sprechen. Es war ein wundersames Erlebnis. Das ist alles. Ich möchte wissen, ob meiner noch etwas so Wunderbares im Leben harrt.«
After some time, he thrust away his plate and put his head in his hands. He felt that he had a right to know. It should have been told to him before, if it was as he suspected. Leaden with fear, his mother watched him. Words dropped mechanically from her lips. A tattered lace handkerchief twitched in her fingers. When the clock struck six, he got up and went to the door. Then he turned back and looked at her. Their eyes met. In hers he saw a wild appeal for mercy. It enraged him.
Nach einer Weile schob er seinen Teller zurück und stützte den Kopf in die Hände. Er fühlte, daß er ein Recht habe, es zu wissen. Wenn die Dinge lagen, wie er vermutete, hätte man es ihm längst sagen sollen. Gepeinigt von Furcht, beobachtete ihn die Mutter. Die Worte tröpfelten ihr mechanisch von den Lippen. Ihre Finger zerknüllten ein zerrissenes Spitzentaschentuch. Als die Uhr sechs schlug, stand er auf und ging zur Tür. Dann wandte er sich um und sah sie an. Ihre Blicke begegneten sich. In den ihren las er ein inbrünstiges Bitten um Mitleid. Das machte ihn erst recht zornig.
After a pause, Lord Henry pulled out his watch. "I am afraid I must be going, Basil," he murmured, "and before I go, I insist on your answering a question I put to you some time ago."
Nach einer Weile zog Lord Henry seine Uhr: »Ich fürchte, ich muß gleich fort, Basil,« brummte er, »aber bevor ich gehe, mußt du mir noch unbedingt die Frage beantworten, die ich vorhin an dich gerichtet habe.«
After a little time he heard steps in the passage and the chain being unhooked. The door opened quietly, and he went in without saying a word to the squat misshapen figure that flattened itself into the shadow as he passed. At the end of the hall hung a tattered green curtain that swayed and shook in the gusty wind which had followed him in from the street. He dragged it aside and entered a long low room which looked as if it had once been a third-rate dancing-saloon. Shrill flaring gas-jets, dulled and distorted in the fly-blown mirrors that faced them, were ranged round the walls. Greasy reflectors of ribbed tin backed them, making quivering disks of light. The floor was covered with ochre-coloured sawdust, trampled here and there into mud, and stained with dark rings of spilled liquor. Some Malays were crouching by a little charcoal stove, playing with bone counters and showing their white teeth as they chattered. In one corner, with his head buried in his arms, a sailor sprawled over a table, and by the tawdrily painted bar that ran across one complete side stood two haggard women, mocking an old man who was brushing the sleeves of his coat with an expression of disgust. "He thinks he's got red ants on him," laughed one of them, as Dorian passed by. The man looked at her in terror and began to whimper.
Nach einer kleinen Pause hörte er Schritte im Flur und wie die Türkette losgemacht wurde. Die Tür öffnete sich vorsichtig, und er trat hinein, ohne ein Wort zu der kleinen erbärmlichen Gestalt zu sagen, die sich in den Schatten drückte, als er vorbeischritt. Am Ende des Flurs hing ein zerlumpter grüner Vorhang, der sich in dem starken Luftzug, den er von der Straße her mitbrachte, hin und her bauschte. Er schob ihn beiseite und trat in einen langen, niedrigen Raum, der so aussah, als wäre er früher ein Tanzlokal dritten Ranges gewesen. Grell flackernde Gasflammen, die in den fliegenbeschmutzten Spiegeln gegenüber matt und verzehrt erschienen, brannten rings an den Wänden. Schmierige Reflektoren aus geripptem Wellblech waren dahinter angebracht und warfen tanzende Lichtkreise. Der Boden war mit ockerfarbigen Sägespänen bestreut, die an einzelnen Stellen zu Schmutzklumpen zertreten waren und auf denen sich von vergossenen Getränken schwarze Ringe abzeichneten. Ein paar Malaien hockten mit untergeschlagenen Beinen an einem kleinen Kohlenofen, spielten mit knöchernen Würfeln und zeigten beim Sprechen ihre weißlichen Zähne. In einem Winkel, den Kopf auf die Hände gestützt, räkelte sich ein Matrose über den Tisch, und an dem schreiend bemalten Büfett, das eine ganze Seite des Raumes einnahm, standen zwei heruntergekommene Weibspersonen und höhnten einen alten Mann, der mit einem Ausdruck des Ekels die Ärmel seines Rockes bürstete. »Er denkt, er hat sich Läuse geholt«, lachte die eine, als Dorian vorüberging. Der Mann sah sie erschreckt an und begann zu jammern.
After a few moments he drew back the latch and slipped out, shutting the door very gently behind him. Then he began ringing the bell. In about five minutes his valet appeared, half-dressed and looking very drowsy.
Nach einigen Augenblicken schob er den Riegel zurück und schlüpfte hinaus, das Tor ganz leise hinter sich schließend. Dann zog er die Klingel. Nach etwa fünf Minuten erschien sein Diener, halb angezogen und sehr verschlafen.
After a few moments, in her black silk dress, with old-fashioned thread mittens on her wrinkled hands, Mrs. Leaf bustled into the library. He asked her for the key of the schoolroom.
Nach einigen Augenblicken trat Frau Leaf in ihrem schwarzseidenen Kleid, altmodische Zwirnhandschuhe auf den runzligen Händen, in die Bibliothek. Er verlangte von ihr den Schlüssel zum Schulzimmer.
After a few moments--that were to him, in his perturbed state, like endless hours of pain--he felt a hand laid on his shoulder. He started and looked round.
Nach einigen Augenblicken, die ihm in seiner Fassungslosigkeit wie endlose, peinvolle Stunden vorkamen, fühlte er eine Hand auf seiner Schulter. Er zuckte zusammen und wandte sich um.
After a few years he could not endure to be long out of England, and gave up the villa that he had shared at Trouville with Lord Henry, as well as the little white walled-in house at Algiers where they had more than once spent the winter. He hated to be separated from the picture that was such a part of his life, and was also afraid that during his absence some one might gain access to the room, in spite of the elaborate bars that he had caused to be placed upon the door.
Nach einigen Jahren konnte er es nicht aushalten, lange von England weg zu sein, und gab das Landhaus auf, das er gemeinsam mit Lord Henry in Trouville innegehabt hatte, und ebenso das kleine, von weißer Mauer umrahmte Haus in Algier, wo sie mehr als einmal den Winter verbracht hatten. Er konnte es nicht ertragen, von dem Porträt getrennt zu sein, das jetzt gewissermaßen ein Teil seines Lebens geworden war, und er fürchtete auch, es könne in seiner Abwesenheit irgend jemand Zutritt bekommen trotz den sorgfältig gearbeiteten Sicherheitsschlössern, die er an der Türe hatte anbringen lassen.
After some time they left the clay road and rattled again over rough-paven streets. Most of the windows were dark, but now and then fantastic shadows were silhouetted against some lamplit blind. He watched them curiously. They moved like monstrous marionettes and made gestures like live things. He hated them. A dull rage was in his heart. As they turned a corner, a woman yelled something at them from an open door, and two men ran after the hansom for about a hundred yards. The driver beat at them with his whip.
Nach einiger Zeit verließen sie den Lehmweg und ratterten wieder über ein holpriges Straßenpflaster. Die meisten Fenster waren dunkel, aber dann und wann sah man phantastische Schatten wie Silhouetten hinter einem erleuchteten Rouleau. Er spähte neugierig darauf hin. Sie bewegten sich wie riesenhafte Marionetten und gestikulierten wie lebende Wesen. Eine Art Haß auf sie überkam ihn. Ein dumpfer Zorn kochte in seinem Herzen. Als sie um eine Ecke bogen, rief ihnen ein Weib aus einer offenen Tür etwas zu, und zwei Männer rannten ein paar hundert Meter hinter der Droschke her. Der Kutscher schlug mit seiner Peitsche nach ihnen.
After about a quarter of an hour, he got the coachman and one of the footmen and crept upstairs. They knocked, but there was no reply. They called out. Everything was still. Finally, after vainly trying to force the door, they got on the roof and dropped down on to the balcony. The windows yielded easily--their bolts were old.
Nach etwa einer Viertelstunde holte er sich den Kutscher und einen der Lakaien und schlich mit ihnen hinauf. Sie klopften, aber es kam keine Antwort. Sie riefen. Alles war still. Schließlich, nachdem sie erfolglos versucht hatten, die Tür zu sprengen, kletterten sie auf das Dach und ließen sich auf den Balkon herab. Die Glastür gab leicht nach; ihre Riegel waren alt.
After about ten minutes a knock came to the door, and the servant entered, carrying a large mahogany chest of chemicals, with a long coil of steel and platinum wire and two rather curiously shaped iron clamps.
Nach etwa zehn Minuten klopfte es an die Tür, und der Diener trat ein und brachte einen großen Mahagonikasten mit Chemikalien, eine lange Rolle Stahl- und Platindraht und zwei absonderlich geformte Eisenklammern.
In two or three minutes there was another knock, and Mr. Hubbard himself, the celebrated frame-maker of South Audley Street, came in with a somewhat rough-looking young assistant. Mr. Hubbard was a florid, red-whiskered little man, whose admiration for art was considerably tempered by the inveterate impecuniosity of most of the artists who dealt with him. As a rule, he never left his shop. He waited for people to come to him. But he always made an exception in favour of Dorian Gray. There was something about Dorian that charmed everybody. It was a pleasure even to see him.
Nach zwei bis drei Minuten klopfte es wieder, und Herr Hubbard, der berühmte Rahmenfabrikant aus South Audley Street, trat mit einem struwwelig aussehenden Gehilfen herein. Herr Hubbard war ein blühend aussehender, rotbäckiger, kleiner Mann, dessen Bewunderung für die Kunst beträchtlich vermindert worden war durch den althergebrachten Geldmangel bei den meisten Künstlern, die mit ihm zu tun hatten. In der Regel verließ er seine Werkstatt nie. Er wartete, bis die Leute zu ihm kamen. Aber bei Dorian Gray machte er immer eine Ausnahme. Es war etwas an Dorian, was jeden entzückte. Ihn nur zu sehen, das war schon ein Vergnügen.
After two or three minutes of terrible silence, Dorian turned round and came and stood behind him, putting his hand upon his shoulder.
Nach zwei oder drei Minuten furchtbaren Schweigens wandte sich Dorian um, ging zu ihm hin, stellte sich hinter ihn und legte ihm die Hand auf die Schulter.
Good pilgrim, you do wrong your hand too much, Which mannerly devotion shows in this; For saints have hands that pilgrims' hands do touch, And palm to palm is holy palmers' kiss--
Nein, Pilger, lege nichts der Hand zuschulden Für ihren sittsam-andachtsvollen Gruß; Der Heiligen Rechte darf Berührung dulden, Und Hand in Hand ist frommer Waller Kuß --
No; that was impossible. Hour by hour, and week by week, the thing upon the canvas was growing old. It might escape the hideousness of sin, but the hideousness of age was in store for it. The cheeks would become hollow or flaccid. Yellow crow's feet would creep round the fading eyes and make them horrible. The hair would lose its brightness, the mouth would gape or droop, would be foolish or gross, as the mouths of old men are. There would be the wrinkled throat, the cold, blue-veined hands, the twisted body, that he remembered in the grandfather who had been so stern to him in his boyhood. The picture had to be concealed. There was no help for it.
Nein, das war unmöglich. Stunde für Stunde und Woche für Woche alterte das Antlitz auf der Leinwand. Es mochte den Greueln der Sünde entfliehen, aber die Greuel des Alters mußten es einholen. Die Wangen müssen hohl oder schlaff werden. Gelbe Krähenfüße müssen sich um die glanzlosen Augen herumringeln und sie fürchterlich machen. Das Haar mußte seinen Glanz verlieren, der Mund klaffen oder einfallen, blöde oder gewöhnlich aussehen, wie eben der Mund alter Leute aussieht. Der Hals mußte verschrumpfen, die Hände mußten kalt und von blauen Adern durchzogen werden, der Körper mußte sich krümmen, wie er ihn bei seinem Großvater gesehen hatte, der so streng gegen ihn gewesen war in der Knabenzeit. Das Bildnis mußte verborgen bleiben. Da konnte nichts helfen.
No; it was merely an illusion wrought on the troubled senses. The horrible night that he had passed had left phantoms behind it. Suddenly there had fallen upon his brain that tiny scarlet speck that makes men mad. The picture had not changed. It was folly to think so.
Nein; es war nur eine Einbildung, ein Gewebe der verwirrten Sinne. Die fürchterliche Nacht, die er durchlebte, hatte Gespenster zurückgelassen. Der winzige scharlachrote Fleck, der die Menschen zum Wahnsinn treibt, war plötzlich auf seinem Gehirn zum Vorschein gekommen. Das Bild war nicht anders geworden. Es war Wahnsinn, das anzunehmen.
Chapter 9
Neuntes Kapitel
Chapter 19
Neunzehntes Kapitel
Well, after I had been in the room about ten minutes, talking to huge overdressed dowagers and tedious academicians, I suddenly became conscious that some one was looking at me. I turned half-way round and saw Dorian Gray for the first time. When our eyes met, I felt that I was growing pale. A curious sensation of terror came over me. I knew that I had come face to face with some one whose mere personality was so fascinating that, if I allowed it to do so, it would absorb my whole nature, my whole soul, my very art itself. I did not want any external influence in my life. You know yourself, Harry, how independent I am by nature. I have always been my own master; had at least always been so, till I met Dorian Gray.
Nun also, ich war etwa zehn Minuten da und redete mit korpulenten, aufgeputzten, vornehmen Witwen und platten Akademikern, da merkte ich plötzlich, daß mich jemand anblickte. Ich drehte mich halb um und sah zum ersten Male Dorian Gray. Ich spürte, wie ich blaß wurde, als sich unsere Blicke begegneten. Ein seltsames Angstgefühl überkam mich. Ich wußte, ich stand einem Menschen Aug-in-Auge gegenüber, dessen bloße Erscheinung so bezaubernd auf mich wirkte, daß sie, wenn ich sie gewähren ließe, meine ganze Natur, meine ganze Seele, ja selbst meine Kunst an sich reißen müßte. Ich bedurfte nie in meinem Leben irgendwelcher Einwirkung von außen her. Du weißt ja selbst, Harry, wie unabhängig ich von Haus aus bin. Ich bin immer mein eigener Herr gewesen; war es wenigstens so lange, bis ich Dorian Gray traf.
A laugh ran round the table.
Nun lachte der ganze Tisch.
Although I joy in thee, I have no joy of this contract to-night: It is too rash, too unadvised, too sudden; Too like the lightning, which doth cease to be Ere one can say, "It lightens." Sweet, good-night! This bud of love by summer's ripening breath May prove a beauteous flower when next we meet--
Obwohl ich dein mich freue, Freu' ich mich nicht des Bundes dieser Nacht: Er ist zu rasch, zu unbedacht, zu plötzlich, Gleicht allzusehr dem Blitz, der schon vorbei, Noch eh' man sagen kann: es blitzt. -- Schlaf süß! Mag warmer Sommerhauch die Liebesknospe Zur Blume bis zum Wiedersehn entfalten --
Often, on returning home from one of those mysterious and prolonged absences that gave rise to such strange conjecture among those who were his friends, or thought that they were so, he himself would creep upstairs to the locked room, open the door with the key that never left him now, and stand, with a mirror, in front of the portrait that Basil Hallward had painted of him, looking now at the evil and aging face on the canvas, and now at the fair young face that laughed back at him from the polished glass. The very sharpness of the contrast used to quicken his sense of pleasure. He grew more and more enamoured of his own beauty, more and more interested in the corruption of his own soul. He would examine with minute care, and sometimes with a monstrous and terrible delight, the hideous lines that seared the wrinkling forehead or crawled around the heavy sensual mouth, wondering sometimes which were the more horrible, the signs of sin or the signs of age. He would place his white hands beside the coarse bloated hands of the picture, and smile. He mocked the misshapen body and the failing limbs.
Oft, wenn er von einer der geheimnisvollen längeren Abwesenheiten zurückkehrte, die so merkwürdige Vermutungen bei seinen Freunden erregten oder bei jenen, die sich dafür hielten, so schlich er hinauf in die verschlossene Dachstube, öffnete die Tür mit dem Schlüssel, der ihn nun nie mehr verließ, und stand mit einem Handspiegel vor dem Bildnis, das Basil Hallward von ihm gemalt hatte, und sah bald auf das schändliche und gealterte Antlitz auf der Leinwand, bald auf das schöne, junge Gesicht, das ihn aus der glatten Spiegelfläche anlächelte. Gerade die Stärke dieses Kontrastes pflegte seine Lustempfindung zu erhöhen. Er verliebte sich mehr und mehr in seine eigene Schönheit und empfand mehr und mehr Teilnahme für die Verderbnis seiner eigenen Seele. Er untersuchte mit peinlicher Sorgsamkeit und manchmal mit ungeheuerlichem und schrecklichem Wonnegefühl die häßlichen Linien, die die runzlige Stirn durchfurchten oder sich um den üppigen sinnlichen Mund schlängelten, und fragte sich manchmal, ob wohl die Merkmale der Sünde schrecklicher seien oder die Spuren des Alters? Er legte seine weißen Hände neben die rohen, gedunsenen Hände des Bildes und lächelte. Er machte sich lustig über den verunstalteten Leib und die welkenden Glieder.
Suddenly he stopped and glanced up at the houses. He found that he had passed his aunt's some distance, and, smiling to himself, turned back. When he entered the somewhat sombre hall, the butler told him that they had gone in to lunch. He gave one of the footmen his hat and stick and passed into the dining-room.
Plötzlich blieb er stehen und sah an den Häusern hinauf. Er entdeckte, daß er bereits an dem Hause seiner Tante vorbeigegangen sei, und ging stillächelnd zurück. Als er in die etwas düstere Halle eintrat, sagte ihm der Diener, die Herrschaften seien schon beim Frühstück. Er gab einem Lakai Hut und Stock und ging in den Speisesaal.
Suddenly from a lumpy tussock of old grass some twenty yards in front of them, with black-tipped ears erect and long hinder limbs throwing it forward, started a hare. It bolted for a thicket of alders. Sir Geoffrey put his gun to his shoulder, but there was something in the animal's grace of movement that strangely charmed Dorian Gray, and he cried out at once, "Don't shoot it, Geoffrey. Let it live."
Plötzlich brach aus einem dicken Büschel alten Grases, vielleicht zwanzig Meter vor ihnen, ein Hase aus, die schwarzgesprenkelten Löffel steif aufgerichtet und die langen Hinterläufe nach vorn werfend. Er schnellte auf ein Erlendickicht los. Sir Goeffrey riß das Gewehr an die Schulter, aber in der anmutigen Bewegung des Tieres lag etwas, das Dorian Gray seltsam entzückte, und er rief hastig: »Schieß nicht, Geoffrey. Laß ihn laufen!«
Suddenly the painter appeared at the door of the studio and made staccato signs for them to come in. They turned to each other and smiled.
Plötzlich erschien der Maler unter der Tür des Ateliers und forderte sie mit kurzen wiederholten Zeichen auf, hereinzukommen. Sie sahen sich einander an und lächelten.
Suddenly his eye fell on the screen that he had placed in front of the portrait, and he started.
Plötzlich fiel sein Blick auf den Wandschirm, den er vor das Bild gestellt hatte, und er zuckte zusammen.
Suddenly she felt the need to speak. The wordy silence troubled her. "Mother, Mother," she cried, "why does he love me so much? I know why I love him. I love him because he is like what love himself should be. But what does he see in me? I am not worthy of him. And yet--why, I cannot tell--though I feel so much beneath him, I don't feel humble. I feel proud, terribly proud. Mother, did you love my father as I love Prince Charming?"
Plötzlich fühlte sie das Bedürfnis, zu sprechen. Die wortüberfüllte Schweigsamkeit verwirrte sie. »Mutter, Mutter,« rief sie, »warum liebt er mich so innig? Ich weiß, warum ich ihn liebe. Ich liebe ihn, weil er so ist, wie die Liebe selbst sein muß. Aber was findet er an mir? Ich bin seiner nicht wert. Und doch -- ich weiß nicht, warum -- ich fühle mich wohl tief unter ihm, aber ich fühle mich nicht gering. Stolz bin ich, schrecklich stolz. Mutter, hast du meinen Vater so geliebt, wie ich den Prinzen Märchenschön liebe?«
Suddenly the man drew up with a jerk at the top of a dark lane. Over the low roofs and jagged chimney- stacks of the houses rose the black masts of ships. Wreaths of white mist clung like ghostly sails to the yards. "Somewhere about here, sir, ain't it?" he asked huskily through the trap.
Plötzlich hielt der Mann am Ende einer finstern Straße mit einem Ruck an. Über die niedrigen Dächer und gezackten Schornsteine der Häuser hinaus ragten die schwarzen Maste der Schiffe. Weiße Nebelfetzen hingen wie gespensterhafte Segel über den Werften. »Irgendwo hier, nicht wahr, Herr?« ertönte die rauhe Stimme des Kutschers durch das Schiebefenster.
Suddenly there came a knock to the door, and he heard Lord Henry's voice outside. "My dear boy, I must see you. Let me in at once. I can't bear your shutting yourself up like this."
Plötzlich pochte man an die Tür und er hörte Lord Henrys Stimme draußen. »Lieber Junge, ich muß dich sehen. Laß mich gleich herein! Ich kann es nicht zugeben, daß du dich so absperrst!«
Suddenly he started. His eyes grew strangely bright, and he gnawed nervously at his underlip. Between two of the windows stood a large Florentine cabinet, made out of ebony and inlaid with ivory and blue lapis. He watched it as though it were a thing that could fascinate and make afraid, as though it held something that he longed for and yet almost loathed. His breath quickened. A mad craving came over him. He lit a cigarette and then threw it away. His eyelids drooped till the long fringed lashes almost touched his cheek. But he still watched the cabinet. At last he got up from the sofa on which he had been lying, went over to it, and having unlocked it, touched some hidden spring. A triangular drawer passed slowly out. His fingers moved instinctively towards it, dipped in, and closed on something. It was a small Chinese box of black and gold-dust lacquer, elaborately wrought, the sides patterned with curved waves, and the silken cords hung with round crystals and tasselled in plaited metal threads. He opened it. Inside was a green paste, waxy in lustre, the odour curiously heavy and persistent.
Plötzlich schrak er zusammen. Seine Augen bekamen einen merkwürdigen Glanz und er nagte nervös an der Unterlippe. Zwischen zwei Fenstern stand ein großer Florentiner Ebenholzschrank mit Elfenbein und Lapislazuli eingelegt. Er starrte ihn an, als wär er ein Etwas, das fesseln und ängstigen könne, als schließe er etwas ein, das er sehnsüchtig begehrte und doch beinahe verabscheute. Sein Atem ging schneller. Eine wilde Gier überkam ihn. Er zündete eine Zigarette an und warf sie gleich wieder weg. Seine Augenlider senkten sich, bis die langen Wimpern fast die Wangen berührten. Aber er sah noch immer nach dem Schranke hin. Endlich erhob er sich vom Sofa, auf dem er gelegen hatte, ging zu dem Schrank hinüber, schloß ihn auf und drückte an eine geheime Feder. Ein dreieckiges Schubfach kam langsam zum Vorschein. Seine Finger bewegten sich instinktiv danach, griffen hinein und faßten etwas. Es war ein kleines chinesisches Kästchen aus schwarzem, goldbetupftem Lack, das sehr sorgfältig gearbeitet war, und dessen Seiten gekrümmte Wellenlinien zierten, und an dessen seidenen Schnüren runde Kristalle mit Quasten aus geflochtenen Metallfäden hingen. Er öffnete das Kästchen. Eine grünlich-glänzende, wachsartige Masse von seltsam schwerem und durchdringendem Geruch lag darin.
Suddenly I found myself face to face with the young man whose personality had so strangely stirred me. We were quite close, almost touching. Our eyes met again. It was reckless of me, but I asked Lady Brandon to introduce me to him. Perhaps it was not so reckless, after all. It was simply inevitable. We would have spoken to each other without any introduction. I am sure of that. Dorian told me so afterwards. He, too, felt that we were destined to know each other."
Plötzlich stand ich dem jungen Manne gegenüber, dessen Äußeres mich vorhin so merkwürdig erschüttert hatte. Wir standen ganz nahe beieinander und berührten uns beinah. Unsere Blicke trafen sich wiederum. Es war leichtsinnig von mir, aber ich bat Lady Brandon, mich ihm vorzustellen. Vielleicht war es aber doch alles in allem nicht so leichtsinnig. Es war einfach nicht zu umgehen. Wir hätten auch ohne Vorstellung miteinander gesprochen. Ich bin dessen gewiß. Dorian sagte es mir nachher. Auch er fühlte, daß unsere Bekanntschaft Schicksalsfügung war.«
In politics he was a Tory, except when the Tories were in office, during which period he roundly abused them for being a pack of Radicals. He was a hero to his valet, who bullied him, and a terror to most of his relations, whom he bullied in turn. Only England could have produced him, and he always said that the country was going to the dogs. His principles were out of date, but there was a good deal to be said for his prejudices.
Politisch war er ein Tory, außer wenn die Tories Regierungspartei waren, denn in solchen Zeiten verlästerte er sie und schimpfte sie radikales Gesindel. Er war ein Held für seinen Kammerdiener, der ihn drangsalierte, und ein Schrecken für die meisten seiner Verwandten, die er drangsalierte. Nur England konnte ihn erzeugt haben, und er selber sagte immer, daß das Land mehr und mehr auf den Hund käme. Seine Grundsätze waren altmodisch, aber an seinen Vorurteilen war etwas dran.
Romeo was a stout elderly gentleman, with corked eyebrows, a husky tragedy voice, and a figure like a beer-barrel. Mercutio was almost as bad. He was played by the low-comedian, who had introduced gags of his own and was on most friendly terms with the pit. They were both as grotesque as the scenery, and that looked as if it had come out of a country- booth.
Romeo war ein hahnebüchener älterer Herr mit dick gemalten Brauen, einer versoffenen Tragödenstimme und einer Falstaffgestalt wie eine Biertonne. Mercutio war fast ebenso arg. Er wurde vom Komiker gespielt, der Mätzchen eigener Improvisation einstreute und in der verwandtschaftlichsten Beziehung zur Galerie stand. Sie waren beide genau so grotesk wie die Szenerie, und die sah aus, als käme sie vom Jahrmarktsrummel.
Veil after veil of thin dusky gauze is lifted, and by degrees the forms and colours of things are restored to them, and we watch the dawn remaking the world in its antique pattern. The wan mirrors get back their mimic life. The flameless tapers stand where we had left them, and beside them lies the half-cut book that we had been studying, or the wired flower that we had worn at the ball, or the letter that we had been afraid to read, or that we had read too often. Nothing seems to us changed. Out of the unreal shadows of the night comes back the real life that we had known. We have to resume it where we had left off, and there steals over us a terrible sense of the necessity for the continuance of energy in the same wearisome round of stereotyped habits, or a wild longing, it may be, that our eyelids might open some morning upon a world that had been refashioned anew in the darkness for our pleasure, a world in which things would have fresh shapes and colours, and be changed, or have other secrets, a world in which the past would have little or no place, or survive, at any rate, in no conscious form of obligation or regret, the remembrance even of joy having its bitterness and the memories of pleasure their pain.
Schleier nach Schleier aus feiner, dunkelfarbener Gaze heben sich, und allmählich erhalten die Dinge ihre Formen und Farben zurück, und wir sehen es mit an, wie die Frühdämmerung der Welt ihre alte Gestalt zurückgibt. Die verschwommenen Spiegel bekommen ihr Scheinleben zurück. Die lichtlosen Lampen stehen, wo wir sie gelassen haben, und neben ihnen liegt das halb aufgeschnittene Buch, darin wir gelesen, oder die verwelkte Blume, die wir auf dem Ball getragen, oder der Brief, den zu lesen wir uns gefürchtet oder den wir zu oft gelesen haben. Nichts scheint uns geändert. Aus den unwirklichen Schatten der Nacht tritt das wirkliche Leben hervor, das wir kannten. Wir haben es da wieder aufzunehmen, wo wir es unterbrochen haben, und uns beschleicht das fürchterliche Gefühl der Notwendigkeit, seine Energien weiter verbrauchen zu müssen in der gleichen ermüdenden Tretmühle stereotyper Gewohnheiten, oder vielleicht überschleicht uns eine wilde Sehnsucht, daß sich unsere Augen eines Morgens öffnen möchten für eine Welt, die im nächtigen Dunkel zu unserer Lust neu erschaffen worden sei, für eine Welt, in der die Dinge frische Linien und Farben hätten, verändert seien oder andere Geheimnisse bürgen, für eine Welt, in der die Vergangenheit nur einen unbedeutenden oder gar keinen Platz hätte oder wenigstens in keiner bewußten Form von Verpflichtung oder Reue weiterlebte, wo die Erinnerung selbst an die Freude ihre Bitterkeit enthält und dem Gedächtnis an den Genuß ein Schmerz beigemischt ist.
Chapter 6
Sechstes Kapitel
Chapter 16
Sechzehntes Kapitel
Soul and body, body and soul--how mysterious they were! There was animalism in the soul, and the body had its moments of spirituality. The senses could refine, and the intellect could degrade. Who could say where the fleshly impulse ceased, or the psychical impulse began? How shallow were the arbitrary definitions of ordinary psychologists! And yet how difficult to decide between the claims of the various schools! Was the soul a shadow seated in the house of sin? Or was the body really in the soul, as Giordano Bruno thought? The separation of spirit from matter was a mystery, and the union of spirit with matter was a mystery also.
Seele und Leib, Leib und Seele -- wie geheimnisvoll das alles ist! Animalisches ist in der Seele, und der Leib hat seine Augenblicke geistiger Veredlung. Die Sinne können sich läutern, und der Intellekt kann sich vergröbern. Wer kann sagen, wo die fleischlichen Triebe endigen und die seelischen beginnen? Wie flach sind die willkürlichen Erklärungen der handwerksmäßigen Psychologen! Und doch, wie schwierig ist die Entscheidung zwischen den Lehren der einzelnen Schulen. Ist die Seele ein Schatten, der im Hause der Sünde wohnt? Oder ist der Körper wirklich in der Seele eingeschlossen, wie es sich Giordano Bruno dachte? Die Trennung von Geist und Stoff ist ein Geheimnis, und die Vereinigung von Geist und Stoff ist abermals ein Geheimnis.
His eye fell on the yellow book that Lord Henry had sent him. What was it, he wondered. He went towards the little, pearl-coloured octagonal stand that had always looked to him like the work of some strange Egyptian bees that wrought in silver, and taking up the volume, flung himself into an arm-chair and began to turn over the leaves. After a few minutes he became absorbed. It was the strangest book that he had ever read. It seemed to him that in exquisite raiment, and to the delicate sound of flutes, the sins of the world were passing in dumb show before him. Things that he had dimly dreamed of were suddenly made real to him. Things of which he had never dreamed were gradually revealed.
Sein Auge fiel auf das gelbe Buch, das ihm Lord Henry geschickt hatte. Er war gespannt, was es sein mochte. Er trat an den kleinen perlfarbenen, achteckigen Hocker, der ihm immer wie das Werk seltsamer ägyptischer Bienen vorgekommen war, die ihre Waben in Silber trieben, nahm den Band zur Hand, warf sich in einen Lehnsessel und begann zu blättern. Nach einigen Augenblicken kam er nicht mehr davon los. Es war das merkwürdigste Buch, das er je gelesen hatte. Es schien ihm, als zögen in erlesenen Prachtgewändern und zum Klange von Flöten die Sünden der Welt in stummem Reigentanze an ihm vorbei. Dinge, die er bestimmt geträumt hatte, wurden plötzlich zur Wirklichkeit. Dinge, von denen er vag geträumt hatte, wurden ihm mählich enthüllt.
His hand shook, and the candle fell from its socket on the floor and lay there sputtering. He placed his foot on it and put it out. Then he flung himself into the rickety chair that was standing by the table and buried his face in his hands.
Seine Hand zitterte und die Kerze fiel aus dem Leuchter auf den Boden und lag rauchend da. Er trat mit dem Fuß darauf und erstickte sie. Dann warf er sich selbst in den wackligen Stuhl vor dem Tische und vergrub das Gesicht in seinen Händen.
His mother! He had something on his mind to ask of her, something that he had brooded on for many months of silence. A chance phrase that he had heard at the theatre, a whispered sneer that had reached his ears one night as he waited at the stage-door, had set loose a train of horrible thoughts. He remembered it as if it had been the lash of a hunting-crop across his face. His brows knit together into a wedgelike furrow, and with a twitch of pain he bit his underlip.
Seine Mutter! Es brütete in ihm, sie über etwas zu fragen, was er viele schweigsame Monate hindurch mit sich herumgeschleppt hatte. Ein zufälliges Wort, das er im Theater aufgeschnappt hatte, ein hingeflüstertes Scherzwort, das er eines Abends auffing, als er an der Bühnentür wartete, hatte eine Flucht schrecklicher Gedanken entfesselt. Die Erinnerung daran schmerzte ihn wie der Hieb einer Reitpeitsche in sein Gesicht. Seine Brauen kniffen sich in eine tiefe Furche zusammen, und in schmerzlichem Krampf biß er sich auf die Lippen.
Even the common uneducated audience of the pit and gallery lost their interest in the play. They got restless, and began to talk loudly and to whistle. The Jew manager, who was standing at the back of the dress-circle, stamped and swore with rage. The only person unmoved was the girl herself.
Selbst das gewöhnliche, ungebildete Publikum auf Stehplatz und Galerie verlor sein Interesse am Stück. Man wurde unruhig und begann laut zu sprechen und zu zischen. Der jüdische Direktor, der im Hintergrunde des ersten Ranges stand, stampfte mit den Füßen und fluchte vor Wut. Einzig und allein unbewegt war das Mädchen selbst.
Even now I cannot help feeling that it is a mistake to think that the passion one feels in creation is ever really shown in the work one creates. Art is always more abstract than we fancy. Form and colour tell us of form and colour--that is all. It often seems to me that art conceals the artist far more completely than it ever reveals him. And so when I got this offer from Paris, I determined to make your portrait the principal thing in my exhibition. It never occurred to me that you would refuse. I see now that you were right. The picture cannot be shown. You must not be angry with me, Dorian, for what I have told you. As I said to Harry, once, you are made to be worshipped."
Selbst jetzt kann ich nicht umhin, zu fühlen, daß es ein Irrtum sein muß, wenn man glaubt, daß die Begeisterung, die man beim Schaffen hat, in dem Werke, das man schafft, leibhaftig zum Ausdruck käme. Die Kunst ist immer abstrakter, als wir uns einbilden. Form und Farbe erzählen uns von Form und Farbe -- weiter nichts. Es scheint mir oft, daß die Kunst den Künstler viel mehr verbirgt als offenbart. Und als ich dann den Antrag aus Paris bekam, entschloß ich mich, dein Bild zum Hauptstück meiner Ausstellung zu machen. Es fiel mir nie ein, daß du es nicht zulassen würdest. Ich sehe jetzt, daß du recht hast. Das Bild darf nicht ausgestellt werden. Du mußt mir nicht böse sein, Dorian, wegen der Dinge, die ich gesagt habe. Ich habe früher einmal Harry gesagt, du bist dazu geschaffen, angebetet zu werden.«
Sibyl Vane tossed her head and laughed. "We don't want him any more, Mother. Prince Charming rules life for us now." Then she paused. A rose shook in her blood and shadowed her cheeks. Quick breath parted the petals of her lips. They trembled. Some southern wind of passion swept over her and stirred the dainty folds of her dress. "I love him," she said simply.
Sibyl Vane warf den Kopf in den Nacken und lachte: »Wir brauchen ihn nicht mehr, Mutter, der Prinz Märchenschön bestimmt von jetzt ab über unser Leben.« Dann schwieg sie. Eine Blutwelle schoß in ihre Wangen und tauchte sie in ein dunkles Rot. Der rasche Atem öffnete ihre blühenden Lippen. Sie zitterten. Ein Südwind heißer Leidenschaft durchbrauste sie und bewegte die glatten Falten ihrer Gewandung. »Ich liebe ihn«, sagte sie mit einfachem Ausdruck.
She made her brother talk of himself, his hopes, his prospects. He spoke slowly and with effort. They passed words to each other as players at a game pass counters. Sibyl felt oppressed. She could not communicate her joy. A faint smile curving that sullen mouth was all the echo she could win. After some time she became silent. Suddenly she caught a glimpse of golden hair and laughing lips, and in an open carriage with two ladies Dorian Gray drove past.
Sie brachte ihren Bruder dazu, daß er von sich, seinen Aussichten und seinen Plänen sprach. Er redete zögernd und mühsam. Sie ließen ihre Worte langsam aufeinanderfolgen, wie sich Spieler ihre Points ansagen. Sibyl fühlte sich niedergedrückt. Sie konnte ihre Freude nicht mitteilen. Ein schwaches Lächeln, das seinen vergrämten Mund umspielte, war die einzige Antwort, die sie erhielt. Nach einiger Zeit verstummten sie beide. Plötzlich erblickte sie den Schimmer goldenen Haares und lachende Lippen, und in einem offenen Wagen fuhr Dorian Gray mit zwei Damen vorbei.
She rose from her knees and, with a piteous expression of pain in her face, came across the room to him. She put her hand upon his arm and looked into his eyes. He thrust her back.
Sie erhob sich von den Knien und ging mit einem wehen, qualvollen Antlitz zu ihm hin. Sie legte ihm die Hand auf den Arm und sah ihm in die Augen. Er stieß sie zurück.
She flushed. "What do you mean, Jim?" she asked.
Sie errötete. »Wie meinst du das, Jim?« fragte sie.
She did not answer for some time, but stood gazing at the landscape. "I wish I knew," she said at last.
Sie gab eine Weile keine Antwort, sondern stand da und blickte auf die Landschaft. »Ich möchte es selber wissen«, sagte sie endlich.
They had reached the great flight of steps that led from the conservatory on to the terrace. As the glass door closed behind Dorian, Lord Henry turned and looked at the duchess with his slumberous eyes. "Are you very much in love with him?" he asked.
Sie hatten die große Treppe erreicht, deren Stufen vom Gewächshaus auf die Terrasse emporführten. Als sich die Glastür hinter Dorian geschlossen hatte, wandte sich Lord Henry um und sah die Herzogin mit seinen schläfrigen Augen an. »Bist du sehr in ihn verliebt?« fragte er.
She raised her hand up to heaven. "Before God I am telling the truth," she cried.
Sie hob die Hände gen Himmel. »Bei Gott, ich sage die Wahrheit!« rief sie.
She laughed and took his arm. "You dear old Jim, you talk as if you were a hundred. Some day you will be in love yourself. Then you will know what it is. Don't look so sulky. Surely you should be glad to think that, though you are going away, you leave me happier than I have ever been before. Life has been hard for us both, terribly hard and difficult. But it will be different now. You are going to a new world, and I have found one. Here are two chairs; let us sit down and see the smart people go by."
Sie lachte und nahm seinen Arm. »Du lieber, alter Jim, du sprichst, als wärest du hundert Jahre alt. Eines schönen Tages wirst du selbst lieben. Dann wirst du wissen, was das heißt. Guck mich nicht so brummig an. Du solltest dich freuen in dem Bewußtsein, daß du mich, obwohl du gehst, glücklicher zurückläßt, als ich je gewesen bin. Das Leben ist bisher hart für uns gewesen, furchtbar hart und schwer. Aber jetzt wird's anders. Du gehst in eine neue Welt, und ich habe eine neue gefunden. -- Da sind zwei Stühle frei, wir wollen uns setzen und die eleganten Leute Revue passieren lassen.«
You smile? Ah! when you have lost it you won't smile. . . .People say sometimes that beauty is only superficial. That may be so, but at least it is not so superficial as thought is. To me, beauty is the wonder of wonders. It is only shallow people who do not judge by appearances. The true mystery of the world is the visible, not the invisible. . . . Yes, Mr. Gray, the gods have been good to you. But what the gods give they quickly take away. You have only a few years in which to live really, perfectly, and fully. When your youth goes, your beauty will go with it, and then you will suddenly discover that there are no triumphs left for you, or have to content yourself with those mean triumphs that the memory of your past will make more bitter than defeats. Every month as it wanes brings you nearer to something dreadful. Time is jealous of you, and wars against your lilies and your roses.
Sie lächeln? Oh, wenn Sie sie verloren haben, lächeln Sie nicht mehr... Die Leute sagen manchmal, Schönheit sei nur etwas Äußerliches. Mag sein. Aber zum mindesten ist sie nicht so äußerlich wie das Denken. Für mich ist Schönheit aller Wunder Wunder. Nur die Hohlköpfe urteilen nicht nach dem Äußeren. Das wahre Geheimnis der Welt ist das Sichtbare, nicht das Unsichtbare... Ja, Herr Gray, die Götter haben es gut mit Ihnen gemeint. Aber was die Götter schenken, rauben sie bald wieder. Sie haben nur ein paar Jahre, wo Sie wahrhaftig vollkommen, restlos leben können. Indem Ihre Jugend verrauscht ist, nimmt sie die Schönheit mit, und dann werden Sie plötzlich entdecken, daß Ihrer keine Siege mehr warten, oder daß Sie sich mit jenen traurigen Siegen werden begnügen müssen, die Ihnen die Erinnerung an die Vergangenheit bitterer machen wird als Niederlagen. Jeder Monat, der dahingeht, bringt Sie näher einem schrecklichen Ziele. Die Zeit ist eifersüchtig auf Sie und kämpft gegen Ihre Lilien und Rosen.
In Sybil's own room they parted. There was jealousy in the lad's heart, and a fierce murderous hatred of the stranger who, as it seemed to him, had come between them. Yet, when her arms were flung round his neck, and her fingers strayed through his hair, he softened and kissed her with real affection. There were tears in his eyes as he went downstairs.
Sie nahmen in Sibyls Zimmer Abschied. Im Herzen des jungen Menschen brannte Eifersucht und ein grimmer, mörderischer Haß auf den Fremden, der, wie er meinte, zwischen sie getreten war. Als sich aber ihre Arme um seinen Hals schlangen, und ihre Finger durch sein Haar fuhren, wurde er sanfter und küßte sie mit wirklicher Zärtlichkeit. Als er hinunterging, standen Tränen in seinen Augen.
She looked at him in horror. He repeated his words. They cut the air like a dagger. The people round began to gape. A lady standing close to her tittered.
Sie sah ihn erschreckt an. Er wiederholte seine Worte. Sie durchschnitten die Luft wie ein Dolch. Die Leute ringsherum fingen an, auf sie hinzustarren. Eine Dame ganz in der Nähe kicherte.
She looked at him, smiling. "How long Mr. Gray is!" she said. "Let us go and help him. I have not yet told him the colour of my frock."
Sie sah ihn lächelnd an. »Wie lange Herr Gray wegbleibt«, sagte sie. »Wir wollen ihm helfen. Ich habe ihm noch nicht einmal die Farbe meines Kleides angegeben.«
She looked at him in wonder and laughed. He made no answer. She came across to him, and with her little fingers stroked his hair. She knelt down and pressed his hands to her lips. He drew them away, and a shudder ran through him.
Sie sah ihn staunend an und lachte. Er gab keine Antwort. Sie kam hin zu ihm und strich mit ihren kleinen Fingern durch sein Haar. Sie kniete nieder und preßte seine Hände an ihre Lippen. Er schob sie weg, und ein Schauder überlief ihn.
She looked charming as she came out in the moonlight. That could not be denied. But the staginess of her acting was unbearable, and grew worse as she went on. Her gestures became absurdly artificial. She overemphasized everything that she had to say. The beautiful passage--
Sie sah reizend aus, als sie im Mondschein auftrat. Das konnte niemand leugnen. Aber das Theatralische ihres Spiels war unerträglich und wurde im Verlauf immer ärger. Ihre Gesten waren lächerlich gekünstelt. Sie übertrieb das Pathos von allem, was sie zu sagen hatte. Die wundervollen Verse --
They looked at each other, as they walked away, and sneered. One of them was Sir Henry Ashton's uncle.
Sie sahen einander an, gingen weiter und lächelten. Einer von ihnen war Sir Henry Ashtons Onkel.
She seemed not to listen to him. She was transfigured with joy. An ecstasy of happiness dominated her. "Dorian, Dorian," she cried, "before I knew you, acting was the one reality of my life. It was only in the theatre that I lived. I thought that it was all true. I was Rosalind one night and Portia the other. The joy of Beatrice was my joy, and the sorrows of Cordelia were mine also. I believed in everything. The common people who acted with me seemed to me to be godlike. The painted scenes were my world. I knew nothing but shadows, and I thought them real.
Sie schien nicht zu hören, was er sagte. Sie war wie verklärt vor Vergnügen. Eine Ekstase des Glücks beherrschte sie. »Dorian, Dorian,« rief sie, »bevor ich dich kannte, war Spielen die einzige Wirklichkeit in meinem Leben. Nur im Theater lebte ich. Ich hielt das alles für wahr. An einem Abend war ich Rosalinde und Portia am andern. Beatrices Glück war mein Glück, und Kordelias Tränen waren die meinen. Ich glaubte an alles. Dies gewöhnliche Volk, das mit mir spielte, schien mir göttlich. Die bemalten Kulissen bedeuteten für mich die Welt. Ich kannte nichts als Schatten, und ich nahm sie für Wirklichkeit.
She snapped her fingers. "Prince Charming is what you like to be called, ain't it?" she yelled after him.
Sie schnippte mit den Fingern. »Was, du willst wohl Prinz Märchenschön genannt werden, das paßte dir, he?« kreischte sie hinter ihm her.
She shrank from him. Then she laughed and put her hand on his arm. He was merely a boy.
Sie schrak vor ihm zurück. Dann lachte sie und legte die Hand auf seinen Arm. Er war doch nur ein Junge.
They walked side by side in the direction of the avenue for nearly fifty yards without speaking. Then Dorian looked at Lord Henry and said, with a heavy sigh, "It is a bad omen, Harry, a very bad omen."
Sie schritten nebeneinander auf die Allee zu und sprachen etwa fünfzig Meter weit kein Wort. Dann sah Dorian Lord Henry an und sagte mit einem tiefen Seufzer: »Das ist ein böses Omen, Harry, ein sehr böses Omen.«
She shook her head. "I believe in the race," she cried.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube an unsere Rasse!« rief sie.
She shook her head. "I knew he was not free. We loved each other very much. If he had lived, he would have made provision for us. Don't speak against him, my son. He was your father, and a gentleman. Indeed, he was highly connected."
Sie schüttelte den Kopf. »Ich wußte, daß er nicht frei war. Wir haben uns sehr lieb gehabt. Wenn er am Leben geblieben wäre, hätte er für uns gesorgt. Sage nichts gegen ihn, mein Sohn. Er war dein Vater und ein Gentleman. Er hatte wirklich hohe Verbindungen.«
They took their seats amidst a crowd of watchers. The tulip-beds across the road flamed like throbbing rings of fire. A white dust-- tremulous cloud of orris-root it seemed--hung in the panting air. The brightly coloured parasols danced and dipped like monstrous butterflies.
Sie setzten sich mitten in eine Menge von Zuschauern. Die Tulpenbeete längs des Weges flammten wie beschwörende Feuerglocken. Ein weißer Dunst wie eine zitternde Wolke von Veilchenpuder hing in der schwülen Luft. Die hellfarbigen Sonnenschirme tanzten auf und ab wie Riesenschmetterlinge.
She started to her feet. "There he is!" she cried.
Sie sprang auf. »Da ist er!« rief sie.
They rose up and sauntered down the walk together. Two green-and-white butterflies fluttered past them, and in the pear-tree at the corner of the garden a thrush began to sing.
Sie standen auf und schlenderten den Weg zurück. Zwei grünlichweiße Schmetterlinge flatterten an ihnen vorüber, und in dem Birnbaum an der Gartenecke begann eine Drossel zu flöten.
They got up and put on their coats, sipping their coffee standing. The painter was silent and preoccupied. There was a gloom over him. He could not bear this marriage, and yet it seemed to him to be better than many other things that might have happened. After a few minutes, they all passed downstairs. He drove off by himself, as had been arranged, and watched the flashing lights of the little brougham in front of him. A strange sense of loss came over him. He felt that Dorian Gray would never again be to him all that he had been in the past. Life had come between them.... His eyes darkened, and the crowded flaring streets became blurred to his eyes. When the cab drew up at the theatre, it seemed to him that he had grown years older.
Sie standen auf, zogen ihre Röcke an und tranken den Kaffee im Stehen. Der Maler war schweigsam und bedrückt. Ein düsteres Gefühl lastete auf ihm. Er konnte diese Ehe nicht gutheißen, und sie schien ihm doch besser zu sein als manches andere, das hätte geschehen können. Nach einigen Minuten gingen sie gemeinsam die Treppe hinunter. Er fuhr, wie verabredet, allein, und sah auf die blitzenden Lichter des kleinen Wagens, der vor ihm dahinrollte. Das seltsame Gefühl eines großen Verlustes überkam ihn. Er fühlte, daß Dorian Gray nie wieder das für ihn sein würde, was er ihm früher gewesen war. Das Leben war zwischen sie getreten... Vor seinen Augen ward es dunkel, und die menschenvollen, erleuchteten Straßen verschwammen vor seinem Blick. Als seine Droschke am Theater vorfuhr, schien es ihm, als sei er um viele Jahre älter geworden.
She heaved a deep sigh. It was a sigh of relief. The terrible moment, the moment that night and day, for weeks and months, she had dreaded, had come at last, and yet she felt no terror. Indeed, in some measure it was a disappointment to her. The vulgar directness of the question called for a direct answer. The situation had not been gradually led up to. It was crude. It reminded her of a bad rehearsal.
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. Es war ein Seufzer der Erleichterung. Der schreckliche Augenblick, der Augenblick, vor dem sie Tag und Nacht seit Wochen und Monaten gebangt hatte, war endlich gekommen, und doch empfand sie keine Furcht. Ja, es war für sie gewissermaßen eine Enttäuschung. Die grobe Unumwundenheit der Frage heischte eine unumwundene Antwort. Die Situation war nicht langsam gesteigert worden. Es war roh. Es erinnerte sie an eine mißlungene Deklamation.
They went out into the flickering, wind-blown sunlight and strolled down the dreary Euston Road. The passersby glanced in wonder at the sullen heavy youth who, in coarse, ill-fitting clothes, was in the company of such a graceful, refined-looking girl. He was like a common gardener walking with a rose.
Sie traten hinaus in den flimmernden, windbewegten Sonnenschein und schlenderten die trostlose Euston Road hinab. Die Vorübergehenden blickten verwundert auf den unfreundlichen, schwerfälligen jungen Menschen in den groben schlechtsitzenden Kleidern, den ein so liebliches, fein aussehendes Mädchen begleitete. Er glich einem Gärtnerburschen, der eine Rose trägt.
She lingered for a few moments, and was garrulous over some detail of the household. He sighed and told her to manage things as she thought best. She left the room, wreathed in smiles.
Sie verweilte noch ein paar Augenblicke und wollte über irgendeine Angelegenheit in der Haushaltung zu quengeln anfangen. Er seufzte und sagte, sie solle alles so erledigen, wie sie es fürs beste halte. Mit strahlendem Gesichte verließ sie das Zimmer.
She was extremely annoyed at the tone he had adopted with her, and there was something in his look that had made her feel afraid.
Sie war äußerst gekränkt durch den Ton, den er ihr gegenüber angeschlagen hatte, und in seinem Blick lag etwas, das ihr Angst eingeflößt hatte.
You have never been to any of my parties, have you, Mr. Gray? You must come. I can't afford orchids, but I share no expense in foreigners. They make one's rooms look so picturesque. But here is Harry! Harry, I came in to look for you, to ask you something-- I forget what it was--and I found Mr. Gray here. We have had such a pleasant chat about music. We have quite the same ideas. No; I think our ideas are quite different. But he has been most pleasant. I am so glad I've seen him."
Sie waren nie auf einer meiner Gesellschaften, Herr Gray. Sie müssen einmal kommen. Ich kann mir zwar keine Orchideen leisten, aber ich scheue in der Anschaffung von Ausländern keine Ausgabe. Sie geben dem Hause ein so pittoreskes Aussehen. Aber da ist Harry. -- Harry, ich kam her, um dich zu suchen, um dich etwas zu fragen -- ich habe ganz vergessen, was -- und ich habe Herrn Gray hier getroffen. Wir haben so entzückend über Musik gesprochen. Unsere Ansichten darüber sind die gleichen. Nein, ich glaube, unsere Ansichten darüber sind ganz verschieden. Aber er ist ganz allerliebst gewesen. Ich freue mich so sehr, ihn einmal gesehen zu haben.«
She wept silently, and made no answer, but crept nearer. Her little hands stretched blindly out, and appeared to be seeking for him. He turned on his heel and left the room. In a few moments he was out of the theatre.
Sie weinte still weiter und sagte nichts, sondern kroch näher. Ihre kleinen Hände streckten sich ins Leere hinaus und schienen ihn zu suchen. Er wandte sich stehenden Fußes herum und verließ das Zimmer. Wenige Augenblicke später hatte er das Theater hinter sich.
You will become sallow, and hollow-cheeked, and dull- eyed. You will suffer horribly.... Ah! realize your youth while you have it. Don't squander the gold of your days, listening to the tedious, trying to improve the hopeless failure, or giving away your life to the ignorant, the common, and the vulgar. These are the sickly aims, the false ideals, of our age. Live! Live the wonderful life that is in you! Let nothing be lost upon you. Be always searching for new sensations. Be afraid of nothing. . . . A new Hedonism-- that is what our century wants. You might be its visible symbol. With your personality there is nothing you could not do. The world belongs to you for a season. . . .
Sie werden fahl und hohlwangig, und Ihre Augen werden sich trüben. Sie werden unsäglich leiden... Ach! leben Sie Ihre Jugend, solange sie da ist. Vergeuden Sie das Gold Ihrer Tage nicht, leihen Sie Ihr Ohr nicht den Philistern, mühen Sie sich nicht, hoffnungslose Verhängnisse zu verbessern, geben Sie Ihr Leben nicht den Unwissenden, Niedrigen, den gemeinen Leuten hin! Das sind die kranken Ziele, die falschen Ideale unserer Zeit. Leben Sie! Leben Sie das wunderschöne Leben, das in Ihnen ist! Lassen Sie sich nichts verloren sein! Suchen Sie rastlos nach neuen Sinneseindrücken! Fürchten Sie nichts... Ein neuer Hedonismus -- der täte unserem Jahrhundert not. Sie könnten sein sichtbares Symbol werden. Mit Ihrer Persönlichkeit können Sie alles wagen. Die Welt gehört Ihnen einen Sommer hindurch...
You, Mr. Gray, you yourself, with your rose-red youth and your rose-white boyhood, you have had passions that have made you afraid, thoughts that have fined you with terror, day-dreams and sleeping dreams whose mere memory might stain your cheek with shame--"
Sie, Herr Gray, Sie selbst mit Ihrer rosenroten Jugend und Ihrer rosenblassen Knabenunschuld, Sie haben schon Leidenschaften erlebt, die Ihnen Angst einjagten, haben Gedanken gehabt, die Sie in Schrecken setzten, haben wachend und schlafend Träume gehabt, deren bloße Erinnerung Ihre Wangen schamrot werden ließ --«
Chapter 7
Siebentes Kapitel
Chapter 17
Siebzehntes Kapitel
Sir Thomas frowned. "I am afraid that your nephew is prejudiced against that great country," he said to Lady Agatha. "I have travelled all over it in cars provided by the directors, who, in such matters, are extremely civil. I assure you that it is an education to visit it."
Sir Thomas runzelte die Stirn. »Ich fürchte, Ihr Neffe hat Vorurteile gegen dieses große Land«, sagte er zu Lady Agatha. »Ich habe es ganz bereist im Eisenbahnwagen, die mir die Direktionen zur Verfügung stellten. Man ist da in diesen Dingen außerordentlich höflich. Ich versichere Ihnen, es ist eine vorzüglich bildende Reise da drüben.«
Sir Thomas waved his hand. "Mr. Erskine of Treadley has the world on his shelves. We practical men like to see things, not to read about them. The Americans are an extremely interesting people. They are absolutely reasonable. I think that is their distinguishing characteristic. Yes, Mr. Erskine, an absolutely reasonable people. I assure you there is no nonsense about the Americans."
Sir Thomas winkte mit der Hand. »Herr Erskine of Treadley besitzt die Welt auf seinen Bücherregalen. Wir Männer des praktischen Lebens lieben es, die Dinge zu sehen, nicht darüber zu lesen. Die Amerikaner sind ein außerordentlich interessantes Volk. Sie sind vollständig Vernunftmenschen. Ich glaube, das ist ihr Charaktermerkmal. Ja, Herr Erskine, ein ausschließlich von der Vernunft beherrschtes Volk. Ich versichere Ihnen, es gibt bei den Amerikanern keinerlei Unsinn.«
Dim and wavering as was the wind-blown light, yet it served to show him the hideous error, as it seemed, into which he had fallen, for the face of the man he had sought to kill had all the bloom of boyhood, all the unstained purity of youth. He seemed little more than a lad of twenty summers, hardly older, if older indeed at all, than his sister had been when they had parted so many years ago. It was obvious that this was not the man who had destroyed her life.
So dunkel und flackernd das windverwehte Licht auch war, es genügte doch, ihm den furchtbaren Irrtum zu zeigen, in den er geraten zu sein schien. Denn das Antlitz des Mannes, den er töten wollte, wies die ganze Blütenweichheit der Jugend auf, zeigte all die unbefleckte Reinheit der Jugend. Er schien kaum älter als ein Jüngling von zwanzig Lenzen, kaum älter, als seine Schwester gewesen war, als sie vor so vielen Jahren Abschied voneinander genommen hatten. Es war klar, daß dies nicht der Mann war, der ihr Leben zerstört hatte.
As soon as he was alone, he lit a cigarette and began sketching upon a piece of paper, drawing first flowers and bits of architecture, and then human faces. Suddenly he remarked that every face that he drew seemed to have a fantastic likeness to Basil Hallward. He frowned, and getting up, went over to the book-case and took out a volume at hazard. He was determined that he would not think about what had happened until it became absolutely necessary that he should do so.
Sobald er allein war, zündete er sich eine Zigarette an und begann auf einem Blatt Papier Skizzen zu machen, zeichnete zuerst Blumen, dann Architekturstücke und dann menschliche Gesichter. Plötzlich bemerkte er, daß jedes Gesicht, das er entwarf, eine phantastische Ähnlichkeit mit Basil Hallward zu haben schien. Er runzelte die Stirn, stand auf, ging zum Bücherschrank und nahm auf gut Glück einen Band heraus. Er war fest entschlossen, an das Geschehene nicht eher zu denken, als bis es unbedingt notwendig war.
As soon as he was dressed, he went into the library and sat down to a light French breakfast that had been laid out for him on a small round table close to the open window. It was an exquisite day. The warm air seemed laden with spices. A bee flew in and buzzed round the blue-dragon bowl that, filled with sulphur-yellow roses, stood before him. He felt perfectly happy.
Sobald er angezogen war, ging er in das Bibliothekszimmer und setzte sich zu einem leichten französischen Frühstück nieder, das auf einem kleinen, runden Tische nahe beim offenen Fenster bereit stand. Es war ein entzückender Tag. Die warme Luft schien mit Wohlgerüchen gewürzt. Eine Biene flog herein und summte um die Schale aus blauem Drachenporzellan, die voller schwefelgelber Rosen vor ihm stand. Er fühlte sich vollkommen glücklich.
As soon as he had left, he rushed to the screen and drew it back. No; there was no further change in the picture. It had received the news of Sibyl Vane's death before he had known of it himself. It was conscious of the events of life as they occurred. The vicious cruelty that marred the fine lines of the mouth had, no doubt, appeared at the very moment that the girl had drunk the poison, whatever it was. Or was it indifferent to results? Did it merely take cognizance of what passed within the soul? He wondered, and hoped that some day he would see the change taking place before his very eyes, shuddering as he hoped it.
Sobald er wieder draußen war, stürzte Dorian auf den Schirm zu und schob ihn zurück. Nein, das Bild hatte sich nicht wieder verändert. Es hatte die Nachricht von Sibyl Vanes Tod erhalten, bevor er selbst davon gewußt hatte. Es kannte die Ereignisse des Lebens, sobald sie sich ereigneten. Dieser Zug böser Grausamkeit, der die feinen Linien des Mundes verunstaltete, war zweifellos im Augenblick aufgetaucht, als das Mädchen das Gift genommen hatte. Oder kümmerte sich das Bild nicht um die Wirkungen einer Tat? Nahm es nur von Vorgängen in der Seele Kenntnis? Er hätte es gar zu gern gewußt und hoffte, eines Tages solche Wandlung vor seinen Augen geschehen zu sehen, und er schauderte, während er es hoffte.
As soon as it was over, Dorian Gray rushed behind the scenes into the greenroom. The girl was standing there alone, with a look of triumph on her face. Her eyes were lit with an exquisite fire. There was a radiance about her. Her parted lips were smiling over some secret of their own.
Sobald es aus war, stürzte Dorian Gray hinter die Kulissen in die Garderobe. Das Mädchen stand allein da, mit einem triumphierenden Zuge im Antlitz. Die Augen leuchteten in einem merkwürdigen Feuer. Eine Art Glanz umschwebte sie. Ihre halbgeöffneten Lippen lächelten wie ein Geheimnis, das ihnen allein bewußt war.
As soon as Campbell had left, he went upstairs. There was a horrible smell of nitric acid in the room. But the thing that had been sitting at the table was gone.
Sobald ihn Campbell verlassen hatte, ging er hinauf. Ein schrecklicher Geruch von Salpetersäure war im Zimmer. Aber das Ding, das am Tisch gesessen hatte, war fort.
Should he move it aside, after all? Why not let it stay there? What was the use of knowing.? If the thing was true, it was terrible. If it was not true, why trouble about it? But what if, by some fate or deadlier chance, eyes other than his spied behind and saw the horrible change? What should he do if Basil Hallward came and asked to look at his own picture? Basil would be sure to do that. No; the thing had to be examined, and at once. Anything would be better than this dreadful state of doubt.
Sollte er ihn überhaupt wegschieben? Warum ihn nicht da stehen lassen? Was half die Gewißheit? War die Sache wahr, so war es schrecklich. War sie nicht wahr, wozu sich darüber beunruhigen? Aber wie, wenn durch Schicksalstücke oder irgendeinen tödlichen Zufall andere Augen als die seinen dahinter blickten und die fürchterliche Veränderung sähen? Was wollte er tun, wenn Basil Hallward kam und sein eigenes Bild sehen wollte? Das würde Basil sicher tun. Nein, die Sache mußte untersucht werden, und zwar auf der Stelle. Alles war besser als diese schreckliche Ungewißheit.
At five o'clock he rang his bell for his servant and gave him orders to pack his things for the night-express to town, and to have the brougham at the door by eight-thirty. He was determined not to sleep another night at Selby Royal. It was an ill-omened place. Death walked there in the sunlight. The grass of the forest had been spotted with blood.
Um fünf Uhr klingelte er seinem Diener und hieß ihn seine Sachen für den Nachtschnellzug nach London zu packen und den Wagen für halb neun vors Tor zu bestellen. Er war entschlossen, keine Nacht mehr in Selby Royal zu schlafen. Es war ein Ort voll böser Vorzeichen. Der Tod ging dort am hellen Tage um. Das Gras des Waldes war mit Blut befleckt.
At half-past twelve next day Lord Henry Wotton strolled from Curzon Street over to the Albany to call on his uncle, Lord Fermor, a genial if somewhat rough-mannered old bachelor, whom the outside world called selfish because it derived no particular benefit from him, but who was considered generous by Society as he fed the people who amused him. His father had been our ambassador at Madrid when Isabella was young and Prim unthought of, but had retired from the diplomatic service in a capricious moment of annoyance on not being offered the Embassy at Paris, a post to which he considered that he was fully entitled by reason of his birth, his indolence, the good English of his dispatches, and his inordinate passion for pleasure.
Um zwölfeinhalb Uhr am nächsten Tage schlenderte Lord Henry Wotton von Curzon Street nach Albany hinüber, um einen Besuch zu machen bei seinem Onkel Lord Fermor, einem heiteren, aber ziemlich rauhen alten Junggesellen, den die Außenwelt einen Egoisten nannte, weil sie keinen besonderen Nutzen aus ihm ziehen konnte, der aber in der Gesellschaft als freigebig verschrien war, weil er die Leute, die ihn amüsierten, aufs beste fütterte. Sein Vater war britischer Gesandter in Madrid gewesen, als Isabella noch jung war und man noch nichts von Prim wußte, hatte sich aber in einem Augenblicke launischen Ärgers aus dem diplomatischen Dienste zurückgezogen, weil man ihm nicht den Gesandtenposten in Paris angeboten hatte, zu dem er sich vollauf berechtigt geglaubt hatte durch seine Geburt, seine Arbeitsunlust, sein gutes Englisch in seinen Depeschen und durch seine zügellose Vergnügungssucht.
And Basil? From a psychological point of view, how interesting he was! The new manner in art, the fresh mode of looking at life, suggested so strangely by the merely visible presence of one who was unconscious of it all; the silent spirit that dwelt in dim woodland, and walked unseen in open field, suddenly showing herself, Dryadlike and not afraid, because in his soul who sought for her there had been wakened that wonderful vision to which alone are wonderful things revealed; the mere shapes and patterns of things becoming, as it were, refined, and gaining a kind of symbolical value, as though they were themselves patterns of some other and more perfect form whose shadow they made real: how strange it all was!
Und Basil? Wie interessant war doch er für den Psychologen! Diese neue Art von Kunst, diese neue Weise, das Leben anzuschauen, die ihm auf das seltsamste durch die sichtbare Gegenwart eines Menschen erweckt wurde, der von alledem nichts wußte: der stille Geist, der in einer düsteren Waldlandschaft wohnte und ungesehen ins offene Feld entwandelte, enthüllte sich plötzlich wie eine Dryade, und ohne Scheu, weil in der Seele, die sehnsüchtig nach ihm suchte, jene wundersame Vision wach geworden war, der nur die außerordentlichen Dinge offenbar werden: die bloßen Formen und Linien der Dinge wurden gleichsam edler und bekamen eine Art von symbolischer Bedeutung, als wären sie selbst nur Schatten einer anderen und vollendeteren Form, deren Abbilder sie zur Wirklichkeit erhoben: wie merkwürdig das alles war!
And besides, my dear old Basil, if you really want to console me, teach me rather to forget what has happened, or to see it from a proper artistic point of view. Was it not Gautier who used to write about la consolation des arts? I remember picking up a little vellum-covered book in your studio one day and chancing on that delightful phrase. Well, I am not like that young man you told me of when we were down at Marlow together, the young man who used to say that yellow satin could console one for all the miseries of life. I love beautiful things that one can touch and handle. Old brocades, green bronzes, lacquer-work, carved ivories, exquisite surroundings, luxury, pomp--there is much to be got from all these. But the artistic temperament that they create, or at any rate reveal, is still more to me.
Und außerdem, mein lieber, alter Basil, wenn du mich wirklich trösten wolltest, so lehre mich lieber vergessen, was geschehen ist, oder lehre mich's von rein künstlerischer Seite ansehen. War es nicht Gautier, der gern über die >~consolation des arts~< geschrieben hat? Ich erinnere mich, daß mir mal in deinem Atelier ein kleines Buch in Pergamentband in die Hand fiel, und ich darin auf diesen entzückenden Ausdruck stieß. Nun, ich bin ja nicht wie der junge Mann, von dem du mir einmal in Marlow erzählt hast, und der zu sagen pflegte, gelber Atlas könne einen über alles Elend im Leben hinwegtrösten. Ich liebe schöne Dinge, die man in die Hand nehmen und angreifen kann. Alter Brokat, grünpatinierte Bronzen, Lackarbeiten, Elfenbeinschnitzereien, eine erlesene Zimmerkunst, Luxus, Prunk, das sind alles Dinge, die einem viel geben können. Aber die künstlerische Seelenstimmung, die sie erzeugen oder mindestens offenbaren, bedeutet mir doch noch mehr.
Yet he was afraid. Sometimes when he was down at his great house in Nottinghamshire, entertaining the fashionable young men of his own rank who were his chief companions, and astounding the county by the wanton luxury and gorgeous splendour of his mode of life, he would suddenly leave his guests and rush back to town to see that the door had not been tampered with and that the picture was still there. What if it should be stolen? The mere thought made him cold with horror. Surely the world would know his secret then. Perhaps the world already suspected it.
Und doch hatte er Angst. Wenn er manchmal in seinem großen Hause in Nottinghamshire war und die eleganten jungen Leute, die meistens seine Gesellschaft bildeten, bewirtete, und die Leute der Grafschaft durch den ausschweifenden Luxus und den verschwenderischen Glanz seines Lebens in Erstaunen setzte, dann verließ er wohl plötzlich seine Gäste und eilte zurück in die Stadt, um nachzusehen, ob sich niemand an der Türe zu schaffen gemacht habe und ob das Bild noch da sei. Wie, wenn es jemand gestohlen hätte? Der bloße Gedanke erfüllte ihn mit kaltem Entsetzen. Gewiß würde dann die Welt sein Geheimnis erfahren. Vielleicht hatte sie schon Verdacht geschöpft.
Yet it had to be done. He realized that, and when he had locked the door of his library, he opened the secret press into which he had thrust Basil Hallward's coat and bag. A huge fire was blazing. He piled another log on it. The smell of the singeing clothes and burning leather was horrible. It took him three- quarters of an hour to consume everything. At the end he felt faint and sick, and having lit some Algerian pastilles in a pierced copper brazier, he bathed his hands and forehead with a cool musk-scented vinegar.
Und doch mußte es geschehen. Er war sich darüber klar, und als er die Tür seines Bibliothekzimmers verschlossen hatte, öffnete er den geheimen Schrank, in den er Basil Hallwards Mantel und Tasche gesteckt hatte. Es loderte ein mächtiges Feuer. Er legte noch ein Stück Holz nach. Der Geruch der sengenden Kleider und des schwelenden Leders war entsetzlich. Er brauchte drei Viertelstunden, um alles zu verbrennen. Als es vorbei war, fühlte er sich schwach und krank, und nachdem er einige algerische Räucherkerzchen in einer durchbrochenen Kupferpfanne angezündet hatte, wusch er sich Hände und Stirn in kaltem, moschusduftendem Essig.
Yet she was curiously listless. She showed no sign of joy when her eyes rested on Romeo. The few words she had to speak—
Und doch schien sie von seltsamer Abwesenheit. Sie zeigte kein Zeichen der Freude, während ihr Auge auf Romeo ruhte. Die wenigen Worte, die sie zu sprechen hatte --
Yet he was not really reckless, at any rate in his relations to society. Once or twice every month during the winter, and on each Wednesday evening while the season lasted, he would throw open to the world his beautiful house and have the most celebrated musicians of the day to charm his guests with the wonders of their art. His little dinners, in the settling of which Lord Henry always assisted him, were noted as much for the careful selection and placing of those invited, as for the exquisite taste shown in the decoration of the table, with its subtle symphonic arrangements of exotic flowers, and embroidered cloths, and antique plate of gold and silver. Indeed, there were many, especially among the very young men, who saw, or fancied that they saw, in Dorian Gray the true realization of a type of which they had often dreamed in Eton or Oxford days, a type that was to combine something of the real culture of the scholar with all the grace and distinction and perfect manner of a citizen of the world. To them he seemed to be of the company of those whom Dante describes as having sought to "make themselves perfect by the worship of beauty." Like Gautier, he was one for whom "the visible world existed."
Und doch war er nicht gerade liederlich geworden, wenigstens nicht in seinen Beziehungen zur Gesellschaft. Ein- oder zweimal in jedem Monat während des Winters und jeden Mittwochabend während der Saison öffnete er der Welt sein schönes Haus, und immer waren die berühmtesten Musiker da, um seine Gäste mit ihrer erlesenen Kunst zu begeistern. Seine kleinen Diners, bei deren Vorbereitung ihm Lord Henry immer half, waren ebensosehr wegen der sorgsamen Auswahl und Tischordnung der Eingeladenen berühmt, wie wegen des ausgesuchten Geschmackes, der sich in der Tafeldekoration mit ihren fein abgetönten, symphonischen Anordnungen exotischer Pflanzen, gestickter Decken und antiker Gold- und Silbergeräte aussprach. Tatsächlich gab es eine große Zahl, besonders von ganz jungen Menschen, die in Dorian Gray die vollkommene Verkörperung eines Typus sahen oder zu sehen wähnten, von dem sie oft in den Tagen von Eton oder Oxford geträumt hatten, eines Typus, der etwas von der wirklichen Bildung des Gelehrten mit der Anmut, Vornehmheit und den vollendeten Manieren eines Weltmannes vereinigte. Ihnen erschien er als einer aus jener Menschengruppe, von denen Dante sagt, »sie suchten sich durch die Anbetung der Schönheit zu vervollkommnen«. Gleich Gautier war er einer von denen, »für die die sichtbare Welt da war«.
And yet if it had been merely an illusion, how terrible it was to think that conscience could raise such fearful phantoms, and give them visible form, and make them move before one! What sort of life would his be if, day and night, shadows of his crime were to peer at him from silent corners, to mock him from secret places, to whisper in his ear as he sat at the feast, to wake him with icy fingers as he lay asleep! As the thought crept through his brain, he grew pale with terror, and the air seemed to him to have become suddenly colder. Oh! in what a wild hour of madness he had killed his friend! How ghastly the mere memory of the scene! He saw it all again. Each hideous detail came back to him with added horror. Out of the black cave of time, terrible and swathed in scarlet, rose the image of his sin. When Lord Henry came in at six o'clock, he found him crying as one whose heart will break.
Und doch, wenn es eine bloße Ausgeburt der Einbildung gewesen war, wie schrecklich war doch der Gedanke, daß das Gewissen so fürchterliche Hirngespinste entstehen lassen und ihnen sichtbare Form und Bewegung geben konnte! Was für eine Art Leben würde er führen, wenn Tag und Nacht die Schatten seines Verbrechens aus düsteren Winkeln nach ihm spähten, ihn von geheimen Stellen aus neckten, ihm ins Ohr flüsterten, wenn er beim Mahle saß, ihn mit eisigen Fingern weckten, wenn er schlief! Als dieser Gedanke durch sein Hirn kroch, wurde er blaß vor Schrecken, und die Luft schien ihm plötzlich kälter geworden zu sein. Oh! in was für einer wilden Wahnsinnsstunde hatte er seinen Freund umgebracht! Wie bluterstarrend war nur die Erinnerung an diese Szene! Er sah es alles wieder. Jede gräßliche Einzelheit kam mit vermehrtem Entsetzen wieder zu ihm. Aus dem schwarzen Grabverlies der Zeit stieg schrecklich und in Scharlachrot gehüllt das Bild seiner Sünde empor. Als Lord Henry um sechs Uhr eintrat, fand er ihn schluchzend, als ob ihm das Herz brechen wolle.
And, yet, how vivid was his recollection of the whole thing! First in the dim twilight, and then in the bright dawn, he had seen the touch of cruelty round the warped lips. He almost dreaded his valet leaving the room. He knew that when he was alone he would have to examine the portrait. He was afraid of certainty. When the coffee and cigarettes had been brought and the man turned to go, he felt a wild desire to tell him to remain. As the door was closing behind him, he called him back. The man stood waiting for his orders. Dorian looked at him for a moment. "I am not at home to any one, Victor," he said with a sigh. The man bowed and retired.
Und doch, wie lebendig war die Erinnerung an die ganze Sache! Zuerst in dem schwankenden Zwielicht und dann in der hellen Morgenfrühe hatte er den Zug von Grausamkeit um die geschwungenen Lippen bemerkt. Er fürchtete sich förmlich davor, daß sein Diener hinausgehen könnte. Er wußte, er würde, sowie er allein sei, das Bild betrachten müssen. Er fürchtete sich vor dieser Gewißheit. Als der Diener Kaffee und Zigaretten gebracht hatte und sich zum Gehen wandte, empfand er den heftigsten Wunsch, ihn dableiben zu lassen. Als sich hinter ihm die Tür geschlossen hatte, rief er ihn zurück. Der Mann stand da und wartete auf seine Befehle. Dorian sah ihn einen Augenblick an. »Ich bin für niemand zu Hause, Viktor«, sagte er mit einem Seufzer. Der Mann verbeugte sich und ging hinaus.
And, certainly, to him life itself was the first, the greatest, of the arts, and for it all the other arts seemed to be but a preparation. Fashion, by which what is really fantastic becomes for a moment universal, and dandyism, which, in its own way, is an attempt to assert the absolute modernity of beauty, had, of course, their fascination for him. His mode of dressing, and the particular styles that from time to time he affected, had their marked influence on the young exquisites of the Mayfair balls and Pall Mall club windows, who copied him in everything that he did, and tried to reproduce the accidental charm of his graceful, though to him only half-serious fopperies.
Und gewiß war für ihn das Leben die erste, die größte Kunst, und alle übrigen Künste schienen nur die Vorschule dazu. Natürlich übte auch die Mode, durch die das wirklich Phantastische einen Augenblick lang Allgemeingut wird, und das Dandytum, das auf seine Weise einen Versuch bildet, eine absolut moderne Art von Schönheit zu verkörpern, ihren Reiz auf ihn aus. Seine Art, sich zu kleiden, und die besonderen Stilabweichungen, die er von Zeit zu Zeit sehen ließ, hatten einen ausgesprochenen Einfluß auf die jungen Stutzer der Bälle in Mayfair und der Fenster des Pall-Mall-Klubs, die ihm in allem, was er tat, nachahmten und jede Exzentrizität aufgriffen, die seine Anmut erhöhte, aber ihm selbst nur teilweis ernst war.
And her voice--I never heard such a voice. It was very low at first, with deep mellow notes that seemed to fall singly upon one's ear. Then it became a little louder, and sounded like a flute or a distant hautboy. In the garden-scene it had all the tremulous ecstasy that one hears just before dawn when nightingales are singing. There were moments, later on, when it had the wild passion of violins. You know how a voice can stir one. Your voice and the voice of Sibyl Vane are two things that I shall never forget. When I close my eyes, I hear them, and each of them says something different. I don't know which to follow.
Und ihre Stimme -- ich habe so eine Stimme nie gehört. Zuerst sehr leise in tiefen, vollen Molltönen, die langsam und jeder für sich allein ins Ohr zu träufeln schienen. Dann etwas lauter und erklingend wie eine Flöte oder eine ferne Hoboe. In der Gartenszene hatte sie jene zitternde Inbrunst, die man hört, wenn die Nachtigallen singen vor Tag und Tau. Es gab dann Augenblicke, wo ihre Stimme die verhaltene Leidenschaftsglut von Geigentönen hatte. Du weißt, wie eine Stimme einen erschüttern kann. Deine Stimme und die Stimme von Sibyl Vane, die beiden werde ich nie vergessen. Wenn ich meine Augen schließe, höre ich sie, und jede von ihnen sagt etwas anderes. Ich weiß nicht, welcher ich folgen soll.
And so he would now study perfumes and the secrets of their manufacture, distilling heavily scented oils and burning odorous gums from the East. He saw that there was no mood of the mind that had not its counterpart in the sensuous life, and set himself to discover their true relations, wondering what there was in frankincense that made one mystical, and in ambergris that stirred one's passions, and in violets that woke the memory of dead romances, and in musk that troubled the brain, and in champak that stained the imagination; and seeking often to elaborate a real psychology of perfumes, and to estimate the several influences of sweet-smelling roots and scented, pollen-laden flowers; of aromatic balms and of dark and fragrant woods; of spikenard, that sickens; of hovenia, that makes men mad; and of aloes, that are said to be able to expel melancholy from the soul.
Und so ergab er sich zeitweilig dem Studium der Wohlgerüche, bemühte sich um die Geheimnisse ihrer Bereitung, destillierte schwerduftende Öle und verbrannte wohlriechendes Gummi, das aus dem Orient stammte. Er erkannte, daß es keine Stimmung des Geistes gab, die nicht ihr Seitenstück im Leben der Sinne fand, und mühte sich, die wirkliche Beziehung zwischen beiden zu entdecken, um herauszuklügeln, weshalb der Weihrauch den Menschen mystisch stimmte, warum die Ambra die Leidenschaften aufstachele, woher der Veilchenduft die Erinnerung an gestorbene Romantik erwecke, wieso der Moschus das Gehirn verwirre, und wodurch der Tschampak die Phantasie beflecke: und so versuchte er manchmal, eine genaue Psychologie der Wohlgerüche auszuarbeiten und ihre verschiedenen Wirkungen zu bestimmen, zum Beispiel süßriechender Wurzeln, duftiger, samentragender Blüten, aromatischer Balsame, dunkler, starkriechender Hölzer, des Baldrians, der zum Erbrechen reizt, der Hovenia, die einen toll macht, und der Aloe, die imstande sein soll, die Schwermut aus der Seele zu verjagen.
And so, for a whole year, he sought to accumulate the most exquisite specimens that he could find of textile and embroidered work, getting the dainty Delhi muslins, finely wrought with gold-thread palmates and stitched over with iridescent beetles' wings; the Dacca gauzes, that from their transparency are known in the East as "woven air," and "running water," and "evening dew"; strange figured cloths from Java; elaborate yellow Chinese hangings; books bound in tawny satins or fair blue silks and wrought with fleurs-de-lys, birds and images; veils of lacis worked in Hungary point; Sicilian brocades and stiff Spanish velvets; Georgian work, with its gilt coins, and Japanese Foukousas, with their green-toned golds and their marvellously plumaged birds.
Und so suchte er ein ganzes Jahr lang die erlesensten Proben zusammen, die er von Webekunst und Stickereiarbeiten auftreiben konnte, er verschaffte sich die duftigen Delhi-Musselins, die zart mit goldenen Palmblättern und mit irisierenden Käferflügeln bestickt waren, die Gazestoffe aus Dhaka, die man im Orient ihrer Durchsichtigkeit wegen »gewebte Luft«, »rieselndes Wasser« und »Abendtau« nennt: Tücher aus Java mit seltsamen Figuren: feine, gelbe chinesische Gardinen: Bücher, die in lohfarbigen Atlas oder hellblaue Seide gebunden und eingepreßte heraldinische Lilien, Vögel und Schildereien zeigten Pointslace-Schleiergewebe aus Ungarn: sizilianische Brokate und steife spanische Sammete: georgische Arbeiten mit ihren goldenen Münzen, und japanische Fukusas mit ihren grünen Goldtönen und ihren gefiederten Vögeln wunderbarster Arbeit.
Callous, concentrated on evil, with stained mind, and soul hungry for rebellion, Dorian Gray hastened on, quickening his step as he went, but as he darted aside into a dim archway, that had served him often as a short cut to the ill-famed place where he was going, he felt himself suddenly seized from behind, and before be had time to defend himself, he was thrust back against the wall, with a brutal hand round his throat.
Unempfindlich, nur mit dem einen Gedanken ans Böse erfüllt, mit verfinstertem Geist, mit einer Seele, die nach Empörung lechzte, hastete Dorian Gray weiter, und beschleunigte, während er ging, seine Schritte immer mehr; aber als er in einen dunkeln Torweg einbog, der ihm oft genug als abgekürzter Weg zu dem berüchtigten Orte gedient hatte, den er jetzt aufsuchen wollte, fühlte er sich plötzlich von rückwärts gepackt, und bevor er Zeit hatte, sich zu wehren, wurde er gegen eine Mauer geschleudert und fühlte seinen Hals von einer brutalen Hand umklammert.
A long line of boys carrying crates of striped tulips, and of yellow and red roses, defiled in front of him, threading their way through the huge, jade-green piles of vegetables. Under the portico, with its grey, sun-bleached pillars, loitered a troop of draggled bareheaded girls, waiting for the auction to be over. Others crowded round the swinging doors of the coffee-house in the piazza. The heavy cart-horses slipped and stamped upon the rough stones, shaking their bells and trappings. Some of the drivers were lying asleep on a pile of sacks. Iris-necked and pink-footed, the pigeons ran about picking up seeds.
Unter den grauen, in der Sonne bleichen Säulen der Vorhalle lungerte ein Trupp von schmuddeligen Mädchen ohne Hüte und warteten, bis die Versteigerung vorbei war. Andere drängten sich um die auf- und zugehenden Türen des Kaffeehauses auf der Piazza. Die schweren Lastgäule glitten auf dem Pflaster aus und stampften über die holperigen Steine, ihre Glocken und Geschirre schüttelnd. Einige Fuhrmänner lagen schlafend auf einem Haufen von Säcken. Mit regenbogenfarbenen Hälsen und rötlichen Füßen trippelten die Tauben mitten darin umher und pickten sich Körner auf.
Perhaps he had read it and had begun to suspect something. And, yet, what did it matter? What had Dorian Gray to do with Sibyl Vane's death? There was nothing to fear. Dorian Gray had not killed her.
Vielleicht hatte er ihn schon gelesen und angefangen, Verdacht zu schöpfen. Und wenn schon, was lag daran? Was hatte Dorian Gray mit Sibyl Vanes Tod zu tun? Es war kein Grund zur Furcht. Dorian Gray hatte sie nicht getötet.
Chapter 4
Viertes Kapitel
Chapter 14
Vierzehntes Kapitel
Of such insolences and attempted slights he, of course, took no notice, and in the opinion of most people his frank debonair manner, his charming boyish smile, and the infinite grace of that wonderful youth that seemed never to leave him, were in themselves a sufficient answer to the calumnies, for so they termed them, that were circulated about him. It was remarked, however, that some of those who had been most intimate with him appeared, after a time, to shun him. Women who had wildly adored him, and for his sake had braved all social censure and set convention at defiance, were seen to grow pallid with shame or horror if Dorian Gray entered the room.
Von diesen Unverschämtheiten und versuchten Beleidigungen nahm er natürlich keine Notiz, und in den Augen der meisten Leute war sein offenes, freundliches Wesen, sein reizendes Knabenlächeln und die unendliche Grazie der wundervollen Jugend, die ihn nie zu verlassen schien, an sich eine genügende Antwort auf die Verleumdungen, denn so nannte man es, die über ihn im Umlauf waren. Indessen bemerkte man, daß einige von denen, die früher sehr innig mit ihm verkehrt hatten, ihn nach einiger Zeit zu meiden anfingen. Frauen, die ihn glühend geliebt hatten und um seinetwillen allem Tadel der Gesellschaft getrotzt und die Konvention verachtet hatten, konnte man vor Scham oder Entsetzen erbleichen sehen, wenn Dorian Gray ins Zimmer trat.
Preface
Vorbekenntnis
Was it all true? Had the portrait really changed? Or had it been simply his own imagination that had made him see a look of evil where there had been a look of joy? Surely a painted canvas could not alter? The thing was absurd. It would serve as a tale to tell Basil some day. It would make him smile.
War es alles wahr? Hatte sich das Bild wirklich verändert? Oder war es lediglich seine eigene Phantasie gewesen, die ihm einen Zug von Schlechtigkeit vorgespiegelt hatte, wo nur ein Zug von Freude gewesen war? Eine gemalte Leinwand konnte sich doch nicht verändern? Das war doch Tollheit! Das würde er eines Tages Basil als Märchen erzählen. Er würde darüber lächeln.
Was it really true that one could never change? He felt a wild longing for the unstained purity of his boyhood-- his rose-white boyhood, as Lord Henry had once called it. He knew that he had tarnished himself, filled his mind with corruption and given horror to his fancy; that he had been an evil influence to others, and had experienced a terrible joy in being so; and that of the lives that had crossed his own, it had been the fairest and the most full of promise that he had brought to shame. But was it all irretrievable? Was there no hope for him?
War es wirklich wahr, daß man nie anders werden konnte? Er fühlte eine wilde Sehnsucht nach der makellosen Reinheit seiner Knabenzeit -- seiner rosenweißen Knabenzeit, wie Lord Henry einmal gesagt hatte. Er wußte, er hatte sich besudelt, hatte seinen Geist mit Verderbnis angefüllt und sein Gewissen mit Entsetzen belastet, er war ein schlimmer Einfluß für andere gewesen und hatte eine schreckliche Freude daran gehabt; und von den Menschenleben, die das seine gekreuzt hatten, waren es die reinsten und verheißungsvollsten gewesen, die er in Schande gestürzt hatte. Aber war da nichts wieder gut zu machen? Gab es keine Hoffnung mehr für ihn?
Why is your friendship so fatal to young men? There was that wretched boy in the Guards who committed suicide. You were his great friend. There was Sir Henry Ashton, who had to leave England with a tarnished name. You and he were inseparable. What about Adrian Singleton and his dreadful end? What about Lord Kent's only son and his career? I met his father yesterday in St. James's Street. He seemed broken with shame and sorrow. What about the young Duke of Perth? What sort of life has he got now? What gentleman would associate with him?"
Warum ist deine Freundschaft für junge Männer solch ein Unglück? Da war der unselige Bursch in der Leibgarde, der Selbstmord begangen hat. Du warst sein bester Freund. Da war Sir Henry Ashton, der England mit einem besudelten Namen verlassen mußte. Du und er, ihr beide wart unzertrennlich. Wie ist es mit Adrian Singleton bestellt und seinem furchtbaren Ende? Was war das mit dem einzigen Sohn Lord Kents und seiner Karriere? Ich traf seinen Vater gestern in St. James Street. Er schien vor Schande und Herzleid gebrochen. Was hattest du mit dem jungen Herzog von Perth? Was für ein Leben führt er jetzt? Welcher Gentleman wollte noch mit ihm Umgang haben?«
Why should I not love her? Harry, I do love her. She is everything to me in life. Night after night I go to see her play. One evening she is Rosalind, and the next evening she is Imogen. I have seen her die in the gloom of an Italian tomb, sucking the poison from her lover's lips. I have watched her wandering through the forest of Arden, disguised as a pretty boy in hose and doublet and dainty cap. She has been mad, and has come into the presence of a guilty king, and given him rue to wear and bitter herbs to taste of. She has been innocent, and the black hands of jealousy have crushed her reedlike throat. I have seen her in every age and in every costume.
Warum sollte ich sie nicht lieben? Harry, ich liebe sie. Sie ist alles in meinem Leben. Abend für Abend gehe ich hin, um sie spielen zu sehen. An einem Abend ist sie Rosalinde, am nächsten Imogen. Ich habe sie im Düster eines italienischen Grabgewölbes sterben sehen, wie sie das Gift von den Lippen des Geliebten trinkt. Ich bin ihrer Wanderung durch die Ardennen gefolgt, wie sie als hübscher Knabe mit Hose, Wams und einem kleinen Barett verkleidet war. Sie war wahnsinnig und ist vor einen schuldbewußten König hingetreten und ließ ihn Rauten tragen und bittere Kräuter kosten. Sie war unschuldig, und die schwarzen Hände der Eifersucht haben ihren zarten Hals zusammengepreßt. Ich habe sie in jedem Jahrhundert und in jeder Tracht gesehen.
As for conversation, there are only five women in London worth talking to, and two of these can't be admitted into decent society. However, tell me about your genius. How long have you known her?"
Was die Konversation betrifft, so gibt es in ganz London höchstens fünf Frauen, mit denen sich's zu reden lohnt, und zwei davon sind in anständiger Gesellschaft nicht möglich. Aber genug, erzähl' mir was von deinem Genie! Wie lange kennst du sie?«
What I want you to do is merely what you have often done before. Indeed, to destroy a body must be far less horrible than what you are accustomed to work at. And, remember, it is the only piece of evidence against me. If it is discovered, I am lost; and it is sure to be discovered unless you help me."
Was ich von dir fordere, ist nichts anderes, als was du schon oft getan hast. Wahrhaftig, es muß viel weniger gräßlich sein, einen Leichnam aus der Welt zu schaffen, als das, was du gewöhnlich tust. Und bedenke, es ist der einzige Beweis gegen mich. Wenn er entdeckt wird, bin ich verloren; und er muß sicher entdeckt werden, wenn du mir nicht hilfst.«
In the present case, what is it that has really happened? Some one has killed herself for love of you. I wish that I had ever had such an experience. It would have made me in love with love for the rest of my life. The people who have adored me--there have not been very many, but there have been some--have always insisted on living on, long after I had ceased to care for them, or they to care for me. They have become stout and tedious, and when I meet them, they go in at once for reminiscences. That awful memory of woman! What a fearful thing it is! And what an utter intellectual stagnation it reveals! One should absorb the colour of life, but one should never remember its details. Details are always vulgar."
Was ist in vorliegendem Falle wirklich geschehen? Jemand hat sich aus Liebe zu dir umgebracht. Ich wollte, mir wäre je so ein Erlebnis passiert. Ich wäre den Rest meines Lebens in die Liebe verliebt gewesen. Die Menschen, die mich angebetet haben -- es waren ihrer nicht sehr viele, aber doch immerhin einige --, waren immer darauf versessen, weiterzuleben, noch lange, nachdem ich aufgehört hatte, mich um sie zu kümmern, oder sie, sich um mich zu kümmern. Sie sind dann dick und langweilig geworden, und wenn ich ihnen jetzt begegne, schwelgen sie sofort in Erinnerungen. Dies furchtbare zähe Gedächtnis der Frauen! Was für 'ne schreckliche Sache das ist! Und was für einen völligen geistigen Stillstand offenbart es. Man sollte die Farbe des Lebens in sich aufsaugen, aber sich niemals an Einzelheiten erinnern. Einzelheiten sind immer gewöhnlich.«
What had this man's legacy been? Had the lover of Giovanna of Naples bequeathed him some inheritance of sin and shame? Were his own actions merely the dreams that the dead man had not dared to realize? Here, from the fading canvas, smiled Lady Elizabeth Devereux, in her gauze hood, pearl stomacher, and pink slashed sleeves. A flower was in her right hand, and her left clasped an enamelled collar of white and damask roses. On a table by her side lay a mandolin and an apple. There were large green rosettes upon her little pointed shoes. He knew her life, and the strange stories that were told about her lovers. Had he something of her temperament in him? These oval, heavy-lidded eyes seemed to look curiously at him.
Was war das Vermächtnis dieses Mannes gewesen? Hatte ihm der Geliebte der Giovanna von Neapel ein Erbteil der Sünde und Schande hinterlassen? Waren seine eigenen Handlungen nur die Träume, die der Tote nicht zu verwirklichen gewagt hatte? Hier lächelte von einer verblaßten Leinwand Lady Elisabeth Devereux in ihrer Gazehaube, dem perlenbestickten Brustschmuck und den roten Schlitzärmeln. Sie hielt in der rechten Hand eine Blume, und die linke umfaßte einen emaillierten Halsschmuck aus weißen und Damaszener Rosen. Auf einem Tisch neben ihr lag eine Mandoline und ein Apfel. Auf ihren kleinen, spitzen Schuhen saßen große, grüne Rosetten. Er kannte ihr Leben und die seltsamen Geschichten, die man über ihre Liebhaber erzählte. Hatte er etwas von ihrem Temperament an sich? Diese ovalen Augen mit den schweren Lidern schienen ihn so sonderbar anzublicken.
What was that loathsome red dew that gleamed, wet and glistening, on one of the hands, as though the canvas had sweated blood? How horrible it was!--more horrible, it seemed to him for the moment, than the silent thing that he knew was stretched across the table, the thing whose grotesque misshapen shadow on the spotted carpet showed him that it had not stirred, but was still there, as he had left it.
Was war das für ein widerlicher, roter Fleck, der naß und glänzend an einer der Hände klebte, als hätte die Leinwand Blut geschwitzt? Wie schrecklich das war! -- Schrecklicher schien es ihm in diesem Augenblick als das schweigsame Ding, das, wie er wußte, noch über den Tisch gebeugt dasaß, das Ding, dessen grotesker, unglückseliger Schatten auf dem fleckigen Teppich ihm zeigte, daß es sich nicht bewegt hatte, sondern noch da war, wo er es gelassen hatte.
On and on plodded the hansom, going slower, it seemed to him, at each step. He thrust up the trap and called to the man to drive faster. The hideous hunger for opium began to gnaw at him. His throat burned and his delicate hands twitched nervously together. He struck at the horse madly with his stick. The driver laughed and whipped up. He laughed in answer, and the man was silent.
Weiter und weiter rollte die Droschke, und es schien ihm, als führe sie mit jedem Schritt langsamer. Er riß das Schiebefenster auf und rief dem Kutscher hinter ihm zu, schneller zu fahren. Der gräßliche Hunger nach Opium fing an, in ihm zu nagen. Die Kehle brannte ihm, und seine zarten Finger spielten nervös miteinander. Er schlug mit dem Spazierstock wie toll auf den Gaul ein. Der Kutscher lachte und hieb mit der Peitsche zu. Er lachte auch dazu, und der Mann auf dem Bocke schwieg.
As he looked back upon man moving through history, he was haunted by a feeling of loss. So much had been surrendered! and to such little purpose! There had been mad wilful rejections, monstrous forms of self-torture and self-denial, whose origin was fear and whose result was a degradation infinitely more terrible than that fancied degradation from which, in their ignorance, they had sought to escape; Nature, in her wonderful irony, driving out the anchorite to feed with the wild animals of the desert and giving to the hermit the beasts of the field as his companions.
Wenn er auf den Gang der Menschen durch die Weltgeschichte zurückblickte, verfolgte ihn ein Gefühl des Verlustes. So vielem war entsagt worden und zu so geringem Zweck! Es hatte wahnsinnige freiwillige Entsagungen gegeben, ungeheuerliche Formen von Selbstquälerei und Selbstverleugnung, deren Ursprung die Furcht war und deren Ergebnis eine Erniedrigung von unsäglich schrecklicherer Art, als jene nur eingebildete Erniedrigung, vor der sie sich in ihrer Unwissenheit flüchten wollten, da die Natur in ihrer wunderbaren Ironie den Anachoreten hinausjagte, damit er sich in Gesellschaft der Bestien der Wüste nährte, und dem Einsiedler die Tiere des Feldes zu Gefährten gab.
Those who read the symbol do so at their peril.
Wer das Symbol herausdeutet, tut es auf eigene Gefahr.
Those who find ugly meanings in beautiful things are corrupt without being charming. This is a fault. Those who find beautiful meanings in beautiful things are the cultivated. For these there is hope.
Wer in schönen Dingen einen häßlichen Sinn findet, ist verderbt, ohne anmutig zu sein. Das ist ein Fehler. Wer in schönen Dingen einen schönen Sinn findet, hat Kultur. Er berechtigt zu Hoffnungen.
Those who go beneath the surface do so at their peril.
Wer unter der Oberfläche schürft, tut es auf eigene Gefahr.
How different it was with material things! Where had they passed to? Where was the great crocus-coloured robe, on which the gods fought against the giants, that had been worked by brown girls for the pleasure of Athena? Where the huge velarium that Nero had stretched across the Colosseum at Rome, that Titan sail of purple on which was represented the starry sky, and Apollo driving a chariot drawn by white, gilt-reined steeds? He longed to see the curious table-napkins wrought for the Priest of the Sun, on which were displayed all the dainties and viands that could be wanted for a feast; the mortuary cloth of King Chilperic, with its three hundred golden bees; the fantastic robes that excited the indignation of the Bishop of Pontus and were figured with "lions, panthers, bears, dogs, forests, rocks, hunters--all, in fact, that a painter can copy from nature"; and the coat that Charles of Orleans once wore, on the sleeves of which were embroidered the verses of a song beginning "Madame, je suis tout joyeux," the musical accompaniment of the words being wrought in gold thread, and each note, of square shape in those days, formed with four pearls.
Wie anders war das mit den materiellen Dingen! Wohin waren die entschwunden? Wo war das große krokusfarbene Gewand, auf dem die Götter die Giganten bekämpft hatten, das von braunen Mädchen der Athene zur Freude gestickt worden war? Wo war das große Velarium, das Nero über das Kolosseum in Rom hatte ausspannen lassen, dieses gigantische Purpursegel, auf dem der Sternenhimmel abgebildet war, und Apollo, wie er einen Wagen lenkt, den weiße, von goldenen Zügeln gebändigte Streitrosse ziehen? Er sehnte sich, die sonderbaren Tischdecken zu sehen, die für den Sonnenpriester gewebt worden waren, und in die alle Leckerbissen und Speisen eingewirkt waren, die man für ein Festmahl nur wünschen konnte, das Sterbekleid des Königs Hilperich mit seinen dreihundert goldenen Bienen, die phantastischen Gewandungen, die die Entrüstung des Bischofs von Pontus erregten und auf denen »Löwen, Panther, Bären, Hunde, Wälder, Felsen, Jäger -- kurz alles dargestellt war, was ein Maler der Natur ablauschen kann«, und den Rock, den Karl von Orleans einstmals getragen hatte, auf dessen Ärmel die Verse eines Gedichtes gestickt waren, das begann: ~Madame, je suis tout joyeux~, während die Noten hierzu mit Goldfäden eingestickt waren und jeder Notenkopf, damals noch viereckig, aus vier Perlen gebildet war.
How exquisite they were! As one read them, one seemed to be floating down the green water-ways of the pink and pearl city, seated in a black gondola with silver prow and trailing curtains. The mere lines looked to him like those straight lines of turquoise-blue that follow one as one pushes out to the Lido. The sudden flashes of colour reminded him of the gleam of the opal-and-iris-throated birds that flutter round the tall honeycombed Campanile, or stalk, with such stately grace, through the dim, dust-stained arcades. Leaning back with half-closed eyes, he kept saying over and over to himself:
Wie entzückend die Verse waren! Wenn man sie las, hatte man die Empfindung, durch die grünen Wasserstraßen dieser rot- und perlfarbigen Stadt zu gleiten, in einer schwarzen Gondel mit silbernem Schnabel und schleppenden Vorhängen. Schon die Zeilen sahen so aus wie die geraden, türkisblauen Kiellinien, die einem folgten, wenn man nach dem Lido hinausrudert. Die plötzlichen Farbenblitze erinnerten ihn an den Schimmer jener Vögel mit opal- und regenbogenfarbenen Hälsen, die um den schlanken, wabenartig durchlöcherten Kampanile flattern oder mit prächtiger Anmut durch die düstern, staubigen Arkaden trippeln. Zurückgelehnt mit halb geschlossenen Augen sagte er immer und immer wieder zu sich: --
How exquisite life had once been! How gorgeous in its pomp and decoration! Even to read of the luxury of the dead was wonderful.
Wie köstlich das Leben einst gewesen war! Wie schwelgerisch in seinem Pomp und Schmuck! Von dem Reichtum der Toten auch nur zu lesen war schon wunderbar.
How quickly it had all been done! He felt strangely calm, and walking over to the window, opened it and stepped out on the balcony. The wind had blown the fog away, and the sky was like a monstrous peacock's tail, starred with myriads of golden eyes. He looked down and saw the policeman going his rounds and flashing the long beam of his lantern on the doors of the silent houses. The crimson spot of a prowling hansom gleamed at the corner and then vanished. A woman in a fluttering shawl was creeping slowly by the railings, staggering as she went. Now and then she stopped and peered back. Once, she began to sing in a hoarse voice. The policeman strolled over and said something to her. She stumbled away, laughing. A bitter blast swept across the square. The gas-lamps flickered and became blue, and the leafless trees shook their black iron branches to and fro. He shivered and went back, closing the window behind him.
Wie schnell das alles geschehen war! Er fühlte sich merkwürdig ruhig, ging zur Balkontür, öffnete sie und trat hinaus. Der Wind hatte die Nebeltücher auseinandergeblasen, und der Himmel sah aus wie der Schweif eines ungeheuren Pfaus, der mit Myriaden goldener Augen bestirnt war. Er blickte hinab und sah, wie der Polizist seine Runde machte und das lange Streiflicht seiner Laterne über die Türen der schweigsamen Häuser gleiten ließ. Das rotgelbe Licht einer vorbeitrödelnden Droschke glomm an der Straßenecke auf und verschwand wieder. Ein Weib in einem flatternden Kopftuch schob sich langsam am Gitter des Platzes vorbei und taumelte im Gehen. Dann und wann stand sie still und sah zurück. Auf einmal begann sie mit heiserer Stimme zu singen. Der Schutzmann schlenderte über den Damm her und sagte etwas zu ihr. Sie humpelte lachend weiter. Ein scharfer Luftzug fegte über den Platz. Die Gasflammen zuckten und wurden blau, und die entlaubten Bäume schüttelten ihr schwarzes Geäste hin und her, das wie ein Eisengeflecht aussah. Ihn fröstelte und er trat, das Fenster schließend, wieder zurück.
How late it was! He sat up, and having sipped some tea, turned over his letters. One of them was from Lord Henry, and had been brought by hand that morning. He hesitated for a moment, and then put it aside. The others he opened listlessly. They contained the usual collection of cards, invitations to dinner, tickets for private views, programmes of charity concerts, and the like that are showered on fashionable young men every morning during the season. There was a rather heavy bill for a chased silver Louis- Quinze toilet-set that he had not yet had the courage to send on to his guardians, who were extremely old-fashioned people and did not realize that we live in an age when unnecessary things are our only necessities; and there were several very courteously worded communications from Jermyn Street money- lenders offering to advance any sum of money at a moment's notice and at the most reasonable rates of interest.
Wie spät es war! Er setzte sich auf, schlürfte einige Züge Tee und durchblätterte die Briefe. Einer davon war von Lord Henry und war diesen Morgen von einem Boten abgegeben worden. Er zögerte einen Augenblick und legte ihn dann zur Seite. Die anderen öffnete er zerstreut. Sie enthielten die gewöhnliche Sammlung von Karten, Einladungen zum Essen, Ausstellungsbilletts, Programmen für Wohltätigkeitskonzerte und ähnlichen Aufforderungen, wie sie einem jungen Mann der Gesellschaft während der Saison jeden Morgen ins Haus regnen. Es war auch eine recht große Rechnung dabei für ein Toiletteservice im Stile Louis des Fünfzehnten, aus getriebenem Silber, die er noch nicht mutig genug gewesen war, seinen Vormündern vorzulegen, die außerordentlich altmodische Herren waren und nicht begreifen konnten, daß man in einer Zeit lebe, wo die unnötigen Dinge unsere einzige Notwendigkeit sind; und außerdem war eine Reihe sehr höflich abgefaßter Mitteilungen aus Jermyn Street da, in denen man sich anbot, ihm in der kürzesten Zeit jeden Geldbetrag zu dem mäßigsten Zinsfuße vorzustrecken.
What of George Willoughby, with his powdered hair and fantastic patches? How evil he looked! The face was saturnine and swarthy, and the sensual lips seemed to be twisted with disdain. Delicate lace ruffles fell over the lean yellow hands that were so overladen with rings. He had been a macaroni of the eighteenth century, and the friend, in his youth, of Lord Ferrars. What of the second Lord Beckenham, the companion of the Prince Regent in his wildest days, and one of the witnesses at the secret marriage with Mrs. Fitzherbert? How proud and handsome he was, with his chestnut curls and insolent pose! What passions had he bequeathed? The world had looked upon him as infamous. He had led the orgies at Carlton House. The star of the Garter glittered upon his breast. Beside him hung the portrait of his wife, a pallid, thin- lipped woman in black. Her blood, also, stirred within him. How curious it all seemed! And his mother with her Lady Hamilton face and her moist, wine-dashed lips--he knew what he had got from her. He had got from her his beauty, and his passion for the beauty of others. She laughed at him in her loose Bacchante dress. There were vine leaves in her hair. The purple spilled from the cup she was holding. The carnations of the painting had withered, but the eyes were still wonderful in their depth and brilliancy of colour. They seemed to follow him wherever he went.
Wie stand es um George Willoughby mit seinem gepuderten Haar und seinen phantastischen Schönheitspflästerchen? Wie böse er aussah! Das Gesicht war melancholisch und bräunlich, und die sinnlichen Lippen schienen verächtlich zusammengekniffen. Kostbare Spitzenmanschetten rieselten über die mageren gelben Hände, die mit Ringen so sehr überladen waren. Er war im achtzehnten Jahrhundert ein Stutzer gewesen und in seiner Jugend ein Freund von Lord Ferrars. Wie war es mit dem zweiten Lord Beckenham, dem Gefährten des Prinzregenten in seinen wildesten Tagen und einem der Zeugen bei seiner heimlichen Eheschließung mit Frau Fitzherbert? Wie stolz und hübsch war er mit seinen kastanienbrauen Locken und der herausfordernden Haltung! Welche Leidenschaften hatte er ihm vererbt? Die Welt hatte ihn für ehrlos gehalten. Er hatte bei den Orgien in Carlton House den Vorsitz geführt. Der Stern des Hosenbandordens strahlte auf seiner Brust. Neben ihm hing das Bild seiner Gemahlin, einer blassen, dünnlippigen Frau in schwarzem Kleide. Auch ihr Blut flutete in ihm. Wie merkwürdig schien das alles! Und seine Mutter mit ihrem Lady Hamilton-Gesicht und ihren feuchten, wie vom Wein benetzten Lippen -- er wußte, was er von ihr mitbekommen hatte. Von ihr hatte er seine Schönheit geerbt und seine Leidenschaft für die Schönheit anderer. Sie lachte ihn an in ihrem losen Bacchantinnenkleide. In ihrem Haare waren Weinblätter. Über den Becher, den sie hielt, schäumte der Purpur. Die Fleischfarbe des Gemäldes war verblaßt, aber die Augen waren noch wunderbar in ihrer Tiefe und ihrem Farbenglanz. Sie schienen ihm überall hin zu folgen, wo er auch ging.
On one occasion he took up the study of jewels, and appeared at a costume ball as Anne de Joyeuse, Admiral of France, in a dress covered with five hundred and sixty pearls. This taste enthralled him for years, and, indeed, may be said never to have left him. He would often spend a whole day settling and resettling in their cases the various stones that be had collected, such as the olive-green chrysoberyl that turns red by lamplight, the cymophane with its wirelike line of silver, the pistachio-coloured peridot, rose-pink and wine-yellow topazes, carbuncles of fiery scarlet with tremulous, four-rayed stars, flame- red cinnamon-stones, orange and violet spinels, and amethysts with their alternate layers of ruby and sapphire. He loved the red gold of the sunstone, and the moonstone's pearly whiteness, and the broken rainbow of the milky opal. He procured from Amsterdam three emeralds of extraordinary size and richness of colour, and had a turquoise de la vieille roche that was the envy of all the connoisseurs.
Wieder ein andermal warf er sich auf das Studium der Edelsteine und erschien auf einem Maskenfest als Anne de Joyeuse, Admiral von Frankreich, in einem Gewand, das mit fünfhundertsechzig Perlen bestickt war. Diese Geschmacksrichtung hielt ihn jahrelang gefangen, ja, man kann sagen, daß sie ihn nie verlassen hat. Er verbrachte oft einen ganzen Tag damit, die verschiedenen Steine, die er gesammelt hatte, aus ihren Schachteln zu nehmen und wieder umzuordnen, wie beispielsweise der olivengrüne Chrysoberyll, der im Lampenlicht rot wird, der Cymophan mit seinen haarfeinen Silberlinien, der pistazienfarbene Peridot, rosenfarbige und weingelbe Topase, scharlachfeurige Karfunkelsteine mit zitternden, vierfach ausstrahlenden Sternen, flammenrote Kaneelsteine, orangenfarbene und violette Spinelle und Amethyste mit ihren regelmäßig wechselnden Schichten von Rubin und Saphir. Er liebte das rote Gold des Sonnensteins und die perlfarbene Weiße des Mondsteins und den gebrochenen Regenbogen des milchflockigen Opals. Er verschrieb sich aus Amsterdam drei Smaragde von außerordentlicher Größe und wunderbarem Farbenreichtum und besaß einen Türkis ~de la vieille roche~, um den ihn alle Kenner beneideten.
Over and over again Dorian used to read this fantastic chapter, and the two chapters immediately following, in which, as in some curious tapestries or cunningly wrought enamels, were pictured the awful and beautiful forms of those whom vice and blood and weariness had made monstrous or mad: Filippo, Duke of Milan, who slew his wife and painted her lips with a scarlet poison that her lover might suck death from the dead thing he fondled; Pietro Barbi, the Venetian, known as Paul the Second, who sought in his vanity to assume the title of Formosus, and whose tiara, valued at two hundred thousand florins, was bought at the price of a terrible sin; Gian Maria Visconti, who used hounds to chase living men and whose murdered body was covered with roses by a harlot who had loved him; the Borgia on his white horse, with Fratricide riding beside him and his mantle stained with the blood of Perotto; Pietro Riario, the young Cardinal Archbishop of Florence, child and minion of Sixtus IV, whose beauty was equalled only by his debauchery, and who received Leonora of Aragon in a pavilion of white and crimson silk, filled with nymphs and centaurs, and gilded a boy that he might serve at the feast as Ganymede or Hylas; Ezzelin, whose melancholy could be cured only by the spectacle of death, and who had a passion for red blood, as other men have for red wine--the son of the Fiend, as was reported, and one who had cheated his father at dice when gambling with him for his own soul; Giambattista Cibo, who in mockery took the name of Innocent and into whose torpid veins the blood of three lads was infused by a Jewish doctor; Sigismondo Malatesta, the lover of Isotta and the lord of Rimini, whose effigy was burned at Rome as the enemy of God and man, who strangled Polyssena with a napkin, and gave poison to Ginevra d'Este in a cup of emerald, and in honour of a shameful passion built a pagan church for Christian worship; Charles VI, who had so wildly adored his brother's wife that a leper had warned him of the insanity that was coming on him, and who, when his brain had sickened and grown strange, could only be soothed by Saracen cards painted with the images of love and death and madness; and, in his trimmed jerkin and jewelled cap and acanthuslike curls, Grifonetto Baglioni, who slew Astorre with his bride, and Simonetto with his page, and whose comeliness was such that, as he lay dying in the yellow piazza of Perugia, those who had hated him could not choose but weep, and Atalanta, who had cursed him, blessed him.
Wieder und wieder las Dorian dieses phantastische Kapitel und die zwei unmittelbar folgenden, in denen wie auf wunderlichen Gobelins oder kunstvoll gearbeiteten Emaillen die greulich-schönen Gestalten jener dargestellt waren, die Laster und Blut und Übersättigung zu Ungeheuern oder Narren gemacht hatte: Filippo, der Herzog von Mailand, der sein Weib getötet und ihre Lippen mit scharlachrotem Gift gefärbt hatte, damit ihr Geliebter von dem Leichnam, wenn er ihn liebkoste, den Tod saugen möge: der Venezianer Pietro Barbi, bekannt als Paul der Zweite, der in seiner Eitelkeit den Beinamen Formosus annehmen wollte und dessen Tiara, die zweihunderttausend Gulden Wert hatte, mit einer furchtbaren Sünde erkauft worden war: Gian Maria Visconti, der Hunde benutzte, um auf lebende Menschen Jagd zu machen, und dessen Leichnam nach seiner Ermordung von einer Dirne, die ihn geliebt hatte, mit Rosen bedeckt ward: der Borgia auf seinem Schimmel, neben dem der Brudermord hoch zu Rosse saß, und dessen Mantel mit dem Blute Perottos befleckt war: Pietro Riario, der junge Kardinalerzbischof von Florenz, das Kind und der Liebling Sixtus des Sechsten, dessen Schönheit nur von seiner Lasterhaftigkeit übertroffen wurde, und der Leonora von Aragonien in einem Zelt aus weißer und karmesinfarbener Seide empfing, das voll Nymphen und Zentauren war, und der einen Knaben vergoldete, damit er bei dem Feste als Ganymed oder Hylas aufwarte: Etzelin, dessen Schwermut nur durch das Schauspiel des Todes geheilt werden konnte und der eine Leidenschaft für rotes Blut hatte, wie andere Menschen für roten Wein -- den man den Sohn des Satans hieß und der seinen Vater beim Würfeln betrogen hatte, als er mit ihm um seine Seele spielte: Giambattista Cibo, der aus Hohn den Namen Innozentius annahm und in dessen verdumpfte Adern ein jüdischer Arzt das Blut von drei Jünglingen einpumpte: Sigismondo Malatesta, der Liebhaber der Isotta und der Herr von Rimini, der zu Rom im Bilde als ein Feind Gottes und der Menschen verbrannt wurde, und der Polyssena mit einer Serviette erdrosselte, und der Ginevra d'Este aus einem Smaragdbecher Gift zu trinken gab und, um eine schändliche Leidenschaft zu ehren, einen heidnischen Tempel zur Anbetung für die Christen baute: Karl der Sechste, der für das Weib seines Bruders so ungestüm erglühte, daß ihm ein Aussätziger den Irrsinn prophezeite, der über ihn kommen werde, und der, als sein Geist krank geworden war und sich verwirrt hatte, nur durch sarazenische Spielkarten besänftigt wurde, auf denen Liebe, Tod und Wahnsinn abgebildet waren: und in seinem gezierten Kamisol und in seinem edelsteingeschmückten Barett und den akanthusgleichen Locken Grifonetto Baglioni, der Astorre bei seiner Braut und Simonetto bei seinem Pagen erschlug, und dessen Anmut so groß war, daß, als er sterbend auf der gelben Piazza in Perugia lag, selbst seine Hasser das Schluchzen nicht unterdrücken konnten, und ihn Atalanta segnete, die ihn verflucht hatte.
Why is it, Dorian, that a man like the Duke of Berwick leaves the room of a club when you enter it? Why is it that so many gentlemen in London will neither go to your house or invite you to theirs? You used to be a friend of Lord Staveley. I met him at dinner last week. Your name happened to come up in conversation, in connection with the miniatures you have lent to the exhibition at the Dudley. Staveley curled his lip and said that you might have the most artistic tastes, but that you were a man whom no pure-minded girl should be allowed to know, and whom no chaste woman should sit in the same room with. I reminded him that I was a friend of yours, and asked him what he meant. He told me. He told me right out before everybody. It was horrible!
Woher kommt es, Dorian, daß ein Mann wie der Herzog von Berwick aufsteht und das Klubzimmer verläßt, wenn du eintrittst? Warum wollen so viele Männer in London nicht zu dir kommen und dich niemals zu sich einladen? Du warst doch mit Lord Staveley befreundet. Ich traf ihn vorige Woche bei einem Diner. Dein Name tauchte zufällig im Gespräch in Verbindung mit den Miniaturen auf, die du der Dudley-Ausstellung hergeliehen hast. Staveley verzog die Lippen und sagte, es mag ja sein, daß du einen äußerst künstlerischen Geschmack habest, aber du seist ein Mann, den kein reines Mädchen kennenlernen solle und mit dem keine anständige Frau im selben Zimmer sein dürfe. Ich gab ihm zu verstehen, daß ich dein Freund sei, und fragte ihn, was er damit meine. Er sagte es mir. Er sagte es mir vor allen Leuten geradeheraus. Es war scheußlich!
Where he went to he hardly knew. He remembered wandering through dimly lit streets, past gaunt, black-shadowed archways and evil-looking houses. Women with hoarse voices and harsh laughter had called after him. Drunkards had reeled by, cursing and chattering to themselves like monstrous apes. He had seen grotesque children huddled upon door-steps, and heard shrieks and oaths from gloomy courts.
Wohin er ging, wußte er selber kaum. Er erinnerte sich, durch schwach beleuchtete Gassen gewandert, an traurigen, in schwarze Schatten getauchten Türbogen und elend aussehenden Häusern vorbeigekommen zu sein, Weiber mit heiseren Stimmen und schrillem Lachen hatten hinter ihm her gerufen. Betrunkene waren fluchend und mit sich selber sprechend, wie Riesenaffen, an ihm vorbeigetaumelt. Er hatte putzige Kinder auf den Stufen kauern sehen und Schreien und Schimpfen aus düsteren Höfen gehört.
Cloudless, and pierced by one solitary star, a copper-green sky gleamed through the windows. He read on by its wan light till he could read no more. Then, after his valet had reminded him several times of the lateness of the hour, he got up, and going into the next room, placed the book on the little Florentine table that always stood at his bedside and began to dress for dinner.
Wolkenlos, von den Strahlen keines einzigen Sternes durchstochen, glimmerte ein kupfergrüner Himmel durch die Fenster. Er las bei seinem matten Licht weiter, bis er nicht mehr lesen konnte. Nachdem ihn sein Diener mehrere Male an die späte Stunde erinnert hatte, stand er auf, ging ins Nebenzimmer, legte das Buch auf das Florentiner Tischchen, das immer neben seinem Bett stand, und begann sich zum Diner umzukleiden.
While Lord Henry sat dreaming on these things, a knock came to the door, and his valet entered and reminded him it was time to dress for dinner. He got up and looked out into the street. The sunset had smitten into scarlet gold the upper windows of the houses opposite. The panes glowed like plates of heated metal. The sky above was like a faded rose. He thought of his friend's young fiery-coloured life and wondered how it was all going to end.
Während Lord Henry noch dasaß und über diese Dinge nachgrübelte, wurde an die Tür geklopft; ein Diener trat ein und erinnerte ihn, daß es Zeit sei, sich für das Abendessen umzukleiden. Er erhob sich und blickte auf die Straße hinab. Der Sonnenuntergang hatte die oberen Fenster der gegenüberliegenden Häuser in ein feuerrotes Gold getaucht. Die Scheiben glühten wie erhitzte Metallplatten. Der Himmel drüber glich einer verwelkten Rose. Es erinnerte ihn an das junge, flammenlodernde Leben seines Freundes, und er fragte sich, wie das alles enden würde.
As the painter looked at the gracious and comely form he had so skilfully mirrored in his art, a smile of pleasure passed across his face, and seemed about to linger there. But he suddenly started up, and closing his eyes, placed his fingers upon the lids, as though he sought to imprison within his brain some curious dream from which he feared he might awake.
Während der Maler die anmutige und liebenswürdige Gestalt betrachtete, die seine Kunst so prachtvoll wiedergespiegelt hatte, huschte ein freudiges Lächeln über sein Gesicht und schien dort verweilen zu wollen. Plötzlich aber fuhr er auf, schloß die Augen und preßte die Lider mit den Fingern zu, als fürchte er, aus einem absonderlichen Traume zu erwachen, und als suche er ihn im Gehirn einzuschließen.
As soon as the man entered, Dorian pulled his chequebook out of a drawer and spread it out before him.
Während der Mann eintrat, holte Dorian sein Scheckbuch aus einer Schublade hervor und legte es vor sich hin.
Had he gone to his aunt's, he would have been sure to have met Lord Goodbody there, and the whole conversation would have been about the feeding of the poor and the necessity for model lodging-houses. Each class would have preached the importance of those virtues, for whose exercise there was no necessity in their own lives. The rich would have spoken on the value of thrift, and the idle grown eloquent over the dignity of labour. It was charming to have escaped all that! As he thought of his aunt, an idea seemed to strike him. He turned to Hallward and said, "My dear fellow, I have just remembered."
Wäre er zu seiner Tante gegangen, hätte er dort sicher Lord Goodbody getroffen, und das ganze Gespräch hätte sich mit der Armenernährung und der Notwendigkeit von Musterwohnhäusern beschäftigt. Menschen jedes Standes hätten die Wichtigkeit gerade jener Tugenden gepredigt, für die sie in ihrem eigenen Leben gar keine Verwendung hatten. Der Reiche hätte von dem Werte der Sparsamkeit geredet, und der Träge mit wahrhafter Beredsamkeit über die Würde der Arbeit. Es war reizend, all dem entgangen zu sein. Als er an seine Tante dachte, schien ihm etwas einzufallen. Er wandte sich zu Basil und sagte: »Mein lieber Junge, ich erinnere mich jetzt.«
Chapter 10
Zehntes Kapitel
Chapter 20
Zwanzigstes Kapitel
Two red sparks flashed for a moment in the woman's sodden eyes, then flickered out and left them dull and glazed. She tossed her head and raked the coins off the counter with greedy fingers. Her companion watched her enviously.
Zwei rote Funken blitzten für einen Augenblick in den wässerigen Augen des Weibes auf, dann verloschen sie wieder und ließen sie trübe und gläsern erscheinen. Sie warf den Kopf in den Nacken und raffte mit gierigen Fingern die Münzen auf dem Schenktisch zusammen. Ihre Gefährtin beobachtete sie neidisch.
Chapter 2
Zweites Kapitel
Chapter 12
Zwölftes Kapitel
was declaimed with the painful precision of a schoolgirl who has been taught to recite by some second- rate professor of elocution. When she leaned over the balcony and came to those wonderful lines--
deklamierte sie mit der peinlichen Genauigkeit eines Schulmädchens, das einen mittelmäßigen Vortragslehrer in der Schule gehabt hat. Als sie sich über den Balkon lehnte und zu den herrlichen Versen kam --
with the brief dialogue that follows, were spoken in a thoroughly artificial manner. The voice was exquisite, but from the point of view of tone it was absolutely false. It was wrong in colour. It took away all the life from the verse. It made the passion unreal.
mit dem kurzen Dialog, der folgt, sprach sie in einem ganz gekünstelten Tone. Die Stimme klang wundervoll, aber der Ton ganz verfehlt. Er traf die Stimmungsfarbe nicht. Er nahm den Versen alles Leben. Er machte die Leidenschaft unwahr.
she spoke the words as though they conveyed no meaning to her. It was not nervousness. Indeed, so far from being nervous, she was absolutely self-contained. It was simply bad art. She was a complete failure.
sprach sie die Worte, als enthielten sie keinerlei Sinn für sie. Es war nicht Aufregung. Nein, weit entfernt davon, erregt zu sein, schien sie ganz mit sich zufrieden. Es war einfach schlechte Kunst. Es war ein richtiger Abfall.
Devant une façade rose, Sur le marbre d'un escalier.
~Devant une façade rose, Sur le marbre d'un escalier.~
Sur une gamme chromatique, Le sein de peries ruisselant, La Vénus de l'Adriatique Sort de l'eau son corps rose et blanc.
~Sur une gamme chromatique, Le sein de perles ruisselant, La Vénus de l'Adriatique Sort de l'eau son corps rose et blanc.
"But we have such grave responsibilities," ventured Mrs. Vandeleur timidly.
»Aber auf uns liegen so ernste Verantwortlichkeiten«, warf Frau Vandeleur schüchtern ein.
"My dear fellow," said Lord Henry, elevating his eyebrows in surprise, "I asked you because I thought you might be able to give me an answer. That is all. I was going through the park last Sunday, and close by the Marble Arch there stood a little crowd of shabby-looking people listening to some vulgar street- preacher. As I passed by, I heard the man yelling out that question to his audience. It struck me as being rather dramatic. London is very rich in curious effects of that kind. A wet Sunday, an uncouth Christian in a mackintosh, a ring of sickly white faces under a broken roof of dripping umbrellas, and a wonderful phrase flung into the air by shrill hysterical lips--it was really very good in its way, quite a suggestion. I thought of telling the prophet that art had a soul, but that man had not. I am afraid, however, he would not have understood me."
»Aber bester Junge,« sagte Lord Henry und zog verwundert die Augenbrauen in die Höhe, »ich habe dich gefragt, weil ich dachte, du könntest mir eine Antwort geben. Das ist alles. Ich bin letzten Sonntag durch Hyde Park gegangen, und nahe beim Marble Arch stand eine kleine Ansammlung schäbig aussehender Menschen, die irgendeinem ordinären Straßenprediger lauschten. Als ich vorbeiging, hörte ich den Mann diese Frage seinen Zuhörern entgegenschreien. Es berührte mich ordentlich dramatisch. London ist sehr reich an seltsamen Wirkungen solcher Art. Ein regnerischer Sonntag, ein unmanierlicher Christ in einem Regenmantel, ein Kreis krankhafter, bleicher Gesichter unter dem wellenförmigen Dach tropfender Regenschirme und ein wunderbarer Satz, von schrillen, hysterischen Lippen in die Luft geschleudert, das war auf seine Art wirklich sehr gut, es lag geradezu eine gewisse Suggestion darin. Ich dachte zuerst daran, dem Propheten zu sagen, daß die Kunst eine Seele habe, aber nicht der Mensch, aber ich fürchte, er hätte mich doch nicht verstanden.«
"But do you approve of it, Harry?" asked the painter, walking up and down the room and biting his lip. "You can't approve of it, possibly. It is some silly infatuation."
»Aber billigst du es denn, Harry?« fragte der Maler, der im Zimmer auf und ab ging und sich auf die Lippen biß. »Du kannst es doch ganz unmöglich billigen. Es ist eine törichte Verblendung.«
"Still, the East End is a very important problem," remarked Sir Thomas with a grave shake of the head.
»Aber das East-End ist ein sehr wichtiges Problem«, bemerkte Sir Thomas mit ernstem Kopfschütteln.
"You will some day, surely?"
»Aber doch ein andermal?«
"You don't know his name, though," said the lad harshly.
»Aber du weißt nicht mal seinen Namen«, warf der junge Mann barsch ein.
"Yet you poisoned me with a book once. I should not forgive that. Harry, promise me that you will never lend that book to any one. It does harm."
»Aber einstmals hast du mich mit einem Buch vergiftet. Ich sollte das nicht vergeben. Harry, versprich mir, daß du dieses Buch nie wieder jemand leihen willst. Es stiftet Unheil.«
"Well, sir, you'll be covered with cobwebs if you go into it. Why, it hasn't been opened for nearly five years--not since his lordship died."
»Aber gnädiger Herr, Sie werden sich voller Spinnweben machen, wenn Sie hineingehen. Ei, es ist ja beinah seit fünf Jahren nicht geöffnet worden, seit seine Gnaden gestorben sind.«
"But I thought you had promised Basil Hallward to go and see him," answered Lord Henry.
»Aber ich dachte, Sie haben Basil Hallward versprochen, ihn zu besuchen«, wandte Lord Henry ein.
"But I like sentimental people."
»Aber ich habe sentimentale Menschen gern.«
"But I don't want to be rechristened, Harry," rejoined the duchess, looking up at him with her wonderful eyes. "I am quite satisfied with my own name, and I am sure Mr. Gray should be satisfied with his."
»Aber ich will nicht umgetauft werden, Harry«, erwiderte die Herzogin und sah ihn mit ihren reizend schönen Augen an. »Ich bin mit meinem Namen ganz zufrieden und ich denke, Herr Gray kann auch mit seinem zufrieden sein.«
"But must we really see Chicago in order to be educated?" asked Mr. Erskine plaintively. "I don't feel up to the journey."
»Aber müssen wir wirklich nach Chicago schwimmen, um unsere Bildung zu vervollständigen?« fragte Herr Erskine wehmütig. »Ich fühle mich wirklich zu solcher Reise nicht aufgelegt.«
"But not explained you."
»Aber nicht erklärt.«
"You won't forget?"
»Aber nicht vergessen!«
"But they are so unhappy in Whitechapel," continued Lady Agatha.
»Aber sie sind in Whitechapel so unglücklich«, fuhr Lady Agatha wieder fort.
"But surely she did?"
»Aber sie wußte ihn doch?«
"But suppose, Harry, I became haggard, and old, and wrinkled? What then?"
»Aber stelle dir vor, Harry, wenn ich hager und alt und runzlich würde, was dann?«
"But why not?"
»Aber warum nicht?«
"But what is the matter? Of course I won't look at it if you don't want me to," he said, rather coldly, turning on his heel and going over towards the window. "But, really, it seems rather absurd that I shouldn't see my own work, especially as I am going to exhibit it in Paris in the autumn. I shall probably have to give it another coat of varnish before that, so I must see it some day, and why not to-day?"
»Aber was ist los? Ich sehe das Bild natürlich nicht an, wenn du es nicht willst«, sagte der Maler ziemlich kühl, drehte sich um und ging zum Fenster hinüber. »Aber es scheint mir wahrhaftig ganz verrückt, daß ich mein eigenes Werk nicht sehen soll, besonders, wo ich es im Herbst in Paris ausstellen will. Ich werde es wahrscheinlich vorher nochmals firnissen müssen, werde es also eines Tages doch gewiß sehen, also warum nicht heute?«
"But think of Dorian's birth, and position, and wealth. It would be absurd for him to marry so much beneath him."
»Aber überlege doch Dorians Geburt, seine Stellung, sein Vermögen. Es wäre sinnlos, wenn er so tief unter seinem Stande heiraten würde.«
"All right. The Bristol at eight o'clock; and I will get Basil."
»Abgemacht! Morgen um acht im Bristol. Ich werde Basil mitbringen.«
"All right, Uncle George, I'll tell her, but it won't have any effect. Philanthropic people lose all sense of humanity. It is their distinguishing characteristic."
»Abgemacht, Onkel Georg, ich werde es ihr bestellen, aber es wird nichts nutzen. Wohltätigkeitsmegären verlieren alle Menschlichkeit. Das ist ihr hervorstechendstes Merkmal.«
"Ah! Mother, Mother, let me be happy!"
»Ach Mutter, Mutter, laß mich glücklich sein!«
"Ah, then," said Lord Henry, rising to go, "then, my dear Dorian, you would have to fight for your victories. As it is, they are brought to you. No, you must keep your good looks. We live in an age that reads too much to be wise, and that thinks too much to be beautiful. We cannot spare you. And now you had better dress and drive down to the club. We are rather late, as it is."
»Ach dann,« sagte Lord Harry und erhob sich zum Gehen -- »dann, mein bester Dorian, würdest du um deine Siege kämpfen müssen. Wie es ist, werden sie dir noch entgegengetragen. Nein, du mußt schön bleiben, wie du noch bist. Wir leben in einer Zeit, in der zuviel gelesen wird, als daß sie weise wäre, und in der zuviel gedacht wird, als daß sie schön wäre. Wir können dich nicht entbehren. Und jetzt tätest du besser, dich anzuziehen und in den Klub zu fahren. Wir kommen ohnehin schon zu spät.«
"Ah! don't remind me of that," cried Dorian Gray.
»Ach! Erinnere mich nicht daran!« rief Dorian Gray.
"Ah! then, you never really love, Mr. Gray," answered the duchess with mock sadness.
»Ach! Herr Gray, dann lieben Sie nie in Wirklichkeit«, antwortete die Herzogin wie in spöttischer Trauer.
"Ah, Alan," murmured Dorian with a sigh, "I wish you had a thousandth part of the pity for me that I have for you." He turned away as he spoke and stood looking out at the garden. Campbell made no answer.
»Ach, Alan,« flüsterte Dorian seufzend, »ich wünschte, du hättest den tausendsten Teil des Mitleids mit mir, das ich mit dir habe.« Er kehrte sich während dieser Worte ab und stand da und blickte in den Garten hinaus. Campbell gab keine Antwort.
"Ah, Dorian, I am so glad you take it in that way! I was afraid I would find you plunged in remorse and tearing that nice curly hair of yours."
»Ach, Dorian, da bin ich sehr froh, daß du es so auffaßt. Ich fürchtete, dich von Gewissensbissen zermartert zu finden und wie du dir die hübschen lockigen Haare zerraufst.«
"Ah! Harry, your views terrify me.
»Ach, Harry, deine Ansichten erschrecken mich!«
"Ah! but you don't like being kissed, Jim," she cried. "You are a dreadful old bear." And she ran across the room and hugged him.
»Ach, Jim, du machst dir doch gar nichts aus Küssen!« rief sie. »Du bist ein greulicher alter Bär!« Und sie hüpfte durchs Zimmer zu ihm hin und umhalste ihn.
"What nonsense, Dorian!" laughed his companion, and as the hare bounded into the thicket, he fired. There were two cries heard, the cry of a hare in pain, which is dreadful, the cry of a man in agony, which is worse.
»Ach, Unsinn, Dorian«, sagte lachend sein Gefährte, und noch ehe der Hase in das Dickicht setzte, schoß er zu. Man hörte zwei Schreie, den Schrei eines verwundeten Hasen, der schrecklich ist, und den Schrei eines sterbenden Menschen, der noch schrecklicher ist.
"Oh, I am tired of sitting, and I don't want a life-sized portrait of myself," answered the lad, swinging round on the music-stool in a wilful, petulant manner. When he caught sight of Lord Henry, a faint blush coloured his cheeks for a moment, and he started up. "I beg your pardon, Basil, but I didn't know you had any one with you."
»Ach, ich habe das Sitzen lange satt, und ich will gar kein lebensgroßes Bild von mir«, antwortete der Jüngling und schwang sich in dem Musikstuhl auf eine eigensinnige, launische Knabenart herum. Als er aber Lord Henry erblickte, stieg für einen Augenblick ein schwaches Rot in seine Wangen, und er sprang auf. »Ich bitte um Entschuldigung, Basil, ich wußte nicht, daß jemand bei dir ist.«
"Oh, anywhere. Here: this will do. I don't want to have it hung up. Just lean it against the wall. Thanks."
»Ach, irgendwo. Vielleicht hierher: da wird's gut stehen. Ich will's nicht aufgehängt haben. Lehnen Sie es nur gegen die Wand. Danke!«
"Oh, don't be so serious, Jim. You are like one of the heroes of those silly melodramas Mother used to be so fond of acting in. I am not going to quarrel with you. I have seen him, and oh! to see him is perfect happiness. We won't quarrel. I know you would never harm any one I love, would you?"
»Ach, sei nicht so ernsthaft, Jim. Du bist wie einer von den Helden aus den albernen Melodramen, in denen Mutter so gern gespielt hat. Ich will mich mit dir nicht streiten. Ich hab' ihn gesehen, und ihn sehen, ist vollkommenes Glück. Wir wollen nicht streiten. Ich weiß, daß du einem, den ich liebe, nie etwas antun wirst, nicht?«
"Ah! what a nuisance people's people are! Try and make him come. By the way, Dorian, you ran off very early last night. You left before eleven. What did you do afterwards? Did you go straight home?"
»Ach, was für ein Kreuz die Familiensimpelei ist! Versuch doch, daß er kommt. Übrigens, Dorian, du bist gestern abend sehr früh weggelaufen. Du hast uns vor elf Uhr sitzen lassen. Was hast du denn noch vorgehabt? Bist du gleich nach Hause gegangen?«
"Eighteen years," laughed Dorian Gray, with a touch of triumph in his voice. "Eighteen years! Set me under the lamp and look at my face!"
»Achtzehn Jahre!« lachte Dorian mit einem triumphierenden Ton in seiner Stimme. »Achtzehn Jahre! Bringen Sie mich unter die Laterne und sehen Sie mein Gesicht an!«
"Eighteen years," said the man. "Why do you ask me? What do years matter?"
»Achtzehn Jahre«, sagte der Mann. »Warum fragst du? Was machen die Jahre?«
"Good-bye, my son," she answered with a bow of strained stateliness.
»Adieu, mein Sohn«, antwortete sie mit einer Verbeugung gemachter hoheitsvoller Würde.
"Ah! that is very nice, and very wrong of you," she cried; "so mind you come"; and she swept out of the room, followed by Lady Agatha and the other ladies. When Lord Henry had sat down again, Mr. Erskine moved round, and taking a chair close to him, placed his hand upon his arm.
»Ah! Das ist sehr nett und sehr abscheulich von Ihnen«, rief sie; »vergessen Sie also nicht zu kommen«, und sie rauschte aus dem Zimmer, von Lady Agatha und den anderen Damen begleitet. Als sich Lord Henry wieder gesetzt hatte, kam Herr Erskine zu ihm, zog seinen Stuhl ganz nahe zu ihm hin und legte die Hand auf seinen Arm.
"Ah! I have talked quite enough for to-day," said Lord Henry, smiling. "All I want now is to look at life. You may come and look at it with me, if you care to."
»Ah! Ich habe für heute gerade genug geredet«, sagte Lord Henry und lächelte. »Alles, was ich jetzt möchte, ist, das Leben zu beschauen. Sie können mitkommen und mitanschauen, wenn Sie wollen.«
"Ah! this morning! You have lived since then."
»Ah! heute früh. Seitdem haben Sie einiges erlebt.«
"Ah! I was waiting for you to call me Dorian."
»Ah! wie ich darauf gewartet habe, daß du mich wieder Dorian nennst.«
"Ah, you have discovered that?" murmured Lord Henry. And they passed into the dining-room.
»Ah, das hast du entdeckt?« sagte Lord Henry. Und sie gingen zusammen in den Speisesaal.
"Ah! that is one of Harry's views, isn't it, Mr. Gray? I always hear Harry's views from his friends. It is the only way I get to know of them. But you must not think I don't like good music. I adore it, but I am afraid of it. It makes me too romantic. I have simply worshipped pianists-- two at a time, sometimes, Harry tells me. I don't know what it is about them. Perhaps it is that they are foreigners. They all are, ain't they? Even those that are born in England become foreigners after a time, don't they? It is so clever of them, and such a compliment to art. Makes it quite cosmopolitan, doesn't it?
»Ah, das ist eine von Harrys Sentenzen, nicht wahr, Herr Gray? Ich bekomme Harrys Ansichten immer von seinen Freunden zu hören. Das ist die einzige Art, wie ich sie überhaupt erfahre. Aber Sie dürfen nicht glauben, daß ich nicht auch gute Musik liebe. Ich vergöttere sie, aber ich fürchte mich vor ihr. Sie macht mich zu romantisch. Ich habe Klavierspieler geradezu angebetet -- manchmal zwei auf einmal, versichert Harry. Ich weiß nicht, was es für eine Bewandtnis mit ihnen hat. Vielleicht rührt es daher, daß sie Ausländer sind. Das sind sie doch alle, nicht wahr? Selbst die in England Geborenen werden nach einiger Zeit Ausländer, nicht wahr? Es ist sehr gescheit von ihnen und für die Kunst sehr vorteilhaft. Das macht sie zu Kosmopoliten, nicht wahr?
"Ah! but what do you mean by good?" cried Basil Hallward.
»Ah, doch, was verstehst du unter gut?« rief Basil Hallward.
"Ah, my dear," cried Lady Narborough, putting on her gloves, "don't tell me that you have exhausted life. When a man says that one knows that life has exhausted him. Lord Henry is very wicked, and I sometimes wish that I had been; but you are made to be good-- you look so good. I must find you a nice wife. Lord Henry, don't you think that Mr. Gray should get married?"
»Ah, mein Lieber!« rief Lady Narborough und zog ihre Handschuhe an, »sagen Sie mir nicht, daß Sie das Leben erschöpft haben. Wenn ein Mann das sagt, weiß man, daß das Leben ihn erschöpft hat. Lord Henry ist im höchsten Grade ruchlos, und ich wünsche manchmal, ich wäre es auch gewesen; aber Sie sind geschaffen, um gut zu sein -- Sie sehen so gut aus. Ich muß Ihnen eine hübsche Frau verschaffen. Lord Henry, meinen Sie nicht, daß Herr Gray heiraten sollte?«
"Ah, my dear Basil, that is exactly why I can feel it. Those who are faithful know only the trivial side of love: it is the faithless who know love's tragedies." And Lord Henry struck a light on a dainty silver case and began to smoke a cigarette with a self-conscious and satisfied air, as if he had summed up the world in a phrase.
»Ah, mein lieber Basil, gerade darum kann ich sie nachempfinden. Die treuen Menschen kennen nur die triviale Seite der Liebe; die Treulosen allein erfahren die Tragödien der Liebe.« Und Lord Henry zündete an einem zierlichen silbernen Büchschen ein Streichholz an und begann eine Zigarette zu rauchen, mit jener so selbstbewußten, zufriedenen Miene, als hätte er den Sinn der ganzen Welt in einen Satz zusammengefaßt.
"Alan! This is kind of you. I thank you for coming."
»Alan! das ist freundlich von dir. Ich danke dir, daß du gekommen bist.«
"Alan, they will have to interest you. This one will have to interest you. I am awfully sorry for you, Alan. But I can't help myself. You are the one man who is able to save me. I am forced to bring you into the matter. I have no option. Alan, you are scientific. You know about chemistry and things of that kind. You have made experiments. What you have got to do is to destroy the thing that is upstairs-- to destroy it so that not a vestige of it will be left. Nobody saw this person come into the house. Indeed, at the present moment he is supposed to be in Paris. He will not be missed for months. When he is missed, there must be no trace of him found here. You, Alan, you must change him, and everything that belongs to him, into a handful of ashes that I may scatter in the air."
»Alan, du wirst dafür Interesse haben müssen. Dies eine Geheimnis wird dich interessieren müssen. Es tut mir furchtbar leid um dich, Alan. Aber ich kann dir nicht helfen. Du bist der einzige Mensch, der mich zu retten vermag. Ich bin gezwungen, dich in die Sache hineinzuziehen. Ich habe keine Wahl. Alan, du bist ein Mann der Naturwissenschaft. Du verstehst dich auf Chemie und diese Dinge. Du hast Experimente gemacht. Was du zu tun hast, ist, das Wesen da oben zu vernichten, so zu vernichten, daß auch nicht eine Spur davon übrigbleibt. Niemand hat diesen Menschen in mein Haus kommen sehen. Man vermutet ihn im Augenblick in Paris. Monatelang wird er nicht vermißt werden. Wenn er vermißt wird, darf hier keine Spur von ihm gefunden werden. Alan, du mußt ihn, ihn und alles, was zu ihm gehört, in eine Handvoll Asche verwandeln, die ich in die Luft streuen kann.«
"Alan, it was murder. I killed him. You don't know what he had made me suffer. Whatever my life is, he had more to do with the making or the marring of it than poor Harry has had. He may not have intended it, the result was the same."
»Alan, es war Mord. Ich habe ihn umgebracht. Du weißt nicht, was ich durch ihn gelitten habe. Mein Leben mag sein, wie es wolle, er hatte mehr damit zu tun, es zu erschaffen und zu zerstören, als der arme Harry. Er mag es nicht gewollt haben, die Wirkung ist dieselbe.«
"Alan, I entreat you. Think of the position I am in. Just before you came I almost fainted with terror. You may know terror yourself some day. No! don't think of that. Look at the matter purely from the scientific point of view. You don't inquire where the dead things on which you experiment come from. Don't inquire now. I have told you too much as it is. But I beg of you to do this. We were friends once, Alan."
»Alan, ich beschwöre dich. Denke an die Lage, in der ich bin. Jetzt eben, ehe du kamst, war ich fast ohnmächtig vor Schreck. Du kannst eines Tages selbst einmal die Angst kennenlernen. Nein, denke nicht daran! Betrachte die Sache vom rein wissenschaftlichen Standpunkte aus. Du forschst doch sonst nicht danach, woher die toten Wesen kommen, mit denen du experimentierst. Forsche auch jetzt nicht danach. Ich habe dir ohnehin zuviel gesagt. Aber ich bitte dich, tu, um was ich dich bat. Wir waren doch einmal Freunde, Alan.«
"All ways end at the same point, my dear Gladys."
»Alle Wege enden am selben Punkt, meine liebe Gladys.«
"Everybody I know says you are very wicked," cried the old lady, shaking her head.
»Alle meine Bekannten sagen, daß Sie sehr ruchlos sind!« rief die alte Dame den Kopf schüttelnd.
"Very bad indeed. In fact I consider you extremely dangerous, and if anything happens to our good duchess, we shall all look on you as being primarily responsible. But I should like to talk to you about life. The generation into which I was born was tedious. Some day, when you are tired of London, come down to Treadley and expound to me your philosophy of pleasure over some admirable Burgundy I am fortunate enough to possess."
»Allerdings, sehr toll! Ich glaube wirklich, daß Sie ein äußerst gefährlicher Mensch sind, und wenn unserer guten Herzogin irgend etwas zustößt, so werden wir alle Sie in erster Linie dafür verantwortlich machen. Aber ich würde mit Ihnen gern einmal länger über das Leben debattieren. Die Generation, in die ich hineingeboren wurde, war sehr langweilig. Wenn Sie mal londonmüde sind, kommen Sie doch nach Treadley und setzen Sie mir da Ihre Philosophie des Genusses auseinander bei einem ganz köstlichen Burgunder, den zu besitzen ich so glücklich bin.«
"Quite ready, James," she answered, keeping her eyes on her work. For some months past she had felt ill at ease when she was alone with this rough stern son of hers. Her shallow secret nature was troubled when their eyes met. She used to wonder if he suspected anything. The silence, for he made no other observation, became intolerable to her. She began to complain. Women defend themselves by attacking, just as they attack by sudden and strange surrenders. "I hope you will be contented, James, with your sea-faring life," she said. "You must remember that it is your own choice. You might have entered a solicitor's office. Solicitors are a very respectable class, and in the country often dine with the best families."
»Alles fertig, James«, antwortete sie, ohne von ihrer Arbeit aufzuschauen. Seit einigen Monaten war es ihr unbehaglich, wenn sie mit ihrem rauhen, finsteren Sohn allein war. Ihre oberflächliche Natur mit ihrem unterdrückten Geheimnis wurde beunruhigt, wenn sich ihre Augen trafen. Sie fragte sich, ob er einen Verdacht habe. Sein Schweigen, da er sonst keine Bemerkungen machte, wurde ihr unerträglich. Sie fing also zu jammern an. Frauen verteidigen sich, indem sie angreifen, gerade, wie sie dadurch angreifen, daß sie unvermutet die Waffen strecken. »Ich hoffe, James, dein Seefahrerleben wird dich befriedigen. Du darfst nie vergessen, daß es deine eigene Wahl war. Du hättest in das Bureau eines Anwalts treten können. Anwälte sind eine sehr geachtete Menschenklasse und werden auf dem Lande oft in den besten Familien eingeladen.«
"It should matter everything to you, Mr. Gray."
»Alles sollte Ihnen daran liegen, Herr Gray.«
"When America was discovered," said the Radical member-- and he began to give some wearisome facts. Like all people who try to exhaust a subject, he exhausted his listeners. The duchess sighed and exercised her privilege of interruption.
»Als Amerika entdeckt wurde,« sagte der radikale Abgeordnete und ließ einige langweilige Tatsachen vom Stapel. Wie alle Menschen, die bestrebt sind, ein Thema zu erschöpfen, erschöpfte er seine Zuhörer. Die Herzogin seufzte und benützte ihr Vorrecht, zu unterbrechen.
"Greek meets Greek, then?"
»Also Griechen kämpfen gegen Griechen?«
"They are pork-packers, I suppose?"
»Also vermutlich Schweinefleischhändler.«
"The third night. She had been playing Rosalind. I could not help going round. I had thrown her some flowers, and she had looked at me--at least I fancied that she had. The old Jew was persistent. He seemed determined to take me behind, so I consented. It was curious my not wanting to know her, wasn't it?"
»Am dritten Abend. Sie hatte die Rosalinde gespielt. Ich mußte hinter die Bühne gehen. Ich hatte ihr ein paar Blumen zugeworfen, und sie hatte zu mir hingesehen, wenigstens bildete ich es mir ein. Der alte Jude war beharrlich. Er schien entschlossen, mich mit nach hinten zu nehmen, und so gab ich nach. Es war sonderbar, daß ich sie nicht kennenlernen wollte, nicht wahr?«
"American novels," answered Lord Henry, helping himself to some quail.
»Amerikanische Romane«, antwortete Lord Henry und nahm von den Wachteln.
"A great many, I fear," she cried.
»An eine ganze Menge, fürchte ich!« rief sie aus.
"For ever, too!"
»Auch immer.«
"In the country, Harry. I was staying at a little inn by myself." "My dear boy," said Lord Henry, smiling, "anybody can be good in the country. There are no temptations there. That is the reason why people who live out of town are so absolutely uncivilized. Civilization is not by any means an easy thing to attain to. There are only two ways by which man can reach it. One is by being cultured, the other by being corrupt. Country people have no opportunity of being either, so they stagnate." "Culture and corruption," echoed Dorian. "I have known something of both. It seems terrible to me now that they should ever be found together. For I have a new ideal, Harry. I am going to alter. I think I have altered."
»Auf dem Lande, Harry. Ich war mutterseelenallein in einem kleinen Gasthof.« »Lieber Junge,« sagte Lord Henry lächelnd, »auf dem Lande kann jeder Mensch gut sein. Dort gibt's keine Versuchungen. Das ist der Grund, warum Leute, die nicht in der Stadt wohnen, so gänzlich unzivilisiert sind. Zivilisation ist wahrhaftig nicht leicht zu erreichen. Es gibt nur zwei Wege, um zu ihr zu kommen. Der eine ist Kultur, der andere Korruption. Die Landbevölkerung hat keine Gelegenheit zu dieser noch zu jener, und so bleiben sie so in ihrer Entwicklung stehen.« »Kultur und Korruption«, wiederholte Dorian. »Ich habe von beiden etwas kennengelernt. Es scheint mir jetzt schrecklich, daß man sie immer beisammen findet. Denn ich habe ein neues Ideal, Harry. Ich will anders werden. Ich glaube, ich bin schon anders geworden.«
"On the wharf?"
»Auf der Werft?«
"Except in America," rejoined Lord Henry languidly. "But I didn't say he was married. I said he was engaged to be married. There is a great difference. I have a distinct remembrance of being married, but I have no recollection at all of being engaged. I am inclined to think that I never was engaged."
»Außer in Amerika«, erwiderte Lord Henry nachlässig. »Aber ich habe ja nicht gesagt, daß er verheiratet sei. Ich sagte, er sei verlobt. Das ist ein großer Unterschied. Ich erinnere mich ganz deutlich, verheiratet zu sein, aber ich kann mich nicht erinnern, verlobt gewesen zu sein. Ich glaube fast, daß ich mich nie verlobt habe.«
"Basil!" cried the lad, clutching the arms of his chair with trembling hands and gazing at him with wild startled eyes.
»Basil!« schrie der Jüngling, umklammerte die Armlehnen seines Stuhles mit zitternden Händen und starrte ihn mit wilden, verstörten Augen an.
"Basil, this is extraordinary! I must see Dorian Gray."
»Basil, das ist ja eine ganz außerordentliche Geschichte. Ich muß Dorian Gray kennenlernen.«
"Basil, I am tired of standing," cried Dorian Gray suddenly. "I must go out and sit in the garden. The air is stifling here."
»Basil, ich habe jetzt genug von dem Stehen!« rief Dorian plötzlich aus. »Ich muß hinaus und mich im Garten hinsetzen. Die Luft hier ist zum Ersticken.«
"Basil, my dear boy, puts everything that is charming in him into his work. The consequence is that he has nothing left for life but his prejudices, his principles, and his common sense. The only artists I have ever known who are personally delightful are bad artists. Good artists exist simply in what they make, and consequently are perfectly uninteresting in what they are. A great poet, a really great poet, is the most unpoetical of all creatures. But inferior poets are absolutely fascinating. The worse their rhymes are, the more picturesque they look. The mere fact of having published a book of second-rate sonnets makes a man quite irresistible. He lives the poetry that he cannot write. The others write the poetry that they dare not realize."
»Basil, mein lieber Junge, tränkt seine Werke mit allem, was an ihm entzückend ist. Die Folge ist, daß ihm fürs Leben nichts übrigbleibt als seine Vorurteile, seine Grundsätze und sein gesunder Menschenverstand. Alle Künstler, die ich kennengelernt habe, und die persönlich von Anziehungskraft sind, waren schlechte Künstler. Gute Künstler leben nur in ihren Schöpfungen und sind daher im Leben vollständig uninteressant. Ein großer Dichter, ein wirklich großer Dichter ist das unpoetischste Geschöpf von der Welt. Aber untergeordnete Dichter bezaubern immer. Je schlechter ihre Reime sind, desto malerischer ist ihr Aussehen. Die bloße Tatsache, eine Sammlung mittelmäßiger Sonette veröffentlicht zu haben, macht solchen Menschen einfach unwiderstehlich. Er lebt die Poesie, die er nicht schreiben kann. Die anderen schreiben die Poesie, die sie nicht zu leben wagen.«
"Basil," said the lad, going over to him and putting his hand on his shoulder, "you have come too late. Yesterday, when I heard that Sibyl Vane had killed herself--"
»Basil,« erwiderte der Jüngling, trat vor ihn hin und legte ihm die Hand auf die Schulter, »du bist zu spät gekommen. Als ich gestern hörte, daß sich Sibyl Vane getötet habe -- --«
"Basil," cried Dorian Gray, "if Lord Henry Wotton goes, I shall go, too. You never open your lips while you are painting, and it is horribly dull standing on a platform and trying to look pleasant. Ask him to stay. I insist upon it."
»Basil,« rief Dorian Gray, »wenn Lord Henry Wotton geht, dann gehe ich auch. Du bringst ja beim Malen nie die Lippen auseinander, und es ist furchtbar ermüdend, auf einem Podium zu stehen und sich anzustrengen, freundlich auszusehen. Bitte ihn, dazubleiben. Ich bestehe darauf.«
"Basil," he said, coming over quite close and looking him straight in the face, "we have each of us a secret. Let me know yours, and I shall tell you mine. What was your reason for refusing to exhibit my picture?"
»Basil,« sagte er, und trat ganz dicht zu ihm heran und sah ihm fest ins Gesicht, »jeder von uns hat ein Geheimnis. Sage mir das deine, und ich laß dich meines wissen. Was für einen Grund hattest du, die Ausstellung meines Bildes zu verweigern?«
"Before God?"
»Bei Gott?«
"At Aunt Agatha's. I have asked myself and Mr. Gray. He is her latest protégée."
»Bei Tante Agatha. Ich habe mich mit Herrn Gray dort angesagt. Es ist ihr neuestes Protektionskind.«
"In this fog, my dear Basil? Why, I can't even recognize Grosvenor Square. I believe my house is somewhere about here, but I don't feel at all certain about it. I am sorry you are going away, as I have not seen you for ages. But I suppose you will be back soon?"
»Bei so einem Nebel, lieber Basil? Ich kann nicht einmal Grosvenor Square erkennen. Ich vermute, mein Haus ist hier irgendwo in der Nähe, aber ich bin mir nicht ganz sicher. Es tut mir leid, daß du verreist, denn ich habe dich ja eine Ewigkeit nicht gesehen. Aber ich denke, du kommst doch bald wieder?«
"Don't touch me!" he cried.
»Berühre mich nicht!« schrie er.
"You swear this?"
»Beschwörst du das?«
"Certainly."
»Bestimmt.«
"Do you feel quite sure of that, Dorian?"
»Bist du dessen ganz sicher, Dorian?«
"Bring it in, Mr. Hubbard, please," he said, wearily, turning round. "I am sorry I kept you so long. I was thinking of something else."
»Bitte, Herr Hubbard, bringen Sie es herein«, sagte er abgespannt und wandte sich um. »Es tut mir leid, daß ich Sie so lange aufhielt. Ich dachte gerade nach über etwas.«
"Not eight, Harry, please. Half-past six. We must be there before the curtain rises. You must see her in the first act, where she meets Romeo."
»Bitte, nicht um acht Uhr, Harry. Halbsieben. Wir müssen dort sein, ehe der Vorhang aufgeht. Du mußt sie im ersten Akt bei der Begegnung mit Romeo sehen.«
"Pray don't, Lady Ruxton," said Lord Henry. "Moderation is a fatal thing. Enough is as bad as a meal. More than enough is as good as a feast."
»Bitte, tun Sie das nicht, Lady Ruxton«, sagte Lord Henry. »Mäßigung ist eine unglückliche Sache. Genug ist nicht besser als eine Mahlzeit. Mehr als genug ist so gut wie ein Festessen.«
"Ask him to come in at once, Francis." He felt that he was himself again. His mood of cowardice had passed away.
»Bitten Sie ihn sofort herein, Francis.« Er fühlte, daß er wieder er selbst war. Der Anfall von Feigheit war überwunden.
"Stay, Harry, to oblige Dorian, and to oblige me," said Hallward, gazing intently at his picture. "It is quite true, I never talk when I am working, and never listen either, and it must be dreadfully tedious for my unfortunate sitters. I beg you to stay."
»Bleib, Harry, du machst Dorian damit ein Vergnügen und auch mir«, sagte Hallward, ohne von seinem Bilde aufzublicken. »Er hat ganz recht, ich spreche nie ein Wort während der Arbeit und höre ebensowenig zu, und das muß sehr langweilig für meine unglücklichen Modelle sein. Ich bitte dich also, bleib.«
"Do stay. You have never played so well as to-night. There was something in your touch that was wonderful. It had more expression than I had ever heard from it before."
»Bleibe noch, du hast nie so schön gespielt wie diesen Abend. In deinem Anschlag lag etwas, es war ganz wundervoll. Es hatte mehr Ausdruck, als ich jemals bei dir gehört habe.«
"Take this round to 152, Hertford Street, Francis, and if Mr. Campbell is out of town, get his address."
»Bringen Sie den nach Hertford Street 152, Francis, und wenn Herr Campbell nicht in der Stadt ist, lassen Sie sich seine Adresse geben.«
"Here is a sovereign for you," said Dorian. "You shall have another if you drive fast."
»Da haben Sie ein Goldstück. Sie sollen noch eins kriegen, wenn Sie rasch fahren.«
"He is a very lucky fellow."
»Da hat er Glück...«
"Something of a load to carry, sir," gasped the little man when they reached the top landing. And he wiped his shiny forehead.
»Da hat man ein ziemliches Gewicht zu schleppen«, pustete der kleine Mann, als sie den letzten Treppenabsatz erreicht hatten. Und er trocknete sich die glänzende Stirn.
"You were quite right. There is always something infinitely mean about other people's tragedies."
»Da hattest du recht. Die Tragödien anderer Leute haben immer etwas unglaublich Gewöhnliches an sich.«
"There is really not much to tell," cried Dorian as they took their seats at the small round table. "What happened was simply this. After I left you yesterday evening, Harry, I dressed, had some dinner at that little Italian restaurant in Rupert Street you introduced me to, and went down at eight o'clock to the theatre. Sibyl was playing Rosalind. Of course, the scenery was dreadful and the Orlando absurd. But Sibyl! You should have seen her! When she came on in her boy's clothes, she was perfectly wonderful. She wore a moss-coloured velvet jerkin with cinnamon sleeves, slim, brown, cross-gartered hose, a dainty little green cap with a hawk's feather caught in a jewel, and a hooded cloak lined with dull red. She had never seemed to me more exquisite. She had all the delicate grace of that Tanagra figurine that you have in your studio, Basil. Her hair clustered round her face like dark leaves round a pale rose. As for her acting--well, you shall see her to-night. She is simply a born artist.
»Da ist wirklich nicht viel zu erzählen!« rief Dorian, als sie sich um den kleinen Tisch gesetzt hatten. »Was geschah, war einfach so. Als ich dich gestern abend verließ, Harry, zog ich mich an, aß in dem kleinen italienischen Restaurant in Rupert Street, das ich durch dich kennengelernt habe, und ging um acht Uhr ins Theater. Sibyl spielte die Rosalinde. Natürlich war die Dekoration greulich und der Orlando zum Lachen. Aber Sibyl! Ihr hättet sie sehen sollen. Als sie in ihren Knabenkleidern auftrat, war sie einfach wunderbar. Sie trug ein moosgrünes Samtwams mit zimtbraunen Ärmeln, eine kurze, braune, überm Knie kreuzweise geschnürte Hose, ein reizendes grünes Barett mit einer Falkenfeder, die von einem funkelnden Stein gehalten wurde, und war in einen dunkelrot gefütterten Kapuzenmantel gehüllt. Sie war mir nie schöner vorgekommen. Sie hatte all die zarte Grazie der Tanagrafigur, die du in deinem Atelier hast, Basil. Das Haar schlang sich um ihr Gesicht wie dunkles Laub um eine blasse Rose. Und ihr Spiel -- nun, ihr werdet sie heute abend sehen. Sie ist eben eine geborene Künstlerin.
"I congratulate you."
»Da wünsche ich dir Glück.«
"That you may censure it the better."
»Damit du es besser tadeln kannst.«
"Thanks, Basil," answered Dorian Gray, pressing his hand. "I knew that you would understand me. Harry is so cynical, he terrifies me. But here is the orchestra. It is quite dreadful, but it only lasts for about five minutes. Then the curtain rises, and you will see the girl to whom I am going to give all my life, to whom I have given everything that is good in me."
»Danke, Basil«, antwortete Dorian Gray und drückte ihm die Hand. »Ich wußte, daß du mich verstehst. Harry ist ein Zyniker, er erschreckt mich. Aber da kommt das Orchester. Es ist furchtbar, aber es dauert nur knappe fünf Minuten. Dann geht der Vorhang auf und du erblickst ein Mädchen, dem ich mein ganzes Leben schenken will, dem ich alles überantwortet habe, was gut ist in mir.«
"Thanks, I won't have anything more," said the painter, taking his cap and coat off and throwing them on the bag that he had placed in the corner. "And now, my dear fellow, I want to speak to you seriously. Don't frown like that. You make it so much more difficult for me."
»Danke, ich nehme nichts mehr«, sagte der Maler, legte Mütze und Überrock ab und warf sie auf die Reisetasche, die er in die Zimmerecke gestellt hatte. »Und jetzt, lieber Freund, möchte ich mit dir mal ernsthaft sprechen. Du mußt nicht so böse aussehen. Du machst es mir dadurch nur schwerer.«
"Ugliness is one of the seven deadly sins, then?" cried the duchess. "What becomes of your simile about the orchid?"
»Dann also ist Häßlichkeit eine der sieben tödlichen Sünden?« rief die Herzogin. »Wie steht es nun mit deinem Orchideengleichnis?«
"Then commit them over again," he said gravely. "To get back one's youth, one has merely to repeat one's follies."
»Dann begehen Sie sie wieder«, entgegnete er ernst. »Um seine Jugend zurückzubekommen, braucht man nur seine Torheiten zu wiederholen.«
"Then he asked me if I wrote for any of the newspapers. I told him I never even read them. He seemed terribly disappointed at that, and confided to me that all the dramatic critics were in a conspiracy against him, and that they were every one of them to be bought."
»Dann fragte er mich, ob ich für irgendeine Zeitung schreibe. Ich sagte ihm, daß ich nicht mal eine lese. Das schien ihn furchtbar zu enttäuschen, und er vertraute mir an, alle Theaterkritiker hätten sich gegen ihn verschworen und jeder einzelne von ihnen wäre käuflich.«
"Good night, then."
»Dann gute Nacht!«
"It will be time enough, then, if you are back at half-past seven, Francis. Or stay: just leave my things out for dressing. You can have the evening to yourself. I am not dining at home, so I shall not want you."
»Dann ist es früh genug, wenn Sie um sieben zurück sind, Francis. Oder halt: legen Sie meine Sachen zum Umkleiden zurecht, Sie können dann den Abend für sich verwenden. Ich esse nicht zu Hause, brauche Sie also nicht.«
"Then you shall come; and you will come, too, Basil, won't you?"
»Dann kommen Sie doch. Und du auch, Basil, nicht wahr?«
"I shall have to go home and get some things from the laboratory."
»Dann muß ich nach Hause gehen und einiges aus dem Laboratorium holen.«
"My father was a scoundrel then!" cried the lad, clenching his fists.
»Dann war mein Vater ein Schuft!« schrie der Bursche und ballte die Faust.
"You know nothing then?"
»Dann weißt du also nichts.«
"Might one look at the work of art, sir?"
»Darf man das Kunstwerk mal ansehen?«
"Darlington is not going to do anything. My brother paid the bill at last. George doesn't speak to me either. . . . I don't care," he added with a sigh. "As long as one has this stuff, one doesn't want friends. I think I have had too many friends."
»Darlington wird nichts gegen mich unternehmen. Mein Bruder hat den Wechsel schließlich gezahlt. George spricht auch nicht mehr mit mir ... Ist mir auch einerlei«, fügte er seufzend hinzu. »Solange man noch das Zeug da hat, braucht man keine Freunde. Ich denke, ich habe zu viele Freunde gehabt.«
"I don't know," answered Lord Henry. "I fancy that the boy will be well off. He is not of age yet. He has Selby, I know. He told me so. And . . . his mother was very beautiful?"
»Darüber weiß ich nichts«, erwiderte Lord Henry. »Ich vermute aber, der junge Mann wird einmal wohlhabend werden. Er ist noch nicht volljährig. Selby gehört ihm, das weiß ich. Er hat es mir gesagt. Und... seine Mutter war also sehr schön?«
"Old age is dull of hearing."
»Das Alter ist schwerhörig.«
"Life has everything in store for you, Dorian. There is nothing that you, with your extraordinary good looks, will not be able to do."
»Das Leben hat alles für dich vorrätig, Dorian. Es gibt nichts, was du mit deiner außerordentlichen Schönheit nicht tun könntest.«
"This play was good enough for us, Harry. It was Romeo and Juliet. I must admit that I was rather annoyed at the idea of seeing Shakespeare done in such a wretched hole of a place. Still, I felt interested, in a sort of way. At any rate, I determined to wait for the first act. There was a dreadful orchestra, presided over by a young Hebrew who sat at a cracked piano, that nearly drove me away, but at last the drop- scene was drawn up and the play began.
»Das Stück war gut genug für uns, Harry. Es war >Romeo und Julia<. Ich muß zugeben, daß mich der Gedanke, Shakespeare in einer so elenden Spelunke zu sehen, ärgerte. Und doch interessierte es mich irgendwie. Jedenfalls entschloß ich mich, den ersten Akt abzuwarten. Es spielte da ein schauderöses Orchester, das ein junger Hebräer dirigierte, der an einem schnarrenden Klavier saß, mich beinah zum Davonlaufen brachte; aber schließlich ging doch der Vorhang in die Höhe und das Stück fing an.
"Pace gives life," was the riposte.
»Das Tempo macht Leben«, war die Antwort.
"The old schoolroom, Mr. Dorian?" she exclaimed. "Why, it is full of dust. I must get it arranged and put straight before you go into it. It is not fit for you to see, sir. It is not, indeed."
»Das alte Schulzimmer, Herr Dorian!« rief sie aus. »Ei, das ist ja voller Staub. Es muß erst hergerichtet und in Ordnung gebracht werden, bevor Sie hinein können. Es ist jetzt nicht in einem Zustand, daß Sie es sehen könnten, gnädiger Herr. Wirklich nicht.«
"I am glad of that. But who drove him to it? You, I should fancy."
»Das freut mich, aber wer hat ihn dazu getrieben? Du, vermute ich.«
"I am delighted," he answered, smiling. Then he added, somewhat harshly, "You are the one man in the world who is entitled to know everything about me. You have had more to do with my life than you think"; and, taking up the lamp, he opened the door and went in. A cold current of air passed them, and the light shot up for a moment in a flame of murky orange. He shuddered. "Shut the door behind you," he whispered, as he placed the lamp on the table.
»Das freut mich«, antwortete er lächelnd. Dann fügte er ziemlich scharf hinzu: »Du bist der einzige Mensch in der Welt, der alles über mich wissen darf. Du hast mehr mit meinem Leben zu schaffen gehabt, als du dir denkst«, und damit nahm er die Lampe auf, öffnete die Tür und trat ein. Ein kalter Luftzug strich an ihnen vorbei, und das Licht zuckte einen Augenblick in einer düstern Orangefarbe auf. Er schauderte. »Schließe die Tür hinter dir«, flüsterte er, während er die Lampe auf den Tisch stellte.
"I have got through all that," said Dorian, shaking his head and smiling. "I am perfectly happy now. I know what conscience is, to begin with. It is not what you told me it was. It is the divinest thing in us. Don't sneer at it, Harry, any more--at least not before me. I want to be good. I can't bear the idea of my soul being hideous."
»Das habe ich alles durchgemacht«, sagte Dorian und schüttelte lächelnd den Kopf. »Jetzt bin ich vollkommen glücklich. Vor allem weiß ich jetzt, was es heißt, ein Gewissen zu haben. Es ist nicht das, was du mir gesagt hast. Es ist das Göttlichste in uns. Spotte nicht darüber, nie mehr, Harry -- wenigstens nie mehr in meiner Gegenwart. Ich will jetzt gut sein. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, meine Seele befleckt zu haben.«
"No one has. People will some day, however. She is a genius."
»Das hat niemand. Aber später einmal wird man von ihr hören. Sie ist ein Genie.«
"I hope so, Uncle George, for Dartmoor's sake. I am told that pork-packing is the most lucrative profession in America, after politics."
»Das hoffe ich, Onkel Georg, in Dartmoors Interesse. Man hat mir gesagt, mit Schweinefleischbüchsen zu handeln, soll nächst der Politik der einträglichste Beruf in Amerika sein.«
"That entirely depends on how you sit to-day, Dorian."
»Das hängt ganz davon ab, wie du mir heute sitzen wirst, Dorian.«
"This is Lord Henry Wotton, Dorian, an old Oxford friend of mine. I have just been telling him what a capital sitter you were, and now you have spoiled everything."
»Das ist Lord Henry Wotton, Dorian, ein alter Freund von Oxford her. Ich habe ihm gerade erzählt, wie musterhaft du sitzen kannst, und jetzt hast du alles verdorben.«
"That is your error, Harry, believe me. You value beauty far too much."
»Das ist dein Fehler, Harry, glaube mir's. Du überschätzest die Schönheit.«
"This is your doing, Harry," said the painter bitterly.
»Das ist dein Werk, Harry«, sagte der Maler bitter.
"It is a most romantic explanation," laughed the hostess. "But her third husband, Lord Henry! You don't mean to say Ferrol is the fourth?"
»Das ist eine höchst romantische Erklärung«, lachte die Gastgeberin. »Aber ihr dritter Mann, Lord Henry! Sie wollen doch nicht sagen, daß Ferrol der vierte ist?«
"It is not."
»Das ist er nicht.«
"It is. That is the reason why, like Eve, they are so excessively anxious to get out of it," said Lord Henry. "Good-bye, Uncle George. I shall be late for lunch, if I stop any longer. Thanks for giving me the information I wanted. I always like to know everything about my new friends, and nothing about my old ones."
»Das ist es auch. Und das ist auch der Grund, warum sie wie Eva so gern daraus weg wollen«, sagte Lord Henry. »Adieu, Onkel Georg! Ich komme zu spät zum Frühstück, wenn ich noch länger bleibe. Danke sehr für die Auskunft, die du mir gabst. Ich habe immer das Bedürfnis, von meinen neuen Freunden alles zu hören und möglichst nichts von meinen alten.«
"This is," interrupted Dorian. "You must admit, Harry, that women give to men the very gold of their lives."
»Das ist es«, unterbrach Dorian. »Du mußt zugeben, Harry, daß nur die Frauen den Männern das reinste Gold des Lebens schenken.«
"That is quite true, Dorian," cried Hallward.
»Das ist ganz richtig, Dorian«, rief Hallward.
"I am charmed, my love, quite charmed," said Lord Henry, elevating his dark, crescent-shaped eyebrows and looking at them both with an amused smile. "So sorry I am late, Dorian. I went to look after a piece of old brocade in Wardour Street and had to bargain for hours for it. Nowadays people know the price of everything and the value of nothing."
»Das ist ja reizend, meine Liebe, ganz reizend«, sagte Lord Henry, seine dunkeln geschwungenen Brauen hebend und beide mit vergnügtem Lächeln ansehend. »Es tut mir so leid, Dorian, daß ich mich verspätet habe. Ich war in Wardour Street, um mir einen alten Brokat anzusehen, und mußte stundenlang darum handeln. Heutzutage kennen die Leute den Preis von jeder Sache und den Wert von keiner.«
"That is certainly better than being adored," he answered, toying with some fruits. "Being adored is a nuisance. Women treat us just as humanity treats its gods. They worship us, and are always bothering us to do something for them."
»Das ist jedenfalls besser, als angebetet zu werden«, antwortete Harry, während er mit einigen Früchten spielte. »Angebetet zu werden, ist peinlich. Die Weiber behandeln uns genau so wie die Menschheit ihre Götter. Sie beten uns an und quälen uns unaufhörlich, irgendwas für sie zu tun.«
"It is nothing to me. I don't require you," said Campbell coldly.
»Das ist mir ganz gleich. Ich brauche dich nicht«, sagte Campbell kalt.
"There is no necessity," rejoined his companion. "Life has always poppies in her hands. Of course, now and then things linger. I once wore nothing but violets all through one season, as a form of artistic mourning for a romance that would not die. Ultimately, however, it did die. I forget what killed it. I think it was her proposing to sacrifice the whole world for me. That is always a dreadful moment. It fills one with the terror of eternity. Well--would you believe it?--a week ago, at Lady Hampshire's, I found myself seated at dinner next the lady in question, and she insisted on going over the whole thing again, and digging up the past, and raking up the future. I had buried my romance in a bed of asphodel. She dragged it out again and assured me that I had spoiled her life.
»Das ist nicht notwendig«, erwiderte sein Gefährte. »Das Leben selbst hat immer Mohnblumen vorrätig. Natürlich, dann und wann halten die Dinge länger an. Einmal habe ich eine ganze Saison lang nichts als Veilchen getragen, als eine Art künstlerischer Trauer für einen Roman, der nicht sterben wollte. Schließlich indessen ist er gestorben. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was ihn getötet hat. Ich vermute, es kam durch ihren Vorschlag, mir die ganze Welt aufzuopfern. Das ist immer ein schrecklicher Augenblick. Er erfüllt einen mit den Schrecknissen der Ewigkeit. Schon -- würdest du es nun glauben? -- Vorige Woche, bei Lady Hampshire, saß ich bei Tisch neben der fraglichen Dame, und sie konnte wiederum nicht anders, als die ganze Sache durchzunehmen, die Vergangenheit aufzuwühlen und die Zukunft auszumalen. Ich hatte den ganzen Roman unter einem Asphodelosbeet begraben. Sie scharrte ihn wieder aus und versicherte mir, daß ich ihr Leben zerstört habe.
"It is not much to ask of you, Dorian, and it is entirely for your own sake that I am speaking. I think it right that you should know that the most dreadful things are being said against you in London."
»Das ist nicht viel von dir verlangt, Dorian, und ich spreche wirklich nur zu deinem Besten. Ich halte es für angebracht, daß du endlich die schrecklichen Dinge erfährst, die über dich in London geredet werden.«
"That is entirely due to me," broke in Lord Henry. "Isn't it, Mr. Gray?"
»Das ist nur mein Verdienst«, warf Lord Henry ein. »Nicht wahr, Herr Gray?«
"He had better."
»Das ist sein Glück!«
"It is because I am going to be good," he answered, smiling. "I am a little changed already."
»Das kommt daher, weil ich jetzt gut werden will«, antwortete er lächelnd. »Ich bin schon ein bißchen anders.«
"It is simply because she remembers you when you were a little girl, Lady Narborough," said Lord Henry. "She is the one link between us and your short frocks."
»Das kommt einfach daher, weil sie Sie an die Zeit erinnert, wo Sie ein kleines Mädchen waren, Lady Narborough«, sagte Lord Henry. »Sie ist das einzige Bindeglied zwischen uns und Ihren kurzen Röckchen.«
"I daren't, Mr. Gray. Why, she invents hats for me. You remember the one I wore at Lady Hilstone's garden-party? You don't, but it is nice of you to pretend that you do. Well, she made if out of nothing. All good hats are made out of nothing."
»Das wag' ich nicht, Herr Gray. Sie erfindet nämlich meine Hüte. Sie erinnern sich nicht an den Hut, den ich auf Lady Hilstones Gartenfest getragen habe? Natürlich nicht, aber es ist hübsch von Ihnen, daß Sie so tun. Also der war geradezu aus nichts gemacht. Alle guten Hüte werden aus nichts gemacht.«
"That was at Lohengrin, Lady Henry, I think?"
»Das war im Lohengrin, Lady Henry, nicht wahr?«
"There will be no difficulty, sir," said the genial frame-maker, beginning, with the aid of his assistant, to unhook the picture from the long brass chains by which it was suspended. "And, now, where shall we carry it to, Mr. Gray?"
»Das werden wir leicht kriegen«, sagte der muntere Rahmenmacher und begann mit Hilfe von seinem Gesellen das Bild von den langen Messingketten loszumachen, an denen es aufgehängt war. »Und wo soll es jetzt hingebracht werden, Herr Gray?«
"That would be impossible, my dear boy."
»Das wird kaum gehen, lieber Junge.«
"I shall be charmed. A visit to Treadley would be a great privilege. It has a perfect host, and a perfect library."
»Das wird mir ein großes Vergnügen sein. Ein Besuch in Treadley ist ein großer Vorzug. Es hat einen vollkommenen Wirt und eine vollkommene Bibliothek.«
"That would be a premature surrender."
»Das wäre eine zu frühe Übergabe.«
"You would not say so if you saw her, Harry."
»Das würdest du nicht sagen, wenn du sie kenntest.«
"I am too shabby," he answered, frowning. "Only swell people go to the park."
»Dazu bin ich zu schäbig angezogen«, antwortete er mit gerunzelter Stirn. »Nur Elegants gehen in den Park.«
"That Tartuffe has emigrated to England and opened a shop."
»Daß Tartüff nach England ausgewandert sei und dort einen Laden aufgemacht habe.«
"That a burnt child loves the fire."
»Daß ein gebranntes Kind das Feuer liebt.«
"How you men can fall in love with that woman!" exclaimed the old lady. "I really cannot understand it."
»Daß ihr Männer euch in diese Frau verlieben könnt!« rief die alte Dame. »Ich kann es wirklich nicht verstehen.«
"To define is to limit."
»Definieren heißt beschränken.«
"Your life? Good heavens! what a life that is! You have gone from corruption to corruption, and now you have culminated in crime. In doing what I am going to do--what you force me to do-- it is not of your life that I am thinking."
»Dein Leben? Gott im Himmel! Was für ein Leben ist das! Du bist von Verderbnis zu Verderbnis geschritten, und jetzt hast du mit Mord den Gipfel erreicht. Wenn ich tue, was ich tun werde, was du mich zu tun zwingst, so denke ich dabei wahrhaftig nicht an dein Leben.«
"It was a very disappointing confession."
»Deine Beichte hat mich enttäuscht.«
"Your wife! Dorian! . . . Didn't you get my letter? I wrote to you this morning, and sent the note down by my own man."
»Deine Frau, Dorian... Hast du denn meinen Brief nicht bekommen? Ich habe dir heute früh geschrieben und schickte die Mitteilung durch meinen Diener her.«
"Your letter? Oh, yes, I remember. I have not read it yet, Harry. I was afraid there might be something in it that I wouldn't like. You cut life to pieces with your epigrams."
»Deinen Brief? Ach ja, ich erinnere mich. Ich hab' ihn noch nicht gelesen, Harry. Ich fürchtete, daß etwas drin stünde, was mir nicht gefallen könnte. Du vivisezierst das Leben mit deinen Aphorismen.«
"Of your shield, Harry, not of your spear."
»Deines Schildes, Harry, nicht deines Speeres.«
"I like him," said Lord Henry. "A great many people don't, but I find him charming. He atones for being occasionally somewhat overdressed by being always absolutely over-educated. He is a very modern type."
»Den habe ich recht gern«, sagte Lord Henry. »Viele Leute können ihn nicht leiden, aber ich finde ihn reizend. Dafür, daß seine Kleidung manchmal übertrieben elegant ist, entschädigt er dadurch, daß er immer übertrieben gebildet ist. Es ist ein ganz moderner Typus.«
"The Jew wanted to tell me her history, but I said it did not interest me."
»Der Jude wollte mir ihre Lebensgeschichte erzählen, aber ich bemerkte, sie interessiere mich nicht.«
"Courage has passed from men to women. It is a new experience for us."
»Der Mut ist von den Männern zu den Frauen gewandert. Das ist ein neues Erlebnis für uns.«
"Prince Charming," she answered, looking after the victoria.
»Der Märchenprinz«, antwortete sie, und spähte dem Wagen nach.
"Curse you!" he answered, "don't call me that."
»Der Satan hol' dich!« antwortete er, »du sollst mich nicht so nennen!«
"Dear Basil! I have not laid eyes on him for a week. It is rather horrid of me, as he has sent me my portrait in the most wonderful frame, specially designed by himself, and, though I am a little jealous of the picture for being a whole month younger than I am, I must admit that I delight in it. Perhaps you had better write to him. I don't want to see him alone. He says things that annoy me. He gives me good advice."
»Der liebe Basil! Ich habe mich eine ganze Woche lang nicht um ihn gekümmert. Das ist sehr häßlich von mir, denn er hat mir mein Porträt in einem prachtvollen Rahmen, den er selbst entworfen hat, geschickt, und obwohl ich ein bißchen eifersüchtig auf das Bild bin, weil es einen ganzen Monat jünger ist als ich, muß ich doch zugeben, daß es mich ganz entzückt. Ich bitte, schreib lieber. Ich möchte ihn nicht allein wiedersehen. Er sagt mir Dinge, die mich verstimmen. Er gibt mir gute Lehren.«
"I recognize him in a flash," exclaimed the duchess.
»Der wird sofort akzeptiert!« rief die Herzogin.
"Poets are not so scrupulous as you are. They know how useful passion is for publication. Nowadays a broken heart will run to many editions."
»Dichter nehmen's nicht so genau wie du. Die wissen, wie einträglich es ist, Leidenschaft zu veröffentlichen. Ein gebrochenes Herz bringt es heutzutage zu einer ganzen Reihe von Auflagen.«
"Women are wonderfully practical," murmured Lord Henry, "much more practical than we are. In situations of that kind we often forget to say anything about marriage, and they always remind us."
»Die Frauen sind wunderbar praktisch,« murmelte Lord Henry -- »viel praktischer als wir. In Situationen dieser Art vergessen wir oft, etwas von Heirat zu erwähnen, und sie erinnern uns immer daran.«
"The story is simply this," said the painter after some time. "Two months ago I went to a crush at Lady Brandon's. You know we poor artists have to show ourselves in society from time to time, just to remind the public that we are not savages. With an evening coat and a white tie, as you told me once, anybody, even a stock-broker, can gain a reputation for being civilized.
»Die Geschichte ist einfach die«, sagte der Maler nach einer Weile. »Vor zwei Monaten ging ich mal zu einem der Massenempfänge bei Lady Brandon. Du weißt, wir armen Künstler müssen uns von Zeit zu Zeit in der Gesellschaft zeigen, um das Publikum daran zu erinnern, daß wir keine Wilden sind. Du sagtest mir einmal: in Frack und weißer Binde kann selbst ein Börsenmensch in den Verdacht von Bildung kommen.
"The basis of every scandal is an immoral certainty," said Lord Henry, lighting a cigarette. "You would sacrifice anybody, Harry, for the sake of an epigram.
»Die Grundlage für jeden Klatsch ist eine unmoralische Verläßlichkeit«, sagte Lord Henry und zündete sich eine Zigarette an. »Du würdest jeden von uns bloßstellen, Harry, um einen Witz zu machen.«
"The persons are here, Monsieur."
»Die Leute sind da, Monsieur.«
"The people are still discussing poor Basil's disappearance."
»Die Leute sprechen noch immer über das Verschwinden des armen Basil.«
"The husbands of very beautiful women belong to the criminal classes," said Lord Henry, sipping his wine. Lady Narborough hit him with her fan.
»Die Männer sehr schöner Frauen gehören zur Verbrecherklasse«, sagte Lord Henry und schlürfte seinen Wein. Lady Narborough schlug ihn mit dem Fächer.
"To cure the soul by means of the senses, and the senses by means of the soul!" How the words rang in his ears! His soul, certainly, was sick to death. Was it true that the senses could cure it? Innocent blood had been spilled. What could atone for that? Ah! for that there was no atonement; but though forgiveness was impossible, forgetfulness was possible still, and he was determined to forget, to stamp the thing out, to crush it as one would crush the adder that had stung one. Indeed, what right had Basil to have spoken to him as he had done? Who had made him a judge over others? He had said things that were dreadful, horrible, not to be endured.
»Die Seele durch die Sinne und die Sinne durch die Seele zu heilen --!« Wie ihm die Worte in den Ohren klangen! Seine Seele war jedenfalls todkrank. War es denkbar, daß die Sinne sie heilen konnten? Unschuldiges Blut war vergossen worden. Welche Sühne konnte es dafür geben? Ach! dafür gab es keine Sühne; aber wenn auch Vergebung unmöglich war, Vergessen war doch möglich, und er war entschlossen, zu vergessen, die Sache zu Boden zu treten, sie zu vernichten wie eine Natter, die einen gebissen hat. Welches Recht hatte denn Basil gehabt, so zu ihm zu sprechen, wie er es getan hatte? Wer hatte ihn zum Richter über andere gesetzt? Er hatte Dinge gesagt, die schrecklich waren, entsetzlich, nicht zu ertragen.
"The dead linger sometimes. The man upstairs will not go away. He is sitting at the table with bowed head and outstretched arms. Alan! Alan! If you don't come to my assistance, I am ruined. Why, they will hang me, Alan! Don't you understand? They will hang me for what I have done."
»Die Toten verweilen manchmal. Der Mann da oben geht nicht weg. Er sitzt am Tisch mit vorgebeugtem Kopf und ausgestreckten Armen. Alan! Alan! wenn du mir nicht zu Hilfe kommst, bin ich verloren. Alan! man wird mich hängen! Begreifst du nicht? Man wird mich hängen, für das, was ich getan habe.«
"The world goes to the altar of its own accord," was the answer.
»Die Welt legt sich aus freien Stücken auf den Opferaltar«, war die Antwort.
"Poor Lady Brandon! You are hard on her, Harry!" said Hallward listlessly.
»Die arme Lady Brandon! Du bist hart gegen sie«, sagte Hallward zerstreut.
"You will complete it," answered the old gentleman with a courteous bow. "And now I must bid good-bye to your excellent aunt. I am due at the Athenaeum. It is the hour when we sleep there."
»Die mit Ihnen vollständig werden wird«, antwortete der alte Herr mit einer höflichen Verbeugung. »Und jetzt muß ich Ihrer trefflichen Tante adieu sagen. Ich muß ins Athenäum. Es ist die Stunde, wo wir dort schlafen.«
"Romantic art begins with its climax."
»Die romantische Kunst beginnt mit dem Höhepunkt.«
"That shall be given to you upstairs. I could not give it here. You will not have to read long."
»Die soll dir oben zuteil werden. Ich kann sie dir hier nicht geben. Du wirst nicht lange zu lesen haben.«
"That mad-cat is sure to be there. They won't have her in this place now."
»Die tolle Katze ist sicher da. Sie wollen sie hier nicht mehr haben.«
"This," replied Dorian, moving the screen back. "Can you move it, covering and all, just as it is? I don't want it to get scratched going upstairs."
»Dies da«, antwortete Dorian und schob den Schirm zurück. »Können Sie es so hinaufbringen, wie es jetzt ist, Decke und Bild zusammen? Ich möchte nicht, daß es die Treppen hinauf zerschrammt wird.«
"You would hardly care for such an arrangement, Basil," cried Lord Henry, laughing. "It would be rather hard lines on your work."
»Dieser Tausch würde dir schwerlich passen, Basil«, rief Lord Henry lachend. »Das wäre schlimm für dein Bild.«
"Certainly, Lady Narborough."
»Doch, Lady Narborough.«
"Dorian Gray is engaged to be married," said Lord Henry, watching him as he spoke.
»Dorian Gray hat sich verlobt«, sagte Lord Henry und beobachtete ihn, während er sprach.
"Dorian Gray? Is that his name?" asked Lord Henry, walking across the studio towards Basil Hallward.
»Dorian Gray? Heißt er so?« fragte Lord Henry und ging durch das Atelier auf Basil Hallward zu.
"Dorian's, of course," answered the painter.
»Dorian natürlich«, antwortete der Maler.
"Dorian! What an extraordinary piece of luck! I have been waiting for you in your library ever since nine o'clock. Finally I took pity on your tired servant and told him to go to bed, as he let me out. I am off to Paris by the midnight train, and I particularly wanted to see you before I left. I thought it was you, or rather your fur coat, as you passed me. But I wasn't quite sure. Didn't you recognize me?"
»Dorian! Was für ein besonders glücklicher Zufall! Ich habe seit neun Uhr in deiner Bibliothek auf dich gewartet. Schließlich tat mir dein ermüdeter Diener leid, und als er mich herunterließ, sagte ich ihm, er möchte zu Bett gehen. Ich fahre mit dem Mitternachtszug nach Paris, und ich hatte den dringendsten Wunsch, dich vor meiner Abreise noch zu sehen. Ich dachte, das mußt du sein, oder mindestens dein Pelz, als du vorbeigingst. Aber ich war doch nicht ganz sicher. Hast du mich denn nicht erkannt?«
"Dorian!"
»Dorian!«
"Just turn your head a little more to the right, Dorian, like a good boy," said the painter, deep in his work and conscious only that a look had come into the lad's face that he had never seen there before.
»Dorian, dreh den Kopf mal ein wenig mehr nach rechts, sei so gut«, sagte der Maler, der ganz in sein Werk vertieft war, aber doch gemerkt hatte, daß in des Jünglings Gesicht ein Ausdruck getreten war, den er vorher nie darin gesehen hatte.
"Dorian, this is horrible! Something has changed you completely. You look exactly the same wonderful boy who, day after day, used to come down to my studio to sit for his picture. But you were simple, natural, and affectionate then. You were the most unspoiled creature in the whole world. Now, I don't know what has come over you. You talk as if you had no heart, no pity in you. It is all Harry's influence. I see that."
»Dorian, es ist schauderhaft! Irgend etwas hat dich ganz verändert. Du siehst noch genau so aus wie der wunderhübsche Junge, der Tag für Tag in mein Atelier kam, um für mein Bild zu sitzen. Aber damals warst du einfacher, natürlich und herzlich. Du warst das unverdorbenste Menschenkind auf der ganzen Welt. Ich weiß nicht, was jetzt über dich gekommen ist. Du sprichst, als hättest du kein Herz, kein Mitleid in dir. Das ist Harrys Einfluß. Ich sehe es.«
"Dorian," cried Hallward, "that is not the question. England is bad enough I know, and English society is all wrong. That is the reason why I want you to be fine. You have not been fine. One has a right to judge of a man by the effect he has over his friends. Yours seem to lose all sense of honour, of goodness, of purity. You have filled them with a madness for pleasure. They have gone down into the depths. You led them there. Yes: you led them there, and yet you can smile, as you are smiling now. And there is worse behind. I know you and Harry are inseparable. Surely for that reason, if for none other, you should not have made his sister's name a by-word."
»Dorian,« rief Hallward, »darum handelt sich's nicht. Wie schlecht es um England bestellt ist, weiß ich selbst und wie die englische Gesellschaft verrottet ist. Gerade deshalb wünsche ich, daß du gut bleibst. Du bist nicht gut geblieben. Man hat ein Recht darauf, einen Menschen nach der Wirkung zu beurteilen, die er auf seine Freunde ausübt. Deine Freunde scheinen alles Gefühl für Ehre, für Anstand, für Reinheit zu verlieren. Du hast sie mit einer wahnsinnigen Genußsucht erfüllt. Sie sind tief gesunken. Ja: und du hast sie da hinabgeführt, und doch kannst du lächeln, und du lächelst jetzt noch. Und es gibt noch viel Schlimmeres. Ich weiß, du und Harry seid unzertrennlich. Schon aus diesem Grunde, wenn aus keinem anderen, hättest du den Namen seiner Schwester nicht zum Spott machen dürfen!«
"Dorian," said Lord Henry at last, as the chaud-froid was being handed round, "what is the matter with you to-night? You are quite out of sorts."
»Dorian,« sagte Lord Henry endlich, als das Chaudfroid herumgereicht wurde, »was ist heute abend mit dir los? Du bist ja so verstimmt.«
"Dorian," said Lord Henry, "I had better tell them that the shooting is stopped for to-day. It would not look well to go on."
»Dorian,« sagte Lord Henry, »ich halt 's für richtiger, die Jagd für heute beendet sein zu lassen. Es würde nicht gut aussehen, sie fortzusetzen.«
"You are a sceptic."
»Du bist ein Skeptiker!«
"They are practical."
»Du bist so praktisch.«
"You are mad, Dorian, or playing a part," muttered Hallward, frowning.
»Du bist wahnsinnig, Dorian, oder spielst Komödie«, sagte Hallward und runzelte die Stirn.
"You are mad, Dorian."
»Du bist wahnsinnig, Dorian.«
"You are mad, I tell you--mad to imagine that I would raise a finger to help you, mad to make this monstrous confession. I will have nothing to do with this matter, whatever it is. Do you think I am going to peril my reputation for you? What is it to me what devil's work you are up to?"
»Du bist wahnsinnig, sag' ich dir -- wahnsinnig, daß du dir einbildest, ich wurde auch nur einen Finger rühren, dir zu helfen, wahnsinnig, daß du mir dieses ungeheuerliche Geständnis ablegst. Ich will damit nichts zu tun haben, was es auch sei. Glaubst du, ich setze meine Ehre für dich aufs Spiel? Was geht's mich an, mit welchem Teufelswerk du zu tun hast.«
"You need not be afraid. Our countrymen never recognize a description."
»Du brauchst dich nicht zu ängstigen. Unsere Landsleute erkennen sich nie in ihrem Steckbrief wieder.«
"You are flirting disgracefully with him," said Lord Henry to his cousin. "You had better take care. He is very fascinating."
»Du flirtest ganz schändlich mit ihm«, sagte Lord Henry zu seiner Kusine. »Du solltest dich lieber in acht nehmen. Er kann sehr faszinieren.«
"You gallop with a loose rein."
»Du galoppierst mit verhängtem Zügel.«
"You use them for everything, except flight."
»Du gebrauchst sie zu allem, nur nicht zur Flucht.«
"So you think that it is only God who sees the soul, Basil? Draw that curtain back, and you will see mine."
»Du glaubst also, daß Gott allein die Seele sieht, Basil? Zieh den Vorhang zurück, und du wirst die meine sehen.«
"You don't mean a single word of all that, Harry; you know you don't. If Dorian Gray's life were spoiled, no one would be sorrier than yourself. You are much better than you pretend to be."
»Du glaubst kein einziges Wort von alledem, Harry; und das weißt du auch. Wenn Dorian Grays Leben zerstört würde, wäre kein Mensch trauriger als du. Du bist viel besser, als du vorgibst.«
"You wrecked the life of Sibyl Vane," was the answer, "and Sibyl Vane was my sister. She killed herself. I know it. Her death is at your door. I swore I would kill you in return. For years I have sought you. I had no clue, no trace. The two people who could have described you were dead. I knew nothing of you but the pet name she used to call you. I heard it to-night by chance. Make your peace with God, for to- night you are going to die."
»Du hast das Leben Sibyl Vanes zugrunde gerichtet!« war die Antwort, »und Sibyl Vane war meine Schwester. Sie hat sich getötet. Ich weiß es. Ihr Tod ist deine Schuld. Ich habe geschworen, dich dafür zu töten. Jahrelang habe ich dich gesucht. Aber ich hatte keinen Anhaltspunkt, keine Spur. Die zwei Menschen, die dich hätten beschreiben können, waren tot. Ich wußte nichts von dir als den Kosenamen, den sie dir gab. Heute nacht habe ich ihn durch Zufall gehört. Mach' deinen Frieden mit Gott, denn heute nacht mußt du sterben.«
I suppose you have heard the news, Basil?" said Lord Henry that evening as Hallward was shown into a little private room at the Bristol where dinner had been laid for three.
»Du hast doch schon die letzte Neuigkeit gehört, Basil?« sagte Lord Henry am selben Abend, als Hallward in das kleine Separatzimmer im Bristol trat, wo für drei Personen zum Essen gedeckt war.
"You have a rival."
»Du hast eine Rivalin.«
"You have a new friend, I hear. Who is he? Why have you not told me about him? He means you no good."
»Du hast einen neuen Freund, wie ich höre. Wer ist es? Warum hast du mir nicht von ihm erzählt? Er meint es nicht gut mit dir.«
"You have done too many foolish things during the last fortnight to be entitled to give yourself that name, Dorian," answered Lord Henry with his sweet melancholy smile.
»Du hast in den letzten vierzehn Tagen zuviel törichte Streiche begangen, als daß du einen Anspruch auf diesen Ehrentitel haben könntest, Dorian«, erwiderte Lord Harry mit seinem stillen, melancholischen Lächeln.
"You have got Harry," said the painter sadly.
»Du hast jetzt Harry«, sagte der Maler traurig.
"You have saved me from ruin, Alan. I cannot forget that," said Dorian simply.
»Du hast mich vorm Untergang gerettet, Alan«, sagte Dorian ganz schlicht. »Ich kann das nie vergessen.«
"You have not yet told me what your good action was. Or did you say you had done more than one?" asked his companion as he spilled into his plate a little crimson pyramid of seeded strawberries and, through a perforated, shell-shaped spoon, snowed white sugar upon them.
»Du hast mir noch nicht berichtet, worin deine gute Handlung bestand. Oder sagtest du nicht, du hättest mehr als eine getan?« fragte der Freund und schüttete sich eine kleine rote Pyramide Erdbeeren auf seinen Teller, auf die er aus einem muschelförmigen Sieblöffel weißen Zucker streute.
"You said to me that Sibyl Vane represented to you all the heroines of romance--that she was Desdemona one night, and Ophelia the other; that if she died as Juliet, she came to life as Imogen."
»Du hast zu mir gesagt, Sibyl Vane verkörpere dir alle Frauengestalten der Romantik -- sie sei an einem Abend Desdemona und am anderen Ophelia; wenn sie als Julia sterbe, erwache sie als Imogen wieder zum Leben.«
"You here, Adrian?" muttered Dorian.
»Du hier, Adrian?« flüsterte Dorian.
"You could not have helped telling me, Dorian. All through your life you will tell me everything you do."
»Du hättest gar nicht anders können, Dorian. Dein ganzes Leben lang wirst du mir alles sagen, was du tust.«
"You should have gone away when I asked you," he muttered.
»Du hättest weggehen sollen, als ich dich darum bat«, grollte er.
"You are not listening to a word I am saying, Jim," cried Sibyl, "and I am making the most delightful plans for your future. Do say something."
»Du hörst auch nicht ein einziges Wort, das ich sage, Jim!« rief Sibyl, »und ich schmiede die entzückendsten Pläne für deine Zukunft. Sag' doch mal was!«
"Strike me dumb if it ain't so. He is the worst one that comes here. They say he has sold himself to the devil for a pretty face. It's nigh on eighteen years since I met him. He hasn't changed much since then. I have, though," she added, with a sickly leer.
»Du kannst mich kaltmachen, wenn es nicht so ist. Er ist der Schlechteste von allen, die herkommen. Sie sagen, er hat dem Teufel seine Seele für sein hübsches Gesicht verkauft. Es sind fast achtzehn Jahre, daß ich ihn kennenlernte. Er hat sich seitdem wenig verändert. Ich um so mehr«, fügte sie mit einem traurigen Blinzeln hinzu.
"You always come dreadfully late."
»Du kommst immer furchtbar spät.«
"You pain me, my son. I trust you will return from Australia in a position of affluence. I believe there is no society of any kind in the Colonies-- nothing that I would call society--so when you have made your fortune, you must come back and assert yourself in London."
»Du kränkst mich, mein Sohn. Ich hoffe, daß du von Australien als ein gemachter Mann zurückkehrst. Ich vermute, es gibt in den Kolonien sozusagen keine Gesellschaft, wenigstens nichts, was ich Gesellschaft nenne; wenn du also dein Glück gemacht hast, mußt du zurückkommen und dich zur Geltung bringen in London.«
"You might keep some of your kisses for me, Sibyl, I think," said the lad with a good-natured grumble.
»Du könntest dir wohl ein paar Küsse für mich aufheben, Sibyl«, sagte der Bursche mit gutmütigem Knurren.
"You don't like your country, then?" she asked.
»Du liebst also dein Vaterland nicht?« fragte sie.
"You lie!" cried James Vane.
»Du lügst!« schrie James Vane.
"You are talking scandal, Harry, and there is never any basis for scandal."
»Du machst Klatschereien, Harry, und diesmal ist gar kein Grund zu Klatschereien vorhanden.«
"You bewilder me. Let us talk of some one else."
»Du machst mich wirre. Laß uns von einem anderen sprechen.«
"You fill me with apprehension. The appeal to antiquity is fatal to us who are romanticists."
»Du machst mir Angst. Die Beschwörung des Altertums ist für uns Romantiker stets gefährlich.«
"You must have something to do with it. Wait, wait a moment; listen to me. Only listen, Alan. All I ask of you is to perform a certain scientific experiment. You go to hospitals and dead-houses, and the horrors that you do there don't affect you. If in some hideous dissecting-room or fetid laboratory you found this man lying on a leaden table with red gutters scooped out in it for the blood to flow through, you would simply look upon him as an admirable subject. You would not turn a hair. You would not believe that you were doing anything wrong. On the contrary, you would probably feel that you were benefiting the human race, or increasing the sum of knowledge in the world, or gratifying intellectual curiosity, or something of that kind.
»Du mußt etwas damit zu tun haben. Warte, warte noch einen Augenblick; hör' mich an. Nur anhören, Alan. Alles, was ich von dir verlange, ist ein bestimmtes wissenschaftliches Experiment. Du gehst in Spitäler und Leichenhäuser, und das Schreckliche, was du dort tust, rührt dich nicht. Wenn du diesen Mann in irgendeinem gräßlichen Seziersaal oder in einem mißduftenden Laboratorium auf einem rohen Tisch liegen sähest, mit roten Röhren, die man in ihn hineingebohrt hat, damit daraus das Blut durchfließen kann, dann würdest du ihn einfach als ein bewundernswertes Objekt betrachten. Kein Härchen würde sich dir sträuben. Du hättest nicht die Empfindung, irgend etwas Unrechtes zu tun. Im Gegenteil, du würdest wahrscheinlich glauben, der Menschheit eine Wohltat zu erweisen, oder die Summe des menschlichen Wissens zu vermehren oder den intellektuellen Wissensdrang zu befriedigen oder so etwas dergleichen.
"You must. You have no choice. Don't delay."
»Du mußt. Du hast keine Wahl. Zaudere nicht.«
"You told me you had destroyed it."
»Du sagtest mir, du hättest es zerstört.«
"At least you are like it in appearance. But it will never alter," sighed Hallward. "That is something."
»Du siehst wenigstens jetzt so aus. Aber das Bild wird sich nie ändern«, seufzte Hallward. »Das ist schon etwas.«
"You see your servant made me quite at home, Dorian. He gave me everything I wanted, including your best gold-tipped cigarettes. He is a most hospitable creature. I like him much better than the Frenchman you used to have. What has become of the Frenchman, by the bye?"
»Du siehst, dein Diener hat es mir gemütlich gemacht, Dorian. Er hat mir alles gegeben, was ich brauchte, sogar deine besten Zigaretten mit Goldmundstück. Es ist ein recht gastfreundlicher Mensch. Ich mag ihn viel lieber als den Franzosen, den du vor ihm hattest. Was ist übrigens aus dem Franzosen geworden?«
"You really must not say things like that before Dorian, Harry."
»Du solltest wirklich nicht solche Dinge vor Dorian sagen, Harry!«
"You spoil my life as an artist by refusing, Dorian. No man comes across two ideal things. Few come across one."
»Du vernichtest meine künstlerische Existenz, wenn du dich weigerst. Kein Mensch begegnet zwei Idealen. Wenige finden eines.«
"You don't understand me, Harry," answered the artist. "Of course I am not like him. I know that perfectly well. Indeed, I should be sorry to look like him. You shrug your shoulders? I am telling you the truth. There is a fatality about all physical and intellectual distinction, the sort of fatality that seems to dog through history the faltering steps of kings. It is better not to be different from one's fellows. The ugly and the stupid have the best of it in this world. They can sit at their ease and gape at the play. If they know nothing of victory, they are at least spared the knowledge of defeat. They live as we all should live--undisturbed, indifferent, and without disquiet. They neither bring ruin upon others, nor ever receive it from alien hands. Your rank and wealth, Harry; my brains, such as they are--my art, whatever it may be worth; Dorian Gray's good looks--we shall all suffer for what the gods have given us, suffer terribly."
»Du verstehst mich gar nicht, Henry«, antwortete der Künstler. »Natürlich sehe ich ihm nicht ähnlich. Das weiß ich selbst. In Wirklichkeit wäre ich sogar traurig, sähe ich ihm ähnlich. Du brauchst nicht mit den Achseln zu zucken. Ich sage dir die Wahrheit. Jede körperliche und geistige Besonderheit umschwebt eine gewisse Tragik; so eine Tragik etwa, wie sich das Schicksal der Könige auf ihren Irrwegen in der Weltgeschichte an die Füße zu heften scheint. Es ist besser, nicht anders zu sein als die Nebenmenschen. Die Häßlichen und die Dummen haben das beste Leben der Welt. Sie können ruhig dasitzen und das Spiel sorglos begaffen. Sie wissen zwar nichts von Siegen, aber dafür bleibt ihnen auch die Bekanntschaft mit den Niederlagen erspart. Sie leben dahin, wie wir es alle sollten: ungestört, gleichgültig und ohne Mißbehagen. Sie bringen anderen kein Unheil und empfangen es auch nicht von fremder Hand. Dein Stand und dein Reichtum, Harry, mein Geist, soviel ich davon habe, meine Kunst, soviel sie wert ist, Dorian Gray für sein schönes Aussehen -- wir müssen alle für die Geschenke der Götter leiden, schrecklich leiden.«
"You don't understand her, Harry. She regarded me merely as a person in a play. She knows nothing of life. She lives with her mother, a faded tired woman who played Lady Capulet in a sort of magenta dressing-wrapper on the first night, and looks as if she had seen better days."
»Du verstehst sie nicht, Harry. Sie betrachtete mich nur wie eine Figur in einem Theaterstück. Sie weiß gar nichts vom Leben. Sie wohnt bei ihrer Mutter, einer verblühten, ältlichen Frau, die am ersten Abend in einer Art türkisch-rotem Schlafrock die Lady Capulet spielte und den Eindruck machte, als hätte sie bessere Tage gesehen.«
"You were charming last night. The little duchess is quite devoted to you. She tells me she is going down to Selby."
»Du warst entzückend gestern abend. Die kleine Herzogin hat dich ganz in ihr Herzchen geschlossen. Sie hat mir erzählt, sie käme nach Selby.«
"You went to the opera?" said Hallward, speaking very slowly and with a strained touch of pain in his voice. "You went to the opera while Sibyl Vane was lying dead in some sordid lodging? You can talk to me of other women being charming, and of Patti singing divinely, before the girl you loved has even the quiet of a grave to sleep in? Why, man, there are horrors in store for that little white body of hers!"
»Du warst in der Oper?« sagte Hallward gedehnt, und seine Stimme war gepreßt vor Schmerz. »Du warst in der Oper, während Sibyl Vane tot in irgendeiner schmutzigen Stube lag? Du kannst mir von anderen bezaubernden Weibern erzählen, und daß die Patti göttlich gesungen hat, noch ehe das Mädchen, das du geliebt hast, die Ruhe des Grabes gefunden hat, darin sie schlafen soll? Mensch, bedenke doch, welche Schrecknisse auf den kleinen weißen Körper warten!«
"You refuse?"
»Du weigerst dich?«
"You know the picture is yours, Dorian. I gave it to you before it existed."
»Du weißt, Dorian, das Bild gehört dir. Ich hab' es dir geschenkt, noch ehe es vorhanden war.«
"You wish me to defend my throne, then?"
»Du willst also, daß ich meinen Thron verteidige?«
"You will sit to me again?"
»Du willst mir wieder sitzen?«
"You don't want me to meet him?"
»Du willst nicht, daß ich ihn kennenlerne?«
"You won't? Then I must do it myself," said the young man, and he tore the curtain from its rod and flung it on the ground.
»Du willst nicht? Dann muß ich es selbst tun«, sagte der junge Mann, und riß den Vorhang von seiner Stange und schleuderte ihn zu Boden.
"You will always like me, Dorian," he replied. "Will you have some coffee, you fellows? Waiter, bring coffee, and fine-champagne, and some cigarettes. No, don't mind the cigarettes--I have some. Basil, I can't allow you to smoke cigars. You must have a cigarette. A cigarette is the perfect type of a perfect pleasure. It is exquisite, and it leaves one unsatisfied. What more can one want? Yes, Dorian, you will always be fond of me. I represent to you all the sins you have never had the courage to commit."
»Du wirst mich immer gern haben, Dorian«, antwortete er. »Wollen wir Kaffee trinken, Kinder? -- Kellner, bringen Sie Kaffee, fine Champagne und Zigaretten. Nein, lassen Sie die Zigaretten, ich habe selbst bei mir. Basil, ich kann dir nicht erlauben, Zigarren zu rauchen. Du mußt eine Zigarette nehmen. Eine Zigarette ist der vollendete Ausdruck eines vollendeten Genusses. Er ist köstlich und läßt dabei unbefriedigt. Was will man mehr verlangen? Ja, Dorian, du wirst mich immer lieb haben. Ich bin für dich der Inbegriff aller Sünden, die du zu begehen nie den Mut haben wirst.«
"You will write to me if you want anything, won't you?" said Dorian, after a pause.
»Du wirst mir doch schreiben, wenn du was brauchst?« fragte Dorian nach einer Weile.
"They are more cunning than practical. When they make up their ledger, they balance stupidity by wealth, and vice by hypocrisy."
»Eher gerissen als praktisch. Wenn sie ihr Kontokorrent abschließen, dann saldieren sie Dummheit mit Reichtum und Laster mit Heuchelei.«
"A prince!" she cried musically. "What more do you want?"
»Ein Prinz!« rief sie mit melodischer Stimme. »Was willst du mehr?«
"A method of procuring sensations? Do you think, then, that a man who has once committed a murder could possibly do the same crime again? Don't tell me that."
»Ein Verfahren, sich Empfindungen zu verschaffen? Glaubst du also, daß ein Mensch, der einmal einen Mord begangen hat, imstande wäre, das nämliche Verbrechen zu wiederholen? Das rede mir nicht ein.«
"One hour and a quarter, Monsieur."
»Ein Viertel zwei, Monsieur!«
"They don't last, I am told," muttered his uncle. "A long engagement exhausts them, but they are capital at a steeplechase. They take things flying. I don't think Dartmoor has a chance."
»Ein langes Verlobtsein erschöpft sie, aber für eine Steeplechase sind sie brillant. Sie sind Flieger. Ich glaube nicht, daß Dartmoor Chance hat.«
"An illusion."
»Einbildung.«
"It is a malady."
»Eine Krankheit.«
"A delightful theory!" she exclaimed. "I must put it into practice."
»Eine allerliebste Theorie!« rief sie. »Ich muß sie mal in die Praxis umsetzen.«
"A dangerous theory!" came from Sir Thomas's tight lips. Lady Agatha shook her head, but could not help being amused. Mr. Erskine listened.
»Eine gefährliche Theorie«, sagte Sir Thomas, seine dünnen Lippen zusammenkneifend. Lady Agatha schüttelte den Kopf, aber sie amüsierte sich doch. Herr Erskine lauschte.
"Well, he seemed to think they were beyond his means," laughed Dorian. "By this time, however, the lights were being put out in the theatre, and I had to go. He wanted me to try some cigars that he strongly recommended. I declined. The next night, of course, I arrived at the place again. When he saw me, he made me a low bow and assured me that I was a munificent patron of art. He was a most offensive brute, though he had an extraordinary passion for Shakespeare. He told me once, with an air of pride, that his five bankruptcies were entirely due to 'The Bard,' as he insisted on calling him. He seemed to think it a distinction."
»Einerlei, sie schienen über seine Mittel zu gehen«, sagte Dorian lachend. »Inzwischen aber wurden die Lichter im Theater ausgedreht und ich mußte fort. Er bat mich noch, einige Zigarren zu probieren, die er mir sehr warm empfahl. Ich dankte. Am nächsten Abend ging ich natürlich wieder hin. Als er mich sah, machte er eine tiefe Verbeugung und versicherte mir, ich sei ein edelmütiger Kunstmäzen. Er ist eine höchst abstoßende Kreatur, obwohl er eine außerordentliche Leidenschaft für Shakespeare hegt. Er erzählte mir mal mit einem Anflug von Stolz, seine fünf Bankrotte verdanke er nur dem >Barden<; so nannte er nämlich hartnäckig Shakespeare. Er schien das für ein Verdienst zu halten.«
"Terribly grave," echoed Lady Agatha.
»Entsetzlich schwere«, stimmte Lady Agatha ein.
"Disillusion."
»Enttäuschung.«
"He has certainly not been paying me compliments. Perhaps that is the reason that I don't believe anything he has told me."
»Er hat mir nicht das kleinste Kompliment gemacht. Vielleicht ist das der Grund, daß ich wirklich kein Wort von dem glaube, was er gesagt hat.«
"He is called Prince Charming. Don't you like the name. Oh! you silly boy! you should never forget it. If you only saw him, you would think him the most wonderful person in the world. Some day you will meet him--when you come back from Australia. You will like him so much. Everybody likes him, and I ... love him. I wish you could come to the theatre to-night. He is going to be there, and I am to play Juliet. Oh! how I shall play it! Fancy, Jim, to be in love and play Juliet! To have him sitting there! To play for his delight! I am afraid I may frighten the company, frighten or enthrall them. To be in love is to surpass one's self. Poor dreadful Mr. Isaacs will be shouting 'genius' to his loafers at the bar. He has preached me as a dogma; to-night he will announce me as a revelation. I feel it. And it is all his, his only, Prince Charming, my wonderful lover, my god of graces. But I am poor beside him. Poor? What does that matter? When poverty creeps in at the door, love flies in through the window. Our proverbs want rewriting. They were made in winter, and it is summer now; spring-time for me, I think, a very dance of blossoms in blue skies."
»Er heißt der Prinz Märchenschön. Gefällt dir der Name nicht? Oh, du törichtes Jungchen! du solltest ihn nie vergessen. Wenn du ihn nur ein einzigesmal sähest, müßtest du ihn für den entzückendsten Menschen auf Erden halten. Eines Tages wirst du ihn kennenlernen: wenn du von Australien zurückkommst. Er wird dir sehr gefallen. Allen Menschen gefällt er, und ich ... ich liebe ihn. Ich wollte, du könntest heute abend ins Theater kommen. Er wird kommen, und ich spiele die Julia! Oh, wie ich sie spielen werde! Denk dir, Jim, lieben und die Julia spielen! Wissen, daß er dasitzt! Zu seiner Freude spielen! Ich fürchte, ich werde meine Kollegen erschrecken, erschrecken oder hinreißen. Lieben heißt, hinauswachsen über sich selbst. Der gräßliche Herr Isaacs wird seinen Kumpanen am Schenktisch zuschreien, ich sei ein Genie. Er hat mich wie ein Dogma ausposaunt; heute abend wird er mich als Offenbarung verkündigen. Ich fühle das. Und all das ist sein Werk, nur sein, des Prinzen Märchenschön, meines wunderbaren Geliebten, meines Musengottes. Aber ich bin ein armes Ding neben ihm. Arm. Was liegt daran? Schleicht Armut in ein Haus, fliegt Liebe durchs Fenster hinaus. Unsere Sprichwörter müssen umgeändert werden. Sie sind im Winter erdacht worden, und jetzt ist Sommer, für mich freilich Frühling, ein Tanz von Blüten unter blauem Himmel.«
"He is a gentleman," said the lad sullenly.
»Er ist ein Herr der feinen Gesellschaft«, sagte der Bursche finster.
"He is gone," murmured Sibyl sadly. "I wish you had seen him."
»Er ist fort«, murmelte Sibyl traurig. »Ich wünschte, du hättest ihn gesehen.«
"He is all my art to me now," said the painter gravely. "I sometimes think, Harry, that there are only two eras of any importance in the world's history. The first is the appearance of a new medium for art, and the second is the appearance of a new personality for art also. What the invention of oil-painting was to the Venetians, the face of Antinous was to late Greek sculpture, and the face of Dorian Gray will some day be to me. It is not merely that I paint from him, draw from him, sketch from him. Of course, I have done all that. But he is much more to me than a model or a sitter.
»Er ist für mich jetzt meine ganze Kunst«, sagte der Maler ernsthaft. »Manchmal glaube ich, Harry, daß es nur zwei wichtige Epochen in der Weltgeschichte gibt. Die erste ist das Auftreten einer neuen Kunsttechnik und die zweite die Erscheinung einer neuen Persönlichkeit in der Kunst. Was die Erfindung der Ölmalerei für die Venezianer war, das war das Gesicht des Antinous für die spätgriechische Bildhauerkunst, und das wird eines Tages für mich das Gesicht Dorian Grays sein. Worauf es dabei ankommt, ist nicht, daß ich ihn male, zeichne, skizziere. Natürlich hab' ich das alles getan. Aber er ist weit mehr für mich als ein Modell oder ein Mensch, der mir sitzt.
"He is not a gentleman, Mother, and I hate the way he talks to me," said the girl, rising to her feet and going over to the window.
»Er ist kein Gentleman, Mutter, und ich hasse die Art, wie er mit mir spricht«, sagte das Mädchen, stand auf und trat ans Fenster.
"He is not the man I am looking for," he answered, "and I want no man's money. I want a man's life. The man whose life I want must be nearly forty now. This one is little more than a boy. Thank God, I have not got his blood upon my hands."
»Er ist nicht der Mann, den ich suche,« antwortete er, »und ich suche keines Menschen Geld. Ich such' eines Menschen Leben. Der Mann, dessen Leben ich suche, muß jetzt an die Vierzig sein. Der da war fast noch ein Knabe. Ich danke Gott, daß nicht sein Blut an meinen Händen klebt.«
"He is very good-looking," assented Lord Henry.
»Er ist sehr hübsch«, stimmte Lord Henry bei.
"He bores me dreadfully, almost as much as he bores her. She is very clever, too clever for a woman. She lacks the indefinable charm of weakness. It is the feet of clay that make the gold of the image precious. Her feet are very pretty, but they are not feet of clay. White porcelain feet, if you like. They have been through the fire, and what fire does not destroy, it hardens. She has had experiences."
»Er langweilt mich entsetzlich, fast ebenso sehr, wie er sie langweilt. Sie ist sehr verständig, zu verständig für eine Frau. Es fehlt ihr der unbeschreibliche Reiz der Schwäche. Die tönernen Füße sind's, die erst das Gold der Bildsäule wertvoll machen. Ihre Füße sind ganz allerliebst, aber es sind keine Tonfüße. Weiße Porzellanfüße, wenn du willst. Sie sind schon im Feuer gewesen, und was das Feuer nicht zerstört, macht es hart. Sie hat ihre Erfahrungen.«
"It is in an empty stable in the Home Farm, sir. The folk don't like to have that sort of thing in their houses. They say a corpse brings bad luck."
»Er liegt in einem leeren Stall im Wirtschaftsgebäude, gnädiger Herr. Die Leute wollen so was nicht in ihren vier Wänden haben. Sie sagen, eine Leiche bringt Unglück.«
"He wants to enslave you."
»Er wird dich zu seiner Sklavin machen.«
"He won't like you the better for keeping your promises. He always breaks his own. I beg you not to go."
»Er wird dir darum nicht mehr zugetan sein, wenn du so treu deine Versprechungen hältst. Er bricht seine immer. Ich bitte dich, nicht zu gehen.«
"A blush is very becoming, Duchess," remarked Lord Henry.
»Erröten ist ein vorzügliches Schönheitsmittel«, bemerkte Lord Henry.
"To exhibit it! You want to exhibit it?" exclaimed Dorian Gray, a strange sense of terror creeping over him. Was the world going to be shown his secret? Were people to gape at the mystery of his life? That was impossible. Something--he did not know what--had to be done at once.
»Es ausstellen? Du willst es ausstellen?« rief Dorian Gray, den ein seltsames Angstgefühl überkam. Sollte alle Welt sein Geheimnis erfahren? Sollte das Volk das Geheimnis seines Lebens begaffen? Das war unmöglich. Irgend etwas -- er wußte noch nicht was -- mußte sofort geschehen.
"I don't want it put straight, Leaf. I only want the key."
»Es braucht nicht hergerichtet zu werden, gute Leaf. Ich will nur den Schlüssel.«
"You are glad you have met me, Mr. Gray," said Lord Henry, looking at him.
»Es freut Sie, mich kennengelernt zu haben, Herr Gray?« fragte Lord Henry und blickte ihn an,
"It is not my property, Harry."
»Es gehört nicht mir, Harry.«
"There is no such thing as a good influence, Mr. Gray. All influence is immoral--immoral from the scientific point of view."
»Es gibt keinen sogenannten guten Einfluß, Herr Gray. Jeder Einfluß ist unmoralisch -- unmoralisch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus.«
"There is no one with whom I would not change places, Harry. Don't laugh like that. I am telling you the truth. The wretched peasant who has just died is better off than I am. I have no terror of death. It is the coming of death that terrifies me. Its monstrous wings seem to wheel in the leaden air around me. Good heavens! don't you see a man moving behind the trees there, watching me, waiting for me?"
»Es gibt keinen, mit dem ich nicht tauschen möchte, Harry. Lach' nicht darüber. Ich spreche die Wahrheit. Der elende Bauer, der da gestorben ist, ist besser daran als ich. Ich habe keine Angst vor dem Tode. Das Sterben ist's, wovor ich mich ängstige. Seine ungeheuren Flügel scheinen mich rings in der bleiernen Luft zu umschatten. Herr des Himmels, siehst du nicht, daß da hinter den Bäumen ein Mann auf mich lauert und mich beobachtet?«
"There are worse things than capture," she answered.
»Es gibt ärgere Dinge als Gefangenschaft«, erwiderte sie.
"It is about yourself," answered Hallward in his grave deep voice, "and I must say it to you. I shall only keep you half an hour."
»Es handelt sich um dich,« antwortete Hallward mit seiner ernsten, tiefen Stimme, »und ich muß es dir sagen. Ich werde dich kaum ein halbes Stündchen aufhalten.«
There is no use your telling me that you are going to be good," cried Lord Henry, dipping his white fingers into a red copper bowl filled with rose-water. "You are quite perfect. Pray, don't change."
»Es hat gar keinen Sinn, mir zu erzählen, daß du gut werden willst!« rief Lord Henry und tauchte seine weißen Finger in eine rote, mit Rosenwasser gefüllte Kupferschale. »Du bist vollkommen. Bitte ändere dich nicht.«
"There is no good in prolonging this scene. I absolutely refuse to do anything in the matter. It is insane of you to ask me."
»Es hat keinen Sinn, diese Szene weiter auszudehnen. Ich weigere mich ganz entschieden, etwas damit zu tun zu haben. Es ist Tollheit von dir, mich darum zu bitten.«
"It's no use," sighed Adrian Singleton. "I don't care to go back. What does it matter? I am quite happy here."
»Es hat keinen Zweck«, sagte Adrian Singleton seufzend. »Ich will nicht mehr zurück. Was macht's aus? Ich fühle mich hier ganz wohl.«
"There was nothing evil in it, nothing shameful. You were to me such an ideal as I shall never meet again. This is the face of a satyr."
»Es hatte nichts Schlimmes in sich, nichts Schändliches. Du warst für mich ein Ideal, wie ich ihm nie wieder begegnen werde. Dies ist das Gesicht eines Fauns.«
"It is the face of my soul."
»Es ist das Gesicht meiner Seele.«
"It is your best work, Basil, the best thing you have ever done," said Lord Henry languidly. "You must certainly send it next year to the Grosvenor. The Academy is too large and too vulgar. Whenever I have gone there, there have been either so many people that I have not been able to see the pictures, which was dreadful, or so many pictures that I have not been able to see the people, which was worse. The Grosvenor is really the only place."
»Es ist dein bestes Werk, Basil, das beste, was du jemals gemacht hast«, sagte Lord Henry schläfrig-müde. »Du mußt es nächstes Jahr unbedingt ins Grosvenor schicken. Die Akademie ist zu groß und zu gewöhnlich. Jedesmal, wenn ich hinging, waren entweder so viele Leute da, daß ich die Bilder nicht sehen konnte, und das war schlimm, oder so viel Bilder, daß ich die Leute nicht sehen konnte, und das war noch schlimmer. Das Grosvenor ist der einzig richtige Platz.«
"It was a distinction, my dear Dorian--a great distinction. Most people become bankrupt through having invested too heavily in the prose of life. To have ruined one's self over poetry is an honour. But when did you first speak to Miss Sibyl Vane?"
»Es ist ein Verdienst, lieber Dorian -- ein großes Verdienst. Die meisten Leute werden bankrott, weil sie zuviel in der Prosa des Lebens angelegt haben. Sich mit Poesie ruiniert zu haben, ist eine ehrenvolle Auszeichnung. Aber wann hast du Fräulein Sibyl Vane zum erstenmal gesprochen?«
"It is an annoying subject," broke in Lord Henry. "It has no psychological value at all. Now if Geoffrey had done the thing on purpose, how interesting he would be! I should like to know some one who had committed a real murder."
»Es ist ein langweiliges Thema«, unterbrach ihn Lord Henry. »Es hat keinerlei psychologischen Wert. Wenn es Geoffrey noch absichtlich getan hätte, wie interessant wäre es dann! Ich würde gern jemand kennenlernen, der einen wirklichen Mord begangen hat.«
"It is an interesting question," said Lord Henry, who found an exquisite pleasure in playing on the lad's unconscious egotism, "an extremely interesting question. I fancy that the true explanation is this: It often happens that the real tragedies of life occur in such an inartistic manner that they hurt us by their crude violence, their absolute incoherence, their absurd want of meaning, their entire lack of style. They affect us just as vulgarity affects us. They give us an impression of sheer brute force, and we revolt against that. Sometimes, however, a tragedy that possesses artistic elements of beauty crosses our lives. If these elements of beauty are real, the whole thing simply appeals to our sense of dramatic effect. Suddenly we find that we are no longer the actors, but the spectators of the play. Or rather we are both. We watch ourselves, and the mere wonder of the spectacle enthralls us.
»Es ist eine interessante Frage,« sagte Lord Harry, dem es ein ausgesuchtes Vergnügen bereitete, mit dem unbewußten Egoismus des jungen Mannes zu spielen -- »eine außerordentlich interessante Frage. Ich meine, die wahre Erklärung ist wohl die. Es kommt oft vor, daß sich die Wirklichkeits-Tragödien des Lebens in einer so unkünstlerischen Form abspielen, daß sie uns durch ihre rohe Gewalt, ihren absoluten Mangel an Zusammenhang, durch ihre lächerliche Sinnlosigkeit und ihre außerordentliche Stillosigkeit verletzen. Sie betrüben uns genau so, wie es die Gemeinheit tut. Sie geben uns ein Gefühl einer jähen, brutalen Gewalt, und wir lehnen uns dagegen auf. Manchmal aber kreuzt eine Tragödie unser Leben, die künstlerische Schönheitselemente in sich birgt. Wenn diese Schönheitselemente wirklich vorhanden sind, dann ergreift die ganze Sache nur unseren Sinn für dramatische Wirkung. Wir entdecken auf einmal, daß wir nicht mehr die Darsteller, sondern die Zuschauer des Stückes sind. Oder richtiger, wir sind beides. Wir beobachten uns selbst und werden von dem Wundersamen des Schicksals erschüttert.
"That will do, Francis. Don't forget to call me at nine to-morrow."
»Es ist gut, Francis. Vergessen Sie nicht, mich morgen um neun zu wecken.«
"It is rather fashionable to marry Americans just now, Uncle George."
»Es ist jetzt Mode, Amerikanerinnen zu heiraten, Onkel Georg.«
"It is extraordinary to me, Dorian," said Hallward, "that you should have seen this in the portrait. Did you really see it?"
»Es ist mir wirklich ein reines Rätsel,« sagte Hallward, »daß du das dem Porträt angesehen haben willst. Hast du es wirklich gesehen?«
"It is nothing, Duchess," he murmured; "my nerves are dreadfully out of order. That is all. I am afraid I walked too far this morning. I didn't hear what Harry said. Was it very bad? You must tell me some other time. I think I must go and lie down. You will excuse me, won't you?"
»Es ist nichts, Frau Herzogin,« murmelte er, »meine Nerven sind schrecklich in Unordnung. Nichts weiter. Ich fürchte, ich bin heut morgen zuviel gegangen. Ich habe gar nicht gehört, was Harry gesagt hat. War es sehr toll? Sie müssen es mir ein andermal erzählen. Ich halte es fürs beste, mich jetzt ein bißchen hinzulegen. Sie entschuldigen mich, nicht wahr?«
"It is never too late, Dorian. Let us kneel down and try if we cannot remember a prayer. Isn't there a verse somewhere, 'Though your sins be as scarlet, yet I will make them as white as snow'?"
»Es ist nie zu spät, Dorian. Wir wollen niederknien und versuchen, ob wir uns nicht an ein Gebet erinnern können. Steht nicht irgendwo ein Vers: >Und wären deine Sünden wie Scharlach, ich will sie weiß machen wie Schnee?<«
"It is useless."
»Es ist nutzlos.«
"It is such a bore putting on one's dress-clothes," muttered Hallward. "And, when one has them on, they are so horrid."
»Es ist so lästig, sich den Frack anzuzerren«, murmelte Hallward. »Und wenn man ihn anhat, sieht man so gräßlich aus.«
"It is quite true, Dorian," said Lord Henry, gravely. "It is in all the morning papers. I wrote down to you to ask you not to see any one till I came. There will have to be an inquest, of course, and you must not be mixed up in it. Things like that make a man fashionable in Paris. But in London people are so prejudiced. Here, one should never make one's début with a scandal. One should reserve that to give an interest to one's old age. I suppose they don't know your name at the theatre? If they don't, it is all right. Did any one see you going round to her room? That is an important point."
»Es ist völlig wahr, Dorian«, sagte Lord Henry ernst. »Es steht in allen Morgenblättern. Ich schrieb dir's gleich und bat, du solltest niemand empfangen, bis ich käme. Es muß natürlich eine Untersuchung stattfinden, und du darfst da nicht hineingezogen werden. Dinge dieser Art machen in Paris einen Mann zum Helden des Tages. Aber in London haben die Leute zuviel Vorurteile. Hier darf man nie mit einem Skandal debütieren. Man muß sich das aufheben, um im Alter noch interessant zu sein. Ich nehme an, man weiß im Theater deinen Namen nicht. In dem Fall ist alles gut. Hat dich jemand in die Garderobe gehen sehen? Das ist ein wichtiger Faktor.«
"It is perfectly true."
»Es ist wahrhaftig wahr.«
"They must interest you, Dorian. Every gentleman is interested in his good name. You don't want people to talk of you as something vile and degraded. Of course, you have your position, and your wealth, and all that kind of thing. But position and wealth are not everything. Mind you, I don't believe these rumours at all. At least, I can't believe them when I see you. Sin is a thing that writes itself across a man's face. It cannot be concealed. People talk sometimes of secret vices. There are no such things. If a wretched man has a vice, it shows itself in the lines of his mouth, the droop of his eyelids, the moulding of his hands even.
»Es muß dich interessieren, Dorian. Jeder anständige Mensch ist an seinem guten Ruf interessiert. Du darfst doch nicht die Leute von dir reden lassen, wie von einem gesunkenen und abscheulich lasterhaften Menschen. Natürlich hast du deine Stellung, deinen Reichtum und all dergleichen. Aber Stellung und Reichtum sind nicht alles. Auf mein Wort, ich glaube von diesen Gerüchten nichts. Wenigstens kann ich ihnen nicht glauben, wenn ich dich sehe. Die Sünde steht jedem Menschen auf der Stirn geschrieben. Man kann sie nicht verhehlen. Die Menschen schwatzen manchmal von geheimen Lastern. So etwas gibt es nicht. Wenn ein unseliger Mensch ein Laster hat, so zeigt sichs in den Linien seines Mundes, in seinen herabgesunkenen Augenlidern, selbst in der Form seiner Hände.
"It must have been just like the palmy days of the British drama."
»Es muß ganz wie in der Glanzzeit des britischen Dramas gewesen sein.«
"It seems to me that we never do anything else," murmured Dorian.
»Es scheint mir, daß wir überhaupt nie etwas anderes tun«, flüsterte Dorian.
"They are both simply forms of imitation," remarked Lord Henry. "But do let us go. Dorian, you must not stay here any longer. It is not good for one's morals to see bad acting. Besides, I don't suppose you will want your wife to act, so what does it matter if she plays Juliet like a wooden doll? She is very lovely, and if she knows as little about life as she does about acting, she will be a delightful experience. There are only two kinds of people who are really fascinating-- people who know absolutely everything, and people who know absolutely nothing. Good heavens, my dear boy, don't look so tragic! The secret of remaining young is never to have an emotion that is unbecoming. Come to the club with Basil and myself. We will smoke cigarettes and drink to the beauty of Sibyl Vane. She is beautiful. What more can you want?"
»Es sind beides nur Formen der Nachahmung«, bemerkte Lord Henry. »Aber wir wollen gehen. Dorian, du darfst nicht länger hier bleiben. Es schadet der Moral, schlechte Schauspielkunst zu sehen. Ich glaube übrigens nicht, daß du deine Frau auftreten lassen wirst. Was liegt also daran, ob sie die Julia wie eine Holzpuppe spielt! Sie ist wirklich bezaubernd, und wenn sie so wenig vom Leben weiß wie vom Theaterspielen, wird sie dir eine köstliche Erfahrung sein. Es gibt nur zwei Arten fesselnder Menschen -- solche, die alles wissen, und solche, die gar nichts wissen. Großer Gott, mein lieber Junge, mach' kein so tragisches Gesicht! Das Rezept, jung zu bleiben, besteht einfach darin, nie eine Erregung haben, die unzuträglich ist. Komm mit Basil und mir in den Klub! Wir wollen Zigaretten rauchen und auf Sibyl Vanes Schönheit trinken. Sie ist schön. Was willst du noch mehr?«
"It was not intended as a compliment. It was a confession. Now that I have made it, something seems to have gone out of me. Perhaps one should never put one's worship into words."
»Es sollte auch kein Kompliment sein. Es war eine Beichte. Jetzt, da ich sie abgelegt habe, kommt es mir so vor, als ob ich etwas verloren hätte. Man sollte seiner Verehrung niemals das Kleid der Worte umhängen.«
"I should not wonder if he was quite right there. But, on the other hand, judging from their appearance, most of them cannot be at all expensive."
»Es sollte mich nicht wundern, wenn er ganz recht hätte. Andererseits aber, nach ihrem Aussehen zu schließen, können sie meistens gar nicht teuer sein.«
"I am so sorry for it all, Dorian," said Lord Henry as he entered. "But you must not think too much about it."
»Es tut mir alles so sehr leid, Dorian«, sagte Lord Henry, als er eintrat. »Aber du mußt nicht zuviel daran denken.«
"I am so sorry you have given yourself the trouble of coming round, Mr. Hubbard. I shall certainly drop in and look at the frame-- though I don't go in much at present for religious art--but to-day I only want a picture carried to the top of the house for me. It is rather heavy, so I thought I would ask you to lend me a couple of your men."
»Es tut mir leid, daß Sie sich selbst herbemüht haben, Herr Hubbard. Ich werde gern mal vorbeikommen und den Rahmen ansehen -- obwohl ich mich gerade jetzt nicht sehr für religiöse Kunst interessiere -- aber heute möchte ich nur ein Bild auf den Boden getragen haben. Es ist ziemlich schwer, deshalb dachte ich mir, daß Sie so gut wären, mir zwei von Ihren Leuten zu leihen.«
"I am afraid it is rather heavy," murmured Dorian as he unlocked the door that opened into the room that was to keep for him the curious secret of his life and hide his soul from the eyes of men.
»Es tut mir leid, daß es so schwer ist«, murmelte Dorian, während er die Tür zu dem Zimmer aufschloß, das dieses sonderbare Geheimnis seines Lebens aufbewahren und seine Seele vor den Blicken der Menschheit schützen sollte.
"I am sorry to have had to wake you up, Francis," he said, stepping in; "but I had forgotten my latch-key. What time is it?"
»Es tut mir leid, daß ich Sie wecken mußte, Francis«, sagte er eintretend und ging die Stufen hinauf; »aber ich habe meinen Hausschlüssel vergessen. Wieviel Uhr ist es?«
"Oh! I am sorry I didn't see him. Did he leave any message?"
»Es tut mir leid, daß ich ihn nicht getroffen habe. Sollen Sie mir etwas bestellen?«
"I am so sorry for you, Alan," he murmured, "but you leave me no alternative. I have a letter written already. Here it is. You see the address. If you don't help me, I must send it. If you don't help me, I will send it. You know what the result will be. But you are going to help me. It is impossible for you to refuse now. I tried to spare you. You will do me the justice to admit that. You were stern, harsh, offensive. You treated me as no man has ever dared to treat me--no living man, at any rate. I bore it all. Now it is for me to dictate terms."
»Es tut mir so leid um dich, Alan,« flüsterte er, »aber du läßt mir keine Wahl. Ich habe den Brief schon geschrieben. Hier ist er. Du siehst die Adresse. Wenn du mir nicht hilfst, muß ich ihn abschicken. Du weißt, was darauf erfolgt. Aber du wirst mir helfen. Es ist unmöglich, daß du jetzt noch nein sagst. Ich wollte dir das ersparen. Du mußt mir die Gerechtigkeit widerfahren lassen, das zuzugeben. Du warst bitter, hart, beleidigend. Du hast mich behandelt, wie es nie ein Mensch gewagt hat, mich zu behandeln. Wenigstens kein lebender Mensch. Ich ertrug es alles. Jetzt ist es an mir, Bedingungen zu diktieren.«
"I am so sorry, Harry," he cried, "but really it is entirely your fault. That book you sent me so fascinated me that I forgot how the time was going."
»Es tut mir zwar leid, Harry,« rief er, »aber es ist nur deine Schuld. Das Buch, das du mir geschickt hast, hat mich wirklich so gefesselt, daß ich gar nicht merkte, wo die Zeit geblieben ist.«
"It was suicide, Alan."
»Es war ein Selbstmord, Alan.«
"I shall be charmed. But won't you miss your train?" said Dorian Gray languidly as he passed up the steps and opened the door with his latch-key.
»Es wird mir eine große Freude sein. Aber versäumst du auch deinen Zug nicht?« sagte Dorian Gray mit müder Stimme, als er die Treppe hinaufstieg und die Tür mit seinem Drücker öffnete.
"Threads snap. You would lose your way in the labyrinth."
»Fäden zerreißen. Du wurdest deinen Weg im Labyrinth verlieren.«
"For you I would throw over anybody, Duchess," said Lord Henry with a bow.
»Für Sie würde ich jede andere Verabredung im Stich lassen, Frau Herzogin«, sagte Lord Henry, sich verbeugend.
"Pleasanter for you, I am afraid," murmured Hallward regretfully. "And now good-bye. I am sorry you won't let me look at the picture once again. But that can't be helped. I quite understand what you feel about it."
»Für dich hübscher, fürchte ich«, sagte Hallward bekümmert vor sich hin. »Und jetzt adieu. Es tut mir leid, daß du mich nicht noch einmal das Bild sehen lassen wolltest. Aber dabei ist nichts zu tun. Ich verstehe sehr gut, was du dabei fühlst.«
"You cannot change to me, Dorian," said Lord Henry. "You and I will always be friends."
»Für mich kannst du kein anderer werden, Dorian«, sagte Lord Henry. »Du und ich, wir werden immer Freunde sein.«
"Royalties may not abdicate," fell as a warning from pretty lips.
»Fürstlichkeiten können nicht abdanken«, warnten ihn schöne Lippen.
"Much the same."
»Ganz derselbe.«
"Quite finished," said the painter. "And you have sat splendidly to-day. I am awfully obliged to you."
»Ganz fertig«, antwortete der Maler. »Und du hast heute glänzend Modell gestanden. Ich bin dir sehr, sehr dankbar.«
"Nothing is ever quite true," said Lord Henry.
»Ganz richtig ist niemals etwas«, sagte Lord Henry.
"Quite sure."
»Ganz sicher.«
"Just like, I should fancy, and very depressing. I began to wonder what on earth I should do when I caught sight of the play-bill. What do you think the play was, Harry?"
»Ganz so, vermute ich, und sehr niederdrückend. Ich begann, zu überlegen, was um Himmels willen ich da anfangen sollte, als mein Blick auf den Theaterzettel fiel. Was glaubst du, was sie spielten, Harry?«
"Don't mind him, my dear," whispered Lady Agatha. "He never means anything that he says."
»Geben Sie nicht acht auf ihn, meine Liebe,« wisperte ihr Lady Agatha zu, »er meint nie im Ernst, was er sagt.«
"Don't you like it?" cried Hallward at last, stung a little by the lad's silence, not understanding what it meant.
»Gefällt es dir nicht?« rief endlich Hallward, ein wenig gereizt durch das Schweigen des Jünglings, dessen Grund er nicht begriff.
"Appreciate it? I am in love with it, Basil. It is part of myself. I feel that."
»Gefällt? Ich bin verliebt in dies Bild, Basil. Es ist ja ein Teil von mir selbst. Ich fühle es.«
"Don't go to the theatre to-night, Dorian," said Hallward. "Stop and dine with me."
»Geh heute abend nicht ins Theater, Dorian«, bat Hallward. »Bleibe hier und speise mit mir.«
"Go away, Harry," cried the lad. "I want to be alone. Basil, you must go. Ah! can't you see that my heart is breaking?" The hot tears came to his eyes. His lips trembled, and rushing to the back of the box, he leaned up against the wall, hiding his face in his hands.
»Geh, Harry!« rief der Jüngling. »Ich will allein sein. Basil, geh! Ach, könnt ihr nicht sehen, daß mir das Herz bricht?« Heiße Tränen traten ihm in die Augen. Seine Lippen bebten, er drückte sich in die dunkelste Ecke der Loge, lehnte sich an die Wand und verbarg sein Gesicht in den Händen.
"Are you better, my dear fellow?" he asked. "You seemed rather out of sorts at dinner."
»Geht dir's jetzt besser, lieber Junge?« fragte er. »Du schienst bei Tisch gar nicht recht wohl zu sein.«
"Money, I suppose," said Lord Fermor, making a wry face. "Well, sit down and tell me all about it. Young people, nowadays, imagine that money is everything."
»Geld vermutlich«, sagte Lord Fermor und machte ein saures Gesicht. »Na gut, so setz' dich und sag' mir alles. Ihr jungen Leute von heutzutage bildet euch ein, das Geld wäre alles.«
"Pleasure is the only thing worth having a theory about," he answered in his slow melodious voice. "But I am afraid I cannot claim my theory as my own. It belongs to Nature, not to me. Pleasure is Nature's test, her sign of approval. When we are happy, we are always good, but when we are good, we are not always happy."
»Genuß ist das einzige auf der Welt, das eine Theorie verdient«, antwortete er mit seiner sanften, musikalischen Stimme. »Aber ich fürchte, es ist nicht meine eigene Theorie. Sie gehört der Natur, nicht mir. Genuß ist das Siegel der Natur, das Zeichen ihrer Zustimmung. Wenn wir glücklich sind, dann sind wir immer gut, aber wenn wir gut sind, sind wir nicht immer glücklich.«
"Certainly, Harry. Just touch the bell, and when Parker comes I will tell him what you want. I have got to work up this background, so I will join you later on. Don't keep Dorian too long. I have never been in better form for painting than I am to-day. This is going to be my masterpiece. It is my masterpiece as it stands."
»Gern, Harry. Klingele nur selbst, und wenn Parker kommt, will ich ihm sagen, was Ihr haben wollt. Ich muß erst den Hintergrund hier noch fertig machen und komme dann später nach. Halte mir Dorian aber nicht zu lange fest. Ich war nie in besserer Malstimmung als heute. Dies Porträt wird mein Meisterwerk. Wie es da steht, ist es schon mein Meisterwerk.«
"Society!" muttered the lad. "I don't want to know anything about that. I should like to make some money to take you and Sibyl off the stage. I hate it."
»Gesellschaft«, brummelte der junge Mann. »Will davon nichts wissen. Möchte nur soviel Geld verdienen, um dich und Sibyl vom Theater wegzukriegen. Ich hasse es.«
"You had better confess your sin, for as sure as I am James Vane, you are going to die." There was a horrible moment. Dorian did not know what to say or do. "Down on your knees!" growled the man. "I give you one minute to make your peace--no more. I go on board to-night for India, and I must do my job first. One minute. That's all."
»Gesteh' lieber deine Sünden ein, denn so wahr ich James Vane heiße, so gewiß sollst du jetzt sterben.« Es war ein entsetzlicher Augenblick. Dorian wußte nicht, was er sagen oder tun sollte. »Auf die Knie!« brüllte der Mann. »Ich geb' dir eine Minute, deinen Frieden zu machen -- nicht mehr! Ich muß heute nacht an Bord nach Indien, und muß vorher meine Arbeit getan haben. Eine Minute. Mehr nicht!«
"Kiss me, Mother," said the girl. Her flowerlike lips touched the withered cheek and warmed its frost.
»Gib mir einen Kuß, Mutter«, sagte das Mädchen. Ihre blütengleichen Lippen berührten die welken Wangen und wärmten ihre Frostigkeit.
"Describe us as a sex," was her challenge.
»Gib uns eine Definition unseres Geschlechtes«, forderte sie ihn heraus.
"You think so?" He laughed again.
»Glaubst du?« Er lachte wieder.
"I have never searched for happiness. Who wants happiness? I have searched for pleasure."
»Glück habe ich nie gesucht. Wer braucht Glück? Ich habe Vergnügen gesucht.«
"Good heavens! I have hit a beater!" exclaimed Sir Geoffrey. "What an ass the man was to get in front of the guns! Stop shooting there!" he called out at the top of his voice. "A man is hurt."
»Gott im Himmel, ich habe einen Treiber getroffen!« rief Sir Geoffrey aus. »Was für 'n Esel der Mann ist, einem direkt vors Gewehr zu laufen! Hört auf mit Schießen!« rief er mit seiner lautesten Stimme. »Ein Mann ist getroffen worden!«
"Great things have been thrust on us, Gladys."
»Große Dinge sind uns auferlegt worden, Gladys.«
"Good God, Dorian, what a lesson! What an awful lesson!" There was no answer, but he could hear the young man sobbing at the window. "Pray, Dorian, pray," he murmured. "What is it that one was taught to say in one's boyhood? 'Lead us not into temptation. Forgive us our sins. Wash away our iniquities.' Let us say that together. The prayer of your pride has been answered. The prayer of your repentance will be answered also. I worshipped you too much. I am punished for it. You worshipped yourself too much. We are both punished."
»Großer Gott, Dorian, was für eine Lehre! Was für eine furchtbare Lehre!« Es kam keine Antwort, aber er konnte den jungen Mann am Fenster schluchzen hören. »Bete, Dorian, bete«, sagte er leise. »Was war es doch, was man uns in der Kindheit hersagen gelehrt hat? >Führe uns nicht in Versuchung! Vergib uns unsere Sünden! Nimm unsere Missetat von uns!< Wir wollen das zusammen aufsagen. Das Gebet deines Stolzes ist erhört werden. Das Gebet deiner Reue wird auch erhört werden. Ich habe dich zu sehr geliebt. Ich bin dafür bestraft worden. Du hast dich selbst zu sehr geliebt. Wir haben beide unsere Strafe.«
"To be good is to be in harmony with one's self," he replied, touching the thin stem of his glass with his pale, fine-pointed fingers. "Discord is to be forced to be in harmony with others. One's own life--that is the important thing. As for the lives of one's neighbours, if one wishes to be a prig or a Puritan, one can flaunt one's moral views about them, but they are not one's concern. Besides, individualism has really the higher aim. Modern morality consists in accepting the standard of one's age. I consider that for any man of culture to accept the standard of his age is a form of the grossest immorality."
»Gut sein, heißt mit sich selbst im Einklang sein«, antwortete er, den dünnen Stengel seines Glases mit blassen, feingespitzten Fingern umfassend. »Mißklang heißt es, mit anderen übereinstimmen müssen. Das eigene Leben -- das ist es, worauf es ankommt. Was das Leben unserer Nachbarn betrifft, nun, wenn man durchaus ein Affe oder ein Puritaner sein will, dann mag man ihnen ja seine moralischen Ansichten ins Gesicht schleudern, aber sie gehen einen schließlich gar nichts an. Abgesehen davon, hat der Individualismus in der Tat die höheren Ziele. Die moderne Sittlichkeit besteht darin, daß man den Maßstab seiner Zeit anerkennt. Ich habe die Meinung, daß jeder kultivierte Mensch, der den Maßstab seiner Zeit anerkennt, damit eines der gröbsten Sittlichkeitsverbrechen begeht.«
"Well, Dorian," he said at length, with a sad smile, "I won't speak to you again about this horrible thing, after to-day. I only trust your name won't be mentioned in connection with it. The inquest is to take place this afternoon. Have they summoned you?"
»Gut, Dorian,« sagte er endlich mit einem wehmütigen Lächeln, »ich will von heut an nie wieder über diese furchtbare Sache sprechen. Ich hoffe nur, dein Name wird nicht in Verbindung damit genannt. Die Leichenschau soll heute nachmittag stattfinden. Bist du vorgeladen?«
"Well, ask Mr. Gray. He is one of her most intimate friends."
»Gut, dann fragen Sie Herrn Gray, er ist einer ihrer intimsten Freunde.«
"Well, I will tell you what it is. I want you to explain to me why you won't exhibit Dorian Gray's picture. I want the real reason."
»Gut, dann will ich's dir nochmals sagen. Du sollst mir erklären, warum du Dorian Grays Porträt nicht ausstellen willst. Ich bestehe darauf, den wirklichen Grund zu wissen.«
"Very well. I shall be here at eleven," said Dorian. "Good night, Harry." As he reached the door, he hesitated for a moment, as if he had something more to say. Then he sighed and went out.
»Gut. Ich werde also um elf hier sein«, sagte Dorian. »Gute Nacht, Harry!« Als er an der Tür war, zögerte er einen Augenblick, als hätte er noch etwas zu sagen. Dann seufzte er und ging.
"Have you had good sport, Geoffrey?" he asked.
»Gute Jagd gehabt, Geoffrey?« fragte er.
"Good night," answered the young man, passing up the steps and wiping his parched mouth with a handkerchief.
»Gute Nacht!« antwortete der junge Mann, schritt die Stufen hinauf und wischte sich den trockenen Mund mit dem Taschentuch ab.
"Good resolutions are useless attempts to interfere with scientific laws. Their origin is pure vanity. Their result is absolutely nil. They give us, now and then, some of those luxurious sterile emotions that have a certain charm for the weak. That is all that can be said for them. They are simply cheques that men draw on a bank where they have no account."
»Gute Vorsätze sind nutzlose Versuche, Naturgesetze umzustoßen. Ihr Ursprung ist reine Eitelkeit. Ihr Erfolg ist absolut gleich Null. Sie geben uns dann und wann etwas jener unfruchtbaren Lustempfindungen, die auf schwache Menschen einen gewissen Reiz ausüben. Das ist alles, was man zu ihren Gunsten vorbringen kann. Sie sind bloße Schecks, die man auf eine Bank ausstellt, bei der man kein Konto hat.«
"Half-past six! What an hour! It will be like having a meat-tea, or reading an English novel. It must be seven. No gentleman dines before seven. Shall you see Basil between this and then? Or shall I write to him?"
»Halbsieben Uhr! Was für eine Tageszeit! Das wäre ja gerade so, wie ein Abendbrot am Nachmittag essen oder einen englischen Roman lesen. Vor sieben Uhr geht's nicht. Kein Gentleman speist vor sieben. Siehst du Basil bis dahin? Oder soll ich ihm schreiben?«
"Stop," he cried. "How long ago is it since your sister died? Quick, tell me!"
»Halt!« schrie er. »Wie lang ist es her, daß Ihre Schwester gestorben ist? Rasch, sagen Sie!«
"Stop, Gray. I don't want to know anything further. Whether what you have told me is true or not true doesn't concern me. I entirely decline to be mixed up in your life. Keep your horrible secrets to yourself. They don't interest me any more."
»Halt, Gray! Ich will nichts mehr wissen. Ob das, was du mir gesagt hast, wahr ist oder nicht, geht mich nichts an. Ich lehne es entschieden ab, in dein Leben verwickelt zu werden. Behalte deine fürchterlichen Geheimnisse für dich! Sie interessieren mich nicht mehr.«
"Harden, sir." "Yes--Harden. You must go down to Richmond at once, see Harden personally, and tell him to send twice as many orchids as I ordered, and to have as few white ones as possible. In fact, I don't want any white ones. It is a lovely day, Francis, and Richmond is a very pretty place-- otherwise I wouldn't bother you about it."
»Harden, gnädiger Herr.« »Richtig -- Harden. Sie müssen gleich nach Richmond fahren, Harden selbst sprechen und ihm sagen, er solle doppelt soviel Orchideen schicken, als ich bestellt habe, und möglichst wenig weiße dabei. Eigentlich will ich überhaupt keine weißen. Es ist ein schöner Tag, Francis, und Richmond ein hübscher Ort, sonst würde ich Sie damit nicht behelligen.«
"Harry is never wrong, Duchess."
»Harry hat nie unrecht, Frau Herzogin.«
"Harry!" exclaimed Hallward, frowning.
»Harry!« rief Basil mit gerunzelter Stirne.
"Harry, Harry, it is terrible!" cried the lad.
»Harry, Harry, es ist furchtbar!« schrie der Jüngling.
"Harry, you are horrible! You mustn't say these dreadful things. Hetty's heart is not broken. Of course, she cried and all that. But there is no disgrace upon her. She can live, like Perdita, in her garden of mint and marigold."
»Harry, du bist schrecklich! Du darfst so häßliche Dinge nicht sagen. Hettys Herz ist nicht gebrochen. Natürlich weinte sie und dergleichen. Aber keine Schande ist auf sie gekommen. Sie kann weiterleben wie Perdita in ihrem Garten bei Pfefferminze und Ringelblumen.«
"Harry, you are dreadful! I don't know why I like you so much."
»Harry, du bist schrecklich! Ich weiß gar nicht, warum ich dich so gern habe.«
"Harry, don't talk like that. As long as I live, the personality of Dorian Gray will dominate me. You can't feel what I feel. You change too often."
»Harry, ich bitte, sprich nicht so. Solang' ich lebe, wird mich die Persönlichkeit Dorian Grays beherrschen. Du kannst meine Empfindung nicht nachfühlen. Du wandelst dich zu oft.«
"Harry, I can't quarrel with my two best friends at once, but between you both you have made me hate the finest piece of work I have ever done, and I will destroy it. What is it but canvas and colour? I will not let it come across our three lives and mar them."
»Harry, ich kann nicht auf einmal mit meinen beiden besten Freunden Streit anfangen, aber ihr beide habt schuld, daß ich das beste Stück, das mir je gelungen ist, hassen muß, und ich werde es vernichten. Ist es schließlich mehr als Leinwand und Farbe? Ich will es nicht eingreifen lassen in drei Leben und sie zerstören.«
"Harry, how can you?"
»Harry, wie kannst du?«
"Harry," said Basil Hallward, looking him straight in the face, "every portrait that is painted with feeling is a portrait of the artist, not of the sitter. The sitter is merely the accident, the occasion. It is not he who is revealed by the painter; it is rather the painter who, on the coloured canvas, reveals himself. The reason I will not exhibit this picture is that I am afraid that I have shown in it the secret of my own soul."
»Harry,« sagte Basil Hallward und sah dem anderen gerade ins Gesicht, »jedes Porträt, das mit Gefühl gemalt ist, ist ein Porträt des Künstlers, nicht des Modells. Das Modell ist nur der Anlaß, die Gelegenheit. Nicht dies wird vom Maler enthüllt; nein, der Maler offenbart auf der farbigen Leinwand eher sich selbst. Ich will also dies Bild darum nicht ausstellen, weil ich fürchte, ich habe das Geheimnis meiner eigenen Seele darin aufgedeckt.«
"Harry," cried Dorian Gray, coming over and sitting down beside him, "why is it that I cannot feel this tragedy as much as I want to? I don't think I am heartless. Do you?"
»Harry«, rief Dorian Gray, der sich näherte und neben ihn setzte. »Warum kann ich diese Tragödie nicht so stark empfinden, wie ich müßte? Ich kann nicht glauben, daß ich herzlos bin. Glaubst du das von mir?«
"Have you seen her to-day?" asked Lord Henry.
»Hast du sie heute schon gesehen?« fragte Lord Henry.
"No trouble at all, Mr. Gray. I am delighted to be of any service to you. Which is the work of art, sir?"
»Hat gar nichts zu sagen, Herr Gray. Freue mich, wenn ich Ihnen den kleinsten Dienst leisten kann. Wo ist das Kunstwerk, gnädiger Herr?«
"Was there anything found on him?" said Dorian, leaning forward and looking at the man with startled eyes. "Anything that would tell his name?"
»Hat man irgend etwas bei ihm gefunden?« fragte Dorian, beugte sich vor und sah den Mann mit aufgerissenen Augen an. »Irgend etwas, woraus man seinen Namen erführe?«
"Never marry a woman with straw-coloured hair, Dorian," he said after a few puffs.
»Heirate nie eine Frau mit strohgelbem Haar, Dorian«, sagte er nach einigen Zügen.
"Never marry at all, Dorian. Men marry because they are tired; women, because they are curious: both are disappointed."
»Heirate überhaupt nie, Dorian! Männer heiraten, weil sie müde sind; Frauen, weil sie neugierig sind: beide werden enttäuscht.«
"Marriage is hardly a thing that one can do now and then, Harry."
»Heiraten ist kaum eine Sache, die man von Zeit zu Zeit tun kann, Harry.«
"Mr. Campbell, sir," said the man.
»Herr Campbell, gnädiger Herr«, sagte der Mann.
"Mr. Dorian Gray does not belong to Blue Books, Uncle George," said Lord Henry languidly.
»Herr Dorian Gray hat nichts mit Blaubüchern zu schaffen«, sagte Lord Henry in seinem schläfrigen Tone.
"Mr. Dorian Gray is in the studio, sir," said the butler, coming into the garden.
»Herr Dorian Gray ist im Atelier«, sagte der Diener, der in den Garten hinaustrat.
"Mr. Dorian Gray? Who is he?" asked Lord Fermor, knitting his bushy white eyebrows.
»Herr Dorian Gray? Wer ist das?« fragte Lord Fermor, seine buschigen weißen Augenbrauen zusammenkneifend.
"Mr. Hallward, sir. He stayed here till eleven, and then be went away to catch his train."
»Herr Hallward, gnädiger Herr. Er hat hier bis elf Uhr gewartet und ging dann, um seinen Zug nicht zu versäumen.«
"Mr. Isaacs has advanced us fifty pounds to pay off our debts and to get a proper outfit for James. You must not forget that, Sibyl. Fifty pounds is a very large sum. Mr. Isaacs has been most considerate."
»Herr Isaacs hat uns tausend Mark Vorschuß gegeben, damit wir unsere Schulden zahlen und für James eine anständige Ausrüstung anschaffen können. Das darfst du nicht vergessen, Sibyl. Tausend Mark sind ein sehr großer Betrag. Herr Isaacs benahm sich sehr anständig.«
"Mr. Dorian Gray's, sir," answered the policeman.
»Herrn Dorian Gray«, antwortete der Schutzmann.
"I should have objected very strongly this morning, Lord Henry."
»Heute früh hätte ich sehr viel dagegen gehabt, Lord Henry.«
"And here is the key, sir," said the old lady, going over the contents of her bunch with tremulously uncertain hands. "Here is the key. I'll have it off the bunch in a moment. But you don't think of living up there, sir, and you so comfortable here?"
»Hier ist schon der Schlüssel, gnädiger Herr«, sagte die alte Dame, die ihren Schlüsselbund mit zitternden, unsicheren Händen durchmustert hatte. »Hier ist der Schlüssel, ich werde ihn gleich vom Bund haben. Aber Sie denken doch nicht daran, dort hinaufzuziehen, gnädiger Herr, wo Sie es hier so gemütlich haben?«
"Here," answered Sir Geoffrey angrily, hurrying towards the thicket. "Why on earth don't you keep your men back? Spoiled my shooting for the day."
»Hier!« antwortete Sir Geoffrey ärgerlich und rannte auf das Dickicht zu. »Warum, zum Kuckuck, halten Sie Ihre Leute nicht weiter zurück? Für heute hab' ich die ganze Jagd im Magen.«
"Humph! tell your Aunt Agatha, Harry, not to bother me any more with her charity appeals. I am sick of them. Why, the good woman thinks that I have nothing to do but to write cheques for her silly fads."
»Hm! sag' der Tante Agatha, Harry, sie soll mich mit ihrem Wohltätigkeitskrempel ungeschoren lassen. Ich habe sie bis hierher! Weiß Gott, das gute Frauenzimmer meint, ich hätte nichts zu tun als Schecks für ihre langweiligen Vereinsmeiereien auszuschreiben.«
"Do you think my nature so shallow?" cried Dorian Gray angrily.
»Hältst du meine Natur für so oberflächlich?« rief Dorian Gray gekränkt.
"Ugliness is one of the seven deadly virtues, Gladys. You, as a good Tory, must not underrate them. Beer, the Bible, and the seven deadly virtues have made our England what she is."
»Häßlichkeit ist eine von den sieben tödlichen Tugenden, Gladys. Du als gute Tory darfst sie nicht unterschätzen. Das Bier, die Bibel und die sieben tödlichen Tugenden haben aus England gemacht, was es heute ist.«
"I dare say, my dear," said Lord Henry, shutting the door behind her as, looking like a bird of paradise that had been out all night in the rain, she flitted out of the room, leaving a faint odour of frangipanni. Then he lit a cigarette and flung himself down on the sofa.
»Höchstwahrscheinlich, meine Liebe«, sagte Lord Henry und schloß die Tür hinter ihr, als sie gleich einem Paradiesvogel, der die ganze Nacht dem Regen ausgesetzt gewesen war, aus dem Zimmer hinausflatterte, einen feinen Jasmingeruch hinterlassend. Harry zündete sich eine Zigarette an und warf sich auf das Sofa.
"Stop, Basil. You are talking about things of which you know nothing," said Dorian Gray, biting his lip, and with a note of infinite contempt in his voice. "You ask me why Berwick leaves a room when I enter it. It is because I know everything about his life, not because he knows anything about mine. With such blood as he has in his veins, how could his record be clean? You ask me about Henry Ashton and young Perth. Did I teach the one his vices, and the other his debauchery? If Kent's silly son takes his wife from the streets, what is that to me? If Adrian Singleton writes his friend's name across a bill, am I his keeper?
»Hör auf, Basil, du sprichst von Dingen, von denen du nichts weißt«, sagte Dorian Gray, der sich auf die Lippen biß und in seine Stimme einen Ton unsäglicher Verachtung legte. »Du fragst mich, warum Berwick aus dem Zimmer geht, wenn ich eintrete. Er tut das, weil ich sein Leben durch und durch kenne, nicht weil er etwas von mir wüßte. Wie könnte er bei dem Blut, das in seinen Adern rollt, nicht viel auf dem Kerbholz haben? Du fragst mich nach Henry Ashton und dem jungen Perth. Habe ich dem einen seine Laster, dem anderen seine Ausschweifungen beigebracht? Wenn sich Kents schwachköpfiger Sohn sein Weib von der Straße holt, was gehts mich an? Wenn Adrian Singleton den Namen seines Freundes auf einen Wechsel schreibt, bin ich sein Hüter?
"Stop, Basil! I won't hear it!" cried Dorian, leaping to his feet. "You must not tell me about things. What is done is done. What is past is past."
»Hör' auf, Basil, ich will davon nichts hören!« rief Dorian und sprang auf. »Du darfst mir über diese Dinge nichts sagen. Was geschehen ist, ist geschehen, was vergangen ist, ist vergangen.«
"Stop, Jim!" she exclaimed. "You must not say anything against him. I love him."
»Hör' auf, Jim«, rief sie aus. »Du darfst nichts gegen ihn sagen. Ich liebe ihn.«
"Don't pay any attention to him, Dorian," said the painter. "I understand what you mean, and I believe in this girl. Any one you love must be marvellous, and any girl who has the effect you describe must be fine and noble. To spiritualize one's age--that is something worth doing. If this girl can give a soul to those who have lived without one, if she can create the sense of beauty in people whose lives have been sordid and ugly, if she can strip them of their selfishness and lend them tears for sorrows that are not their own, she is worthy of all your adoration, worthy of the adoration of the world. This marriage is quite right. I did not think so at first, but I admit it now. The gods made Sibyl Vane for you. Without her you would have been incomplete."
»Höre nicht auf ihn, Dorian!« sagte der Maler. »Ich begreife, was du meinst, und ich glaube an dies Mädchen. Der Mensch, den du liebst, muß wunderbar sein, und jedes Mädchen, das die von dir geschilderte Wirkung erzielt, muß fein und edel sein. Seine Mitmenschen veredeln -- das verlohnt der Mühe. Wenn dies Mädchen die beseelen kann, die seelenlos gelebt haben, wenn sie in Menschen, deren Dasein schmutzig und häßlich war, einen Sinn für Schönheit wecken kann, wenn sie sie aus ihrem Eigennutze losreißen und ihnen Tränen um Sorgen entlocken kann, die nicht ihre eigenen sind, dann ist sie deiner Verehrung wert, dann ist sie der Verehrung der ganzen Welt wert. Solche Heirat ist ganz das Rechte. Ich dachte zuerst nicht so, aber jetzt gebe ich es zu. Die Götter haben Sibyl Vane für dich geschaffen. Ohne sie wärst du nur unvollständig gewesen.«
"Stop!" faltered Dorian Gray, "stop! you bewilder me. I don't know what to say. There is some answer to you, but I cannot find it. Don't speak. Let me think. Or, rather, let me try not to think."
»Hören Sie auf,« stammelte Dorian Gray, »hören Sie auf, Sie machen mich ganz wirr. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es gibt eine Antwort darauf, aber ich kann sie nicht finden. Sagen Sie nichts mehr! Lassen Sie mich nachdenken. Oder vielmehr, lassen Sie mich versuchen, dem nicht nachzudenken.«
"I entreat you, Alan."
»Ich beschwöre dich, Alan!«
"I entreat you."
»Ich beschwöre dich.«
"I adore simple pleasures," said Lord Henry. "They are the last refuge of the complex. But I don't like scenes, except on the stage. What absurd fellows you are, both of you! I wonder who it was defined man as a rational animal. It was the most premature definition ever given. Man is many things, but he is not rational. I am glad he is not, after all-- though I wish you chaps would not squabble over the picture. You had much better let me have it, Basil. This silly boy doesn't really want it, and I really do."
»Ich bete einfache Genüsse an«, sagte Lord Henry. »Sie sind die letzte Zuflucht komplizierter Naturen. Aber für Szenen schwärme ich nicht, außer auf der Bühne. Was für tolle Burschen seid ihr doch, ihr beide! Wer war es doch gleich, der den Menschen als ein vernünftiges Tier definiert hat? Das war eine der voreiligsten Definitionen, die je aufgestellt wurden. Der Mensch hat eine ganze Menge Eigenschaften, aber gewiß keine Vernunft. Alles in allem übrigens: Gott sei Dank, obwohl mir's eigentlich lieber wäre, ihr beiden Wirbelköpfe zanktet euch nicht um das Bild. Du solltest es lieber mir gegeben haben, Basil. Dieses törichte Knäblein braucht es eigentlich gar nicht, und ich brauche es sehr.«
"I never approve, or disapprove, of anything now. It is an absurd attitude to take towards life. We are not sent into the world to air our moral prejudices. I never take any notice of what common people say, and I never interfere with what charming people do. If a personality fascinates me, whatever mode of expression that personality selects is absolutely delightful to me. Dorian Gray falls in love with a beautiful girl who acts Juliet, and proposes to marry her. Why not? If he wedded Messalina, he would be none the less interesting. You know I am not a champion of marriage. The real drawback to marriage is that it makes one unselfish. And unselfish people are colourless. They lack individuality.
»Ich billige oder mißbillige nie wieder etwas. Sowas bringt einen in eine ganz verrückte Stellungnahme zum Leben. Wir sind nicht in die Welt geschickt worden, um unsere moralischen Vorurteile glänzen zu lassen. Ich nehme nie Notiz von dem, was gewöhnliche Leute sagen, und ich mische mich nie in Dinge, die reizende Leute vorhaben. Wenn mich eine Persönlichkeit fesselt, dann ist jede Ausdrucksform, die sich diese Persönlichkeit aussucht, für mich erfreulich. Dorian Gray verliebt sich in ein schönes Mädchen, das die Julia spielt, und will sie heiraten. Warum nicht? Wenn er Messalina heiraten wollte, würde er nicht weniger interessant sein. Du weißt, ich bin kein Eheapostel. Der eigentliche Nachteil der Ehe ist, daß man selbstlos wird. Und selbstlose Menschen sind farblos. Sie werden unpersönlich.
"I am on the side of the Trojans. They fought for a woman."
»Ich bin auf seiten der Trojaner. Sie kämpften für ein Weib.«
"Well, I am punished for that, Dorian--or shall be some day."
»Ich bin bestraft worden dafür, Dorian -- oder werde es eines Tages sein.«
"I am tired of strawberry leaves."
»Ich bin der Erdbeerblätter in unserer Krone müde.«
"I am jealous of everything whose beauty does not die. I am jealous of the portrait you have painted of me. Why should it keep what I must lose? Every moment that passes takes something from me and gives something to it. Oh, if it were only the other way! If the picture could change, and I could be always what I am now! Why did you paint it? It will mock me some day--mock me horribly!" The hot tears welled into his eyes; he tore his hand away and, flinging himself on the divan, he buried his face in the cushions, as though he was praying.
»Ich bin eifersüchtig auf jedes Ding, dessen Schönheit nicht stirbt. Ich bin eifersüchtig auf das Bild, das du von mir gemalt hast. Warum darf es behalten, was ich verlieren muß? Jeder Augenblick, der verfliegt, raubt mir etwas und schenkt ihm etwas. Oh, wenn es doch umgekehrt wäre! Wenn sich das Bild verändern und ich immer bleiben könnte, wie ich jetzt bin! Warum hast du es gemalt? Es wird mich dereinst verhöhnen -- furchtbar verhöhnen!« Die heißen Tränen traten ihm in die Augen, er zog seine Hand weg, warf sich auf den Diwan und vergrub sein Gesicht in den Kissen, als betete er.
"I am sixteen," he answered, "and I know what I am about. Mother is no help to you. She doesn't understand how to look after you. I wish now that I was not going to Australia at all. I have a great mind to chuck the whole thing up. I would, if my articles hadn't been signed."
»Ich bin erst sechzehn,« antwortete er, »aber ich weiß, was ich zu tun habe. Mutter kann dir nicht helfen. Sie versteht es nicht, dich zu beschützen. Ich wünschte jetzt, ich ginge überhaupt nicht nach Australien. Ich hab' nicht übel Lust, die ganze Sache zu lassen. Ich tät's, wenn mein Vertrag nicht schon unterschrieben wäre.«
"I don't feel up to it," said Dorian listlessly. "But I am awfully obliged to you for all that you have said to me. You are certainly my best friend. No one has ever understood me as you have."
»Ich bin nicht aufgelegt dazu,« sagte Dorian zerstreut, »aber ich bin dir sehr dankbar für alles, was du zu mir gesagt hast. Du bist wirklich mein bester Freund. Niemand hat mich je richtiger verstanden als du.«
"I am not the same, Harry."
»Ich bin nicht derselbe, Harry.«
"I am not even singed. My wings are untouched."
»Ich bin noch nicht einmal versengt. Meine Flügel sind unberührt.«
"I am very glad you didn't, Harry."
»Ich bin sehr froh, daß du es nicht gewußt hast, Harry.«
"I am so glad I have found you, Dorian," he said gravely. "I called last night, and they told me you were at the opera. Of course, I knew that was impossible. But I wish you had left word where you had really gone to. I passed a dreadful evening, half afraid that one tragedy might be followed by another. I think you might have telegraphed for me when you heard of it first. I read of it quite by chance in a late edition of The Globe that I picked up at the club. I came here at once and was miserable at not finding you. I can't tell you how heart-broken I am about the whole thing. I know what you must suffer. But where were you? Did you go down and see the girl's mother? For a moment I thought of following you there. They gave the address in the paper. Somewhere in the Euston Road, isn't it? But I was afraid of intruding upon a sorrow that I could not lighten. Poor woman! What a state she must be in! And her only child, too! What did she say about it all?"
»Ich bin so froh, daß ich dich treffe, Dorian«, sagte er ernsten Tons. »Ich war gestern abend hier, und man sagte mir, daß du in der Oper seist. Ich wußte natürlich, daß es ja unmöglich ist. Aber es wäre mir lieber gewesen, du hättest ein Wörtchen hinterlassen, wo du wirklich warst. Ich habe eine schreckliche Nacht verbracht, und fürchtete halb, daß eine Tragödie der anderen folgen würde. Ich meine, du hättest mir wohl depeschieren können, so wie du die Nachricht erhieltst. Ich hab' es durch Zufall im letzten Abendblatt des Globe gelesen, das mir im Klub in die Hände geriet. Ich eilte sofort hierher und war unglücklich, dich nicht zu Hause anzutreffen. Ich kann dir gar nicht sagen, wie tief mir die ganze Sache ins Herz schneidet. Ich weiß, was du leiden mußt. Aber wo warst du denn? Bist du hingegangen, um die Mutter des Mädchens zu sehen? Einen Moment dachte ich daran, dir dorthin zu folgen. In der Zeitung stand die Adresse. Irgendwo in Euston Road, nicht wahr? Aber ich hatte Angst, zudringlich zu sein in einem Schmerze, wo ich doch nicht abhelfen konnte. Die arme Frau! In was für einem Zustand muß sie sein! Und dazu ihr einziges Kind! Was hat sie zu all dem gesagt?«
"I am all expectation, Basil," continued his companion, glancing at him.
»Ich bin äußerst gespannt, Basil«, fuhr sein Gefährte mit einem Blick nach ihm fort.
"I stayed when you asked me," was Lord Henry's answer.
»Ich blieb, als du mich darum batest«, war Lord Henrys Erwiderung.
"I don't want anything," murmured the young man.
»Ich brauche nichts«, murmelte der junge Mann.
"I thought you had left England."
»Ich dachte, du wärst aus England fort?«
"Thank you, sir," said the man, leaving the room.
»Ich danke, gnädiger Herr«, sagte der Mann und verließ das Zimmer.
"I don't think I shall send it anywhere," he answered, tossing his head back in that odd way that used to make his friends laugh at him at Oxford.
»Ich denke überhaupt nicht daran, es auszustellen«, antwortete der Maler und warf den Kopf in jener merkwürdigen Art zurück, über die schon oft seine Freunde in Oxford gelacht hatten.
"I don't feel that, Lord Henry."
»Ich empfinde das nicht, Lord Henry.«
"I am told, on excellent authority, that her father keeps an American dry-goods store," said Sir Thomas Burdon, looking supercilious.
»Ich erfahre aus einer ganz vorzüglichen Quelle, daß ihr Vater ein Kurzwarengeschäft in Amerika hat«, sagte Sir Thomas Burdon mit einem überlegenen Blicke.
"I remember it! Oh, how well I remember it! No! the thing is impossible. The room is damp. Mildew has got into the canvas. The paints I used had some wretched mineral poison in them. I tell you the thing is impossible."
»Ich erinnere mich! Oh, wie gut erinnere ich mich! Nein! so etwas ist unmöglich. Das Zimmer ist feucht. Die Leinwand ist stockig geworden. In den Farben, die ich verwandte, war irgendein mineralisches Gift enthalten. Ich sage dir, so etwas ist unmöglich.«
"I will tell you some other time. Now I want to know about the girl."
»Ich erkläre dir das ein andermal. Jetzt möchte ich gern von dem Mädchen hören.«
"I shudder at the thought of being free."
»Ich erschrecke bei dem Gedanken, frei zu sein!«
"I hate them for it," cried Hallward. "An artist should create beautiful things, but should put nothing of his own life into them. We live in an age when men treat art as if it were meant to be a form of autobiography. We have lost the abstract sense of beauty. Some day I will show the world what it is; and for that reason the world shall never see my portrait of Dorian Gray."
»Ich finde sie darum eben abscheulich!« rief Hallward aus. »Ein Künstler soll Schönes schaffen, aber er soll nichts von seinem eigenen Leben hineintragen. Wir leben in einer Zeit, wo die Menschen aus der Kunst eine Art Autobiographie zu machen wünschen. Wir haben eben den klaren Begriff für Schönheit verloren. Eines Tages will ich der Welt zeigen, was sie ist, und deshalb soll die Welt mein Bild Dorian Grays niemals sehen.«
"I should like that awfully."
»Ich freue mich riesig darauf.«
"I am glad you appreciate my work at last, Dorian," said the painter coldly when he had recovered from his surprise. "I never thought you would."
»Ich freue mich, daß dir meine Arbeit endlich doch gefällt, Dorian«, sagte der Maler kühl, als er sich von seinem Erstaunen erholt hatte. »Ich hätte es gar nicht geglaubt.«
"I fear so," she said, laughing, as she stood up. "A thousand pardons, my dear Lady Ruxton," she added, "I didn't see you hadn't finished your cigarette."
»Ich fürchte fast«, sagte sie lachend, indem sie sich erhob. »Ach, verzeihen Sie tausendmal, Lady Ruxton,« fuhr sie fort, »ich habe nicht bemerkt, daß Sie mit Ihrer Zigarette noch nicht fertig waren.«
"I fear you are right," answered Mr. Erskine. "I myself used to have literary ambitions, but I gave them up long ago. And now, my dear young friend, if you will allow me to call you so, may I ask if you really meant all that you said to us at lunch?"
»Ich fürchte, Sie haben recht«, antwortete Herr Erskine. »Ich selbst habe einstmals literarischen Ehrgeiz gehabt, aber ich habe ihn längst abgelegt. Und nun, mein lieber junger Freund, wenn Sie mir erlauben wollen, Sie so zu nennen, darf ich Sie fragen, ob Sie wirklich alles im Ernst meinten, was Sie uns bei Tisch gesagt haben?«
"I am afraid that women appreciate cruelty, downright cruelty, more than anything else. They have wonderfully primitive instincts. We have emancipated them, but they remain slaves looking for their masters, all the same. They love being dominated. I am sure you were splendid. I have never seen you really and absolutely angry, but I can fancy how delightful you looked. And, after all, you said something to me the day before yesterday that seemed to me at the time to be merely fanciful, but that I see now was absolutely true, and it holds the key to everything."
»Ich fürchte, die Frauen schätzen die Grausamkeit, die ganz alltägliche Grausamkeit mehr als irgend etwas anderes. Sie haben wundervoll primitive Instinkte. Wir haben sie emanzipiert, aber sie bleiben Sklavinnen, die den Blick auf ihre Herren gerichtet halten, trotz allem. Sie lieben es, beherrscht zu werden. Ich bin überzeugt, daß du glänzend aufgetreten bist. Ich habe dich nie wirklich und durchaus erzürnt gesehen, aber ich kann mir vorstellen, wie entzückend du ausgesehen haben mußt. Und außerdem sagtest du vorgestern etwas zu mir, was mir damals nur ein phantastischer Einfall schien, aber jetzt sehe ich, daß es völlig wahr gewesen ist, und ich halte es für den Schlüssel zu dem ganzen Ereignis.«
"I am going on to the other place," he said after a pause.
»Ich gehe in das andere Lokal«, sagte er nach einer Pause.
"I am going," he said at last in his calm clear voice. "I don't wish to be unkind, but I can't see you again. You have disappointed me."
»Ich gehe«, sagte er schließlich mit seiner klaren, ruhigen Stimme. »Ich möchte nicht hart sein, aber ich kann dich nicht mehr sehen. Du hast mich enttäuscht.«
"I should like to come to the theatre with you, Lord Henry," said the lad.
»Ich ginge gerne mit Ihnen ins Theater, Lord Henry«, sagte der Jüngling.
"I should think it was, Harry. But according to your category I must be merely an acquaintance."
»Ich glaube auch, Harry. Aber nach deiner Einteilung zählte ich nur unter deine Bekanntschaften.«
"I don't believe that, Harry, and I don't believe you do either. However, whatever was my motive--and it may have been pride, for I used to be very proud--I certainly struggled to the door. There, of course, I stumbled against Lady Brandon. 'You are not going to run away so soon, Mr. Hallward?' she screamed out. You know her curiously shrill voice?"
»Ich glaube das nicht, Harry, und ich glaube, du wohl auch nicht. Einerlei aber, aus welchem Grunde es geschah -- es mag auch Stolz gewesen sein, denn ich war schon immer sehr stolz -- jedenfalls eilte ich der Türe zu. Natürlich prallte ich dabei mit Lady Brandon zusammen. >Sie wollen doch nicht etwa schon davonlaufen, Herr Hallward?< kreischte sie auf. Du kennst ja ihre schrille Stimme.«
"I don't believe a word of it."
»Ich glaube kein Wort davon.«
"I don't think I am likely to marry, Harry. I am too much in love. That is one of your aphorisms. I am putting it into practice, as I do everything that you say."
»Ich glaube nicht, daß ich heiraten werde, Harry. Dazu bin ich zu verliebt. Das ist einer deiner Aphorismen. Ich setze ihn in die Wirklichkeit um, wie alles, was du sagst.«
"I believe she has made up her mind to propose to him, Duchess."
»Ich glaube, Frau Herzogin, sie hat sich fest vorgenommen, um das Jawort zu bitten.«
"I think you are wrong, Basil, but I won't argue with you. It is only the intellectually lost who ever argue. Tell me, is Dorian Gray very fond of you?"
»Ich glaube, du hast unrecht, Basil, aber ich will mit dir nicht streiten. Nur die geistig Entkernten streiten sich gern. Sag' mir, hat dich Dorian Gray sehr lieb?«
"I believe he is in love," cried Lady Narborough, and that he is afraid to tell me for fear I should be jealous. He is quite right. I certainly should."
»Ich glaube, er ist verliebt,« sagte Lady Narborough, »und er hat Angst, es mir zu erzählen, aus Furcht, daß ich eifersüchtig würde. Er hat auch ganz recht. Ich würde es gewiß.«
"I was very fond of Basil," said Dorian with a note of sadness in his voice. "But don't people say that he was murdered?"
»Ich habe Basil sehr gern gehabt«, sagte Dorian mit einem traurigen Klang in seiner Stimme. »Aber behauptet denn das Publikum nicht, daß er ermordet worden ist?«
"I have known everything," said Lord Henry, with a tired look in his eyes, "but I am always ready for a new emotion. I am afraid, however, that, for me at any rate, there is no such thing. Still, your wonderful girl may thrill me. I love acting. It is so much more real than life. Let us go. Dorian, you will come with me. I am so sorry, Basil, but there is only room for two in the brougham. You must follow us in a hansom."
»Ich habe alles kennengelernt,« sagte Lord Henry mit einem müden Ausdruck in den Augen, »aber ich bin immer bereit, mir eine neue Emotion zu verschaffen. Nur fürchte ich, daß es für mich derlei kaum noch gibt. Immerhin, dein wunderbares Mädchen wird mich vielleicht erschüttern. Ich liebe die Schauspielkunst. Sie ist soviel wirklicher als das Leben. Wir wollen gehen. Dorian, du kannst bei mir einsteigen. Basil, es tut mir leid, aber in meinem Brougham ist nur Platz für zwei. Du mußt schon in einer Droschke nachfahren.«
"I told you the real reason."
»Ich habe dir den wirklichen Grund schon gesagt.«
"I have forgotten it."
»Ich habe es vergessen.«
"I saw something in it," he answered, "something that seemed to me very curious."
»Ich habe etwas darin gesehen,« antwortete er, »etwas, das mir sehr sonderbar vorkam.«
"I quite forget what I said," smiled Lord Henry. "Was it all very bad?"
»Ich habe ganz vergessen, was ich gesagt habe«, antwortete Lord Henry lächelnd. »Es war wohl sehr toll?«
"I have no desire to help you. You forget that. I am simply indifferent to the whole thing. It has nothing to do with me."
»Ich habe keine Lust, dir zu helfen. Du vergißt das. Die ganze Sache ist mir gleichgültig. Ich habe nichts damit zu tun.«
"I was wrong. It has destroyed me."
»Ich habe mich geirrt. Es hat mich zerstört.«
"I have not the slightest idea. If Basil chooses to hide himself, it is no business of mine. If he is dead, I don't want to think about him. Death is the only thing that ever terrifies me. I hate it."
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Wenn sich Basil ein Vergnügen daraus macht, Versteck zu spielen, so ist das nicht meine Sache. Wenn er tot ist, will ich nicht weiter an ihn denken. Der Tod ist das einzige, was mir Angst macht. Ich hasse ihn.«
"I didn't say I liked it, Harry. I said it fascinated me. There is a great difference."
»Ich habe nicht gesagt, daß es mir gefällt, Harry. Ich habe gesagt, es fesselte mich. Das ist ein großer Unterschied.«
"I have heard all about it, Mr. Gray," she answered. "Poor Geoffrey is terribly upset. And it seems that you asked him not to shoot the hare. How curious!"
»Ich habe schon alles gehört, Herr Gray«, antwortete sie. »Der arme Geoffrey ist ganz außer Fassung. Und man sagt, Sie hatten ihn gebeten, nicht auf den Hasen zu schießen. Wie seltsam!«
"I hate offices, and I hate clerks," he replied. "But you are quite right. I have chosen my own life. All I say is, watch over Sibyl. Don't let her come to any harm. Mother, you must watch over her."
»Ich hasse Bureaus und ich hasse Schreiber«, erwiderte er. »Aber du hast ganz recht, mein Leben habe ich mir selbst gewählt. Alles, was ich sage, ist: Wache über Sibyl! Laß ihr kein Unglück zustoßen. Mutter, du mußt über sie wachen!«
"I had intended never to enter your house again, Gray. But you said it was a matter of life and death." His voice was hard and cold. He spoke with slow deliberation. There was a look of contempt in the steady searching gaze that he turned on Dorian. He kept his hands in the pockets of his Astrakhan coat, and seemed not to have noticed the gesture with which he had been greeted.
»Ich hatte die Absicht, dein Haus nie wieder zu betreten, Gray. Aber du schriebst, es handle sich um Leben und Tod.« Seine Stimme war hart und kalt. Er sprach langsam und überlegt. Ein Zug von Verachtung lag in dem festen, forschenden Blick, den er auf Dorian richtete. Er behielt die Hände in den Taschen seines Astrachanpelzes und schien die Bewegung, mit der ihm die Hand entgegengestreckt worden war, nicht zu bemerken.
"Well, I hope he won't stick pins into you, Duchess," laughed Dorian.
»Ich hoffe aber, er wird Sie nicht auf Stecknadeln spießen, Frau Herzogin«, lachte Dorian.
"I hope not," said Dorian with a sad look in his eyes. "But I am tired to-night, Harry. I shan't go to the club. It is nearly eleven, and I want to go to bed early."
»Ich hoffe nicht«, sagte Dorian mit einem wehmütigen Blick in den Augen. »Aber ich bin heute abend müde, Harry. Ich gehe nicht mehr in den Klub. Es ist fast elf, und ich will früh zu Bett gehen.«
"I hope you will always be very happy, Dorian," said Hallward, "but I don't quite forgive you for not having let me know of your engagement. You let Harry know."
»Ich hoffe, du wirst immer sehr glücklich sein, Dorian,« sagte Hallward, »aber ich kann es dir nicht ganz verzeihen, daß du mir deine Verlobung nicht mitgeteilt hast. Harry hast du es mitgeteilt.«
"I hope he will fall into proper hands," continued the old man. "He should have a pot of money waiting for him if Kelso did the right thing by him. His mother had money, too. All the Selby property came to her, through her grandfather. Her grandfather hated Kelso, thought him a mean dog. He was, too. Came to Madrid once when I was there. Egad, I was ashamed of him. The Queen used to ask me about the English noble who was always quarrelling with the cabmen about their fares. They made quite a story of it. I didn't dare show my face at Court for a month. I hope he treated his grandson better than he did the jarvies."
»Ich hoffe, er wird in die rechten Hände kommen«, fuhr der alte Mann fort. »Es muß ein Haufen Geld auf ihn warten, wenn Kelso pflichtgemäß an ihm handelte. Seine Mutter hatte übrigens auch Geld. Der ganze Selbysche Besitz fiel ihr durch ihren Großvater zu. Ihr Großvater haßte Kelso, hielt ihn für einen gemeinen Köter. War es übrigens auch. Er kam mal nach Madrid, als ich dort war. Na, ich mußte mich des Kerls schämen. Die Königin pflegte mich nach dem englischen Edelmann zu fragen, der sich immer mit den Kutschern über die Taxe zankte. Man machte einen ganzen Roman daraus. Ich wagte einen Monat lang nicht, bei Hof zu erscheinen. Ich hoffe, er hat seinen Enkel besser behandelt als die Droschkenkutscher.«
"I hope it is, but I can't help feeling it. Ah! here is the duchess, looking like Artemis in a tailor-made gown. You see we have come back, Duchess."
»Ich hoffe, es ist Unsinn, aber ich kann dies Gefühl nicht loswerden. Ah! da kommt die Herzogin und sieht aus wie Artemis in einem Tailormade-Kleide. Sie sehen, wir sind zurück, Frau Herzogin.«
"I hope the girl is good, Harry. I don't want to see Dorian tied to some vile creature, who might degrade his nature and ruin his intellect."
»Ich hoffe, es ist ein gutes Mädchen, Harry. Ich möchte Dorian nicht an irgendein gewöhnliches Wesen gefesselt sehen, das ihn herabzieht und seinen Geist verdirbt.«
"I hope so," said his hostess, laughing. "But really, if you all worship Madame de Ferrol in this ridiculous way, I shall have to marry again so as to be in the fashion."
»Ich hoffe« sagte die Wirtin lachend. »Aber wenn Sie wirklich alle Madame de Ferrol in dieser lächerlichen Weise anbeten, so muß ich auch wieder heiraten, um in Mode zu kommen.«
"I hear a gentleman comes every night to the theatre and goes behind to talk to her. Is that right? What about that?"
»Ich höre, ein Herr kommt jeden Abend ins Theater und geht hinter die Kulissen und spricht mit ihr. Ist das wahr? Wie verhält sich's damit?«
"I hate the way you talk about your married life, Harry," said Basil Hallward, strolling towards the door that led into the garden. "I believe that you are really a very good husband, but that you are thoroughly ashamed of your own virtues. You are an extraordinary fellow. You never say a moral thing, and you never do a wrong thing. Your cynicism is simply a pose."
»Ich kann die Art nicht leiden, wie du über deine Ehe sprichst«, sagte Basil Hallward und ging langsam auf die Tür zu, die in den Garten führte. »Ich glaube, du bist in Wirklichkeit ein ganz guter Ehemann und schämst dich nur immer über diese Tugend. Du bist überhaupt ein sonderbarer Kauz: du sagst nie was Moralisches und tust nie was Schlechtes. Dein Zynismus ist nichts als Pose.«
"Well, I can tell you anything that is in an English Blue Book, Harry, although those fellows nowadays write a lot of nonsense. When I was in the Diplomatic, things were much better. But I hear they let them in now by examination. What can you expect? Examinations, sir, are pure humbug from beginning to end. If a man is a gentleman, he knows quite enough, and if he is not a gentleman, whatever he knows is bad for him."
»Ich kann dir alles sagen, Harry, was je in einem englischen Blaubuch gestanden hat, obwohl diese Bengels heutzutage einen Haufen Unsinn zusammensudeln. Als ich noch Diplomat war, lagen die Dinge besser. Aber ich höre, man stellt jetzt die Leute auf Grund einer Prüfung ein. Was kann man da noch erwarten? Prüfungen, mein Bester, sind der reine Humbug von A bis Z. Wenn einer Gentleman ist, weiß er schon genug, und wenn er kein Gentleman ist, so mag er alles Mögliche wissen, es hilft ihm doch nichts.«
"I can never sit to you again, Basil. It is impossible!" he exclaimed, starting back.
»Ich kann dir nie wieder sitzen, Basil. Das ist unmöglich!« rief Dorian und schrak zurück.
"I can tell you, Harry. It is not a story I could tell to any one else. I spared somebody. It sounds vain, but you understand what I mean. She was quite beautiful and wonderfully like Sibyl Vane. I think it was that which first attracted me to her. You remember Sibyl, don't you? How long ago that seems! Well, Hetty was not one of our own class, of course. She was simply a girl in a village. But I really loved her. I am quite sure that I loved her. All during this wonderful May that we have been having, I used to run down and see her two or three times a week. Yesterday she met me in a little orchard. The apple- blossoms kept tumbling down on her hair, and she was laughing. We were to have gone away together this morning at dawn. Suddenly I determined to leave her as flowerlike as I had found her."
»Ich kann dir's ja erzählen, Harry. Es ist eine Geschichte, die ich einem anderen nicht erzählen könnte. Ich habe jemand verschont. Es klingt eitel, aber du verstehst, was ich meine. Sie war sehr schön und hatte eine wunderbare Ähnlichkeit mit Sibyl Vane. Ich glaube, das war das erste, was mich bei ihr anzog. Du erinnerst dich doch noch an Sibyl, nicht? Wie lange das her ist! Also Hetty gehörte natürlich nicht unserem Stand an. Sie war eine Dorfschöne. Aber ich liebte sie wirklich. Ich weiß bestimmt, daß ich sie liebte. In dem ganzen wundervollen Maimonat, den wir jetzt hatten, bin ich zwei-, dreimal in der Woche hingefahren, um sie zu sehen. Gestern erwartete sie mich in einem kleinen Obstgarten. Die Apfelblüten schneiten auf ihr Haar herab, und sie lachte. Heute morgen in aller Herrgottsfrühe sollte sie mit mir kommen. Plötzlich entschloß ich mich, sie so einer Blume gleich zu lassen, wie ich sie gefunden hatte.«
"I can't explain it to you, Basil, but I must never sit to you again. There is something fatal about a portrait. It has a life of its own. I will come and have tea with you. That will be just as pleasant."
»Ich kann es dir nicht erklären, Basil, aber ich darf dir nie wieder sitzen. Es schwebt etwas Verhängnisvolles um das Bildnis eines Menschen. Es hat ein Leben für sich. Ich werde zu dir kommen und mit dir Tee trinken, das wird ebenso hübsch sein.«
"I can't bear this, Harry! You mock at everything, and then suggest the most serious tragedies. I am sorry I told you now. I don't care what you say to me. I know I was right in acting as I did. Poor Hetty! As I rode past the farm this morning, I saw her white face at the window, like a spray of jasmine. Don't let us talk about it any more, and don't try to persuade me that the first good action I have done for years, the first little bit of self-sacrifice I have ever known, is really a sort of sin. I want to be better. I am going to be better. Tell me something about yourself. What is going on in town? I have not been to the club for days."
»Ich kann es nicht aushalten, Harry! Du spottest über alles und beschwörst dann die ernsthaftesten Tragödien herauf. Es tut mir jetzt leid, daß ich es dir erzählt habe. Es kümmert mich auch nicht, was du sagst. Ich weiß, ich habe recht gehandelt. Arme Hetty! Als ich heute früh am Gehöft vorbeiritt, sah ich ihr Gesicht weiß wie einen Jasminzweig am Fenster. Wir wollen nicht länger davon reden, und du sollst nicht versuchen, mich zu überzeugen, daß die erste gute Handlung, die ich seit Jahren getan habe, das erste kleine Opfer, das ich jemals gebracht habe, in Wahrheit eine Art Sünde wäre. Ich will mich jetzt bessern. Und ich werde mich bessern. Erzähle mir etwas von dir. Was geht in der Stadt vor? Ich war tagelang nicht im Klub.«
"I cannot do it," he said, mechanically, as though words could alter things.
»Ich kann es nicht tun«, sagte er mechanisch, als könnten die Worte etwas ändern.
"I can sympathize with everything except suffering," said Lord Henry, shrugging his shoulders. "I cannot sympathize with that. It is too ugly, too horrible, too distressing. There is something terribly morbid in the modern sympathy with pain. One should sympathize with the colour, the beauty, the joy of life. The less said about life's sores, the better."
»Ich kann mit allem möglichen Mitgefühl haben,« sagte Lord Henry, die Achseln zuckend, »außer mit Leiden. Damit kann ich keine Sympathie haben. Es ist zu häßlich, zu schrecklich, zu niederdrückend. In der heut modernen Sympathie für die Leiden liegt etwas schrecklich Krankhaftes. Man sollte mit Farben sympathisieren, mit Schönheit, mit Lebensfreude. Je weniger man über das Elend des Lebens sagt, desto besser.«
"I can't, Basil."
»Ich kann nicht, Basil.«
"I can't, really. I would sooner not. I have a lot of work to do."
»Ich kann nicht, wirklich nicht. Es ist mir lieber so. Ich habe eine Unmenge zu tun.«
"I could not use it. It is too true."
»Ich kann's nicht gebrauchen. Es ist zu wahr.«
"I don't believe it is my picture."
»Ich kann's nicht glauben, daß es mein Bild ist.«
"I can't believe it. Dorian is far too sensible." "Dorian is far too wise not to do foolish things now and then, my dear Basil."
»Ich kann's nicht glauben. Dorian ist viel zu verständig.« »Dorian ist viel zu klug, um nicht von Zeit zu Zeit verrückte Sachen zu begehen, lieber Basil.«
"I know that look. It depresses me," murmured Lord Henry, examining his rings.
»Ich kenne diese Art, auszusehen. Sie stimmt mich unbehaglich«, sagte Lord Henry mit verhaltener Stimme und betrachtete seine Ringe.
"I shall come with you, Dorian, if you wish it. I see I have missed my train. That makes no matter. I can go to-morrow. But don't ask me to read anything to-night. All I want is a plain answer to my question."
»Ich komme mit, Dorian, wenn du es haben willst. Ich sehe, daß ich meinen Zug versäumt habe. Das tut nichts. Ich kann morgen fahren. Aber verlange nicht von mir, daß ich heute nacht noch etwas lese. Was ich will, ist eine klare Antwort auf meine Frage.«
"I could not get rid of her. She brought me up to royalties, and people with stars and garters, and elderly ladies with gigantic tiaras and parrot noses. She spoke of me as her dearest friend. I had only met her once before, but she took it into her head to lionize me. I believe some picture of mine had made a great success at the time, at least had been chattered about in the penny newspapers, which is the nineteenth-century standard of immortality.
»Ich konnte ihrer nicht loswerden. Sie zerrte mich zu den königlichen Hoheiten hin, zu den Leuten mit Orden und Sternen und zu den ältlichen Damen mit riesenhaften Diademen und Papageiennasen. Sie nannte mich dabei ihren besten Freund. Ich hatte sie nur ein einziges Mal vorher gesehen, aber sie setzte es sich in den Kopf, aus mir den Löwen des Tages zu machen. Ich glaube, damals hatte gerade ein Bild von mir großen Erfolg gehabt, wenigstens hatten die Zeitungen allerhand Geschwätz darüber gebracht, und das ist ja im neunzehnten Jahrhundert das Eichungsmaß der Unsterblichkeit.
"I never tilt against beauty," he said, with a wave of his hand.
»Ich kämpfe nie gegen Schönheit«, sagte er mit einer huldigenden Handbewegung.
"I am not laughing, Dorian; at least I am not laughing at you. But you should not say the greatest romance of your life. You should say the first romance of your life. You will always be loved, and you will always be in love with love. A grande passion is the privilege of people who have nothing to do. That is the one use of the idle classes of a country. Don't be afraid. There are exquisite things in store for you. This is merely the beginning."
»Ich lache nicht, Dorian, wenigstens nicht über dich. Aber du solltest es nicht das größte Ereignis deines Lebens nennen. Sage lieber, das erste Ereignis deines Lebens. Du wirst immer geliebt werden, und du wirst in die Liebe immer verliebt sein. Die grande Passion ist das Vorrecht aller Leute, die nichts zu tun haben. Das ist der einzige Nutzen, den die Tagediebe eines Landes bringen. Habe keine Angst! Himmlische Dinge warten noch deiner. Das ist der bloße Anfang.«
"I live in it."
»Ich lebe darin.«
"I am too fond of reading books to care to write them, Mr. Erskine. I should like to write a novel certainly, a novel that would be as lovely as a Persian carpet and as unreal. But there is no literary public in England for anything except newspapers, primers, and encyclopaedias. Of all people in the world the English have the least sense of the beauty of literature."
»Ich lese Bücher viel zu gerne, als daß ich Lust hätte, eins zu schreiben, Herr Erskine. Gewiß möchte ich manchmal einen Roman schreiben, der so entzückend und ebenso unwirklich sein müßte wie ein persischer Teppich. Aber in England gibt es ja kein literarisches Publikum außer für Zeitungen, Katechismen und Konversationslexika. Von allen Völkern des Erdballs haben die Engländer den am wenigsten entwickelten Sinn für die Schönheit der Literatur.«
"I like men who have a future and women who have a past," he answered. "Or do you think that would make it a petticoat party?"
»Ich liebe Männer, die eine Zukunft haben, und Frauen, die eine Vergangenheit haben«, antwortete er. »Oder beabsichtigen Sie, eine Weibergesellschaft zustande zu bringen?«
"Oh! I should fancy in remorse, in suffering, in . . . well, in the consciousness of degradation."
»Ich meine mit Gewissensbissen, mit Schmerzen, mit... na eben mit dem Gefühl der Erniedrigung.«
"I think I shall join you at the opera, Harry. I feel too tired to eat anything. What is the number of your sister's box?"
»Ich meine, ich treffe dich lieber in der Oper, Harry. Ich bin zu müde, um etwas zu essen. Welche Nummer hat die Loge deiner Schwester?«
"I must sow poppies in my garden," sighed Dorian.
»Ich muß Mohnblumen in meinen Garten säen«, seufzte Dorian.
"I am afraid I must be going," exclaimed Lady Henry, breaking an awkward silence with her silly sudden laugh. "I have promised to drive with the duchess. Good-bye, Mr. Gray. Good-bye, Harry. You are dining out, I suppose? So am I. Perhaps I shall see you at Lady Thornbury's."
»Ich muß leider gehen!« rief Lady Henry aus und unterbrach ein verlegenes Schweigen mit ihrem jähen, grundlosen Lachen. »Ich habe versprochen, mit der Herzogin auszufahren. Adieu, Herr Gray. Adieu, Harry. Du speist wohl nicht zu Hause, wie? Ich auch nicht, vielleicht sehe ich dich bei Lady Thornbury.«
"I must keep an opportunity for retreat."
»Ich muß mir die Möglichkeit des Rückzuges offen halten.«
"I must go, Basil," he answered.
»Ich muß mit, Basil«, antwortete er.
"I must speak, and you must listen. You shall listen. When you met Lady Gwendolen, not a breath of scandal had ever touched her. Is there a single decent woman in London now who would drive with her in the park? Why, even her children are not allowed to live with her. Then there are other stories-- stories that you have been seen creeping at dawn out of dreadful houses and slinking in disguise into the foulest dens in London. Are they true? Can they be true? When I first heard them, I laughed. I hear them now, and they make me shudder. What about your country-house and the life that is led there? Dorian, you don't know what is said about you.
»Ich muß sprechen, und du mußt mich hören. Als du Lady Gwendolen kennenlerntest, hatte sie noch nicht der leiseste Hauch übler Nachrede berührt. Gibt es jetzt eine einzige anständige Frau in London, die mit ihr im Park spazieren fahren würde? Ja, nicht einmal ihre Kinder dürfen bei ihr wohnen. Dann gibt es andere Geschichten -- Geschichten, daß man dich gesehen hat, wie du in der Dämmerung aus schrecklichen Häusern herausgeschlichen bist, daß du dich verkleidet in den niederträchtigsten Kneipen Londons herumtreibst. Ist das wahr? Kann das wahr sein? Als ich das erstemal so etwas hörte, lachte ich. Jetzt höre ich es mit Schaudern. Wie steht es mit deinem Landhause und dem Leben, das dort geführt wird? Dorian, du weißt nicht, was man über dich spricht.
"I would sooner come with you; yes, I feel I must come with you. Do let me. And you will promise to talk to me all the time? No one talks so wonderfully as you do."
»Ich möchte lieber mit Ihnen gehen; ja ich fühle, ich muß mit Ihnen mitkommen. Bitte, erlauben Sie es. Und versprechen Sie mir, die ganze Zeit zu erzählen? Niemand spricht so entzückend wie Sie.«
"I wonder is that really so, Harry?" said Dorian Gray, putting some perfume on his handkerchief out of a large, gold-topped bottle that stood on the table. "It must be, if you say it. And now I am off. Imogen is waiting for me. Don't forget about to-morrow. Good-bye."
»Ich möchte wissen, ob das wirklich so ist, Harry«, sagte Dorian Gray, der inzwischen aus einem großen goldgefaßten Flakon auf dem Tische etwas Parfüm auf sein Taschentuch gegossen hatte. »Es wird wohl sein, wenn du es sagst. Jetzt aber muß ich fort. Imogen wartet auf mich. Vergiß nicht, morgen! Adieu!«
"I want you to beware of him."
»Ich rate dir, dich vor ihm zu hüten.«
"I give the truths of to-morrow."
»Ich sage die Wahrheiten von morgen.«
"I am always telling him so, Lady Narborough," said Lord Henry with a bow.
»Ich sage ihm das immer, Lady Narborough«, erwiderte Lord Henry mit einer Verbeugung.
"Well, I found myself seated in a horrid little private box, with a vulgar drop-scene staring me in the face. I looked out from behind the curtain and surveyed the house. It was a tawdry affair, all Cupids and cornucopias, like a third-rate wedding-cake. The gallery and pit were fairly full, but the two rows of dingy stalls were quite empty, and there was hardly a person in what I suppose they called the dress-circle. Women went about with oranges and ginger-beer, and there was a terrible consumption of nuts going on."
»Ich saß also in einer schauderhaften kleinen Loge, und ein ordinärer Vorhang starrte mir gerade ins Gesicht. Ich schaute hinter der Gardine vor und sah mich im Hause um. Es war ein schäbig-elegantes Ding, gestopft voll mit Amoretten und Füllhörnern, wie auf einem Hochzeitskuchen billigster Sorte. Galerie und Stehparterre waren leidlich voll, aber die zwei Reihen schmieriger Fauteuils vorne waren ganz leer und auf dem Platze, den sie vermutlich ersten Rang titulierten, saß kaum ein Mensch. Weiber gingen mit Orangen und Ingwerbier herum, und eine unglaubliche Masse von Nüssen wurde verknackt.«
"I give it to you."
»Ich schenke es dir.«
"I swear it," came in hoarse echo from her flat mouth. "But don't give me away to him," she whined; "I am afraid of him. Let me have some money for my night's lodging."
»Ich schwöre es«, klang es wie ein heiseres Echo aus ihrem entstellten Munde. »Aber verrate mich ihm nicht«, winselte sie; »ich habe Angst vor ihm. Gib mir 'n paar Groschen zum Nachtquartier.«
"I see you did. Don't speak. Wait till you hear what I have to say. Dorian, from the moment I met you, your personality had the most extraordinary influence over me. I was dominated, soul, brain, and power, by you. You became to me the visible incarnation of that unseen ideal whose memory haunts us artists like an exquisite dream. I worshipped you. I grew jealous of every one to whom you spoke. I wanted to have you all to myself. I was only happy when I was with you. When you were away from me, you were still present in my art.... Of course, I never let you know anything about this. It would have been impossible. You would not have understood it. I hardly understood it myself. I only knew that I had seen perfection face to face, and that the world had become wonderful to my eyes-- too wonderful, perhaps, for in such mad worships there is peril, the peril of losing them, no less than the peril of keeping them.... Weeks and weeks went on, and I grew more and more absorbed in you.
»Ich sehe, du hast es bemerkt. Sage nichts. Warte, bis du gehört hast, was ich zu sagen habe. Dorian, von dem Augenblick an, wo ich dich kennengelernt habe, übte deine Persönlichkeit den außerordentlichsten Einfluß auf mich aus. Ich war beherrscht von dir, meine Seele, mein Gehirn, meine ganze Kraft war es. Du wurdest für mich die sichtbare Verkörperung des unsichtbaren Ideals, dessen Bild uns Künstler wie ein köstlicher Traum verfolgt. Ich habe dich angebetet. Ich wurde eifersüchtig auf jeden Menschen, mit dem du sprachst. Ich wollte dich ganz für mich allein haben. Ich war nur glücklich, wenn ich mit dir zusammen war. Wenn du fort von mir warst, lebtest du trotzdem in meiner Kunst weiter... Natürlich ließ ich dich nie etwas davon wissen. Das wäre unmöglich gewesen. Du hättest es nicht verstanden. Ich selbst hab' es kaum verstanden. Ich wußte nur, daß ich Auge in Auge die Vollkommenheit gesehen hatte und daß sich die Welt meinen Augen als ein Wunder erschlossen hatte -- vielleicht als ein zu mächtiges Wunder, denn in so wahnsinniger Anbetung liegt eine Gefahr, die Gefahr, daß die Anbetung aufhört, und die Gefahr, daß sie bleibt... Wochen und Wochen verstrichen, und ich ging immer mehr und mehr in dir verloren.
"I should have thought they had got tired of that by this time," said Dorian, pouring himself out some wine and frowning slightly.
»Ich sollte meinen, daß sie inzwischen davon genug bekommen hätten«, sagte Dorian, während er sich etwas Wein einschenkte und leicht die Stirn runzelte.
"I am in Lady Agatha's black books at present," answered Dorian with a funny look of penitence. "I promised to go to a club in Whitechapel with her last Tuesday, and I really forgot all about it. We were to have played a duet together--three duets, I believe. I don't know what she will say to me. I am far too frightened to call."
»Ich stehe zur Zeit auf Lady Agathas schwarzer Liste«, antwortete Dorian mit einem komisch reuigen Gesichtsausdruck. »Ich hatte ihr versprochen, sie letzten Dienstag nach einem Klub in Whitechapel zu begleiten, und ich habe dann die Abmachung vergessen. Wir sollten da miteinander vierhändig spielen -- drei Stücke glaube ich. Ich weiß nun nicht, was sie mir dazu sagen wird. Ich habe Angst, ihr einen Besuch zu machen.«
"I don't agree with a single word that you have said, and, what is more, Harry, I feel sure you don't either."
»Ich stimme keinem einzigen deiner Worte bei, und, was mehr ist, Harry, du selbst glaubst ja auch nicht im mindesten daran.«
"That is the reason, I suppose, that you never dine with me now. I thought you must have some curious romance on hand. You have; but it is not quite what I expected."
»Ich vermute darin den Grund, weshalb du jetzt nie mehr mit mir zusammen ißt. Ich dachte mir gleich, daß dahinter irgendeine merkwürdige Geschichte stecke. Das ist so, aber es ist nicht ganz, was ich erwartete.«
"I should think The Idiot Boy, or Dumb but Innocent. Our fathers used to like that sort of piece, I believe. The longer I live, Dorian, the more keenly I feel that whatever was good enough for our fathers is not good enough for us. In art, as in politics, les grandpères ont toujours tort."
»Ich vermute, der >kleine Kretin< oder >Blödsinnig, aber unschuldig<. Unsere Väter liebten diese Art Stücke, glaube ich. Je länger ich lebe, Dorian, je stärker fühle ich, daß alles, was für unsere Väter gut genug war, für uns noch lange nicht gut genug ist. In der Kunst wie in der Politik ~les grandpères ont toujours tort~.«
"I should think the novelty of the emotion must have given you a thrill of real pleasure, Dorian," interrupted Lord Henry. "But I can finish your idyll for you. You gave her good advice and broke her heart. That was the beginning of your reformation."
»Ich vermute, die Neuheit der Empfindung muß dir einen förmlichen Wonneschauer bereitet haben, Dorian«, unterbrach ihn Lord Henry. »Aber ich kann dir dein Idyll zu Ende erzählen. Du gabst ihr gute Lehren und brachst ihr das Herz. Das ist der Anfang deiner Besserung.«
"I do not understand you," said Sir Thomas, growing rather red.
»Ich verstehe Sie nicht«, erwiderte Sir Thomas und wurde etwas rot.
"I do, Lord Henry," murmured Mr. Erskine, with a smile.
»Ich verstehe Sie, Lord Henry«, murmelte Herr Erskine lächelnd.
"I'll back English women against the world, Harry," said Lord Fermor, striking the table with his fist.
»Ich verteidige die englischen Frauen gegen die ganze Welt, Harry«, sagte Lord Fermor und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Man reißt sich um die Amerikanerinnen.«
"I trust you."
»Ich vertraue dir.«
"I was brutal, Harry--perfectly brutal. But it is all right now. I am not sorry for anything that has happened. It has taught me to know myself better."
»Ich war brutal, Harry, offen gesagt, brutal. Aber jetzt ist alles wieder gut. Was geschehen ist, tut mir nicht mehr leid. Es hat mich gelehrt, mich selbst besser kennenzulernen.«
"I felt sure you had. Did you make a scene with her?"
»Ich war davon überzeugt. Hast du ihr eine Szene gemacht?«
"I was terribly cruel to her. You forget that."
»Ich war furchtbar grausam gegen sie. Du vergißt das.«
"I am waiting," he cried. "Do come in. The light is quite perfect, and you can bring your drinks."
»Ich warte!« rief er. »Kommt herein! Das Licht ist ganz prächtig, und ihr könnt eure Gläser mitbringen.«
"I am waiting, Basil," said the young man in a hard clear voice.
»Ich warte, Basil«, sagte der junge Mann mit harter, spitzer Stimme.
"I forget," said Dorian. "I suppose I did. But I never really liked it. I am sorry I sat for it. The memory of the thing is hateful to me. Why do you talk of it? It used to remind me of those curious lines in some play--Hamlet, I think--how do they run?--
»Ich weiß es nicht mehr«, antwortete Dorian. »Ich glaube, ich tat es. Aber ehrlich gesagt, ich habe das Bild nie gemocht. Es tut mir überhaupt leid, daß ich dazu gesessen habe. Schon die Erinnerung an das Ding ist mir greulich. Warum sprichst du davon? Es hat mich immer an ein paar merkwürdige Zeilen aus einem Theaterstück erinnert -- aus Hamlet, glaube ich -- wie heißen sie? --
"I know so. As for what I said to you to-night, I said it for your good. You know I have been always a stanch friend to you."
»Ich weiß es. Was ich dir heute abend gesagt habe, hab' ich zu deinem Besten gesagt. Du weißt, ich war dir immer ein guter Freund.«
"I don't know if he will be able to come, Harry. He may have to go to Monte Carlo with his father."
»Ich weiß nicht, ob er kommen kann, Harry. Es ist möglich, daß er mit seinem Vater nach Monte Carlo muß.«
"I don't know that I shall tell you that, Mr. Gray. It is so tedious a subject that one would have to talk seriously about it. But I certainly shall not run away, now that you have asked me to stop. You don't really mind, Basil, do you? You have often told me that you liked your sitters to have some one to chat to."
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das sagen soll, Herr Gray. Es ist ein so langweiliges Thema, daß man schon ernsthaft darüber reden müßte. Aber jetzt geh ich auf keinen Fall, nachdem Sie mir erlaubt haben, dazubleiben. Du hast doch nichts im Ernst dagegen, Basil? Du hast mir oft genug gesagt, daß es dir angenehm sei, wenn deine Modelle mit jemand plaudern können.«
"I don't know what you mean, Basil," he exclaimed, turning round. "I don't know what you want. What do you want?"
»Ich weiß nicht, was du meinst, Basil«, rief Dorian aus und drehte sich um. »Ich weiß nicht, was du willst. Was willst du?«
"I know you will laugh at me," he replied, "but I really can't exhibit it. I have put too much of myself into it."
»Ich weiß, du wirst mich auslachen,« entgegnete er, »aber ich kann es wahrhaftig nicht ausstellen. Es steckt da zuviel von mir selbst drin.«
"I know what pleasure is," cried Dorian Gray. "It is to adore some one."
»Ich weiß, was ein Genuß ist!« rief Dorian Gray. »Jemand anbeten.«
"I shall love him for ever!" she cried.
»Ich werde ihn immer lieben!« rief sie.
"I will not part with a petal."
»Ich werde mich von keinem Blättchen trennen.«
"I will show you the way, Mr. Hubbard, if you will kindly follow me. Or perhaps you had better go in front. I am afraid it is right at the top of the house. We will go up by the front staircase, as it is wider."
»Ich will Ihnen den Weg zeigen, Herr Hubbard, wenn Sie so gut sein wollen, mir nur zu folgen. Oder vielleicht gehen Sie lieber voraus. Es tut mir leid, aber es ist ganz oben. Wir wollen über die Vordertreppe gehen, die ist breiter.«
"I am going to see the play through," answered the lad, in a hard bitter voice. "I am awfully sorry that I have made you waste an evening, Harry. I apologize to you both."
»Ich will das Stück zu Ende sehen«, antwortete der junge Mann mit harter, bitterer Stimme. »Es tut mir äußerst leid, daß ich dich veranlaßt habe, einen Abend zu vergeuden, Harry. Ich muß mich bei euch beiden entschuldigen.«
"I want the Dorian Gray I used to paint," said the artist sadly.
»Ich will den Dorian Gray wieder, den ich gemalt habe«, sagte der Künstler traurig.
"I will tell you, Harry, but you mustn't be unsympathetic about it. After all, it never would have happened if I had not met you. You filled me with a wild desire to know everything about life. For days after I met you, something seemed to throb in my veins. As I lounged in the park, or strolled down Piccadilly, I used to look at every one who passed me and wonder, with a mad curiosity, what sort of lives they led. Some of them fascinated me. Others filled me with terror. There was an exquisite poison in the air. I had a passion for sensations. . . .
»Ich will dir's erzählen, Harry, aber du mußt nicht häßlich darüber reden. Übrigens wär's gar nicht dazu gekommen, wenn ich dich nicht kennengelernt hätte. Du hast mich mit einer wilden Begierde, alles im Leben kennenzulernen, angefüllt. Noch viele Tage, nachdem ich dich zuerst gesehen hatte, schien in meinen Adern etwas zu rumoren. Wenn ich im Park spazierte oder Piccadilly hinunterschlenderte, schaute ich jeden an, der mir entgegenkam, und wollte mit einer tollen Neugierde herauskriegen, was für eine Art Leben die Leute alle führten. Einige von ihnen fesselten mich. Andere erfüllten mich mit Schauder. Es schwamm ein verführerisches Gift in der Luft. Mich hatte eine Leidenschaft nach Erlebnissen gepackt...
"I will tell you," said Hallward; but an expression of perplexity came over his face.
»Ich will es sagen«, antwortete Hallward; aber in sein Gesicht trat ein Ausdruck von Ratlosigkeit.
"I won't hear of it," laughed Lord Henry, sinking into a chair. "From a label there is no escape! I refuse the title."
»Ich will ihn nicht hören«, lachte Lord Henry und ließ sich in ein Fauteuil fallen. »Vor einem solchen Etikettchen kann man sich nicht retten. Ich weise den Titel zurück.«
"I shall write it in my diary to-night."
»Ich will mir das heut abend in mein Tagebuch schreiben.«
"I don't wish to know anything about them. I love scandals about other people, but scandals about myself don't interest me. They have not got the charm of novelty."
»Ich will nicht das mindeste davon wissen. Ich habe Tratsch über andere Leute recht gern, aber Tratsch über mich interessiert mich ganz und gar nicht. Es hat nicht mal den Reiz der Neuheit.«
"I don't want you to meet him."
»Ich will nicht, daß du ihn kennenlernst.«
"I will try to be there, Harry," he said, leaving the room. As he drove back to his own house, he was conscious that the sense of terror he thought he had strangled had come back to him. Lord Henry's casual questioning had made him lose his nerves for the moment, and he wanted his nerve still. Things that were dangerous had to be destroyed. He winced. He hated the idea of even touching them.
»Ich will versuchen da zu sein, Harry«, sagte er und verließ das Zimmer. Als er nach Hause fuhr, merkte er, daß das Angstgefühl wiedergekehrt sei, das er erstickt zu haben glaubte. Lord Henrys zufällige Frage hatte ihm für einen Moment die Fassung genommen und nervös gemacht und er brauchte seine Nerven noch. Dinge, die Gefahr bringen konnten, mußten zerstört werden. Er schauerte zusammen. Der Gedanke, sie auch nur zu berühren, war ihm furchtbar.
"I will try and do something, Dorian, if it would please you. But you must come and sit to me yourself again. I can't get on without you."
»Ich will versuchen, etwas zu machen, Dorian, wenn ich dir damit eine Freude bereite. Aber du mußt zu mir kommen und mir selbst wieder sitzen. Ich komme ohne dich nicht vom Fleck.«
"I want you and Basil to come with me some night and see her act. I have not the slightest fear of the result. You are certain to acknowledge her genius. Then we must get her out of the Jew's hands. She is bound to him for three years--at least for two years and eight months-- from the present time. I shall have to pay him something, of course. When all that is settled, I shall take a West End theatre and bring her out properly. She will make the world as mad as she has made me."
»Ich will, du und Basil sollt mich an einem Abend begleiten und sie spielen sehen. Ich setze nicht die leiseste Besorgnis in die Wirkung. Ihr werdet zugeben müssen, daß sie Genie hat. Dann müssen wir sie dem Juden aus den Händen winden. Sie ist noch drei Jahre -- genau zwei Jahre und acht Monate -- an ihn gebunden. Natürlich werde ich ihm etwas zahlen müssen. Wenn das alles in Ordnung ist, suche ich mir ein Theater im Westend und lasse sie dort erst mal richtig auftreten. Sie wird die Welt ebenso verrückt machen wie mich.«
"I wish he had been."
»Ich wollte, er wäre es.«
"I wish now I had not told you about Sibyl Vane."
»Ich wollte, ich hätte dir nie etwas von Sibyl Vane gesagt.«
"I wish I could love," cried Dorian Gray with a deep note of pathos in his voice. "But I seem to have lost the passion and forgotten the desire. I am too much concentrated on myself. My own personality has become a burden to me. I want to escape, to go away, to forget. It was silly of me to come down here at all. I think I shall send a wire to Harvey to have the yacht got ready. On a yacht one is safe."
»Ich wollte, ich könnte lieben!« rief Dorian Gray mit einem tiefpathetischen Klang in seiner Stimme. »Aber es scheint, ich habe die Glut der Leidenschaft verloren und die Sehnsucht des Begehrens vergessen. Ich bin zu sehr in mich selber konzentriert. Meine eigene Person ist eine Last für mich geworden. Ich möchte entfliehen, weggehen, vergessen. Es war albern von mir, überhaupt herzukommen. Ich denke, ich telegraphiere an Harvey, daß er die Jacht instand setzt. Auf einer Jacht ist man sicher.«
"I wish it were stopped for ever, Harry," he answered bitterly. "The whole thing is hideous and cruel. Is the man ... ?"
»Ich wollte, sie wäre für immer beendet, Harry«, antwortete er bitter. »Die ganze Geschichte ist gräßlich und grausam ist der Mann...?«
"I wish I had, for as sure as there is a God in heaven, if he ever does you any wrong, I shall kill him."
»Ich wünschte es auch, denn so wahr ein Gott im Himmel ist, wenn er dir je ein Leides antut, bring' ich ihn um!«
"I wish I could trust myself," said Lord Henry, laughing. "Come, Mr. Gray, my hansom is outside, and I can drop you at your own place. Good-bye, Basil. It has been a most interesting afternoon."
»Ich wünschte, ich könnte mir selbst vertrauen«, sagte Lord Henry lachend. »Kommen Sie, Herr Gray, mein Wagen steht unten, und ich kann Sie an Ihrer Wohnung absetzen. Adieu, Basil! Es war ein sehr unterhaltender Nachmittag.«
"I wish she were ill," he rejoined. "But she seems to me to be simply callous and cold. She has entirely altered. Last night she was a great artist. This evening she is merely a commonplace mediocre actress."
»Ich wünschte, sie wäre krank«, erwiderte er. »Aber ich glaube, sie hat nur kein Gefühl und ist kalt. Sie ist völlig verändert. Gestern abend war sie eine große Künstlerin. Heute abend ist sie nur eine gewöhnliche, mittelmäßige Schauspielerin.«
"I should object very strongly, Harry," said Hallward.
»Ich würde mich ernstlich dagegen wehren, Harry«, sagte Hallward.
"I should have said that whatever they ask for they had first given to us," murmured the lad gravely. "They create love in our natures. They have a right to demand it back."
»Ich würde sagen, alles, was sie von uns verlangen, haben sie uns zuerst geschenkt«, sagte der Jüngling ernst und leise. »Sie erzeugen die Liebe in uns. Sie haben ein Recht, sie dann zurückzuverlangen.«
"I don't know how we could manage without him," answered the elder woman querulously.
»Ich wüßte nicht, wie wir ohne ihn vorwärts kämen«, entgegnete die alte Frau weinerlich.
"I prefer the mistakes of to-day," she answered. "You disarm me, Gladys," he cried, catching the wilfulness of her mood.
»Ich ziehe die Irrtümer von heute vor«, antwortete sie. »Du entwaffnest mich, Gladys!« rief er, entzückt von ihrer übermütigen Laune.
"I have no doubt it was not an accident, Dorian, though it must be put in that way to the public. It seems that as she was leaving the theatre with her mother, about half-past twelve or so, she said she had forgotten something upstairs. They waited some time for her, but she did not come down again. They ultimately found her lying dead on the floor of her dressing-room. She had swallowed something by mistake, some dreadful thing they use at theatres. I don't know what it was, but it had either prussic acid or white lead in it. I should fancy it was prussic acid, as she seems to have died instantaneously."
»Ich zweifle nicht daran, daß es kein Versehen war, Dorian, wenn man es auch dem Publikum so darstellen muß. Es scheint, sie hat das Theater mit ihrer Mutter verlassen, gegen halb eins ungefähr, und dann sagte sie plötzlich, sie habe oben etwas vergessen. Man wartete einige Zeit auf sie, aber sie kam nicht wieder herunter. Schließlich fanden sie sie tot auf dem Boden in ihrem Ankleidezimmer. Sie hatte aus Versehen irgend etwas getrunken, irgend solche gräßliche Sache, die man in den Theatern braucht. Ich weiß nicht genau, was es war, aber es muß entweder Blausäure oder Bleiweiß gewesen sein. Ich vermute, Blausäure, denn sie scheint sofort tot gewesen zu sein.«
"To see him is to worship him; to know him is to trust him."
»Ihn sehen, heißt ihn anbeten, ihn kennen, heißt ihm vertrauen!«
"You are really very comforting," warbled the duchess. "I have always felt rather guilty when I came to see your dear aunt, for I take no interest at all in the East End. For the future I shall be able to look her in the face without a blush."
»Ihre Worte klingen sehr tröstlich«, trillerte die Herzogin. »Ich habe immer eine Art Schuldgefühl gehabt, wenn ich Ihre liebe Tante besuchte, denn ich nehme nicht das geringste Interesse an East-End. In Zukunft werde ich ihr ohne zu erröten ins Gesicht sehen können.«
"The Home Farm! Go there at once and meet me. Tell one of the grooms to bring my horse round. No. Never mind. I'll go to the stables myself. It will save time."
»Im Wirtschaftsgebäude! Gehen Sie sogleich voraus und warten Sie da auf mich. Sagen Sie einem der Grooms, er soll mein Pferd herbringen. Nein. Lieber nicht. Ich will selbst in den Stall kommen. Das geht rascher.«
"Always glad to have a rest, Mr. Gray," answered the frame-maker, who was still gasping for breath. "Where shall we put it, sir?"
»Immer angenehm, sich mal verschnaufen zu können, Herr Gray«, antwortete der Rahmenmacher, der noch immer nach Luft schnappte. »Wo sollen wir es hinstellen?«
"Always! That is a dreadful word. It makes me shudder when I hear it. Women are so fond of using it. They spoil every romance by trying to make it last for ever. It is a meaningless word, too. The only difference between a caprice and a lifelong passion is that the caprice lasts a little longer."
»Immer! das ist ein schreckliches Wort. Ich schaudere, wenn ich es höre. Die Frauen haben es so gern. Sie zerstören sich jedes Abenteuer, indem sie ihm Ewigkeit verleihen wollen. Außerdem ist es ein sinnloses Wort. Der einzige Unterschied zwischen einer Laune und einer Leidenschaft, die ein Leben lang dauert, ist, daß die Laune ein bißchen länger dauert.«
"Conscience and cowardice are really the same things, Basil. Conscience is the trade-name of the firm. That is all."
»In Wirklichkeit sind Gewissen und Feigheit ein und dasselbe. Gewissen lautet nur die eingetragene Firma. Weiter gar nichts.«
"Really! And where do bad Americans go to when they die?" inquired the duchess.
»In der Tat? Und wohin gehen schlechte Amerikaner, wenn sie sterben?« fragte die Herzogin.
"With an actress," said Dorian Gray, blushing. Lord Henry shrugged his shoulders.
»In eine Schauspielerin«, sagte Dorian Gray errötend.
"What sort of ways, Basil?"
»In welcher Münze, Basil?«
"Who are you in love with?" asked Lord Henry after a pause.
»In wen bist du verliebt?« fragte Lord Harry nach einer Pause.
"By marrying Sibyl Vane."
»Indem ich Sibyl Vane heirate.«
"Are you serious?"
»Ist das dein Ernst?«
"Is it the real Dorian?" cried the original of the portrait, strolling across to him. "Am I really like that?"
»Ist das der wirkliche?« rief das Original und ging gleichfalls langsam zu ihm hin. »Bin ich wirklich so?«
"Is that yours, Harry?"
»Ist das von dir, Harry?«
"Is it true, Mr. Gray?"
»Ist das wahr, Herr Gray?«
"Is it really finished?" he murmured, stepping down from the platform.
»Ist es wirklich fertig?« murmelte er, als er vom Podium herabstieg.
"Too cold for Monsieur?" asked his valet, putting an omelette on the table. "I shut the window?"
»Ist es zu kalt für den gnädigen Herrn?« fragte der Diener, während er eine Omelette auf den Tisch stellte. »Soll ich das Fenster schließen?«
"Is she pretty?"
»Ist sie hübsch?«
"I am afraid so," rejoined Lord Henry. "He got the whole charge of shot in his chest. He must have died almost instantaneously. Come; let us go home."
»Ja leider«, entgegnete Lord Henry. »Er hat die ganze Ladung in die Brust gekriegt. Er muß augenblicklich gestorben sein. Komm, wir wollen nach Hause.«
"Yes."
»Ja!«
"Yes, Basil?"
»Ja, Basil?«
"Yes, Dorian, I suppose you were right," said Hallward slowly.
»Ja, Dorian, ich glaube, du tatest recht«, sagte Hallward langsam.
"Yes, Harry, I believe that is true. I cannot help telling you things. You have a curious influence over me. If I ever did a crime, I would come and confess it to you. You would understand me."
»Ja, Harry, ich glaube, es ist so. Ich bin geradezu gezwungen, dir alles zu sagen. Du hast eine seltsame Macht über mich. Wenn ich je ein Verbrechen beginge, käme ich gleich zu dir und beichtete es dir. Du würdest mich verstehen.«
"Yes, Harry, I know what you are going to say. Something dreadful about marriage. Don't say it. Don't ever say things of that kind to me again. Two days ago I asked Sibyl to marry me. I am not going to break my word to her. She is to be my wife."
»Ja, Harry, ich weiß, was du sagen willst. Irgend etwas Häßliches über die Ehe. Sag' es nicht. Sag' mir nie wieder solche Dinge. Vor zwei Tagen habe ich Sibyl gebeten, mich zu heiraten. Ich werde mein Wort nicht brechen. Sie soll meine Frau werden.«
"Yes, sir," answered the gamekeeper.
»Ja, Herr«, antwortete der Hegemeister.
"Yes, you are the same. I wonder what the rest of your life will be. Don't spoil it by renunciations. At present you are a perfect type. Don't make yourself incomplete. You are quite flawless now. You need not shake your head: you know you are. Besides, Dorian, don't deceive yourself. Life is not governed by will or intention. Life is a question of nerves, and fibres, and slowly built-up cells in which thought hides itself and passion has its dreams. You may fancy yourself safe and think yourself strong. But a chance tone of colour in a room or a morning sky, a particular perfume that you had once loved and that brings subtle memories with it, a line from a forgotten poem that you had come across again, a cadence from a piece of music that you had ceased to play-- I tell you, Dorian, that it is on things like these that our lives depend. Browning writes about that somewhere; but our own senses will imagine them for us.
»Ja, du bist derselbe. Ich bin gespannt, wie dein Leben weiter verlaufen wird. Verdirb es nicht durch Entsagung. Jetzt bist du ein vollkommener Typus. Mach' dich nicht unvollkommen. Du bist jetzt ganz ohne Tadel. Du brauchst den Kopf nicht zu schütteln: du weißt, du bist es. Und dann, Dorian, betrüge dich nicht selbst. Das Leben wird nicht durch Willen oder Absicht regiert. Das Leben ist eine Angelegenheit der Nerven und Muskeln und der langsam aufgemauerten Zellen, in denen die Gedanken hausen und die Leidenschaft ihren Träumen nachhängt. Du redest dir ein, sicher dazustehen und stark zu sein. Aber ein zufälliger Farbenton in einem Zimmer oder ein Morgenhimmel, ein besonderer Geruch, den du einmal geliebt hast und der versteckte Erinnerungen aufweckt, eine Zeile aus einem vergessenen Gedicht, die dir plötzlich wieder einfällt, ein paar Tonreihen aus einem Musikstück, das du längst nicht mehr spielst -- ich sage dir, Dorian, von solchen Dingen hängt unser Leben ab. Browning hat irgendwo mal darüber geschrieben, aber unsere eigenen Sinne geben uns ohnehin davon Gewißheit.
"Yes: it is a matter of life and death, Alan, and to more than one person. Sit down."
»Ja, es handelt sich um Leben und Tod, und für mehr als einen Menschen, Alan. Setze dich.«
"Yes; it was at dear Lohengrin. I like Wagner's music better than anybody's. It is so loud that one can talk the whole time without other people hearing what one says. That is a great advantage, don't you think so, Mr. Gray?"
»Ja, es war bei dem entzückenden Lohengrin. Ich liebe Wagners Musik mehr als die irgendeines anderen. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß die Nachbarn hören, was man sagt. Das ist ein dankenswerter Vorteil. Meinen Sie nicht auch, Herr Gray?«
"Yes, it was very curious. I don't know what made me say it. Some whim, I suppose. It looked the loveliest of little live things. But I am sorry they told you about the man. It is a hideous subject."
»Ja, es war sehr seltsam. Ich kann nicht mal sagen, warum ich es getan habe. Eine Eingebung vermute ich. Er sah so niedlich aus, der kleine Kerl. Aber ich bedaure sehr, daß man Ihnen von dem Manne erzählt hat. Es ist ein peinliches Thema.«
"Yes; you are just like that."
»Ja, genau so bist du.«
"Yes, sir. He looks as if he had been a sort of sailor; tattooed on both arms, and that kind of thing."
»Ja, gnädiger Herr. Er sieht aus wie ein Matrose; auf beiden Armen tätowiert und überhaupt so in der Art.«
"Yes; horribly unjust of you. I make a great difference between people. I choose my friends for their good looks, my acquaintances for their good characters, and my enemies for their good intellects. A man cannot be too careful in the choice of his enemies. I have not got one who is a fool. They are all men of some intellectual power, and consequently they all appreciate me. Is that very vain of me? I think it is rather vain."
»Ja, grausam ungerecht von dir. Ich unterscheide die Leute sehr scharf. Ich wählte meine Freunde nach ihrem guten Aussehen, meine Bekannten nach ihrem guten Charakter und meine Feinde nach ihrem guten Verstande. Der Mensch kann nicht vorsichtig genug sein in der Wahl seiner Feinde. Ich habe keinen einzigen, der ein Narr ist. Es sind sämtlich Leute von einer gewissen geistigen Höhe, und daher schätzen sie mich auch alle. Bin ich sehr eitel? Ich glaube, es ist ein bißchen eitel.«
"Yes, we are overcharged for everything nowadays. I should fancy that the real tragedy of the poor is that they can afford nothing but self-denial. Beautiful sins, like beautiful things, are the privilege of the rich."
»Ja, heutzutage werden wir in allem überteuert. Ich glaube, die wirkliche Tragödie der Armut ist die, daß sich die Armen nichts leisten können als Selbstverleugnung. Schöne Sünden sind wie alle schönen Dinge ein Vorrecht der begüterten Klassen.«
"Yes, I thought you would like it," replied his host, rising from his chair.
»Ja, ich dachte mir, daß es dir gefällt«, antwortete der Freund, sich vom Stuhle erhebend.
"Yes; I don't suppose you will object to that. Georges Petit is going to collect all my best pictures for a special exhibition in the Rue de Seze, which will open the first week in October. The portrait will only be away a month. I should think you could easily spare it for that time. In fact, you are sure to be out of town. And if you keep it always behind a screen, you can't care much about it."
»Ja, ich denke nicht, daß du etwas dagegen haben wirst. Georges Petit will nächstens meine besten Bilder für eine Sonderausstellung in der Rue de Sèze sammeln, die in der ersten Oktoberwoche eröffnet werden soll. Das Bild wird nur einen Monat lang weg sein. Ich meine, solange könntest du es leicht entbehren. Du bist ohnehin während dieser Zeit nicht in der Stadt. Und wenn du es überhaupt hinter einem Schirm versteckt halten willst, kann dir ja nicht viel daran gelegen sein.«
"Yes, I knew you would; but it is quite true, all the same."
»Ja, ich habe das gewußt; es bleibt aber doch wahr, ganz sicher.«
"Well, I can't help going to see Sibyl play," he cried, "even if it is only for a single act. I get hungry for her presence; and when I think of the wonderful soul that is hidden away in that little ivory body, I am filled with awe."
»Ja, ich muß hin und Sibyl spielen sehen, und wenn auch nur einen Akt lang. Ich hungere nach ihrem Anblick, und wenn ich an die himmlische Seele denke, die in diesem zierlichen Elfenbeinkörper eingeschlossen ist, packt mich stille Ehrfurcht.«
"Yes, I am glad now. I wonder shall I always be glad?"
»Ja, jetzt bin ich erfreut darüber. Ich weiß nicht, ob ich's immer sein werde!«
"Yes, it is my turn to dictate terms, Alan. You know what they are. The thing is quite simple. Come, don't work yourself into this fever. The thing has to be done. Face it, and do it."
»Ja, jetzt ist die Reihe an mir, Bedingungen zu diktieren, Alan. Du weißt, was ich verlange. Die Sache ist ganz einfach. Komm, schraube dich nicht in ein Fieber hinein. Die Sache muß geschehen. Schau ihr ins Gesicht und vollbringe sie.«
"Yes, of course," answered Lord Henry, sinking into a chair and slowly pulling off his yellow gloves. "It is dreadful, from one point of view, but it was not your fault. Tell me, did you go behind and see her, after the play was over?"
»Ja, natürlich«, erwiderte Lord Henry, ließ sich in einen Stuhl nieder und zog seine gelben Handschuhe langsam aus. »Es ist gewiß, einerseits betrachtet, schrecklich, aber es war doch nicht deine Schuld. Sag' mal, bist du hinter die Bühne gegangen und hast du sie gesehen, als das Stück aus war?«
"Yes; she is a peacock in everything but beauty," said Lord Henry, pulling the daisy to bits with his long nervous fingers.
»Ja, sie ist ein Pfau in allem, bis auf die Schönheit«, sagte Lord Henry und zerrupfte das Gänseblümchen zwischen seinen langen nervösen Fingern.
"Yes, she will. She has not merely art, consummate art-instinct, in her, but she has personality also; and you have often told me that it is personalities, not principles, that move the age."
»Ja, sie wird es; denn in ihr ist nicht nur Kunst, vollendetster Kunstinstinkt, sondern sie hat auch Persönlichkeit; und du selbst hast mir oft genug gesagt, daß nur Persönlichkeiten, nicht Prinzipien die Welt beherrschen.«
"Yes, that is his name. I didn't intend to tell it to you."
»Ja, so heißt er. Ich wollte dir's eigentlich nicht sagen.«
"Why, what did you expect, Dorian? You didn't see anything else in the picture, did you? There was nothing else to see?"
»Ja, was hast du denn erwartet, Dorian? Du hast doch nicht sonst noch etwas in dem Bilde gesehen? Es war doch nicht sonst noch etwas anderes zu sehen?«
"Yes," answered Hallward gravely, and with deep-toned sorrow in his voice, "to see your soul. But only God can do that."
»Ja,« antwortete Hallward ernst und ein tiefschmerzlicher Klang zitterte in seiner Stimme -- »deine Seele sehen. Aber das kann nur Gott.«
"Yes," answered Lord Henry dreamily, "the costume of the nineteenth century is detestable. It is so sombre, so depressing. Sin is the only real colour-element left in modern life."
»Ja,« antwortete Lord Henry träumerisch, »die Kleidung des neunzehnten Jahrhunderts ist abscheulich. Sie ist so düster, so deprimierend. Die Sünde ist noch das einzig Farbenfreudige, das im modernen Leben übriggeblieben ist.«
"Yes," murmured Lord Henry, settling his button-hole in his coat; "and when they grow older they know it. But I don't want money. It is only people who pay their bills who want that, Uncle George, and I never pay mine. Credit is the capital of a younger son, and one lives charmingly upon it. Besides, I always deal with Dartmoor's tradesmen, and consequently they never bother me. What I want is information: not useful information, of course; useless information."
»Ja,« brummelte Lord Henry, während er seine Blume im Knopfloch zurechtrückte, »und wenn sie älter werden, dann wissen sie es. Aber ich brauche kein Geld. Nur Leute, die ihre Rechnungen zahlen, brauchen Geld, Onkel Georg, und ich bezahle meine nie. Kredit ist das Kapital eines zweitältesten Sohnes, und man kann brillant davon leben. Außerdem kaufe ich immer bei Dartmoors Lieferanten, und daher habe ich nie Scherereien. Was ich brauche, ist eine Auskunft, keine nützliche Auskunft natürlich, sondern nur eine wertlose.«
"Yes," he continued, "that is one of the great secrets of life. Nowadays most people die of a sort of creeping common sense, and discover when it is too late that the only things one never regrets are one's mistakes."
»Ja,« fuhr Henry fort, »das ist eines der großen Lebensgeheimnisse. Heutzutage sterben die meisten Leute an einer Art von schleichender Verständigkeit, und erst, wenn es zu spät ist, kommen sie dahinter, daß die einzigen Dinge, die man niemals bereut, die Torheiten sind.«
"Yes," continued Lord Henry, "that is one of the great secrets of life-- to cure the soul by means of the senses, and the senses by means of the soul. You are a wonderful creation. You know more than you think you know, just as you know less than you want to know."
»Ja,« fuhr Lord Henry fort, »das ist eines der großen Geheimnisse des Daseins -- die Seele durch die Sinne und die Sinne durch die Seele heilen können. Sie sind ein wunderbares Menschenkind! Sie wissen mehr, als Ihnen bewußt ist, gerade wie Sie weniger wissen, als Ihnen dienlich ist.«
"Yes," he continued, coming closer to him and looking steadfastly into his stern eyes, "I shall show you my soul. You shall see the thing that you fancy only God can see."
»Ja,« fuhr er fort und trat näher zu ihm heran und sah ihm fest in die ernsten Augen, »ich werde dir meine Seele zeigen. Du sollst das Machwerk sehen, von dem du glaubst, daß es nur Gott sehen kann.«
"Yes," he continued, turning round and taking his handkerchief out of his pocket; "his painting had quite gone off. It seemed to me to have lost something. It had lost an ideal. When you and he ceased to be great friends, he ceased to be a great artist. What was it separated you? I suppose he bored you. If so, he never forgave you. It's a habit bores have. By the way, what has become of that wonderful portrait he did of you? I don't think I have ever seen it since he finished it. Oh! I remember your telling me years ago that you had sent it down to Selby, and that it had got mislaid or stolen on the way. You never got it back? What a pity! it was really a masterpiece. I remember I wanted to buy it. I wish I had now. It belonged to Basil's best period. Since then, his work was that curious mixture of bad painting and good intentions that always entitles a man to be called a representative British artist. Did you advertise for it? You should."
»Ja,« fuhr er fort, während er sich umdrehte, und sein Taschentuch aus der Tasche nahm, »seine Malerei ist nicht mehr weither gewesen. Es schien mir so, als hätte sie irgend etwas eingebüßt. Sie hatte ein Ideal verloren. Als ihr beide aufhörtet, intime Freunde zu sein, hörte er auf, ein großer Künstler zu sein. Was hat euch auseinander gebracht? Ich vermute, er langweilte dich. Wenn das der Fall war, dann hat er dir nie verziehen. Das ist gewöhnlich so bei langweiligen Menschen. Was ist übrigens aus dem wundervollen Porträt geworden, das er von dir gemacht hat? Ich kann mich nicht erinnern, es jemals wiedergesehen zu haben, seit es fertig wurde. Ah! Jetzt besinne ich mich, daß du mir vor Jahren erzählt hast, du hättest es nach Selby geschickt und es wäre unterwegs auf irgendeine Weise gestohlen worden oder in Verlust geraten. Hast du es nie wieder bekommen? Wie schade! Es war faktisch ein Meisterwerk. Ich entsinne mich, daß ich es kaufen wollte. Ich wünschte, ich hätte es jetzt. Es stammte aus Basils bester Zeit. Seitdem bestanden alle seine Arbeiten aus dem eigentümlichen Gemengsel von schlechter Malerei und guten Absichten, das einen Mann berechtigt, ein britischer Künstler von Bedeutung genannt zu werden. Hast du deswegen eigentlich gar nicht annonciert? Das hättest du tun sollen.«
"Yes," he continued, "I am less to you than your ivory Hermes or your silver Faun. You will like them always. How long will you like me? Till I have my first wrinkle, I suppose. I know, now, that when one loses one's good looks, whatever they may be, one loses everything. Your picture has taught me that. Lord Henry Wotton is perfectly right. Youth is the only thing worth having. When I find that I am growing old, I shall kill myself."
»Ja,« fuhr er fort, »ich bin dir weniger als dieser Hermes aus Elfenbein oder der silberne Faun da. Die wirst du immer liebbehalten. Wie lange wirst du mich liebhaben? Vermutlich bis die erste Runzel mein Gesicht entstellt. Ich weiß jetzt, wenn man erst seine Schönheit verliert, hat man alles verloren. Dein Bild hat mich dies gelehrt. Lord Henry Wotton hat ganz recht. Jugend ist das einzige, was Wert hat auf der Welt. Sowie ich entdecke, daß ich alt werde, bringe ich mich um.«
"Yes," echoed Dorian, leaning back in his chair and looking at Lord Henry over the heavy clusters of purple-lipped irises that stood in the centre of the table, "what do you mean by good, Harry?"
»Ja,« wiederholte Dorian, indem er sich in seinem Stuhl zurücklehnte und über den massigen Strauß rotblutiger Schwertlilien in der Mitte des Tisches zu Lord Henry blickte, »was verstehst du unter gut, Harry?«
"Yes.
»Ja.«
"Yes."
»Ja.«
"Yes; it is very tragic, of course, but you must not get yourself mixed up in it. I see by The Standard that she was seventeen. I should have thought she was almost younger than that. She looked such a child, and seemed to know so little about acting. Dorian, you mustn't let this thing get on your nerves. You must come and dine with me, and afterwards we will look in at the opera. It is a Patti night, and everybody will be there. You can come to my sister's box. She has got some smart women with her."
»Ja; natürlich ist's sehr tragisch, aber du mußt sehen, nicht mit in die Sache verwickelt zu wenden. Ich habe im >Standard< gelesen, daß sie siebzehn Jahre alt war. Ich hätte sie noch eher für jünger gehalten. Sie sah ganz wie ein Kind aus und schien so wenig von der Schauspielerei zu verstehen. Dorian, du darfst die Sache nicht so an die Nerven gehen lassen. Du mußt mitkommen und mit mir essen, und nachher wollen wir noch 'n bißchen in die Oper gehen. Die Patti singt, und alle Welt wird da sein. Du kannst mit in die Loge von meiner Schwester kommen. Sie bringt ein paar famose Frauen mit.«
"James, you really talk very strangely. Of course I watch over Sibyl."
»James, du hast eine merkwürdige Art, zu sprechen. Natürlich wache ich über sie.«
"You are speaking about things you don't understand, James. In the profession we are accustomed to receive a great deal of most gratifying attention. I myself used to receive many bouquets at one time. That was when acting was really understood. As for Sibyl, I do not know at present whether her attachment is serious or not. But there is no doubt that the young man in question is a perfect gentleman. He is always most polite to me. Besides, he has the appearance of being rich, and the flowers he sends are lovely."
»James, du sprichst von Dingen, die du nicht verstehst. Wir in unserem Beruf sind gewöhnt, eine Menge wohltuender Aufmerksamkeiten zu empfangen. Ich selbst habe zu meiner Zeit viel Blumen bekommen. Damals verstand man noch etwas vom Spielen. Was Sibyl betrifft, so weiß ich im Augenblick nicht, ob ihre Neigung ernst ist oder nicht. Aber darüber besteht kein Zweifel, daß der fragliche junge Mann ein vollendeter Kavalier ist. Er ist immer ausgesucht höflich zu mir. Auch sieht er aus, als ob er reich wäre, und die Buketts, die er schickt, sind ganz allerliebst.«
"Yes," said Dorian. "And I am afraid, Francis, that I have another errand for you. What is the name of the man at Richmond who supplies Selby with orchids?"
»Ja«, antwortete Dorian. »Und ich bedaure, Francis, aber ich habe noch einen Weg für Sie. Wie heißt der Mann in Richmond, der Selby mit Orchideen versorgt?«
"Yes," he answered. Then he bit his lip. "No, I don't mean that. I didn't go to the club. I walked about. I forget what I did. . . . How inquisitive you are, Harry! You always want to know what one has been doing. I always want to forget what I have been doing. I came in at half-past two, if you wish to know the exact time. I had left my latch-key at home, and my servant had to let me in. If you want any corroborative evidence on the subject, you can ask him."
»Ja«, antwortete er. Dann biß er sich auf die Lippen. »Nein, das wollte ich nicht sagen. Ich war nicht im Klub. Ich ging nur so herum. Ich weiß nicht mehr, was ich getan habe... Wie du einen ins Verhör nimmst, Harry! Du willst immer wissen, was man getan hat. Ich will immer vergessen, was ich getan habe. Wenn du aber die genaue Zeit wissen willst, ich bin um halb drei nach Hause gekommen. Ich hatte meinen Hausschlüssel vergessen, und mein Diener mußte mich einlassen. Wenn du vielleicht noch eine Zeugenaussage über mein Alibi wünschst, kannst du ihn ja fragen.«
"Yes!" answered Dorian Gray. "It was here I found her, and she is divine beyond all living things. When she acts, you will forget everything. These common rough people, with their coarse faces and brutal gestures, become quite different when she is on the stage. They sit silently and watch her. They weep and laugh as she wills them to do. She makes them as responsive as a violin. She spiritualizes them, and one feels that they are of the same flesh and blood as one's self."
»Ja«, erwiderte Dorian Gray. »Hier habe ich sie gefunden, und sie ist göttlicher als alles Lebendige. Wenn sie spielt, wirst du alles vergessen. Diese gewöhnlichen rohen Leute mit ihren alltäglichen Gesichtern und brutalen Bewegungen werden ganz verwandelt, sobald sie auf der Bühne steht. Sie sitzen stumm da und beobachten sie. Sie weinen und lachen, wenn sie es will. Sie hält sie in Stimmung, wie man es mit einer Geige tut. Sie veredelt sie, und man spürt, daß sie vom selben Fleisch und Blut sind wie man selbst.«
"Every day. I couldn't be happy if I didn't see him every day. He is absolutely necessary to me."
»Jeden Tag. Ich wäre unglücklich, wenn ich ihn mal einen Tag nicht sähe. Er ist für mich einfach ein Bedürfnis.«
"Each of us has heaven and hell in him, Basil," cried Dorian with a wild gesture of despair. Hallward turned again to the portrait and gazed at it.
»Jeder von uns hat Himmel und Hölle in sich, Basil«, rief Dorian mit einer wilden, verzweifelten Gebärde. Hallward wandte sich wieder dem Bilde zu und starrte es an.
"Christ! what a thing I must have worshipped! It has the eyes of a devil."
»Jesus, mein! Was für ein Ding habe ich angebetet! Es hat die Augen eines Teufels.«
"Now, mind you don't stay too long over your politics and scandal," cried Lady Narborough from the door. "If you do, we are sure to squabble upstairs."
»Jetzt bitte, sitzt mir nicht zu lange bei eurer Politik und euerm Klatsch!« rief Lady Narborough von der Tür aus. »Wenn ihr das tut, zanken wir sicher mit euch, wenn ihr nach oben kommt.«
"You must introduce me now," cried Lord Henry, laughing.
»Jetzt mußt du mich vorstellen!« rief Lord Henry lachend.
"Now, Alan, there is not a moment to be lost. How heavy this chest is! I'll take it for you. You bring the other things." He spoke rapidly and in an authoritative manner. Campbell felt dominated by him. They left the room together.
»Jetzt, Alan, ist kein Augenblick zu verlieren. Wie schwer der Kasten ist! Ich will ihn dir tragen. Nimm du die anderen Sachen.« Er sprach hastig und in befehlendem Tone. Campbell fühlte sich von ihm beherrscht. Sie verließen das Zimmer gleichzeitig.
"Can't you see your ideal in it?" said Dorian bitterly.
»Kannst du dein Ideal nicht darin erkennen?« fragte Dorian bitter.
"You can dine with me to-night, Dorian, can't you?"
»Kannst du heute abend mit mir essen, Dorian?«
"Not at all, not at all, Mr. Gray. Ever ready to do anything for you, sir." And Mr. Hubbard tramped downstairs, followed by the assistant, who glanced back at Dorian with a look of shy wonder in his rough uncomely face. He had never seen any one so marvellous.
»Kein Anlaß, kein Anlaß, Herr Gray! Es ist mir immer ein Vergnügen, für Sie etwas tun zu dürfen.« Und Herr Hubbard stapfte die Treppe hinab, sein Gehilfe hinterher, der noch einmal nach Dorian zurückblickte, mit einem Ausdruck scheuer Bewunderung in dem unschönen Alltagsgesicht. Er hatte nie einen Menschen gesehen, der so wunderhübsch war.
"I am not surprised."
»Kein Wunder!«
"Kelso's grandson!" echoed the old gentleman. "Kelso's grandson! ... Of course.... I knew his mother intimately. I believe I was at her christening. She was an extraordinarily beautiful girl, Margaret Devereux, and made all the men frantic by running away with a penniless young fellow-- a mere nobody, sir, a subaltern in a foot regiment, or something of that kind. Certainly. I remember the whole thing as if it happened yesterday. The poor chap was killed in a duel at Spa a few months after the marriage. There was an ugly story about it.
»Kelsos Enkel!« wiederholte der alte Herr, »Kelsos Enkel! ... natürlich ... ich war mit seiner Mutter sehr intim. Ich glaube, ich war sogar bei ihrer Taufe. Es war ein ganz außergewöhnlich schönes Mädchen, diese Margaret Devereux, und hat dann alle jungen Männer toll gemacht, als sie mit einem jungen Habenichts davonlief, einer absoluten Null, mein Bester, einem Fähnrich bei der Infanterie oder so was Ähnliches. Natürlich. Ich erinnere mich jetzt an die ganze Geschichte, als wäre sie gestern passiert. Der arme Kerl wurde dann ein paar Monate nach der Hochzeit in einem Duell in Spa getötet. Man erzählte damals eine häßliche Geschichte darüber.
"Come away, Jim; come away," she whispered. He followed her doggedly as she passed through the crowd. He felt glad at what he had said.
»Komm fort, Jim; komm fort«, flüsterte sie. Er ging ihr verbissenen Mundes nach, als sie die Menge durchschritt. Er war zufrieden, daß er das gesagt hatte.
"Come, Alan, you must decide at once."
»Komm, Alan, du mußt dich gleich entscheiden.«
"Let us go, Basil," said Lord Henry with a strange tenderness in his voice, and the two young men passed out together.
»Komm, Basil«, sagte Lord Henry mit seltsam zärtlicher Stimme; und die beiden jungen Männer gingen zusammen hinaus.
"Come, Sibyl," said her brother impatiently. He hated his mother's affectations.
»Komm, Sibyl«, sagte ihr Bruder ungeduldig. Er konnte die Attitüden seiner Mutter nicht ausstehen.
"Let us go and sit in the shade," said Lord Henry. "Parker has brought out the drinks, and if you stay any longer in this glare, you will be quite spoiled, and Basil will never paint you again. You really must not allow yourself to become sunburnt. It would be unbecoming."
»Kommen Sie und setzen wir uns in den Schatten«, sagte Lord Henry. »Parker hat uns was zu trinken gebracht, und wenn Sie noch länger in solcher Sonnenglut stehenbleiben, werden Sie sich Ihren Teint verderben, und Basil wird Sie nie mehr malen. Sie dürfen sich wirklich nicht von der Sonne verbrennen lassen. Es würde Ihnen schlecht stehen.«
"Dry-goods! What are American dry-goods?" asked the duchess, raising her large hands in wonder and accentuating the verb.
»Kurzwaren! Was sind amerikanische Kurzwaren?« fragte die Herzogin und erhob staunend ihre großen Hände und dabei jede Silbe betonend.
"Laughter is not at all a bad beginning for a friendship, and it is far the best ending for one," said the young lord, plucking another daisy.
»Lachen ist wohl lange nicht der schlechteste Anfang für eine Freundschaft, und gewiß ihr schönstes Ende«, sagte der junge Lord und pflückte sich noch ein Gänseblümchen.
"Leave me now," said a stern voice behind him.
»Lasse mich jetzt allein«, sagte eine rauhe Stimme hinter ihm.
"Let me get you some orchids, Duchess," cried Dorian, starting to his feet and walking down the conservatory.
»Lassen Sie mich Ihnen ein paar Orchideen holen, Frau Herzogin!« rief Dorian, sprang auf und ging ins Gewächshaus hinunter.
"Let me see. To-day is Tuesday. Let us fix to-morrow. She plays Juliet to-morrow."
»Laß mich mal nachdenken. Heute ist Dienstag. Wollen wir morgen festsetzen? Morgen spielt sie die Julia.«
"Love?"
»Liebe?«
"I would say, my dear fellow, that you were posing for a character that doesn't suit you. All crime is vulgar, just as all vulgarity is crime. It is not in you, Dorian, to commit a murder. I am sorry if I hurt your vanity by saying so, but I assure you it is true. Crime belongs exclusively to the lower orders. I don't blame them in the smallest degree. I should fancy that crime was to them what art is to us, simply a method of procuring extraordinary sensations."
»Lieber Freund, ich würde sagen, daß du einen Charakter posierst, der dich nicht kleidet. Jedes Verbrechen ist ordinär, gerade wie alles Ordinäre ein Verbrechen ist. Du hast nicht die Gabe, Dorian, einen Mord zu begehen. Es sollte mir leid tun, wenn ich dich durch diese Meinung in deiner Eitelkeit kränkte, aber ich versichere dich, es ist wahr. Das Verbrechen ist ein ausschließliches Vorrecht der unteren Klassen. Ich will sie damit durchaus nicht tadeln. Ich vermute einfach, das Verbrechen ist für sie, was die Kunst für uns ist, einfach ein Verfahren, um sich außerordentliche Empfindungen zu verschaffen.«
"My dear Harry, I did not treat it as a business transaction, and I did not make any formal proposal. I told her that I loved her, and she said she was not worthy to be my wife. Not worthy! Why, the whole world is nothing to me compared with her."
»Lieber Harry, ich habe es nicht als Geschäft behandelt und habe ihr keinen förmlichen Antrag gemacht. Ich sagte ihr, daß ich sie liebe, und sie sagte, sie verdiene nicht, mein Weib zu sein. Nicht verdienen! Was ist denn die ganze Welt für mich, wenn ich sie mit ihr vergleiche!«
"My dear Harry, my dear Basil, you must both congratulate me!" said the lad, throwing off his evening cape with its satin-lined wings and shaking each of his friends by the hand in turn. "I have never been so happy. Of course, it is sudden-- all really delightful things are. And yet it seems to me to be the one thing I have been looking for all my life." He was flushed with excitement and pleasure, and looked extraordinarily handsome.
»Lieber Harry, lieber Basil, ihr müßt mir beide Glück wünschen«, sagte der Jüngling, während er den Abendmantel mit den atlasgefütterten Flügeln abwarf und den Freunden die Hand schüttelte. »Ich war niemals so selig. Natürlich ist alles plötzlich gekommen; alles Entzückende kommt plötzlich. Und doch scheint es das einzige gewesen zu sein, wonach ich mein Leben lang auf der Suche war.« Er glühte vor Aufregung und Freude und sah außerordentlich hübsch aus.
"My dear Harry, we either lunch or sup together every day, and I have been to the opera with you several times," said Dorian, opening his blue eyes in wonder.
»Lieber Harry, wir sind jeden Tag entweder beim Frühstück oder beim Abendessen zusammen, und ich bin mehrere Male mit dir in der Oper gewesen«, sagte Dorian und öffnete verwundert seine blauen Augen.
"My dear fellow, I congratulate you most warmly," he said. "It is the finest portrait of modern times. Mr. Gray, come over and look at yourself."
»Lieber Junge,« sagte er, »ich wünsche dir herzlich Glück. Es ist das beste Porträt unserer ganzen Zeit. Herr Gray, kommen Sie und sehen Sie selbst!«
"Lord Henry, I am not at all surprised that the world says that you are extremely wicked." "But what world says that?" asked Lord Henry, elevating his eyebrows. "It can only be the next world. This world and I are on excellent terms."
»Lord Henry, ich bin nicht im mindesten überrascht, daß die ganze Welt über Ihre Ruchlosigkeit klagt.« »Aber welche ganze Welt tut das?« fragte Lord Henry, seine Brauen hochziehend. »Es kann nur die Nachwelt sein. Denn diese Welt und ich, wir stehen brillant miteinander.«
"Never mind that. How long have you known her?"
»Mach' dir darum keine Kopfschmerzen. Wie lange kennst du sie also?«
"Never mind, Lady Narborough. I smoke a great deal too much. I am going to limit myself, for the future."
»Macht nichts, Lady Narborough. Ich rauche viel zuviel. Ich muß mich darin in Zukunft einschränken.«
"Never mind."
»Macht nichts.«
"One may lose one's way."
»Man kann darin seinen Weg verlieren.«
"Women are not always allowed a choice," he answered, but hardly had he finished the sentence before from the far end of the conservatory came a stifled groan, followed by the dull sound of a heavy fall. Everybody started up. The duchess stood motionless in horror. And with fear in his eyes, Lord Henry rushed through the flapping palms to find Dorian Gray lying face downwards on the tiled floor in a deathlike swoon.
»Man läßt den Frauen nicht immer die Wahl«, entgegnete er; aber kaum hatte er den Satz zu Ende gesprochen, als von dem äußersten Winkel des Gewächshauses her ein unterdrücktes Stöhnen kam, dem das dumpfe Gerausch eines schweren Falles folgte. Alles sprang auf. Die Herzogin stand regungslos da vor Schreck. Mit ängstlichen Augen stürzte Lord Henry durch die wehenden Fächer der Palmen und fand Dorian Gray in einer todesähnlichen Ohnmacht am Boden liegend, mit dem Gesicht auf den kühlen Fliesen.
"One has to pay in other ways but money."
»Man muß in anderer Münze zahlen als mit Geld.«
"They say that when good Americans die they go to Paris," chuckled Sir Thomas, who had a large wardrobe of Humour's cast-off clothes.
»Man sagt: wenn gute Amerikaner sterben, so fahren sie nach Paris«, gluckste Sir Thomas, der eine große Kiste voll abgelegter Scherze sein eigen nannte.
"Margaret Devereux was one of the loveliest creatures I ever saw, Harry. What on earth induced her to behave as she did, I never could understand. She could have married anybody she chose. Carlington was mad after her. She was romantic, though. All the women of that family were. The men were a poor lot, but, egad! the women were wonderful. Carlington went on his knees to her. Told me so himself. She laughed at him, and there wasn't a girl in London at the time who wasn't after him. And by the way, Harry, talking about silly marriages, what is this humbug your father tells me about Dartmoor wanting to marry an American? Ain't English girls good enough for him?"
»Margaret Devereux war eines der entzückendsten Geschöpfe, die ich je gesehen habe, Harry. Was in aller Welt sie dazu getrieben hat, so zu handeln, habe ich nie verstehen können. Sie hätte jeden Mann heiraten können, den sie wollte. Carlington war wahnsinnig verschossen in sie. Aber sie war romantisch veranlagt. Alle Frauen dieser Familie waren so. Die Männer waren ein trauriges Gesindel, aber beim Himmel! die Weiber waren wunderbar! Carlington lag vor ihr auf den Knien. Hat's mir selber gebeichtet. Sie lachte ihn aus, und es gab damals in London kein Mädel, das nicht hinter ihm hergewesen wäre. Übrigens, Harry, da wir schon über Mesalliancen reden: was ist das für ein Unsinn, den mir dein Vater von Dartmoor erzählt, der eine Amerikanerin heiraten will? Sind englische Mädels für ihn nicht gut genug?«
"My dear fellow, I am so sorry. When I am painting, I can't think of anything else. But you never sat better. You were perfectly still. And I have caught the effect I wanted-- the half-parted lips and the bright look in the eyes. I don't know what Harry has been saying to you, but he has certainly made you have the most wonderful expression. I suppose he has been paying you compliments. You mustn't believe a word that he says."
»Mein Bester, das tut mir wirklich leid. Wenn ich male, kann ich an nichts anderes denken. Aber du hast nie besser Modell gestanden. Du warst ganz ruhig. Und ich habe endlich den Ausdruck herausgebracht, den ich gesucht habe -- die halb offenen Lippen und den Glanz in den Augen. Ich weiß nicht, was Harry dir erzählt hat, aber sicher hat er es bewirkt, daß du den prachtvollsten Ausdruck hast. Ich vermute, er hat dir Komplimente gemacht. Du darfst ihm nur kein einziges Wort glauben.«
"My servant has nothing to do with it, Basil. You don't imagine I let him arrange my room for me? He settles my flowers for me sometimes-- that is all. No; I did it myself. The light was too strong on the portrait."
»Mein Diener hat nichts damit zu tun, Basil. Du glaubst doch nicht etwa, daß ich ihm irgendeine Anordnung in meinem Zimmer überlasse? Er ordnet zuweilen meine Blumen -- das ist alles. Nein, ich habe es selbst getan. Das Licht war zu stark für das Bild.«
"My God! If it is true," he exclaimed, "and this is what you have done with your life, why, you must be worse even than those who talk against you fancy you to be!" He held the light up again to the canvas and examined it. The surface seemed to be quite undisturbed and as he had left it. It was from within, apparently, that the foulness and horror had come. Through some strange quickening of inner life the leprosies of sin were slowly eating the thing away. The rotting of a corpse in a watery grave was not so fearful.
»Mein Gott! Es ist wahr,« rief er aus, »und das hast du aus deinem Leben gemacht und danach also mußt du noch schlechter sein, als die es ahnen, die gegen dich sprechen.« Er hielt das Licht wieder dicht an die Leinwand und musterte sie scharf. Die Oberfläche schien ganz unzerstört und so, wie sie aus seiner Hand gekommen war. Von innen also war die Fäulnis und das Entsetzliche hervorgedrungen. Durch einen sonderbaren inneren Zeugungsvorgang fraß der Aussatz der Sünde langsam das ganze Bildnis hinweg. Die Verwesung eines Leichnams in einem feuchten Grabe konnte nicht so grauenvoll sein.
"My ideal, as you call it. . ."
»Mein Ideal, wie du es nennst...«
"My child! my child!" cried Mrs. Vane, looking up to the ceiling in search of an imaginary gallery.
»Mein Kind! Mein Kind!« rief Frau Vane und schaute zur Decke auf, als suchte sie in ihrer Einbildung eine Galerie.
"My child, you are far too young to think of falling in love. Besides, what do you know of this young man? You don't even know his name. The whole thing is most inconvenient, and really, when James is going away to Australia, and I have so much to think of, I must say that you should have shown more consideration. However, as I said before, if he is rich . . ."
»Mein Kind, du bist viel zu jung, um an eine Liebschaft zu denken. Zudem, was weißt du von diesem jungen Mann? Du weißt nicht mal seinen Namen. Die ganze Sache ist höchst unpassend, und wahrhaftig, gerade jetzt, wo sich James nach Australien rüstet, und ich an so viele Dinge zu denken habe, da muß ich sagen, du hättest mehr Überlegung zeigen sollen. Immerhin, wie ich schon sagte, wenn er reich ist...«
"My uncle has already suggested pork-packing Sir Thomas."
»Mein Onkel hat behauptet: Schweinefleischlieferant, Sir Thomas.«
"My son, you distress me very much. Sibyl is always under my special care. Of course, if this gentleman is wealthy, there is no reason why she should not contract an alliance with him. I trust he is one of the aristocracy. He has all the appearance of it, I must say. It might be a most brilliant marriage for Sibyl. They would make a charming couple. His good looks are really quite remarkable; everybody notices them."
»Mein Sohn, du verletzt mich ungemein. Sibyl steht unablässig unter meiner besonderen Obhut. Natürlich, falls dieser Herr vermögend ist, sehe ich den Grund nicht ein, um einer Verbindung mit ihm auszuweichen. Ich bin fest davon überzeugt, er gehört zur Aristokratie. Er sieht ganz so aus, muß ich sagen. Es wird eine brillante Partie für Sibyl werden. Sie würden ein entzückendes Paar abgeben. Seine Schönheit ist wirklich ganz bedeutend; sie fällt jedem auf.«
"My son, don't say such dreadful things," murmured Mrs. Vane, taking up a tawdry theatrical dress, with a sigh, and beginning to patch it. She felt a little disappointed that he had not joined the group. It would have increased the theatrical picturesqueness of the situation.
»Mein Sohn, rede doch nicht so schreckliche Dinge«, grollte Frau Vane, während sie seufzend ein flitteriges Theaterkostüm zur Hand nahm und es auszubessern begann. Sie fühlte eine kleine Enttäuschung, daß er sich der Gruppe nicht angeschlossen hatte. Es hätte die malerische Wirkung der Szene so hübsch erhöht.
"Upon my word, Dorian, Miss Sibyl knows how to pay compliments."
»Mein Wort, Dorian, Fräulein Sibyl versteht es, Schmeicheleien zu sagen.«
"Not look at my own work! You are not serious. Why shouldn't I look at it?" exclaimed Hallward, laughing.
»Mein eigenes Bild nicht sehen? Du meinst das doch nicht im Ernst! Warum soll ich es nicht sehen?« rief Hallward lachend.
"Dear me!" said Lady Agatha, "how you men argue! I am sure I never can make out what you are talking about. Oh! Harry, I am quite vexed with you. Why do you try to persuade our nice Mr. Dorian Gray to give up the East End? I assure you he would be quite invaluable. They would love his playing."
»Mein großer Gott!« sagte Lady Agatha, »was für eine Art zu diskutieren habt ihr Männer. Ich verstehe nie ein einziges Wort von eurem Gerede. Mit dir, Harry, oh! bin ich ganz böse. Warum versuchst du, unseren lieben Herrn Dorian Gray zu überreden, nicht mehr ins East-End zu gehen? Ich versichere dir, er wäre dort für uns unschätzbar; sein Spiel würde die Leute ungemein begeistern.«
"My dear fellow, she tried to found a salon, and only succeeded in opening a restaurant. How could I admire her? But tell me, what did she say about Mr. Dorian Gray?"
»Mein guter Junge, sie wollte einen Salon gründen und hat es nur bis zu einem Restaurant gebracht. Wie soll ich sie da bewundern? Aber sage nun endlich, was sie über Herrn Dorian Gray erzählt hat?«
"My dear Basil! Surely you don't think it was a vulgar accident? Of course she killed herself."
»Mein lieber Basil! Du glaubst doch nicht, daß es nur ein gewöhnlicher Unglücksfall war? Natürlich hat sie sich selbst getötet.«
"My dear Basil, how do I know?" murmured Dorian Gray, sipping some pale-yellow wine from a delicate, gold-beaded bubble of Venetian glass and looking dreadfully bored. "I was at the opera. You should have come on there. I met Lady Gwendolen, Harry's sister, for the first time. We were in her box. She is perfectly charming; and Patti sang divinely. Don't talk about horrid subjects. If one doesn't talk about a thing, it has never happened. It is simply expression, as Harry says, that gives reality to things. I may mention that she was not the woman's only child. There is a son, a charming fellow, I believe. But he is not on the stage. He is a sailor, or something. And now, tell me about yourself and what you are painting."
»Mein lieber Basil, wie soll ich das wissen?« sagte Dorian Gray, nippte etwas hellgelben Wein aus einem reizenden bauchigen venezianischen Glase, das mit Goldperlen inkrustiert war, und sah ganz unwillig aus. »Ich war in der Oper. Du hättest auch hinkommen sollen. Ich habe dort Harrys Schwester, Lady Gwendolen, kennengelernt. Wir waren in ihrer Loge. Sie ist ein bezauberndes Weib; und die Patti hat göttlich gesungen. Sprich nicht von schrecklichen Dingen! Wenn man über eine Sache nicht spricht, ist sie nicht geschehen. Nur was man äußert, sagt Harry, gibt den Dingen ihre Wirklichkeit. Erwähnen möcht' ich aber, daß sie nicht das einzige Kind der Frau war. Es ist noch ein Sohn da, ein famoser Junge vermutlich. Aber er ist nicht beim Theater. Matrose oder so was ähnliches. Und jetzt erzähle mir was von dir, was malst du?«
"My dear Basil," said Dorian, "what have you told me? Simply that you felt that you admired me too much. That is not even a compliment."
»Mein lieber Basil,« sagte Dorian, »was hast du mir denn gesagt? Nichts, als daß du das Gefühl habest, mich zu sehr zu bewundern. Das ist nicht einmal ein Kompliment.«
"My dear Dorian, it is quite true. I am analysing women at present, so I ought to know. The subject is not so abstruse as I thought it was. I find that, ultimately, there are only two kinds of women, the plain and the coloured. The plain women are very useful. If you want to gain a reputation for respectability, you have merely to take them down to supper. The other women are very charming. They commit one mistake, however. They paint in order to try and look young. Our grandmothers painted in order to try and talk brilliantly. Rouge and esprit used to go together. That is all over now. As long as a woman can look ten years younger than her own daughter, she is perfectly satisfied.
»Mein lieber Dorian, es ist aber wahr. Ich beschäftige mich gerade mit der Analyse der Frauen, daher muß ich das wissen. Das Thema ist nicht so verwickelt, wie ich glaubte. Ich finde, daß es schließlich nur zwei Arten von Frauen gibt, die einfachen und die geschminkten. Die einfachen Frauen sind sehr nützlich. Wenn du als ehrbarer Mensch gelten willst, mußt du nur eine von ihnen zu Tisch führen. Die andern Frauen sind zum Entzücken. Aber sie begehen einen Fehler. Sie schminken sich, um jung auszusehen. Unsere Großmütter schminkten sich, um geistreich zu plaudern. Rouge und Esprit gingen Hand in Hand. Das ist jetzt alles vorbei. Solange eine Frau zehn Jahre jünger aussehen kann als ihre Tochter, ist sie gänzlich zufrieden.
"My dear Dorian, I should think Miss Vane was ill," interrupted Hallward. "We will come some other night."
»Mein lieber Dorian, ich glaube, Miß Vane war krank«, unterbrach ihn Hallward. »Wir wollen an einem anderen Abend wiederkommen.«
"My dear Dorian," answered Lord Henry, taking a cigarette from his case and producing a gold-latten matchbox, "the only way a woman can ever reform a man is by boring him so completely that he loses all possible interest in life. If you had married this girl, you would have been wretched. Of course, you would have treated her kindly. One can always be kind to people about whom one cares nothing. But she would have soon found out that you were absolutely indifferent to her. And when a woman finds that out about her husband, she either becomes dreadfully dowdy, or wears very smart bonnets that some other woman's husband has to pay for. I say nothing about the social mistake, which would have been abject--which, of course, I would not have allowed-- but I assure you that in any case the whole thing would have been an absolute failure."
»Mein lieber Dorian,« antwortete Lord Harry, während er eine Zigarette aus dem Etui nahm und ein goldenes Streichholzbüchschen hervorholte, »die einzige Art, auf die eine Frau einen Mann bessern kann, besteht darin, sie langweilt ihn so gründlich, daß er alles Interesse am Leben verliert. Wenn du dieses Mädchen geheiratet hättest, wärst du verdorben worden. Natürlich hättest du sie gütig behandelt. Menschen, für die man nichts übrig hat, kann man immer gütig behandeln. Aber sie hätte bald herausgefunden, daß du gar nichts für sie übrig hast. Und wenn eine Frau bei ihrem Mann Gleichgültigkeit wittert, vernachlässigt sie sich entweder schrecklich, oder sie trägt überelegante Hüte, die der Mann einer anderen Frau bezahlen muß. Ich will nichts über das soziale Mißverhältnis sagen, das schauderhaft gewesen wäre; ich hätte selbstverständlich die Sache nie zugegeben, aber ich versichere dir, die Sache wäre in jedem Falle ganz verfehlt gewesen.«
"My dear Dorian," answered Lord Henry, "you merely fainted. That was all. You must have overtired yourself. You had better not come down to dinner. I will take your place."
»Mein lieber Dorian,« antwortete Lord Henry, »es war ein Ohnmachtsanfall. Weiter nichts. Du mußt dich wohl übermüdet haben. Komm lieber nicht zum Diner hinunter. Ich werde dich vertreten.«
"My dear boy, the people who love only once in their lives are really the shallow people. What they call their loyalty, and their fidelity, I call either the lethargy of custom or their lack of imagination. Faithfulness is to the emotional life what consistency is to the life of the intellect--simply a confession of failure. Faithfulness! I must analyse it some day. The passion for property is in it. There are many things that we would throw away if we were not afraid that others might pick them up. But I don't want to interrupt you. Go on with your story."
»Mein lieber Junge, die Leute, die nur einmal im Leben lieben, das sind in Wirklichkeit die Oberflächlichen. Was sie Anstand und Treue nennen, nenne ich entweder die Trägheit der Gewohnheit oder Mangel an Einbildungskraft. Treue ist im Gefühlsleben dasselbe, was Konsequenz im Geistesleben ist, nichts als das Zugeständnis von Schwäche. Treue! Ich muß ihren Begriff später mal analysieren. Freude am Besitz liegt darin. Welche Menge von Dingen würden wir wegwerfen, wenn wir nicht fürchten müßten, andere könnten sie auflesen. Aber ich möchte dich nicht unterbrechen. Erzähle weiter.«
"My dear boy, you are really beginning to moralize. You will soon be going about like the converted, and the revivalist, warning people against all the sins of which you have grown tired. You are much too delightful to do that. Besides, it is no use. You and I are what we are, and will be what we will be. As for being poisoned by a book, there is no such thing as that. Art has no influence upon action. It annihilates the desire to act. It is superbly sterile. The books that the world calls immoral are books that show the world its own shame. That is all. But we won't discuss literature. Come round to-morrow. I am going to ride at eleven. We might go together, and I will take you to lunch afterwards with Lady Branksome. She is a charming woman, and wants to consult you about some tapestries she is thinking of buying. Mind you come. Or shall we lunch with our little duchess? She says she never sees you now. Perhaps you are tired of Gladys? I thought you would be. Her clever tongue gets on one's nerves. Well, in any case, be here at eleven."
»Mein lieber Junge, du fängst wirklich an, Moralpredigten zu halten. Du wirst bald umherlaufen, wie ein Bekehrter und ein Erweckungsprediger, und wirst die Menschen vor all den Sünden warnen, deren du müde geworden bist. Aber dazu bist du viel zu entzückend. Außerdem hat es keinen Zweck. Du und ich, wir sind, was wir sind, und werden immer sein, was wir sein werden. Und vergiftet werden durch ein Buch, sowas gibt es einfach nicht. Kunst hat keinen Einfluß auf die Tat. Sie vernichtet den Trieb zu handeln. Sie ist auf eine herrliche Art zeugungsunfähig. Die Bücher, die die Welt unmoralisch nennt, sind Bücher, die der Welt ihre eigene Schande vorhalten. Sonst nichts. Aber wir wollen nicht über Literatur streiten. Komm morgen wieder her! Ich reite um elf aus. Wir können zusammen reiten, und ich nehme dich nachher zum Frühstück zu Lady Branksome mit. Es ist eine entzückende Frau und sie will dich zu Rate ziehen über ein paar Gobelins, die sie kaufen möchte. Vergiß nicht zu kommen. Oder wollen wir bei unserer kleinen Herzogin frühstücken? Sie sagt, sie sieht dich jetzt gar nicht mehr. Vielleicht hast du genug von Gladys? Ich dachte mir's, daß es so kommen würde. Ihr gewandtes Züngelein fällt einem auf die Nerven. Also, jedenfalls bist du um elf hier.«
"My dear boy, no woman is a genius. Women are a decorative sex. They never have anything to say, but they say it charmingly. Women represent the triumph of matter over mind, just as men represent the triumph of mind over morals."
»Mein lieber Junge, es gibt keine Frau, die ein Genie wäre. Die Frauen sind ein dekoratives Geschlecht. Sie haben niemals etwas zu sagen, aber sie sagen es entzückend. Die Frauen bedeuten den Triumph der Materie über den Geist, wie die Männer den Triumph des Geistes über die Sittlichkeit.«
"My dear fellow, I am not quite serious. But I can't help detesting my relations. I suppose it comes from the fact that none of us can stand other people having the same faults as ourselves. I quite sympathize with the rage of the English democracy against what they call the vices of the upper orders. The masses feel that drunkenness, stupidity, and immorality should be their own special property, and that if any one of us makes an ass of himself, he is poaching on their preserves. When poor Southwark got into the divorce court, their indignation was quite magnificent. And yet I don't suppose that ten per cent of the proletariat live correctly."
»Mein lieber Junge, ich meine es nicht so ernst. Aber ich kann mir nicht helfen, ich verabscheue meine Verwandten. Ich vermute, das schreibt sich daher, daß kein Mensch bei einem anderen seine eigenen Fehler vertragen kann. Ich verstehe durchaus die Wut der englischen Demokraten auf die sogenannten Laster der oberen Stände. Die Massen fühlen, daß Trunkenheit, Dummheit und Unsittlichkeit zu ihren Vorrechten gehören sollten, und daß jeder von uns, der sich darin bloßstellt, gewissermaßen auf ihrem Gebiete wildert. Als damals der Scheidungsprozeß des armen Southwark spielte, war ihre Entrüstung wirklich prachtvoll. Und trotzdem lebt meiner Überzeugung nach nicht der zehnte Teil des Proletariats der Sitte gemäß.«
"My dear boy, they have only been talking about it for six weeks, and the British public are really not equal to the mental strain of having more than one topic every three months. They have been very fortunate lately, however. They have had my own divorce-case and Alan Campbell's suicide. Now they have got the mysterious disappearance of an artist. Scotland Yard still insists that the man in the grey ulster who left for Paris by the midnight train on the ninth of November was poor Basil, and the French police declare that Basil never arrived in Paris at all. I suppose in about a fortnight we shall be told that he has been seen in San Francisco. It is an odd thing, but every one who disappears is said to be seen at San Francisco. It must be a delightful city, and possess all the attractions of the next world."
»Mein lieber Junge, sie reden ja erst seit sechs Wochen davon, und das englische Publikum ist wirklich nicht der geistigen Anstrengung gewachsen, alle drei Monate mehr als ein Gesprächsthema zu haben. Immerhin haben sie in der letzten Zeit Glück gehabt. Sie hatten meinen eigenen Ehescheidungsprozeß und Alan Campbells Selbstmord. Jetzt haben sie das geheimnisvolle Verschwinden eines Künstlers. In Scotland Yard bleibt man hartnäckig dabei, daß der Mann im grauen Ulster, der in der Nacht des neunten November mit dem Zwölfuhrzug nach Paris fuhr, der arme Basil war, und die französische Polizei erklärt, Basil wäre überhaupt nie in Paris eingetroffen. Vermutlich wird man uns etwa in vierzehn Tagen auftischen, daß er in San Francisco gesehen worden ist. Es ist eine schwierige Geschichte, aber von jedem Menschen, der verschwindet, heißt es, daß er in San Francisco gesehen worden ist. Das muß eine entzückende Stadt sein, die alle Reize der zukünftigen Welt ihr Eigen nennt.«
"My dear old Basil, you are much more than an acquaintance."
»Mein lieber, alter Basil, du bist weit, weit mehr als ein Bekannter.«
"To see my soul!" muttered Dorian Gray, starting up from the sofa and turning almost white from fear.
»Meine Seele sehen«, murmelte Dorian Gray, stand vom Sofa auf und wurde beinah weiß vor Angst.
"My dear Gladys!" cried Lord Henry. "How can you say that? Romance lives by repetition, and repetition converts an appetite into an art. Besides, each time that one loves is the only time one has ever loved. Difference of object does not alter singleness of passion. It merely intensifies it. We can have in life but one great experience at best, and the secret of life is to reproduce that experience as often as possible."
»Meine liebe Gladys.« rief Lord Henry. »Wie kannst du das sagen? Die Romantik lebt von Wiederholung, und die Wiederholung verwandelt jeden Anreiz in Kunst. Übrigens, jedesmal, wenn man liebt, ist es das erstemal, daß man geliebt hat. Die Verschiedenheit des Objektes verändert die Einzigkeit der Leidenschaft nicht. Sie macht sie nur stärker. Wir können im Leben bestenfalls nur ein einziges großes Erlebnis haben, und das Geheimnis des Lebens besteht darin, dieses Erlebnis so oft als möglich zu wiederholen.«
"My dear Gladys, I would not alter either name for the world. They are both perfect. I was thinking chiefly of flowers. Yesterday I cut an orchid, for my button-hole. It was a marvellous spotted thing, as effective as the seven deadly sins. In a thoughtless moment I asked one of the gardeners what it was called. He told me it was a fine specimen of Robinsoniana, or something dreadful of that kind. It is a sad truth, but we have lost the faculty of giving lovely names to things. Names are everything. I never quarrel with actions. My one quarrel is with words. That is the reason I hate vulgar realism in literature. The man who could call a spade a spade should be compelled to use one. It is the only thing he is fit for."
»Meine teure Gladys, ich würde um keinen Preis der Welt einen der beiden Namen umändern wollen. Sie sind beide vollendet. Ich dachte hauptsächlich an Blumen. Gestern schnitt ich mir eine Orchidee für mein Knopfloch. Es war eine wundervoll gesprenkelte Blume, so wirkungsvoll wie die sieben Todsünden. In einem Anfall von Gedankenträgheit fragte ich einen der Gärtner, wie sie heiße. Er sagte mir, es sei ein schönes Exemplar der Robinsoniana oder irgendeine derartige gräßliche Bezeichnung. Es ist eine traurige Wahrheit, aber wir haben die glückliche Gabe verloren, den Dingen schöne Namen zu geben. Und Namen sind alles. Ich kämpfe nie gegen Taten an. Mein einziger Kampf richtet sich gegen die Worte. Das ist der Grund, weshalb ich den vulgären Realismus in der Literatur verabscheue. Der Mann, der imstande ist, einen Spaten einen Spaten zu nennen, sollte gezwungen werden, selbst einen in die Hand zu nehmen. Es ist die einzige Sache, zu der er tauglich wäre.«
"Do you mean about Sibyl Vane?" asked the lad.
»Meinst du an Sibyl Vane?« fragte der Jüngling.
"People like you--the wilful sunbeams of life--don't commit crimes, Dorian. But I am much obliged for the compliment, all the same. And now tell me-- reach me the matches, like a good boy--thanks--what are your actual relations with Sibyl Vane?"
»Menschen wie du -- die kühnen Sonnenstrahlen des Lebens -- begehen keine Verbrechen, Dorian. Aber ich danke dir trotzdem für dein Kompliment. Und nun sag' mir -- bitte gib mir mal die Streichhölzer herüber; danke -- wie sind deine wirklichen Beziehungen zu Sibyl Vane?«
"You have not spoiled my pleasure in meeting you, Mr. Gray," said Lord Henry, stepping forward and extending his hand. "My aunt has often spoken to me about you. You are one of her favourites, and, I am afraid, one of her victims also."
»Mir haben Sie das Vergnügen, Ihre Bekanntschaft zu machen, nicht verdorben, Herr Gray«, sagte Lord Henry, ging auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen. »Meine Tante hat oft von Ihnen gesprochen. Sie sind einer ihrer Lieblinge und, wie ich fürchte, auch ihrer Opfer.«
"I want him to play to me," cried Lord Henry, smiling, and he looked down the table and caught a bright answering glance.
»Mir ist es lieber, wenn er für mich spielt«, rief Lord Henry lächelnd, sah am Tisch hinunter, wo ihn ein fröhlich antwortender Blick traf.
"I am quite well, Harry. I am tired. That is all."
»Mir ist ganz wohl. Ich bin müde. Sonst nichts.«
"I like it better. Come and have something to drink. I must have something."
»Mir schmeckt er da besser. Komm, wir wollen was trinken. Ich muß was haben.«
"With their ages, Lady Narborough?" asked Dorian.
»Mit ihrer Altersangabe, Lady Narborough?« fragte Dorian.
"To some little actress or other."
»Mit irgendeiner kleinen Schauspielerin.«
"To whom?"
»Mit wem?«
"The fashionable substitute for belief."
»Modesurrogat für den Glauben.«
"Monmouth has ears."
»Monmouth hat Ohren.«
"Monsieur has well slept this morning," he said, smiling.
»Monsieur hat heute morgen gut geschlafen«, sagte er lächelnd.
"Murder! Good God, Dorian, is that what you have come to? I shall not inform upon you. It is not my business. Besides, without my stirring in the matter, you are certain to be arrested. Nobody ever commits a crime without doing something stupid. But I will have nothing to do with it."
»Mord! Guter Gott, Dorian, bist du jetzt soweit gekommen? Ich werde dich nicht anzeigen. Das ist meines Amtes nicht. Im übrigen wird man dich fassen, auch wenn ich mich nicht in die Sache mische. Niemand begeht ein Verbrechen, ohne dabei eine Dummheit zu machen. Also ich will nichts damit zu tun haben.«
"Mother, Mother, I am so happy!" whispered the girl, burying her face in the lap of the faded, tired-looking woman who, with back turned to the shrill intrusive light, was sitting in the one arm-chair that their dingy sitting-room contained. "I am so happy!" she repeated, "and you must be happy, too!"
»Mutter, Mutter, ich bin so glücklich!« flüsterte das Mädchen und barg ihr Gesicht im Schoße der verblühten, müde aussehenden Frau, die mit dem Rücken gegen das grell eindringende Licht in dem einzigen Armstuhl saß, den ihr armseliges Wohnzimmer enthielt. »Ich bin so glücklich!« wiederholte sie, »und du wirst auch glücklich sein.«
"Mother, I have something to ask you," he said. Her eyes wandered vaguely about the room. She made no answer. "Tell me the truth. I have a right to know. Were you married to my father?"
»Mutter, ich muß dich was fragen«, sagte er. Ihre Augen irrten im Zimmer umher. Sie gab keine Antwort. »Sag' mir die Wahrheit! Ich hab' ein Recht, es zu erfahren! Warst du mit meinem Vater verheiratet?«
"Must I really come, Harry?"
»Muß ich wirklich kommen, Harry?«
"Men have educated us."
»Männer haben uns erzogen.«
"You know quite well."
»Na, du weißt doch.«
"Narborough wasn't perfect," cried the old lady. "If he had been, you would not have loved him, my dear lady," was the rejoinder. "Women love us for our defects. If we have enough of them, they will forgive us everything, even our intellects. You will never ask me to dinner again after saying this, I am afraid, Lady Narborough, but it is quite true."
»Narborough war nicht vollkommen!« rief die alte Dame. »Wenn er es gewesen wäre, hätten Sie ihn nicht geliebt, meine teure Lady«, war die Antwort. »Frauen lieben uns um unserer Fehler willen. Wenn wir ihrer genug haben, vergeben sie uns alles, selbst unseren Geist. Ich fürchte, Sie werden mich nie wieder zu einem Diner bitten, nachdem ich das gesagt habe, Lady Narborough, aber es ist völlig wahr.«
"Of course he likes it," said Lord Henry. "Who wouldn't like it? It is one of the greatest things in modern art. I will give you anything you like to ask for it. I must have it."
»Natürlich gefällt's ihm«, sagte Lord Henry. »Wem würde es nicht gefallen? Es gehört zu den größten Werken der modernen Kunst. Ich gebe dir jeden Betrag dafür, den du verlangst. Ich muß es haben.«
"Of course it is true, Lord Henry. If we women did not love you for your defects, where would you all be? Not one of you would ever be married. You would be a set of unfortunate bachelors. Not, however, that that would alter you much. Nowadays all the married men live like bachelors, and all the bachelors like married men."
»Natürlich ist es wahr, Lord Henry. Wenn wir Frauen euch nicht eurer Fehler halber liebten, wo wäret ihr alle? Nicht ein einziger von euch würde verheiratet sein. Und ihr wäret eine Sekte unglücklicher Junggesellen. Das würde aber nicht viel an euch ändern. Heutzutage leben alle Ehemänner wie Junggesellen und alle Junggesellen wie Ehemänner.«
"Of course I know her. On the first night I was at the theatre, the horrid old Jew came round to the box after the performance was over and offered to take me behind the scenes and introduce me to her. I was furious with him, and told him that Juliet had been dead for hundreds of years and that her body was lying in a marble tomb in Verona. I think, from his blank look of amazement, that he was under the impression that I had taken too much champagne, or something."
»Natürlich kenne ich sie. Schon am ersten Abend im Theater kam der gräßliche alte Jude nach der Vorstellung in meine Loge und bot mir an, mich hinter die Kulissen zu führen und ihr vorzustellen. Ich war wütend und sagte ihm, daß Julia seit Hunderten von Jahren tot sei und daß ihr Körper in einem Marmorgrabe zu Verona liege. Nach dem bestürzten Ausdruck in seinem Gesicht vermute ich, daß er glaubte, ich hätte zuviel Champagner oder Ähnliches getrunken.«
"Of course, with their ages, slightly edited. But nothing must be done in a hurry. I want it to be what The Morning Post calls a suitable alliance, and I want you both to be happy."
»Natürlich mit ihrem Alter, ein wenig retuschiert. Aber man darf nichts übereilen. Ich will, daß es genau das wird, was die Morning Post eine passende Verbindung nennt, und ihr sollt beide glücklich werden.«
"Of course I refuse. I will have absolutely nothing to do with it. I don't care what shame comes on you. You deserve it all. I should not be sorry to see you disgraced, publicly disgraced. How dare you ask me, of all men in the world, to mix myself up in this horror? I should have thought you knew more about people's characters. Your friend Lord Henry Wotton can't have taught you much about psychology, whatever else he has taught you. Nothing will induce me to stir a step to help you. You have come to the wrong man. Go to some of your friends. Don't come to me."
»Natürlich weigere ich mich. Ich will absolut nichts damit zu schaffen haben. Es liegt mir gar nichts daran, was für eine Schande über dich kommt. Du verdienst es vollauf. Es würde mir nicht leid tun, wenn ich dich entehrt, öffentlich entehrt sähe. Wie kannst du es wagen, mich, gerade mich von allen Menschen in der Welt in diese Scheußlichkeit hineinbringen zu wollen? Ich hätte geglaubt, du verständest mehr vom Charakter der Menschen. Dein Freund, Lord Henry Wotton, kann dich nicht sehr über Psychologie aufgeklärt haben, worüber er dich auch sonst aufgeklärt hat. Nichts wird mich dazu vermögen, auch nur einen Schritt zu tun, um dir zu helfen. Du bist an den falschen Mann gekommen. Geh zu einem deiner Freunde, nicht zu mir.«
"Being natural is simply a pose, and the most irritating pose I know," cried Lord Henry, laughing; and the two young men went out into the garden together and ensconced themselves on a long bamboo seat that stood in the shade of a tall laurel bush. The sunlight slipped over the polished leaves. In the grass, white daisies were tremulous.
»Natürlichkeit ist immer eine Pose, und zwar die ärgerlichste Pose, die ich kenne«, rief Lord Henry lachend aus, und die beiden jungen Männer gingen zusammen in den Garten und ließen sich auf einer langen Bambusbank nieder, die im Schatten eines hohen Lorbeerbusches stand. Das Sonnenlicht flirrte tanzend über die glatten Blätter. Im Grase zitterten weiße Gänseblümchen.
"Take that thing off the face. I wish to see it," he said, clutching at the door-post for support.
»Nehmen Sie das da vom Gesicht weg. Ich will es sehen«, sagte er und hielt sich an dem Türpfosten fest.
"No, sir. Never saw him before. Seems like a sailor, sir."
»Nein Herr. Ich hab' ihn mein Lebtag nicht gesehen. Er sieht aus wie ein Matrose, gnädiger Herr.«
"No, Alan, you must not leave the house. Write out on a sheet of notepaper what you want and my servant will take a cab and bring the things back to you." Campbell scrawled a few lines, blotted them, and addressed an envelope to his assistant. Dorian took the note up and read it carefully. Then he rang the bell and gave it to his valet, with orders to return as soon as possible and to bring the things with him.
»Nein, Alan, du darfst das Haus nicht verlassen. Schreib' auf ein Blatt Papier, was du brauchst, und mein Diener nimmt eine Droschke und wird dir die Sachen bringen.« Campbell kritzelte ein paar Zeilen hin, trocknete sie ab und adressierte ein Kuvert an seinen Assistenten. Dorian nahm das Briefchen und las es aufmerksam durch. Dann klingelte er und gab es seinem Diener mit dem Auftrag, so rasch als möglich zurückzukommen und die im Schreiben bezeichneten Sachen mitzubringen.
"No, Basil, you must tell me," insisted Dorian Gray. "I think I have a right to know." His feeling of terror had passed away, and curiosity had taken its place. He was determined to find out Basil Hallward's mystery.
»Nein, Basil, du mußt es mir sagen. Ich glaube, ich habe ein Recht, es zu wissen.« Sein Angstgefühl hatte ihn verlassen, und Neugier war an dessen Stelle getreten. Er war entschlossen, hinter Basil Hallwards Geheimnis zu kommen.
"Don't, Harry. The soul is a terrible reality. It can be bought, and sold, and bartered away. It can be poisoned, or made perfect. There is a soul in each one of us. I know it."
»Nein, Harry. Die Seele ist eine fürchterliche Gewißheit. Sie kann gekauft werden und verkauft und umgetauscht. Sie kann vergiftet werden oder vervollkommnet. In jedem von uns lebt eine Seele. Ich weiß es.«
"No, Harry," answered the artist, giving his hat and coat to the bowing waiter. "What is it? Nothing about politics, I hope! They don't interest me. There is hardly a single person in the House of Commons worth painting, though many of them would be the better for a little whitewashing."
»Nein, Harry«, antwortete der Künstler, während er Hut und Rock dem dienernden Kellner gab. »Was ist es? Nichts über Politik, hoffe ich. Die interessiert mich nicht. Im ganzen Unterhause gibts keinen einzigen Menschen, den man malen möchte; wenn auch einigen von ihnen zur Aufbesserung etwas Firnis nicht schaden könnte.«
"No, you did not. You said it was because there was too much of yourself in it. Now, that is childish."
»Nein, das hast du nicht getan. Du hast nur gesagt, weil zuviel von dir selbst in dem Bilde stecke. Das ist aber kindisch.«
"No; there was nothing else to see. Why do you ask? But you mustn't talk about worship. It is foolish. You and I are friends, Basil, and we must always remain so."
»Nein, es war sonst nichts anderes zu sehen. Warum fragst du? Aber du solltest nicht von Verehrung sprechen. Das ist Narrheit. Du und ich, wir sind Freunde, Basil, und müssen es immer bleiben.«
"No, sir." The man shambled down the passage in his slippers.
»Nein, gnädiger Herr!« Der Mann schlurfte in seinen Pantoffeln durch den Torweg die Dienertreppe hinab.
"No, sir, except that he would write to you from Paris, if he did not find you at the club."
»Nein, gnädiger Herr, nur, daß er von Paris schreiben würde, wenn er Sie im Klub nicht treffen sollte.«
"No; I don't think so."
»Nein, ich glaube nicht.«
"No; I think your nature so deep."
»Nein, ich halte sie für so tief.«
"No, I won't send it anywhere."
»Nein, ich will es nirgends ausstellen.«
"No, I will come down," he said, struggling to his feet. "I would rather come down. I must not be alone."
»Nein, ich will herunterkommen«, sagte er und mühte sich, auf den Füßen zu stehen. »Ich komme lieber herunter! Ich darf nicht allein sein.«
"No, you don't feel it now. Some day, when you are old and wrinkled and ugly, when thought has seared your forehead with its lines, and passion branded your lips with its hideous fires, you will feel it, you will feel it terribly. Now, wherever you go, you charm the world. Will it always be so? . . . You have a wonderfully beautiful face, Mr. Gray. Don't frown. You have. And beauty is a form of genius-- is higher, indeed, than genius, as it needs no explanation. It is of the great facts of the world, like sunlight, or spring-time, or the reflection in dark waters of that silver shell we call the moon. It cannot be questioned. It has its divine right of sovereignty. It makes princes of those who have it.
»Nein, jetzt empfinden Sie es nicht. Später einmal, wenn Sie alt, runzlig und häßlich sind, wenn das Denken Furchen in Ihre Stirne gegraben und die Leidenschaft Ihre Lippen mit ihrem schrecklichen Feuer verbrannt hat, dann werden Sie es empfinden, furchtbar empfinden. Jetzt können Sie hingehen, wo Sie wollen, und Sie berücken die ganze Welt! Wird das immer so sein?... Sie haben ein wundervoll schönes Gesicht, Herr Gray. Runzeln Sie nicht die Stirn. Sie haben es. Und Schönheit ist eine Form des Genies -- steht in Wahrheit noch höher als das Genie, da sie keinerlei Erklärung bedarf. Sie ist eine der großen Lebenstatsachen, wie das Sonnenlicht oder der Lenz oder wie in dunkeln Gewässern der Widerschein der Silbermuschel, die wir Mond nennen. Sie kann nicht bestritten werden. Sie hat ein göttliches, erhabenes Recht. Wer sie hat, den macht sie zu einem Prinzen.
"No, of course not," cried Dorian.
»Nein, natürlich nicht!« rief Dorian.
"No, no," he cried petulantly. "Thank you, Leaf. That will do."
»Nein, nein!« rief er ungeduldig. »Ich danke, gute Leaf. Ich brauche sonst nichts.«
"No, she will never come to life. She has played her last part. But you must think of that lonely death in the tawdry dressing-room simply as a strange lurid fragment from some Jacobean tragedy, as a wonderful scene from Webster, or Ford, or Cyril Tourneur. The girl never really lived, and so she has never really died. To you at least she was always a dream, a phantom that flitted through Shakespeare's plays and left them lovelier for its presence, a reed through which Shakespeare's music sounded richer and more full of joy. The moment she touched actual life, she marred it, and it marred her, and so she passed away. Mourn for Ophelia, if you like. Put ashes on your head because Cordelia was strangled. Cry out against Heaven because the daughter of Brabantio died. But don't waste your tears over Sibyl Vane. She was less real than they are."
»Nein, sie wird nie wieder zum Leben erwachen. Sie hat ihre letzte Rolle gespielt. Aber du mußt an diesen einsamen Tod in dem ärmlichen Garderobenzimmer denken wie an ein seltsam schauriges Fragment aus einer Tragödie von der Zeit König Jakobs her, wie an eine wunderbare Szene bei Webster oder Ford oder Cyril Tourneur. Das Mädchen hat nie wirklich gelebt, also ist sie auch nie wirklich gestorben. Für dich war sie ja niemals mehr als ein Traum, ein Schattengeist, der durch Shakespeares Dramen huschte und sie durch ihr Dasein noch reizvoller machte, der Ton einer Flöte, durch die Shakespeares Musik noch reicher und freudiger ertönte. Im Augenblick, wo sie das wirkliche Leben berührte, zerstörte sie es, und es zerstörte sie, und so schied sie dahin. Trauere um Ophelia, wenn es dir behagt. Streu Asche auf dein Haupt, weil Kordelia erwürgt wurde. Schrei zum Himmel, weil die Tochter des Brabantio starb. Aber verschwende deine Tränen nicht um Sibyl Vane. Sie war weniger wirklich, als jene sind.«
"No," said Dorian Gray, "there is nothing fearful about it. It is one of the great romantic tragedies of the age. As a rule, people who act lead the most commonplace lives. They are good husbands, or faithful wives, or something tedious. You know what I mean--middle-class virtue and all that kind of thing. How different Sibyl was! She lived her finest tragedy. She was always a heroine. The last night she played-- the night you saw her--she acted badly because she had known the reality of love. When she knew its unreality, she died, as Juliet might have died. She passed again into the sphere of art. There is something of the martyr about her. Her death has all the pathetic uselessness of martyrdom, all its wasted beauty.
»Nein,« sagte Dorian Gray, »es ist gar nichts Schreckliches daran. Es ist eine der größten romantischen Tragödien unserer Zeit. In der Regel führen Schauspieler das alltäglichste Leben. Sie sind gute Ehemänner oder treue Ehefrauen oder sonst irgendwas Langweiliges. Du verstehst, was ich meine -- hausbackene Tugend und lauter solche Dinge. Wie anders war Sibyl! Sie lebte ihre beste Tragödie. Sie war immer eine Heldin. Am letzten Abend, wo sie spielte -- an dem Abend, wo du sie gesehen hast --, spielte sie schlecht, weil sie die Liebe als Wirklichkeit erkannt hatte. Als sie ihre Unwirklichkeit erfuhr, starb sie, wie Julia daran gestorben wäre. Sie entschwand wieder in das Reich der Kunst. Sie umschwebt etwas von einer Märtyrerin. Ihr Tod hat all die pathetische Nutzlosigkeit der Märtyrerschaft, all seine vergeudete Schönheit.
"No."
»Nein.«
"No: I am going to be out of England for six months. I intend to take a studio in Paris and shut myself up till I have finished a great picture I have in my head. However, it wasn't about myself I wanted to talk. Here we are at your door. Let me come in for a moment. I have something to say to you."
»Nein; ich bleibe sechs Monate von England fort. Ich will mir in Paris ein Atelier mieten und mich darin einschließen, bis ein großes Bild fertig ist, das ich im Kopf habe. Aber ich wollte nicht über mich reden. Da sind wir an deiner Tür. Laß mich einen Augenblick mit herein. Ich habe dir was zu sagen.«
"No," answered his mother with a placid expression in her face. "He has not yet revealed his real name. I think it is quite romantic of him. He is probably a member of the aristocracy."
»Nein«, antwortete die Mutter mit gelassener Miene. »Er hat uns seinen wirklichen Namen noch nicht verraten. Ich finde das sehr romantisch von ihm. Wahrscheinlich ist er ein Herr von Adel.«
"No," she answered, wondering at the harsh simplicity of life.
»Nein«, antwortete sie, erstaunt über die harte Einfachheit des Lebens.
"You call yesterday the past?"
»Nennst du gestern die Vergangenheit?«
"Not very good, Dorian. I think most of the birds have gone to the open. I dare say it will be better after lunch, when we get to new ground."
»Nicht berühmt, Dorian. Die meisten Vögel, glaub' ich, sind auf die Felder geflüchtet. Vielleicht wird's nachmittag besser sein, wenn wir auf frisches Revier kommen.«
"Not at all," answered Lord Henry, "not at all, my dear Basil. You seem to forget that I am married, and the one charm of marriage is that it makes a life of deception absolutely necessary for both parties. I never know where my wife is, and my wife never knows what I am doing. When we meet--we do meet occasionally, when we dine out together, or go down to the Duke's--we tell each other the most absurd stories with the most serious faces. My wife is very good at it--much better, in fact, than I am. She never gets confused over her dates, and I always do. But when she does find me out, she makes no row at all. I sometimes wish she would; but she merely laughs at me."
»Nicht im geringsten,« antwortete Lord Henry, »nicht im geringsten, mein lieber Basil. Du scheinst zu vergessen, daß ich verheiratet bin, und daß der Hauptreiz der Ehe darin liegt, daß sie beiden Teilen ein Leben der Täuschung zur Notwendigkeit macht. Ich weiß nie, wo meine Frau ist, und meine Frau weiß nie, was ich tue und treibe. Wenn wir beisammen sind -- wir sind gelegentlich beisammen, wenn wir zu einem Diner eingeladen sind oder zum Herzog aufs Land fahren -- so erzählen wir uns die verrücktesten Geschichten mit dem ernsthaftesten Gesicht. Meine Frau versteht das vorzüglich, ohne Frage besser als ich. Sie verwickelt sich bei den Tatsachen nie in Widersprüche, und bei mir kommt es beständig vor. Wenn sie mich aber ertappt, macht sie mir nie eine Szene. Ich wünschte manchmal, sie täte es. Aber sie lacht mich nur aus.«
"Not seventeen, Lady Henry?"
»Nicht siebzehn, Lady Henry.«
"Not with women," said the duchess, shaking her head; "and women rule the world. I assure you we can't bear mediocrities. We women, as some one says, love with our ears, just as you men love with your eyes, if you ever love at all."
»Nicht unter Frauen«, sagte die Herzogin und schüttelte den Kopf; »und Frauen regieren die Welt. Ich behaupte steif und fest, wir können Mittelmäßigkeiten nicht vertragen. Wir Frauen, hat mal jemand gesagt, lieben mit den Ohren, gerade so, wie ihr Männer mit den Augen liebt, wenn ihr überhaupt liebt.«
"No trouble, sir. At what time shall I be back?"
»Nichts zu sagen, gnädiger Herr. Zu welcher Zeit soll ich zurück sein?«
"Nothing," he answered. "I suppose one must be serious sometimes. Good-bye, Mother; I will have my dinner at five o'clock. Everything is packed, except my shirts, so you need not trouble."
»Nichts«, antwortete er. »Man muß auch mal ernst sein. Adieu, Mutter; ich will um fünf essen. Alles ist gepackt bis auf die Hemden; du brauchst dich also um nichts mehr zu kümmern.«
"Never heard of her."
»Nie von ihr gehört.«
"Never."
»Nie!«
"Never! Scepticism is the beginning of faith."
»Niemals! Skeptizismus ist der Anfang des Glaubens.«
"Take care, Basil. You go too far."
»Nimm dich in acht, Basil. Du gehst zu weit.«
"Some money, sir--not much, and a six-shooter. There was no name of any kind. A decent-looking man, sir, but rough-like. A sort of sailor we think."
»Nur Geld, gnädiger Herr -- nicht viel, und einen sechsläufigen Revolver. Nichts von Namen. Der Mann sieht sonst anständig aus, aber gewöhnlich. Wir halten ihn für eine Art Matrosen.«
"Only as far as the Stock Exchange."
»Nur bis zur Börse.«
"It is only the sacred things that are worth touching, Dorian," said Lord Henry, with a strange touch of pathos in his voice. "But why should you be annoyed? I suppose she will belong to you some day. When one is in love, one always begins by deceiving one's self, and one always ends by deceiving others. That is what the world calls a romance. You know her, at any rate, I suppose?"
»Nur heilige Dinge sind wert, sie anzurühren, Dorian«, sagte Lord Henry mit einem merkwürdigen pathetischen Ton in seiner Stimme. »Aber warum fühlst du dich verletzt? Ich vermute, sie wird dir eines Tages gehören. Wenn man verliebt ist, fängt man immer damit an, sich selbst zu betrügen, und hört immer damit auf, andere zu betrügen. Das nennt die Welt eine Liebesgeschichte. Auf jeden Fall denke ich, du kennst sie?«
"Only in public."
»Nur in der Öffentlichkeit.«
"Only my Christian name, and that I am quite sure she never mentioned to any one. She told me once that they were all rather curious to learn who I was, and that she invariably told them my name was Prince Charming. It was pretty of her. You must do me a drawing of Sibyl, Basil. I should like to have something more of her than the memory of a few kisses and some broken pathetic words."
»Nur meinen Vornamen, und den hat sie gewiß niemand gesagt. Sie erzählte mir einmal, daß alle sehr begierig seien, zu erfahren, wer ich sei und daß sie ihnen beständig sage, ich heiße der Prinz Märchenschön. Das war hübsch von ihr. Du mußt mir eine Zeichnung von Sibyl machen, Basil. Ich möchte von ihr gern etwas mehr haben als die Erinnerung an ein paar Küsse und einige gestammelte pathetische Worte.«
"Only when one is young," she answered. "When an old woman like myself blushes, it is a very bad sign. Ah! Lord Henry, I wish you would tell me how to become young again."
»Nur wenn man jung ist«, antwortete sie. »Wenn eine alte Frau wie ich errötet, ist es ein sehr schlechtes Zeichen. Ach, Lord Henry, ich wünschte, Sie könnten mir sagen, wie man wieder jung wird!«
"Foolish child! foolish child!" was the parrot-phrase flung in answer. The waving of crooked, false-jewelled fingers gave grotesqueness to the words.
»Närrisches Kind! närrisches Kind!« waren die papageienhaften Worte, die ihr als Antwort entgegenflogen. Dabei machte die beschwörende Bewegung ihrer gekrümmten, mit unechten Ringen gezierten Finger diesen Ausruf noch komischer.
"Oh, Jim!" said Sibyl, laughing, "how unkind of you! But are you really going for a walk with me? That will be nice! I was afraid you were going to say good-bye to some of your friends-- to Tom Hardy, who gave you that hideous pipe, or Ned Langton, who makes fun of you for smoking it. It is very sweet of you to let me have your last afternoon. Where shall we go? Let us go to the park."
»O Jim,« sagte Sibyl lachend, »wie unfreundlich von dir! Aber, willst du wirklich mit mir spazieren gehen? Das ist nett! Ich fürchtete schon, du wolltest dich bei deinen Freunden verabschieden, bei Tom Hardy, der dir diese gräßliche Pfeife geschenkt hat, oder bei Nell Langton, der dich auslacht, weil du sie rauchst. Es ist sehr hübsch von dir, daß du mir deinen letzten Nachmittag schenkst. Wohin werden wir gehen? Komm, wir wollen in den Park.«
"Often. Too often."
»Oft. Zu oft.«
"Oh! anything becomes a pleasure if one does it too often," cried Lord Henry, laughing. "That is one of the most important secrets of life. I should fancy, however, that murder is always a mistake. One should never do anything that one cannot talk about after dinner. But let us pass from poor Basil. I wish I could believe that he had come to such a really romantic end as you suggest, but I can't. I dare say he fell into the Seine off an omnibus and that the conductor hushed up the scandal. Yes: I should fancy that was his end. I see him lying now on his back under those dull-green waters, with the heavy barges floating over him and long weeds catching in his hair. Do you know, I don't think he would have done much more good work. During the last ten years his painting had gone off very much."
»Oh! Alles wird zu einem Vergnügen, wenn man es zu oft tut!« rief Lord Henry lachend. »Das ist eines der wichtigsten Geheimnisse des Lebens. Immerhin bin ich des Glaubens, daß der Mord stets ein Mißgriff ist. Man sollte nie etwas tun, worüber man sich nicht nach dem Essen unterhalten kann. Aber wir wollen jetzt den armen Basil lassen. Ich wollte, ich könnte glauben, daß er ein so romantisches Ende genommen hat, wie du durchblicken läßt; aber ich kann es nicht. Ich glaube eher, daß er von einem Omnibus in die Seine gefallen ist und der Kondukteur hat den Skandal vertuscht. Ja, ich glaube wirklich, so war sein Ende. Ich sehe ihn jetzt auf dem Rücken liegen unter dem dunkelgrünen Wasser, und die schweren Lastkähne schwimmen über ihm hin, und lange Tangflechten verwickeln sich in sein Haar. Weißt du, ich glaube nicht, daß er noch viel Gutes gemacht hätte. In den letzten zehn Jahren ist seine Malerei nicht mehr berühmt gewesen.«
"Oh! my maid does that already, Mr. Gray, when she is annoyed with me."
»Oh! Das besorgt schon meine Kammerjungfer, Herr Gray, wenn sie sich über mich ärgert.«
"Oh! she is audacious enough for anything, my dear. And what is Ferrol like? I don't know him."
»Oh! sie ist mutig genug, alles zu tun, mein Lieber. Und wie ist Ferrol? Ich kenne ihn nicht.«
"Oh, Basil is the best of fellows, but he seems to me to be just a bit of a Philistine. Since I have known you, Harry, I have discovered that."
»Oh, Basil ist der beste Mensch, aber er scheint mir doch ein klein bißchen Philister zu sein. Seit ich dich kenne, Harry, hab' ich das entdeckt.«
"Oh, Harry!" cried the lad, with a ripple of laughter. "Harry spends his days in saying what is incredible and his evenings in doing what is improbable. Just the sort of life I would like to lead. But still I don't think I would go to Harry if I were in trouble. I would sooner go to you, Basil."
»Oh, Harry!« rief der junge Mann mit einem fröhlichen Lachen. »Harry verbringt seine Tage damit, unglaubliche Dinge zu sagen, und seine Abende, unwahrscheinliche Dinge zu tun. Das ist genau die Art Leben, das ich führen möchte. Immerhin glaube ich nicht, daß ich je zu Harry ginge, wenn mich Kummer drückte. Ich würde eher zu dir kommen.«
"Oh, please don't, Lord Henry. I see that Basil is in one of his sulky moods, and I can't bear him when he sulks. Besides, I want you to tell me why I should not go in for philanthropy."
»Oh, bitte, nein, Lord Henry. Ich sehe, Basil hat wieder einen seiner schlechten Tage, und ich kann ihn nicht vertragen, wenn er so brummt. Außerdem möchte ich von Ihnen erfahren, warum ich mich nicht mit Wohltätigkeit befassen soll?«
"Oh! that you will be a good boy and not forget us," she answered, smiling at him.
»Oh, daß du ein braver Bursche sein willst und uns nicht vergessen«, antwortete sie und lächelte ihn an.
"Oh, your theories about life, your theories about love, your theories about pleasure. All your theories, in fact, Harry."
»Oh, deine Theorien über das Leben, deine Theorien über die Liebe, deine Theorien über den Genuß. Tatsächlich alle deine Theorien, Harry.«
"Oh, the obvious consolation. Taking some one else's admirer when one loses one's own. In good society that always whitewashes a woman. But really, Dorian, how different Sibyl Vane must have been from all the women one meets! There is something to me quite beautiful about her death. I am glad I am living in a century when such wonders happen. They make one believe in the reality of the things we all play with, such as romance, passion, and love."
»Oh, der alltäglichste Trost. Einer anderen Frau ihren Anbeter nehmen, wenn man den eigenen verloren hat. In der guten Gesellschaft findet eine Frau auf solche Weise immer ihr Fahrwasser wieder. Aber wirklich, Dorian, wie anders muß Sibyl Vane gewesen sein als alle die sonstigen Frauen, denen man begegnet. Für mich liegt in ihrem Tod etwas ganz Wunderschönes. Es freut mich, daß ich in einem Jahrhundert lebe, wo solche Wunder noch geschehen. Sie geben uns neuen Glauben an die Wirklichkeit der Dinge, mit denen wir sonst spielen, wie Romantik, Leidenschaft und Liebe.«
"Oh, the Willoughbys, Lord Rugby and his wife, our hostess, Geoffrey Clouston, the usual set. I have asked Lord Grotrian."
»Oh, die Willoughbys, Lord Rugby und seine Frau, unsere Wirtin, Geoffrey Clouston, die gewöhnliche Aufmachung. Ich habe auch Lord Grotrian gebeten.«
"Oh, there is really very little to tell, Harry," answered the painter; "and I am afraid you will hardly understand it. Perhaps you will hardly believe it."
»Oh, es ist wirklich nicht viel zu berichten, Harry,« entgegnete der Maler, »und du verstehst es wohl kaum, wie ich fürchte. Vielleicht auch glaubst du mir nicht einmal.«
"Oh, yes, Harry."
»Oh, gewiß, Harry!«
"Oh, yes, horrid people with dyed hair and painted faces."
»Oh, gewiß, gräßliche Geschöpfe mit gefärbten Haaren und geschminkten Gesichtern.«
"Oh, I can't explain. When I like people immensely, I never tell their names to any one. It is like surrendering a part of them. I have grown to love secrecy. It seems to be the one thing that can make modern life mysterious or marvellous to us. The commonest thing is delightful if one only hides it. When I leave town now I never tell my people where I am going. If I did, I would lose all my pleasure. It is a silly habit, I dare say, but somehow it seems to bring a great deal of romance into one's life. I suppose you think me awfully foolish about it?"
»Oh, ich kann's nicht so erklären. Wenn ich einen Menschen sehr, sehr lieb habe, verrate ich an niemand seinen Namen. Das käme mir so vor, als lieferte ich damit einen Teil von seinem Selbst aus. In mir hat sich allmählich eine förmliche Liebe zu Geheimnissen entwickelt. Das scheint noch die einzige Art zu sein, das Leben unserer Zeit mysteriös und wunderbar zu machen. Die gewöhnlichste Begebenheit wird reich an Schönheit, wenn man sie verbirgt. Ich sage auch nie, wohin ich reise, wenn ich mal die Stadt verlasse. Wenn ich's täte, wäre meine ganze Freude daran hin. Das mag eine alberne Gewohnheit sein, aber sie bringt doch irgendwie ein bißchen Romantik ins Leben. Du denkst jetzt gewiß, ich bin furchtbar närrisch?«
"Oh! but I have seen specimens of the inhabitants," answered the duchess vaguely. "I must confess that most of them are extremely pretty. And they dress well, too. They get all their dresses in Paris. I wish I could afford to do the same."
»Oh, ich muß aber gestehen, daß ich einige Exemplare seiner Bewohnerinnen gesehen habe,« antwortete die Herzogin zerstreut, »ich muß zugeben, die meisten von ihnen sind ausgesprochen hübsch. Und außerdem ziehen sie sich gut an. Sie beziehen alle ihre Kleider aus Paris. Ich wollte, ich könnte mir das auch leisten.«
"Oh, I will make your peace with my aunt. She is quite devoted to you. And I don't think it really matters about your not being there. The audience probably thought it was a duet. When Aunt Agatha sits down to the piano, she makes quite enough noise for two people."
»Oh, ich werde Sie mit meiner Tante versöhnen. Sie ist Ihnen äußerst zugetan. Und ich glaube auch, es schadet nichts, daß Sie nicht dort waren. Die Zuhörer haben sicher angenommen, es sei vierhändig gespielt worden. Wenn sich Tante Agatha ans Klavier setzt, macht sie für zwei Personen reichlich Lärm.«
"Oh, she is better than good--she is beautiful," murmured Lord Henry, sipping a glass of vermouth and orange-bitters. "Dorian says she is beautiful, and he is not often wrong about things of that kind. Your portrait of him has quickened his appreciation of the personal appearance of other people. It has had that excellent effect, amongst others. We are to see her to-night, if that boy doesn't forget his appointment."
»Oh, sie ist mehr als gut -- sie ist schön«, sagte Lord Henry und nippte an einem Glas Wermut mit Pomeranzen. »Dorian sagt, sie ist schön, und in Dingen dieser Art irrt er nicht häufig. Sein Bild von ihm hat sein Urteil über die äußere Erscheinung anderer Menschen geschärft. Es hat unter anderem diesen glänzenden Erfolg gezeigt. Wir sollen sie heute abend sehen, wenn der Junge seine Abmachung nicht vergißt.«
"Oh, something like, 'Charming boy--poor dear mother and I absolutely inseparable. Quite forget what he does--afraid he-- doesn't do anything--oh, yes, plays the piano--or is it the violin, dear Mr. Gray?' Neither of us could help laughing, and we became friends at once."
»Oh, so irgend was wie >Entzückender junger Mensch -- seine arme Mutter und ich ganz unzertrennlich -- vergaß ganz was er treibt -- fürchte fast -- gar nichts -- ach ja, spielt Klavier -- oder war es die Geige, lieber Herr Gray?< Wir mußten beide lachen und wurden sofort Freunde.«
"Ah! then it must be an illusion. The things one feels absolutely certain about are never true. That is the fatality of faith, and the lesson of romance. How grave you are! Don't be so serious. What have you or I to do with the superstitions of our age? No: we have given up our belief in the soul. Play me something. Play me a nocturne, Dorian, and, as you play, tell me, in a low voice, how you have kept your youth. You must have some secret. I am only ten years older than you are, and I am wrinkled, and worn, and yellow. You are really wonderful, Dorian. You have never looked more charming than you do to-night. You remind me of the day I saw you first. You were rather cheeky, very shy, and absolutely extraordinary. You have changed, of course, but not in appearance. I wish you would tell me your secret. To get back my youth I would do anything in the world, except take exercise, get up early, or be respectable.
»Pah! Dann muß es Einbildung sein. Die Dinge, die man für ganz sicher hält, sind nun und nimmer wahr. Das ist das Verhängnis des Glaubens und die Weisheit der Romantik. Wie feierlich du tust! Sei nicht so ernsthaft. Was hast du oder ich mit dem Aberglauben unserer Zeit zu tun? Nein: wir haben unseren Glauben an die Seele aufgegeben. Spiel' mir was vor. Spiel' mir ein Nokturno, Dorian, und während du spielst, sage mir mit leiser Stimme, wie du es möglich gemacht hast, dir deine Jugend zu erhalten. Du mußt irgendein Geheimmittel haben. Ich bin nur zehn Jahre älter als du, und bin runzlig und verwelkt und gelb. Du bist in der Tat wundervoll, Dorian. Du hast nie entzückender ausgesehen als heute abend. Du rufst mir den Tag ins Gedächtnis zurück, an dem ich dich zum erstenmal sah. Du warst etwas schnippisch, sehr scheu und ganz und gar außergewöhnlich. Seitdem hast du dich natürlich verändert, aber nicht im Aussehen. Ich wünschte, du verrietest mir dein Geheimnis. Um meine Jugend zurückzubekommen, täte ich alles auf der Welt, außer Gymnastik treiben, früh aufstehen oder ehrbar sein.
"Ah! you must suit your frock to his flowers, Gladys."
»Pah! Du mußt dein Kleid seinen Blumen anpassen, Gladys.«
"Oh, brothers! I don't care for brothers. My elder brother won't die, and my younger brothers seem never to do anything else."
»Pah, Bruder! Bleibe mir mit Brüdern vom Halse. Mein ältester will nicht sterben, und meine jüngeren tun scheinbar nichts anderes.«
"Oh, some of the papers do. It does not seem to me to be at all probable. I know there are dreadful places in Paris, but Basil was not the sort of man to have gone to them. He had no curiosity. It was his chief defect."
»Pah, in einigen Zeitungen steht es. Es scheint mir nicht im geringsten wahrscheinlich. Ich weiß, es gibt fürchterliche Orte in Paris, aber Basil war nicht die Art Mensch, sie aufzusuchen. Er war nicht neugierig. Das war sein Hauptfehler.«
"Ah, what is impossible?" murmured the young man, going over to the window and leaning his forehead against the cold, mist-stained glass.
»Pah, was ist unmöglich?« murmelte der junge Mann, ging zum Fenster und preßte seine Stirn an die kalte, nebelfeuchte Scheibe.
"Paradoxes are all very well in their way... ." rejoined the baronet.
»Paradoxe sind ja an und für sich recht schön und gut...«, nahm der Baronet wieder das Wort.
"Ah! what a cynic you are!" cried the old lady, pushing back her chair and nodding to Lady Ruxton. "You must come and dine with me soon again. You are really an admirable tonic, much better than what Sir Andrew prescribes for me. You must tell me what people you would like to meet, though. I want it to be a delightful gathering."
»Pfui! Was sind Sie für ein Zyniker!« rief die alte Dame, schob ihren Stuhl zurück und nickte Lady Ruxton zu. »Sie müssen bald wiederkommen und bei mir essen. Sie sind wirklich ein wunderbarer Appetitanreger, viel besser als das, was mir mein Hausarzt verschreibt. Sie müssen mir sagen, was für Leute Sie gern treffen würden. Es soll ein entzückendes Beisammensein werden.«
"Give me a clue."
»Reich mir den Ariadnefaden!«
"Pure family affection, I assure you, Uncle George. I want to get something out of you."
»Reine Familienliebe, auf mein Wort, Onkel Georg; ich brauche etwas von dir.«
"Religion?"
»Religion?«
"Romanticists! You have all the methods of science."
»Romantiker! Du hast alle Methoden der Wissenschaft.«
"Hush, Alan. You have saved my life," said Dorian.
»Ruhig, Alan, du hast mir das Leben gerettet«, sagte Dorian.
"Don't look so angry, Basil. It was at my aunt, Lady Agatha's. She told me she had discovered a wonderful young man who was going to help her in the East End, and that his name was Dorian Gray. I am bound to state that she never told me he was good-looking. Women have no appreciation of good looks; at least, good women have not. She said that he was very earnest and had a beautiful nature. I at once pictured to myself a creature with spectacles and lank hair, horribly freckled, and tramping about on huge feet. I wish I had known it was your friend."
»Schau' doch nicht so böse drein, Basil. Es war bei meiner Tante, Lady Agatha. Sie erzählte mir, sie sei einem wunderhübschen jungen Menschen begegnet, der ihr im East-End helfen wolle, und er heiße Dorian Gray. Ich muß zugeben, sie hat mir nie etwas darüber gesagt, daß er so hübsch sei. Frauen haben kein Verständnis für Schönheit, wenigstens gute Frauen nicht. Sie sagte, daß er sehr ernst sei und eine edle Seele habe. Ich stellte mir natürlich sofort ein Wesen mit Brille und wallendem Haar und gräßlich vielen Sommersprossen vor, das auf riesigen Füßen umherstapfe. Ich wünsche jetzt, ich hätte gewußt, daß er dein Freund ist.«
"Don't run down dyed hair and painted faces. There is an extraordinary charm in them, sometimes," said Lord Henry.
»Schmähe nicht gefärbtes Haar und geschminkte Gesichter. Es liegt zuweilen ein ganz besonderer Reiz darin«, sagte Lord Henry.
"Horribly!" he answered, gazing at her in amazement. "Horribly! It was dreadful. Are you ill? You have no idea what it was. You have no idea what I suffered."
»Schrecklich«, antwortete er und sah sie voll Staunen an -- »schrecklich. Es war geradezu fürchterlich. Bist du krank? Du hast keine Ahnung, wie es war. Keine Ahnung, was ich durchgemacht habe.«
"Well, then, you and I will go alone, Mr. Gray."
»Schön also. Dann müssen wir zwei allein gehen, Herr Gray.«
"All right, Dorian. I dare say I shall see you to-morrow at tea-time. The duchess is coming."
»Schön, Dorian. Ich hoffe, dich morgen zum Tee zu sehen. Die Herzogin kommt.«
"All right, sir," answered the man, "you will be there in an hour," and after his fare had got in he turned his horse round and drove rapidly towards the river.
»Schön, Herr!« antwortete der Mann, »wir werden in einer Stunde da sein«, und nachdem sein Fahrgast eingestiegen war, lenkte er um und fuhr rasch der Themse zu.
"Well, eighteen, then. And I saw you with him the other night at the opera." She laughed nervously as she spoke, and watched him with her vague forget-me-not eyes. She was a curious woman, whose dresses always looked as if they had been designed in a rage and put on in a tempest. She was usually in love with somebody, and, as her passion was never returned, she had kept all her illusions. She tried to look picturesque, but only succeeded in being untidy. Her name was Victoria, and she had a perfect mania for going to church.
»Schön, also achtzehn. Und dann habe ich Sie gestern abend mit ihm in der Oper gesehen.« Während sie sprach, lachte sie nervös und beobachtete ihn mit ihren verschwommenen Vergißmeinnichtaugen. Sie war eine absonderliche Frau, deren Kleider immer so aussahen, als wären sie in einem Wutanfall gezeichnet und während eines Gewitters angezogen worden. Sie war gewöhnlich in irgend jemand verliebt, und da ihre Leidenschaft nie erwidert wurde, hatte sie sich alle ihre Illusionen bewahrt. Sie machte den Versuch, malerisch zu erscheinen, aber es gelang ihr nur, unordentlich auszusehen. Sie hieß Viktoria und hatte eine krankhafte Leidenschaft, in die Kirche zu laufen.
"Well, we must look out for a suitable match for him. I shall go through Debrett carefully to-night and draw out a list of all the eligible young ladies."
»Schön, so wollen wir uns nach einer guten Partie für ihn umsehen. Ich werde heute nacht den Adelskalender aufmerksam durchgehen und eine Liste aller in Frage kommenden jungen Damen aufstellen.«
"Well, as soon as you are dry, you shall be varnished, and framed, and sent home. Then you can do what you like with yourself." And he walked across the room and rang the bell for tea. "You will have tea, of course, Dorian? And so will you, Harry? Or do you object to such simple pleasures?"
»Schön, sobald du trocken bist, sollst du gefirnißt, gerahmt und zu dir hingeschickt werden. Dann kannst du mit dir anfangen, was dir beliebt.« Er schritt durch den Raum und klingelte nach Tee. »Du trinkst doch Tee, Dorian? Du auch, Harry? Oder machst du dir nichts aus so einfachen Genüssen?«
"Well, perhaps you are right. And now good-bye, Dorian. You have been the one person in my life who has really influenced my art. Whatever I have done that is good, I owe to you. Ah! you don't know what it cost me to tell you all that I have told you."
»Schön, vielleicht hast du recht. Und jetzt adieu, Dorian. Du bist der einzige Mensch in meinem Leben gewesen, der wirklichen Einfluß auf meine Kunst ausgeübt hat. Was ich je Gutes gemacht habe, danke ich dir. Ach! Du kannst dir nicht vorstellen, was es mich gekostet hat, dir all das zu sagen, was ich gesagt habe.«
"Well, what night shall we go?"
»Schön, wann sollen wir also hingehen?«
"Very well," said Hallward, and he went over and laid down his cup on the tray. "It is rather late, and, as you have to dress, you had better lose no time. Good-bye, Harry. Good-bye, Dorian. Come and see me soon. Come to-morrow."
»Schön«, sagte Hallward und ging zum Tische hinüber, wo er seine Tasse hinstellte. »Es ist ziemlich spät, und da ihr euch noch umziehen müßt, habt ihr keine Zeit mehr zu verlieren. Adieu, Harry! Adieu, Dorian! Komm bald wieder. Komm morgen.«
"Don't mind me, Harry. I am irritable, and out of temper. I shall come round and see you to-morrow, or next day. Make my excuses to Lady Narborough. I shan't go upstairs. I shall go home. I must go home."
»Sei nicht böse, Harry. Ich bin gereizt und übel gelaunt. Ich komme morgen oder übermorgen zu dir. Bitte, entschuldige mich bei Lady Narborough. Ich gehe nicht mehr hinauf. Ich gehe nach Hause. Ich muß nach Hause gehn.«
"Keep quiet," said the man. "If you stir, I shoot you."
»Sei still«, sagte der Mann. »Wenn du dich rührst, schieß' ich dich nieder!«
"His name is Prince Paradox," said Dorian.
»Sein Name ist Prinz Paradox«, sagte Dorian.
"Even when one has been wounded by it, Harry?" asked the duchess after a pause. "Especially when one has been wounded by it," answered Lord Henry.
»Selbst wenn es einen verwundet hat, Harry?« fragte die Herzogin nach einer Pause. »Besonders wenn es einen verwundet hat«, entgegnete Lord Henry.
"Let us sit down, Dorian," said the painter, looking troubled. "Let us sit down. And just answer me one question. Have you noticed in the picture something curious?--something that probably at first did not strike you, but that revealed itself to you suddenly?"
»Setzen wir uns, Dorian«, sagte der Maler, der verwirrt aussah. »Setzen wir uns und beantworte mir eine Frage. Hast du an dem Bild etwas Merkwürdiges bemerkt? -- etwas, das dir vielleicht anfänglich nicht aufgefallen ist, was sich dir dann aber plötzlich enthüllte?«
"Marrying Sibyl Vane!" cried Lord Henry, standing up and looking at him in perplexed amazement. "But, my dear Dorian--"
»Sibyl Vane heiraten?« schrie Lord Henry auf, erhob sich und sah ihn mit der bestürztesten Verwunderung an. »Aber mein lieber Dorian --«
"Sibyl is the only thing I care about. What is it to me where she came from? From her little head to her little feet, she is absolutely and entirely divine. Every night of my life I go to see her act, and every night she is more marvellous."
»Sibyl ist das einzige, um das ich mich kümmere. Was geht's mich an, woher sie stammt? Von ihrem kleinen Kopf bis zu ihrem kleinen Fuß ist sie ein himmlisches Wesen. Jeden Abend, den ich erlebe, gehe ich hin, um sie spielen zu sehen, und jeden Abend ist sie entzückender.«
"Sibyl, you are mad about him."
»Sibyl, deine Liebe macht dich verrückt.«
"Killed herself! Good heavens! is there no doubt about that?" cried Hallward, looking up at him with an expression of horror.
»Sich getötet! Gott im Himmel! ist das ganz sicher?« schrie Hallward und stierte ihn mit dem Ausdruck äußersten Schreckens an.
"I do not, Harry."
»Sicher nicht, Harry.«
"Quite so," answered the young lord. "It is the problem of slavery, and we try to solve it by amusing the slaves."
»Sicherlich«, antwortete der junge Lord. »Es ist das Problem der Sklaverei, und wir versuchen es derart zu lösen, daß wir die Sklaven amüsieren.«
"All of you, Mr. Erskine?"
»Sie alle, Herr Erskine?«
"She behaves as if she was beautiful. Most American women do. It is the secret of their charm."
»Sie benimmt sich so, als wäre sie es. Das tun die meisten Amerikanerinnen. Es ist das Geheimnis ihres magnetischen Reizes.«
"She is still décolletée," he answered, taking an olive in his long fingers; "and when she is in a very smart gown she looks like an édition de luxe of a bad French novel. She is really wonderful, and full of surprises. Her capacity for family affection is extraordinary. When her third husband died, her hair turned quite gold from grief."
»Sie dekolletiert sich noch immer,« antwortete er und nahm eine Olive in seine langen Finger, »und wenn sie sehr elegant gekleidet ist, sieht sie aus wie die Luxusausgabe eines schlechten, französischen Romans. Sie ist wirklich wunderbar und voller Überraschungen. Ihr Talent für Familienliebe ist außerordentlich. Als ihr dritter Mann starb, wurde ihr Haar vor Trauer ganz goldblond.«
"She does not remember my short frocks at all, Lord Henry. But I remember her very well at Vienna thirty years ago, and how décolletée she was then."
»Sie erinnert mich wirklich nicht an meine kurzen Röckchen, Lord Henry. Aber ich entsinne mich ihrer sehr gut in Wien vor dreißig Jahren und wie sie sich damals dekolletierte.«
"They found safety in the desert. I could not do that."
»Sie fanden Schutz in der Wüste. Mir wäre das nicht möglich.«
"They go to America," murmured Lord Henry.
»Sie gehen nach Amerika«, murmelte Lord Henry.
"You thought it was my husband. It is only his wife. You must let me introduce myself. I know you quite well by your photographs. I think my husband has got seventeen of them."
»Sie glaubten, es sei mein Mann. Es ist nur seine Frau. Ich muß mich schon selbst vorstellen. Ich kenne Sie aus Ihren Photographien ganz gut. Ich glaube, mein Mann hat ihrer siebzehn.«
"The betting is on the Americans."
»Sie halten sich nicht, hat man mir gesagt«, brummte der Onkel.
"It has development."
»Sie hat das Zeug zur Entwicklung.«
"She has promised to come on the twentieth." "Is Monmouth to be there, too?"
»Sie hat mir versprochen, am zwanzigsten zu kommen.« »Wird Monmouth auch da sein?«
"Her name is Sibyl Vane."
»Sie heißt Sibyl Vane.«
"It came to you crowned."
»Sie kam mit einer Krone zu dir.«
"I suppose you have come about the unfortunate accident of this morning, Thornton?" he said, taking up a pen.
»Sie kommen vermutlich wegen des Unglücksfalles von heute morgen, Thornton«, sagte er und nahm eine Feder auf.
"You talk books away," he said; "why don't you write one?"
»Sie reden wie ein Buch«, sagte er; »warum schreiben Sie keins?«
"An eternity, she tells me. I believe, according to the peerage, it is ten years, but ten years with Monmouth must have been like eternity, with time thrown in. Who else is coming?"
»Sie sagt, eine Ewigkeit. Nach dem Adelskalender, glaube ich, sind es wohl zehn Jahre, aber zehn Jahre mit Monmouth müssen wie eine Ewigkeit gewesen sein, wenn man die Zeit mitrechnet. Wer kommt sonst noch?«
"You are mad. What have I done to you?"
»Sie sind toll. Was hab' ich Ihnen getan?«
"You are too charming to go in for philanthropy, Mr. Gray--far too charming." And Lord Henry flung himself down on the divan and opened his cigarette-case.
»Sie sind viel zu hübsch, um sich mit Wohltätigkeit abzugeben, Herr Gray -- viel zu hübsch!« Und Lord Henry warf sich auf den Diwan und öffnete seine Zigarettendose.
"You had better go home and put that pistol away, or you may get into trouble," said Dorian, turning on his heel and going slowly down the street.
»Sie sollten lieber nach Hause gehen und Ihre Pistole wegtun, sonst kommen Sie noch in Ungelegenheiten«, sagte Dorian, drehte sich um und ging langsam die Straße hinunter.
"That is very horrid to her, and not very nice to me," answered Dorian, laughing.
»Sie sprechen sehr schlecht von ihr, und mir machen Sie auch gerade kein Kompliment damit«, antwortete Dorian lachend.
"They become you."
»Sie steht dir gut.«
"She assures me so, Lady Narborough," said Dorian. "I asked her whether, like Marguerite de Navarre, she had their hearts embalmed and hung at her girdle. She told me she didn't, because none of them had had any hearts at all."
»Sie versichert es mir, Lady Narborough«, erwiderte Dorian. »Ich fragte sie, ob sie wie Margarete von Navarra ihre Herzen einbalsamiert habe und am Gürtel trage. Sie sagte mir, sie täte das nicht, weil keiner von ihnen überhaupt ein Herz gehabt hätte.«
"It represents the survival of the pushing."
»Sie vertritt den überlebenden Ellbogenstreber.«
"You will never marry again, Lady Narborough," broke in Lord Henry. "You were far too happy. When a woman marries again, it is because she detested her first husband. When a man marries again, it is because he adored his first wife. Women try their luck; men risk theirs."
»Sie werden nie wieder heiraten, Lady Narborough«, unterbrach Lord Henry. »Sie waren viel zu glücklich. Wenn eine Frau wieder heiratet, so tut sie es, weil sie ihren ersten Mann verabscheute. Wenn ein Mann wieder heiratet, so tut er es, weil er seine erste Frau anbetete. Frauen versuchen ihr Glück, Männer setzen das ihre aufs Spiel.«
"She will never come to life again now," muttered the lad, burying his face in his hands.
»Sie wird nie wieder zum Leben erwachen«, ächzte der Jüngling und barg sein Gesicht in den Händen.
"Don't know who he is?" said Dorian, listlessly. "What do you mean? Wasn't he one of your men?"
»Sie wissen nicht, wer es ist?« sagte Dorian zerstreut. »Wie meinen Sie das? War es nicht einer von Ihren Leuten?«
"You know you believe it all," said Lord Henry, looking at him with his dreamy languorous eyes. "I will go out to the garden with you. It is horribly hot in the studio. Basil, let us have something iced to drink, something with strawberries in it."
»Sie wissen selbst, daß Sie jedes Wort davon glauben«, erwiderte Lord Harry, der ihn mit seinen weichen, träumerischen Augen ansah. »Wir wollen zusammen in den Garten gehen. Es ist furchtbar heiß hier im Atelier. Basil, laß uns irgendein Eisgetränk geben, irgendwas mit Erdbeeren darin.«
"They were defeated."
»Sie wurden besiegt.«
"You would miss them," said Lord Henry.
»Sie würde dir fehlen«, sagte Lord Henry.
"Twenty-seven, I believe. It is on the grand tier. You will see her name on the door. But I am sorry you won't come and dine."
»Siebenundzwanzig, glaub' ich, sie liegt im ersten Rang. Du findest ihren Namen an der Tür. Aber es tut mir leid, daß du nicht mit essen kommst.«
"So I have murdered Sibyl Vane," said Dorian Gray, half to himself, "murdered her as surely as if I had cut her little throat with a knife. Yet the roses are not less lovely for all that. The birds sing just as happily in my garden. And to-night I am to dine with you, and then go on to the opera, and sup somewhere, I suppose, afterwards. How extraordinarily dramatic life is! If I had read all this in a book, Harry, I think I would have wept over it. Somehow, now that it has happened actually, and to me, it seems far too wonderful for tears. Here is the first passionate love-letter I have ever written in my life. Strange, that my first passionate love-letter should have been addressed to a dead girl. Can they feel, I wonder, those white silent people we call the dead? Sibyl! Can she feel, or know, or listen? Oh, Harry, how I loved her once! It seems years ago to me now. She was everything to me.
»So habe ich also Sibyl Vane gemordet,« sagte Dorian Gray halb zu sich selbst -- »sie gemordet, so sicher, als hätte ich ihre zarte Kehle mit einem Messer durchschnitten. Und doch sind darum die Rosen nicht weniger entzückend. Die Vögel in meinem Garten singen genau so lustig. Und heute abend geh' ich mit dir essen und dann in die Oper und nachher vermutlich irgendwo soupieren. Wie merkwürdig dramatisch das Leben ist. Wenn ich das alles in einem Buche gelesen hätte, Harry, ich glaube, ich hätte darüber geweint. Aber jetzt, wo es in Wirklichkeit geschehen ist, wo es mir selbst geschehen ist, scheint es mir zu wunderbar für Tränen. Da liegt der erste leidenschaftliche Liebesbrief, den ich in meinem Leben geschrieben habe. Seltsam, daß mein erster leidenschaftlicher Liebesbrief an ein totes Mädchen gerichtet ist. Ich möchte wohl wissen, ob sie noch ein Gefühl haben, diese weißen, verstummten Menschen, die wir Tote nennen. Sibyl! Kann sie fühlen, oder wissen, oder hören? O Harry, wie hab' ich sie einmal geliebt! Es scheint mir jetzt vor Jahren gewesen zu sein. Sie war mir alles.
"It was my debut in life," she sighed.
»So war mein Debüt im Leben«, seufzte sie.
"Not as long as you love him, I suppose," was the sullen answer.
»Solange du ihn liebst, wohl kaum«, war die finstere Antwort.
"Those words mean nothing to me now."
»Solche Worte haben für mich keinen Sinn mehr.«
"Shall I leave the things here, sir?" he asked Campbell.
»Soll ich die Sachen hier lassen, gnädiger Herr?« fragte er Campbell.
"Days in summer, Basil, are apt to linger," murmured Lord Henry. "Perhaps you will tire sooner than he will. It is a sad thing to think of, but there is no doubt that genius lasts longer than beauty. That accounts for the fact that we all take such pains to over-educate ourselves. In the wild struggle for existence, we want to have something that endures, and so we fill our minds with rubbish and facts, in the silly hope of keeping our place. The thoroughly well-informed man--that is the modern ideal. And the mind of the thoroughly well-informed man is a dreadful thing. It is like a bric-a-brac shop, all monsters and dust, with everything priced above its proper value.
»Sommertage, Basil, pflegen manchmal lange zu währen«, murmelte Lord Henry. »Vielleicht wirst du seiner früher müde, als er deiner. Es ist sehr traurig, daran zu denken, aber es ist ohne Zweifel wahr, daß das Genie die Schönheit überlebt. Das erklärt auch die Tatsache, daß wir uns soviel Mühe geben, uns mit Bildung vollzupfropfen. In dem wilden Existenzkampfe ums Dasein wollen wir alle etwas Dauerhaftes haben, und so füllen wir unser Gehirn mit Plunder und Tatsachen an, in der dummen Hoffnung, dadurch unseren Platz zu behaupten. Der durch und durch unterrichtete Mann -- das ist das moderne Ideal. Und das Gehirn dieses durch und durch unterrichteten Mannes hat etwas Fürchterliches. Es gleicht einem Kuriositätenladen, in dem es lauter Ungeheuerlichkeiten voll Staub gibt, und wo jeder Gegenstand über seinen wahren Wert hinaus ausgezeichnet.
"Sphinxes without secrets."
»Sphinxe ohne Geheimnisse.«
"Don't talk like that about any one you love, Dorian. Love is a more wonderful thing than art."
»Sprich nicht so über jemand, den du liebst, Dorian. Liebe ist etwas viel Wunderbareres als Kunst.«
"Don't speak about those days, Dorian--they are dead."
»Sprich nicht von jenen Tagen, Dorian; sie sind tot.«
"Don't speak!"
»Sprich nicht!«
"Late as usual, Harry," cried his aunt, shaking her head at him.
»Spät wie immer, Harry«, rief seine Tante, ihm zunickend.
"Hush! Don't say that. You have done enough evil in your life. My God! Don't you see that accursed thing leering at us?"
»Still! Sage nicht so etwas. Du hast genug Böses getan im Leben. Mein Gott! Siehst du nicht, wie uns das fürchterliche Ding anstiert?«
"Would you have me take the verdict of Europe on it?" he inquired.
»Sähest du es lieber, daß ich mir das Urteil Europas über unser Land aneigne?« fragte er.
"Dear Lady Narborough," murmured Dorian, smiling, "I have not been in love for a whole week--not, in fact, since Madame de Ferrol left town."
»Teure Lady Narborough,« flüsterte Dorian lächelnd, »ich bin seit einer vollen Woche nicht verliebt gewesen -- genau gesagt, nicht seitdem Madame de Ferrol aus London weg ist.«
"Dead! Sibyl dead! It is not true! It is a horrible lie! How dare you say it?"
»Tot! Sibyl tot!« Es ist nicht wahr. Es ist eine furchtbare Lüge. Wie wagst du es, das zu sagen?«
"Don't, Basil, don't!" he cried. "It would be murder!"
»Tu es nicht, Basil, tu es nicht«, schrie er. »Es wäre Mord.«
"For God's sake don't talk to me," cried Dorian, stamping his foot on the ground. "What do you want? Money? Here it is. Don't ever talk to me again."
»Um Gottes willen, rede nicht mit mir!« schrie Dorian und stampfte mit dem Fuß auf den Boden. »Was willst du? Geld? Da! Aber sprich kein Wort mehr zu mir!«
"That is what I have come to learn, Uncle George. Or rather, I know who he is. He is the last Lord Kelso's grandson. His mother was a Devereux, Lady Margaret Devereaux. I want you to tell me about his mother. What was she like? Whom did she marry? You have known nearly everybody in your time, so you might have known her. I am very much interested in Mr. Gray at present. I have only just met him."
»Um das zu erfahren, bin ich gerade hergekommen, Onkel Georg. Oder genauer gesagt, wer es ist, weiß ich. Nämlich der Enkel des verstorbenen Lord Kelso. Seine Mutter war eine Devereux, Lady Margaret Devereux. Ich möchte, daß du mir etwas über seine Mutter erzählst. Was weißt du von ihr? Wen hat sie geheiratet? Du hast zu deiner Zeit doch so ziemlich alle Leute gekannt, also wahrscheinlich auch sie. Ich interessiere mich gegenwärtig ungemein für Herrn Gray. Ich habe ihn erst gestern kennengelernt.«
"Certainly. The park is quite lovely now. I don't think there have been such lilacs since the year I met you."
»Unbedingt. Der Park ist jetzt herrlich. Ich glaube nicht, daß es wieder solchen Flieder gegeben hat seit jenem Jahr, wo ich dich kennenlernte.«
"And you know you have been a little silly, Mr. Gray, and that you don't really object to being reminded that you are extremely young."
»Und Sie wissen, Herr Gray, daß Sie ein wenig töricht waren und daß Sie ernstlich gar nichts dagegen haben können, an Ihre große Jugend erinnert zu werden.«
"And the duchess loves you very much, but she likes you less, so you are excellently matched."
»Und die Herzogin liebt dich sehr, aber sie hat dich nicht gern, also paßt ihr beide famos zusammen.«
"What of art?" she asked.
»Und die Kunst?« fragte sie.
"And those are ... ?" asked Lord Henry, helping himself to some salad.
»Und die wären?« fragte Lord Henry, während er Salat nahm.
"Still, we have done great things."
»Und doch haben wir große Dinge vollbracht.«
"And yet," continued Lord Henry, in his low, musical voice, and with that graceful wave of the hand that was always so characteristic of him, and that he had even in his Eton days, "I believe that if one man were to live out his life fully and completely, were to give form to every feeling, expression to every thought, reality to every dream--I believe that the world would gain such a fresh impulse of joy that we would forget all the maladies of mediaevalism, and return to the Hellenic ideal-- to something finer, richer than the Hellenic ideal, it may be. But the bravest man amongst us is afraid of himself. The mutilation of the savage has its tragic survival in the self-denial that mars our lives. We are punished for our refusals.
»Und doch,« fuhr Lord Henry mit seiner tiefen musikalischen Stimme fort, während er die Hand in der anmutigen Art bewegte, die er schon seinerzeit in Eton gehabt hatte, »ich glaube, wenn die Menschen nur ihr eigenes Leben voll, bis auf den letzten Rest ausleben würden, jedes Gefühl Gestalt bekommen lassen, jeden Gedanken ausdrücken, jeden Traum in Dasein umsetzen wollten -- ich glaube, dann käme in die Welt ein solcher Schwung von neuer Freudigkeit, daß wir alle die Krankheiten des Mittelalters vergäßen und zum hellenischen Ideal zurückkehrten, ja wir kämen vielleicht zu etwas Feinerem und Reicherem, als das hellenische Ideal war. Aber selbst der Tapferste unter uns hat Angst vor sich selber. Die Selbstverstümmelung der Wilden hat ihr tragisches Überbleibsel in der Selbstverleugnung, die unser Leben verstümmelt. Wir büßen für unsere Entsagungen.
"And weep over a faithless Florizel," said Lord Henry, laughing, as he leaned back in his chair. "My dear Dorian, you have the most curiously boyish moods. Do you think this girl will ever be really content now with any one of her own rank? I suppose she will be married some day to a rough carter or a grinning ploughman. Well, the fact of having met you, and loved you, will teach her to despise her husband, and she will be wretched. From a moral point of view, I cannot say that I think much of your great renunciation. Even as a beginning, it is poor. Besides, how do you know that Hetty isn't floating at the present moment in some starlit mill-pond, with lovely water-lilies round her, like Ophelia?"
»Und einem treulosen Florizel nachweinen«, rief Lord Henry lachend und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Teuerster Dorian, du hast manchmal die sonderbarsten Knabenanwandlungen. Glaubst du, dieses Mädchen wird sich jemals mit einem ihres eigenen Standes glücklich fühlen? Ich vermute, sie wird eines schönen Tages einen rohen Fuhrmann oder einen grinsenden Bauernlümmel heiraten. Schön also, die Tatsache, daß sie dich kennengelernt und geliebt hat, wird sie dahin bringen, ihren Mann zu verachten, und sie wird unglücklich werden. Vom moralischen Standpunkte aus kann ich also nicht finden, daß deine Entsagung sehr wertvoll war. Selbst als ein Anfang ist sie armselig. Außerdem, woher willst du wissen, ob Hetty in diesem Augenblick nicht in einem sternbeglänzten Mühlteich schwimmt, von lieblichen Wasserlilien umkränzt wie Ophelia?«
"And he?"
»Und er?«
"And found it, Mr. Gray?"
»Und gefunden, Herr Gray?«
"And I don't forgive you for being late for dinner," broke in Lord Henry, putting his hand on the lad's shoulder and smiling as he spoke. "Come, let us sit down and try what the new chef here is like, and then you will tell us how it all came about."
»Und ich kann es dir nicht verzeihen, daß du zu spät kommst«, fiel Lord Henry lächelnd ein und legte seine Hand auf die Schulter des jungen Mannes. »Komm, wir wollen uns setzen und versuchen, was der neue Chef hier kann, und dann erzählst du uns, wie alles gekommen ist.«
"Well, you don't mind my looking at the thing now?"
»Und jetzt hast du wohl nichts mehr dawider, es einmal zu betrachten?«
"And does his philosophy make you happy?"
»Und macht Sie seine Philosophie glücklich?«
"And what do you propose to do?" said Lord Henry at last.
»Und was hast du nun vor?« sagte Lord Henry schließlich.
"And much less than a friend. A sort of brother, I suppose?"
»Und weit weniger als ein Freund! Wohl so eine Art Bruder?«
"And how did Lady Brandon describe this wonderful young man?" asked his companion. "I know she goes in for giving a rapid precis of all her guests. I remember her bringing me up to a truculent and red-faced old gentleman covered all over with orders and ribbons, and hissing into my ear, in a tragic whisper which must have been perfectly audible to everybody in the room, the most astounding details. I simply fled. I like to find out people for myself. But Lady Brandon treats her guests exactly as an auctioneer treats his goods. She either explains them entirely away, or tells one everything about them except what one wants to know."
»Und wie hat Lady Brandon den wunderbaren Jüngling beschrieben?« fragte sein Gefährte. »Ich weiß, es ist ihre Manier, von jedem ihrer Gäste eine kleine Skizze zu geben. Ich erinnere mich, wie sie mich mal einem schrecklichen, alten Herrn mit puterrotem Gesicht vorstellte, dessen Brust mit Orden und Bändern beklext war, und mir in einem tragischen Flüsterton, der für jedermann im Zimmer hörbar war, die erstaunlichsten Einzelheiten über ihn ins Ohr zischelte. Ich mußte einfach davonlaufen. Ich entdecke die Leute gerne von mir selbst aus. Aber Lady Brandon behandelt ihre Gäste genau so, wie ein Auktionator seine Waren. Sie erklärt sie einem entweder so lange, bis nichts mehr davon übrigbleibt, oder sie sagt alles, gerade mit Ausnahme dessen, was man wissen will.«
"And where did you come across her?"
»Und wo hast du die Entdeckung gemacht?«
"And what does she get annoyed with you about, Duchess?"
»Und worüber ärgert sie sich, Frau Herzogin?«
"And ... Harry!"
»Und... Harry!«
"About three weeks."
»Ungefähr drei Wochen.«
"Impossible!"
»Unmöglich!«
"Our host is a delightful topic. Years ago he was christened Prince Charming."
»Unser Wirt ist ein entzückendes Thema. Vor vielen Jahren nannte man ihn den Prinz Märchenschön.«
"Our host is rather horrid this evening," answered the duchess, colouring. "I believe he thinks that Monmouth married me on purely scientific principles as the best specimen he could find of a modern butterfly."
»Unser Wirt ist recht greulich heute abend«, antwortete die Herzogin und errötete. »Er denkt wohl, Monmouth habe mich nur aus wissenschaftlichen Gründen geheiratet, weil ich das beste Musterbeispiel eines modernen Schmetterlings bin.«
"Nonsense, Jim," she whispered, stroking the sleeve of his coat.
»Unsinn, Jim«, flüsterte sie, und streichelte seinen Ärmel.
"Decay fascinates me more."
»Verfall reizt mich mehr.«
"Remember what I asked you, when we were in the garden this morning."
»Vergiß nicht, was ich dir sagte, als wir am Vormittag im Garten saßen.«
"I suppose it would," muttered the lad, walking up and down the room and looking horribly pale. "But I thought it was my duty. It is not my fault that this terrible tragedy has prevented my doing what was right. I remember your saying once that there is a fatality about good resolutions--that they are always made too late. Mine certainly were."
»Vermutlich«, murmelte der junge Mann, während er mit furchtbar blassem Gesicht im Zimmer auf und ab schritt. »Aber ich glaube, es sei meine Pflicht. Es ist nicht meine Schuld, daß mich dieses schreckliche Trauerspiel verhindert hat, das Rechte zu tun. Ich erinnere mich, daß du einmal gesagt hast, ein sonderbares Verhängnis schwebe über guten Vorsätzen -- daß man sie nämlich immer zu spät fasse. Bei meinem war es gewiß der Fall.«
"Acting! I leave that to you. You do it so well," he answered bitterly.
»Verstellen? Das überlaß ich dir. Du verstehst es ja so gut«, entgegnete er bitter.
"Forgive me, sir," muttered James Vane. "I was deceived. A chance word I heard in that damned den set me on the wrong track."
»Verzeihen Sie mir, Herr!« stammelte James Vane. »Ich habe mich täuschen lassen. Ein zufälliges Wort, das ich in der verfluchten Kneipe hörte, brachte mich auf die falsche Spur.«
"Perhaps, after all, America never has been discovered," said Mr. Erskine; "I myself would say that it had merely been detected."
»Vielleicht ist Amerika überhaupt nicht entdeckt worden, wenn man's recht betrachtet«, sagte Herr Erskine. »Ich würde eher sagen, daß es nur aufgefunden worden ist.«
"Possibly," he sighed, "but they invariably want it back in such very small change. That is the worry. Women, as some witty Frenchman once put it, inspire us with the desire to do masterpieces and always prevent us from carrying them out."
»Vielleicht,« seufzte er, »aber unweigerlich verlangen sie es dann in Kleingeld umgewechselt zurück. Das ist der Jammer dabei. >Die Frauen,< hat einmal ein witziger Franzose gesagt, >regen uns an, Meisterwerke zu schaffen, und verhindern uns immer, sie auszuführen.<«
"Perhaps."
»Vielleicht.«
"Four husbands! Upon my word that is trop de zèle." "Trop d'audace, I tell her," said Dorian.
»Vier Männer! Auf mein Wort, das ist ~trop de zêle~.« »~Trop d'audace~ sagte ich ihr«, entgegnete Dorian.
"Forty of us, in forty arm-chairs. We are practising for an English Academy of Letters."
»Vierzig von uns in vierzig Klubsesseln. Wir üben uns für eine Akademie anglaise.«
"Quite serious, Basil. I should be miserable if I thought I should ever be more serious than I am at the present moment."
»Vollständig, Basil. Es würde schlimm für mich sein, wenn ich je im Leben ernsthafter sein müßte als jetzt.«
"The same flesh and blood as one's self! Oh, I hope not!" exclaimed Lord Henry, who was scanning the occupants of the gallery through his opera-glass.
»Vom selben Fleisch und Blut wie man selbst? Oh, ich hoffe nicht!« rief Lord Henry, der die Leute auf der Galerie mit seinem Opernglas musterte.
"Sibyl? Oh, she was so shy and so gentle. There is something of a child about her. Her eyes opened wide in exquisite wonder when I told her what I thought of her performance, and she seemed quite unconscious of her power. I think we were both rather nervous. The old Jew stood grinning at the doorway of the dusty greenroom, making elaborate speeches about us both, while we stood looking at each other like children. He would insist on calling me 'My Lord,' so I had to assure Sibyl that I was not anything of the kind. She said quite simply to me, 'You look more like a prince. I must call you Prince Charming.'"
»Von Sibyl? Oh, sie war so schüchtern und lieb. Sie ist noch fast wie ein Kind. Ihre Augen öffneten sich in einem allerliebsten Staunen, als ich ihr sagte, was ich über ihr Spiel dachte, und sie schien sich ihres eigenen Könnens gar nicht bewußt zu sein. Ich glaube, wir waren beide recht nervös. Der alte Jude stand grinsend an der Tür der staubigen Garderobe und hielt theatralische Reden über uns beide, während wir uns wie Kinder anstarrten. Er bestand darauf, mich >Herr Baron< zu nennen, so daß ich Sibyl versichern mußte, ich sei nichts der Art. Sie sagte in ganz schlichter Weise zu mir: >Sie sehen mehr wie ein Prinz aus. Ich will Sie Prinz Märchenschön nennen<.«
"Before either."
»Vor keinem.«
"Years ago, when I was a boy," said Dorian Gray, crushing the flower in his hand, "you met me, flattered me, and taught me to be vain of my good looks. One day you introduced me to a friend of yours, who explained to me the wonder of youth, and you finished a portrait of me that revealed to me the wonder of beauty. In a mad moment that, even now, I don't know whether I regret or not, I made a wish, perhaps you would call it a prayer. . . ."
»Vor vielen Jahren, als ich noch ein Knabe war,« sagte Dorian Gray, während er die Blume in seiner Hand zerdrückte, »hast du mich kennengelernt, hast mir geschmeichelt und mich gelehrt, auf meine Schönheit eitel zu sein. Eines Tages stelltest du mich einem deiner Freunde vor, der mir das Wunder der Jugend erklärte, und damals beendetest du ein Porträt von mir, das mir das Wunder der Schönheit offenbarte. In einem Augenblick des Wahnsinns, und ich weiß noch jetzt nicht, ob ich ihn bedaure oder nicht, sprach ich einen Wunsch aus, vielleicht würdest du es ein Gebet nennen.«
"Before which Dorian? The one who is pouring out tea for us, or the one in the picture?"
»Vor welchem Dorian? Vor dem, der uns den Tee einschenkt, oder dem anderen auf dem Bilde?«
"When is she Sibyl Vane?"
»Wann ist sie Sibyl Vane?«
"Was that a paradox?" asked Mr. Erskine. "I did not think so. Perhaps it was. Well, the way of paradoxes is the way of truth. To test reality we must see it on the tight rope. When the verities become acrobats, we can judge them."
»War das ein Paradoxon?« fragte Herr Erskine. »Ich habe es nicht dafür gehalten. Vielleicht war es eins. Nun, der Weg zur Wahrheit scheint mit Paradoxen gepflastert zu sein. Um die Wahrheit zu erkennen, müssen wir sie auf gespanntem Seil tanzen sehen. Wenn die Wahrheiten Akrobaten werden, können wir sie beurteilen.«
"Was the poor fellow married? Had he any people dependent on him?" asked Dorian, looking bored. "If so, I should not like them to be left in want, and will send them any sum of money you may think necessary."
»War der arme Kerl verheiratet? Hatte er Angehörige zu versorgen?« fragte Dorian mit einem müden Gesicht. »Wenn sich's so verhält, möchte ich nicht, daß sie in Not zurückbleiben, und ich will ihnen jede Summe schicken, die Sie für notwendig halten.«
"Has he never been jealous?"
»War er nie eifersüchtig?«
"Did any one call this evening?"
»War jemand heute abend hier?«
"Did you go to the club?"
»Warst du noch im Klub?«
"Wait for an answer," he said, handing it to him, "and show the men in here."
»Warten Sie auf Antwort,« sagte er, indem er ihm den Brief übergab, »und lassen Sie die Leute herein.«
"Then why won't you exhibit his portrait?" asked Lord Henry.
»Warum aber willst du dann sein Bild nicht ausstellen?« fragte Lord Henry.
"Why can't these American women stay in their own country? They are always telling us that it is the paradise for women."
»Warum bleiben diese amerikanischen Weiber nicht in ihrem Lande? Sie sagen doch immer, es sei das Paradies für Frauen.«
"Why didn't you kill him?" she hissed out, putting haggard face quite close to his. "I knew you were following him when you rushed out from Daly's. You fool! You should have killed him. He has lots of money, and he's as bad as bad."
»Warum hast du ihn nicht umgebracht?« zischte sie und brachte ihr verlebtes Gesicht ganz dicht an das seine. »Ich wußte, daß du ihm folgtest, als du aus Dalys Haus fortranntest. Du Narr! Du hättest ihn totschlagen sollen. Er hat einen Haufen Geld und ist schlechter als sonst wer.«
"Why have you stopped playing, Dorian? Go back and give me the nocturne over again. Look at that great, honey-coloured moon that hangs in the dusky air. She is waiting for you to charm her, and if you play she will come closer to the earth. You won't? Let us go to the club, then. It has been a charming evening, and we must end it charmingly. There is some one at White's who wants immensely to know you--young Lord Poole, Bournemouth's eldest son. He has already copied your neckties, and has begged me to introduce him to you. He is quite delightful and rather reminds me of you."
»Warum hast du zu spielen aufgehört, Dorian? Geh wieder ans Klavier und spiel' mir nochmal das Nokturno. Sieh den großen honigfarbenen Mond, der in der dunklen Luft hängt. Er wartet, daß du ihn bezauberst, und wenn du spielst, wird er sich der Erde nähern. Du willst nicht? Dann laß uns in den Klub gehen. Es war ein reizender Abend, und wir müssen ihn reizend beenden. Bei White wartet jemand, der darauf brennt, dich kennenzulernen -- der junge Lord Pool, der älteste Sohn von Bournemouth. Er kopiert schon deine Krawatten und hat mich bestürmt, ihn dir vorzustellen. Er ist ganz entzückend und erinnert mich ein bißchen an dich.«
"Why I was so bad to-night. Why I shall always be bad. Why I shall never act well again."
»Warum ich heute abend so schlecht spielte. Warum ich immer schlecht spielen werde. Warum ich nie mehr gut spielen werde.«
"Why, Harry?"
»Warum nicht, Harry?«
"Why not, Mother? I mean it."
»Warum nicht, Mutter? Ich meine es im Ernst.«
"My dear Harry, why?"
»Warum, lieber Harry?«
"Why?"
»Warum?«
"Why?" said the younger man wearily.
»Warum?« fragte der jüngere müde.
"What does this mean?" cried Hallward, at last. His own voice sounded shrill and curious in his ears.
»Was bedeutet das?« rief Hallward endlich. Seine eigene Stimme klang ihm schrill und fremd in die Ohren.
"What are you?"
»Was bist du?«
"What is?" asked Lord Henry. "Oh! this accident, I suppose. My dear fellow, it can't be helped. It was the man's own fault. Why did he get in front of the guns? Besides, it is nothing to us. It is rather awkward for Geoffrey, of course. It does not do to pepper beaters. It makes people think that one is a wild shot. And Geoffrey is not; he shoots very straight. But there is no use talking about the matter."
»Was denn?« fragte Lord Henry. »Oh! diesen Unglücksfall meinst du. Lieber Junge, daran ist nichts zu ändern. Der Mann hatte ja selber schuld. Warum lief er in die Schußlinie? Überdies ist es nicht unsere Sache. Für Geoffrey ist es natürlich nicht gerade angenehm! Es ist nicht hübsch, Treiber niederzupuffen. Die Leute denken gleich, man wäre ein Sonntagsjäger. Und das ist Geoffrey nicht; er schießt sogar brillant. Aber es hat keinen Zweck, über den Unfall weiter zu reden.«
"What nonsense people talk about happy marriages!" exclaimed Lord Henry. "A man can be happy with any woman, as long as he does not love her."
»Was die Menschen doch für einen Unsinn über glückliche Ehen reden!« rief Lord Henry. »Ein Mann kann mit jeder Frau glücklich werden, solange er sie nicht liebt.«
"But what about my man at the Orleans?"
»Was fange ich aber mit meinem Mann im Orleans an?«
"What nonsense you talk!" said Lord Henry, smiling, and taking Hallward by the arm, he almost led him into the house.
»Was für Unsinn du redest!« sagte Lord Henry lächelnd, nahm Hallward unter den Arm und führte ihn in das Haus.
"What nonsense you talk, Harry!" cried the lad, taking a light from a fire-breathing silver dragon that the waiter had placed on the table. "Let us go down to the theatre. When Sibyl comes on the stage you will have a new ideal of life. She will represent something to you that you have never known."
»Was für Unsinn du redest, Harry!« rief der junge Mann, während er seine Zigarette an dem feuerspeienden Silberdrachen anzündete, den der Kellner auf den Tisch gestellt hatte. »Wir wollen jetzt ins Theater. Wenn Sibyl auftritt, werdet ihr ein neues Lebensideal bekommen. Sie wird euch etwas offenbaren, das ihr noch nicht gekannt habt.«
"What nonsense!"
»Was für Unsinn!«
"What a place to find one's divinity in!" said Lord Henry.
»Was für ein sonderbarer Platz, um seine Göttin zu finden!« sagte Lord Henry.
"What do you think has happened to Basil?" asked Dorian, holding up his Burgundy against the light and wondering how it was that he could discuss the matter so calmly.
»Was glaubst du, daß Basil zugestoßen sei?« fragte Dorian, hielt seinen Burgunder gegen das Licht und wunderte sich, daß er über diese Sache so ruhig plaudern konnte.
"What has the actual lapse of time got to do with it? It is only shallow people who require years to get rid of an emotion. A man who is master of himself can end a sorrow as easily as he can invent a pleasure. I don't want to be at the mercy of my emotions. I want to use them, to enjoy them, and to dominate them."
»Was hat die wirklich verstrichene Zeit damit zu tun? Nur seichtes Volk braucht Jahre, um ein Gefühl zu überwinden. Ein Mensch, der Herr über sich selbst ist, kann einen Schmerz ebenso leicht überwinden, wie er einen Genuß entdecken kann. Ich will nicht der Spielball meiner Empfindungen sein. Ich will sie ausnützen, mich an ihnen freuen und sie beherrschen.«
"What has happened?" he asked. "Oh! I remember. Am I safe here, Harry?" He began to tremble.
»Was ist geschehen?« fragte er. »Ach! jetzt fällt mir's ein. Bin ich hier sicher, Harry?« Er begann zu zittern.
"Who are her people?" grumbled the old gentleman. "Has she got any?"
»Was ist's für eine Familie?« murrte der alte Herr. »Hat sie überhaupt eine?«
"What can it matter?" cried Dorian Gray, laughing, as he sat down on the seat at the end of the garden.
»Was läge weiter daran?« rief Dorian Gray und lachte, als er sich auf eine Bank am Ende des Gartens setzte.
"How serious you both are!" she cried. "What is the matter?"
»Was macht ihr beide denn für ernste Gesichter!« rief sie aus. »Was gibt's denn?«
"What a fuss people make about fidelity!" exclaimed Lord Henry. "Why, even in love it is purely a question for physiology. It has nothing to do with our own will. Young men want to be faithful, and are not; old men want to be faithless, and cannot: that is all one can say."
»Was man heute für ein großes Wesen aus der Treue macht!« rief Lord Henry aus. »Und doch ist sie selbst in der Liebe eine rein physiologische Frage. Sie hat auch nicht das mindeste mit unserem eigenen Willen zu tun. Junge Männer wären gerne treu und sind es nicht; alte würden gerne untreu sein und können es nicht: das ist alles, was sich darüber sagen läßt.«
"What do they say of us?"
»Was sagt man von uns?«
"What is it all about?" cried Dorian in his petulant way, flinging himself down on the sofa. "I hope it is not about myself. I am tired of myself to-night. I should like to be somebody else."
»Was soll das alles?« rief Dorian, offen seine Verdrießlichkeit zeigend und warf sich auf das Sofa. »Ich hoffe, es handelt sich nicht um mich. Ich habe heute abend genug von mir. Ich wünschte, ich wäre ein anderer.«
"What do you want me to say?"
»Was soll ich denn sagen?«
"What can I do for you, Mr. Gray?" he said, rubbing his fat freckled hands. "I thought I would do myself the honour of coming round in person. I have just got a beauty of a frame, sir. Picked it up at a sale. Old Florentine. Came from Fonthill, I believe. Admirably suited for a religious subject, Mr. Gray."
»Was steht zu Ihren Diensten, Herr Gray?« fragte er und rieb seine fetten, sommersprossigen Hände. »Ich dachte, ich wollte mir selbst die Ehre geben, herüberzukommen. Ich habe gerade ein Prachtstück von Rahmen da. Bei einer Auktion ergattert. Alt-Florentiner. Stammt aus Fonthill, vermute ich. Wundervoll geeignet für einen religiösen Gegenstand, Herr Gray.«
"What was that, Harry?"
»Was war das, Harry?«
"What is that?" said the painter, keeping his eyes fixed on the ground.
»Was war das?« sagte der Maler, die Augen fest zu Boden gerichtet.
"What do you want?" he gasped.
»Was wollen Sie?« keuchte er.
"What would you say, Harry, if I told you that I had murdered Basil?" said the younger man. He watched him intently after he had spoken.
»Was würdest du dazu sagen, Harry, wenn ich dir versicherte, daß ich Basil ermordet habe?« fragte der jüngere. Er beobachtete ihn scharf, nachdem er das gesagt hatte.
"Why, you don't even know his name," answered the lad. "Who is he? I have a right to know."
»Was, und du weißt nicht mal seinen Namen?« erwiderte er. »Wer ist es? Ich habe ein Recht, das zu wissen.«
"What?"
»Was?«
"Understand what?" he asked, angrily.
»Was?« fragte er heftig.
"Do you still refuse to do this for me?"
»Weigerst du dich noch immer, das für mich zu tun?«
"Because you have the most marvellous youth, and youth is the one thing worth having."
»Weil Sie die wundervollste Jugend haben, und Jugend ist das einzige, dessen Besitz einen Wert hat.«
"Because I have promised Lord Henry Wotton to go with him."
»Weil ich Lord Henry Wotton zugesagt habe, ihn zu begleiten.«
"Because I have loved so many of them, Dorian."
»Weil ich so viele von ihnen geliebt habe, Dorian.«
"Because, without intending it, I have put into it some expression of all this curious artistic idolatry, of which, of course, I have never cared to speak to him. He knows nothing about it. He shall never know anything about it. But the world might guess it, and I will not bare my soul to their shallow prying eyes. My heart shall never be put under their microscope. There is too much of myself in the thing, Harry--too much of myself!"
»Weil ich, ohne es zu wollen, einen gewissen Ausdruck all dieser ganz merkwürdigen Künstlervergötterung hineingelegt habe, von der ich natürlich nie zu ihm sprechen wollte. Er hat von alledem keine Ahnung. Er soll nie etwas davon ahnen. Aber die Welt könnte es erraten; und ich will meine Seele ihren seichten, spähenden Augen nicht entblößen. Mein Herz sollen sie nie unter ihr Mikroskop bekommen. Es ist zu viel von mir selbst in dem Dinge, Harry -- zu viel von mir selbst.«
"Because to influence a person is to give him one's own soul. He does not think his natural thoughts, or burn with his natural passions. His virtues are not real to him. His sins, if there are such things as sins, are borrowed. He becomes an echo of some one else's music, an actor of a part that has not been written for him. The aim of life is self-development. To realize one's nature perfectly--that is what each of us is here for.
»Weil jemand beeinflussen soviel ist wie ihm die eigene Seele leihen. Er denkt dann nicht mehr seine natürlichen Gedanken und brennt nicht mehr in seinem natürlichen Feuer. Seine Tugenden sind gar nicht seine Tugenden. Seine Sünden, wenn es so etwas wie Sünden gibt, sind nur ausgeborgte. Er wird ein Echo für die Töne eines anderen, Schauspieler einer Rolle, die nicht für ihn geschrieben wurde. Der Sinn des Daseins ist: Selbstentwicklung. Die eigene Natur voll zum Ausdruck zu bringen -- diese Aufgabe hat jeder von uns hier zu lösen.
"Because they are so sentimental."
»Weil sie so sentimental sind.«
"Because," said Lord Henry, passing beneath his nostrils the gilt trellis of an open vinaigrette box, "one can survive everything nowadays except that. Death and vulgarity are the only two facts in the nineteenth century that one cannot explain away. Let us have our coffee in the music-room, Dorian. You must play Chopin to me. The man with whom my wife ran away played Chopin exquisitely. Poor Victoria! I was very fond of her. The house is rather lonely without her. Of course, married life is merely a habit, a bad habit. But then one regrets the loss even of one's worst habits. Perhaps one regrets them the most. They are such an essential part of one's personality."
»Weil,« sagte Lord Henry und führte die vergoldete Netzöffnung eines Riechbüchschens zur Nase, »weil man heutzutage alles überleben kann, ausgenommen den Tod. Tod und Philisterei sind die zwei einzigen Tatsachen des neunzehnten Jahrhunderts, die man nicht wegerklären kann. Wir wollen den Kaffee im Musikzimmer trinken, Dorian. Du mußt mir Chopin vorspielen. Der Mann, mit dem meine Frau durchbrannte, spielte Chopin hinreißend. Die arme Viktoria! Ich habe sie recht gern gehabt. Das Haus ist ohne sie recht einsam. Natürlich ist das Eheleben nur eine Gewohnheit, eine schlechte Gewohnheit. Aber schließlich bedauert man den Verlust selbst seiner schlechtesten Gewohnheiten. Vielleicht bedauert man die gerade am meisten. Sie sind ein so wesentlicher Teil unserer Persönlichkeit.«
"What is that, Harry?" said the lad listlessly.
»Welche ist das, Harry?« fragte der junge Mann zerstreut.
"Whose property is it?"
»Wem denn?«
"Whose house is that, Constable?" asked the elder of the two gentlemen.
»Wem gehört das Haus, Herr Wachtmeister?« fragte der ältere der beiden Herren.
"Who?"
»Wen?«
"If you let any one have it but me, Basil, I shall never forgive you!" cried Dorian Gray; "and I don't allow people to call me a silly boy."
»Wenn du es einem anderen geben willst als mir, Basil, verzeihe ich es dir nie«, rief Dorian Gray; »und ich erlaube niemand, mich ein törichtes Knäblein zu nennen.«
"If you try to look at it, Basil, on my word of honour I will never speak to you again as long as I live. I am quite serious. I don't offer any explanation, and you are not to ask for any. But, remember, if you touch this screen, everything is over between us."
»Wenn du versuchst, es anzusehen, Basil, gebe ich dir mein Ehrenwort, daß ich, solange ich lebe, nie wieder ein Wort mit dir spreche. Es ist mein völliger Ernst. Ich gebe keine Erklärung, und du wirst um keine bitten. Aber denke daran, wenn du diesen Wandschirm anrührst, dann ist alles aus zwischen uns!«
"If you want to make him marry this girl, tell him that, Basil. He is sure to do it, then. Whenever a man does a thoroughly stupid thing, it is always from the noblest motives."
»Wenn du willst, daß er dies Mädchen heiratet, so brauchst du ihm das nur zu sagen, Basil. Dann tut er's gewiß. Wenn ein Mann etwas auserlesen Dummes tut, tut er's immer aus den edelsten Beweggründen.«
"If it is not, what have I to do with it?"
»Wenn er es nicht ist, was habe ich damit zu schaffen?«
"If he were not, there would be no battle."
»Wenn er es nicht könnte, gäb's keinen Kampf.«
"But, surely, if one lives merely for one's self, Harry, one pays a terrible price for doing so?" suggested the painter.
»Wenn man aber nur für sich selbst lebt, Harry, muß man da nicht einen furchtbaren Preis dafür zahlen?« fragte der Maler.
"Who is she?"
»Wer ist's denn?«
"Who?" said Jim Vane.
»Wer?« fragte Jim Vane.
"Don't touch me. Finish what you have to say."
»Werde nur nicht rührselig. Mach' Schluß mit dem, was du noch zu sagen hast.«
"How horrid of you, Harry!" cried the duchess. "Isn't it, Mr. Gray? Harry, Mr. Gray is ill again. He is going to faint." Dorian drew himself up with an effort and smiled.
»Wie abscheulich von dir«, schrie die Herzogin auf. »Nicht war, Herr Gray? Harry, Herrn Gray ist wieder unwohl. Er wird ohnmächtig.« Dorian hielt sich gewaltsam aufrecht und lächelte.
"In the Parthian manner?"
»Wie die Parther?«
"As you called it."
»Wie du es nanntest.«
"How English you are Basil! That is the second time you have made that observation. If one puts forward an idea to a true Englishman--always a rash thing to do--he never dreams of considering whether the idea is right or wrong. The only thing he considers of any importance is whether one believes it oneself. Now, the value of an idea has nothing whatsoever to do with the sincerity of the man who expresses it. Indeed, the probabilities are that the more insincere the man is, the more purely intellectual will the idea be, as in that case it will not be coloured by either his wants, his desires, or his prejudices. However, I don't propose to discuss politics, sociology, or metaphysics with you. I like persons better than principles, and I like persons with no principles better than anything else in the world. Tell me more about Mr. Dorian Gray. How often do you see him?"
»Wie englisch du bist, Basil! Du machst heute zum zweitenmal diesen Einwurf. Wenn man einem richtigen Engländer eine Idee mitteilt -- an sich schon immer eine Unüberlegtheit --, so fällt es ihm nicht im Traum ein, zu erwägen, ob die Idee richtig oder falsch ist. Das einzige, was ihm von Belang scheint, ist das, ob der Sprecher selbst daran glaubt. Aber der Wert einer Idee hat nicht das geringste mit der Aufrichtigkeit dessen zu schaffen, der sie ausspricht. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Idee um so geistreicher sein, je unaufrichtiger der Mann ist, weil sie in diesem Fall weder die Färbung seiner Bedürfnisse noch seiner Wünsche noch seiner Vorurteile annehmen wird. Indes habe ich nicht die Absicht, politische, soziale oder metaphysische Diskussionen mit dir zu führen. Mir sind Menschen lieber als Grundsätze und grundsatzlose Menschen überhaupt das Liebste auf Erden. Erzähle mir mehr von Dorian Gray. Wie oft siehst du ihn?«
"How fond women are of doing dangerous things!" laughed Lord Henry. "It is one of the qualities in them that I admire most. A woman will flirt with anybody in the world as long as other people are looking on."
»Wie gern doch die Frauen gefährliche Dinge tun!« sagte Lord Henry lachend. »Das ist eine von ihren Eigenschaften, die ich am meisten bewundere. Eine Frau ist mit jedem auf der Welt zu flirten bereit, solange andere Leute dabei Zuschauer sind.«
"How fond you are of saying dangerous things, Harry! In the present instance, you are quite astray. I like the duchess very much, but I don't love her."
»Wie gern du doch gefährliche Dinge sagst, Harry! In diesem Falle bist du aber ganz auf dem Holzwege. Ich habe die Herzogin sehr gern, aber ich liebe sie nicht.«
"How horribly unjust of you!" cried Lord Henry, tilting his hat back and looking up at the little clouds that, like ravelled skeins of glossy white silk, were drifting across the hollowed turquoise of the summer sky.
»Wie grausam ungerecht von dir!« rief Lord Henry, stieß seinen Hut in den Nacken und sah zu den Lämmerwolken empor, die gleich verwirrten Knäueln glänzendweißer Seide über das türkisfarbene Gewölbe des Himmels dahinschifften.
"What is that?"
»Wie heißt der?«
"Like all good reputations, Gladys," interrupted Lord Henry. "Every effect that one produces gives one an enemy. To be popular one must be a mediocrity."
»Wie jeder gute Ruf, Gladys!« unterbrach Lord Henry. »Jede Wirkung, die man erzielt, schafft uns einen Feind. Man muß eine Mittelmäßigkeit sein, wenn man eine Beliebtheit sein will.«
"How can you say that? I admit that I think that it is better to be beautiful than to be good. But on the other hand, no one is more ready than I am to acknowledge that it is better to be good than to be ugly."
»Wie kannst du das sagen? Ich gebe zu, daß ich es für besser halte, schön zu sein als gut. Aber andererseits ist niemand eher als ich bereit zuzugeben, daß es besser ist, gut zu sein als häßlich.«
"How can you, Harry!" cried Dorian.
»Wie kannst du so etwas sagen, Harry!« rief Dorian.
"How long has she been married?" asked Dorian.
»Wie lange ist sie verheiratet?« fragte Dorian.
"How do you mean?"
»Wie meinst du das?«
"How extraordinary! I thought you would never care for anything but your art."
»Wie merkwürdig! Ich glaubte immer, du kümmertest dich um nichts anderes als um deine Kunst.«
"How horrid you are! She is all the great heroines of the world in one. She is more than an individual. You laugh, but I tell you she has genius. I love her, and I must make her love me. You, who know all the secrets of life, tell me how to charm Sibyl Vane to love me! I want to make Romeo jealous. I want the dead lovers of the world to hear our laughter and grow sad. I want a breath of our passion to stir their dust into consciousness, to wake their ashes into pain. My God, Harry, how I worship her!" He was walking up and down the room as he spoke. Hectic spots of red burned on his cheeks. He was terribly excited.
»Wie schrecklich du bist! Sie verkörpert alle die großen Frauengestalten der Weltgeschichte in sich. Sie ist mehr als ein Geschöpf. Du lachst, aber ich sage dir, sie ist ein Genie. Ich liebe sie und ich will's erreichen, daß sie mich auch liebt. Dir sind alle Geheimnisse des Lebens bekannt, du mußt mir sagen, wie ich Sibyl Vane so bezaubern kann, daß sie mich liebt. Ich will Romeo eifersüchtig machen. Ich will, daß die toten Liebhaber der Welt unser Lachen hören und sich grämen. Ich will, daß unsere strahlende Leidenschaft ihren Staub wieder beleben und ihre Asche zu Schmerzen auferwecken soll. O Gott, Harry, wie bete ich sie an!« Er ging, während er sprach, im Zimmer auf und ab. Rote hektische Flecken brannten auf seinen Wangen. Er war furchtbar erregt.
"How dreadful!" cried Lord Henry. "I can stand brute force, but brute reason is quite unbearable. There is something unfair about its use. It is hitting below the intellect."
»Wie schrecklich!« rief Lord Henry aus. »Ich kann rohe Gewalt vertragen, aber rohe Vernunft ist mir unerträglich. Ich finde immer, daß ihre Anwendung unbillig ist. Es heißt den Geist unterjochen.«
"How dreadful!" exclaimed Lady Agatha. "Really, some one should interfere."
»Wie schrecklich«, rief Lady Agatha. »Dann sollte sich wirklich jemand ins Mittel legen.«
"Then what should we call you, Harry?" she asked.
»Wie sollen wir also dich nennen, Harry?« fragte sie.
"How sad it is!" murmured Dorian Gray with his eyes still fixed upon his own portrait. "How sad it is! I shall grow old, and horrible, and dreadful. But this picture will remain always young. It will never be older than this particular day of June. . . . If it were only the other way! If it were I who was to be always young, and the picture that was to grow old! For that--for that--I would give everything! Yes, there is nothing in the whole world I would not give! I would give my soul for that!"
»Wie traurig!« flüsterte Dorian und hielt die Augen noch immer fest auf das Bild gerichtet. »Wie traurig! Ich werde alt werden und häßlich und widerlich. Aber dies Bild wird immer jung bleiben. Es wird nie über den heutigen Junitag hinaus altern... Wenn es nur umgekehrt sein könnte! Wenn ich ewig jung bliebe und dafür das Bild altern könnte! Dafür -- dafür -- gäbe ich alles! Ja, nichts in aller Welt wäre mir dafür zuviel! Ich gäbe meine Seele dafür!«
"How unreasonable of her! You should give her warning."
»Wie unvernünftig von ihr! Sie sollten ihr den Laufpaß geben!«
"How wonderful, Basil!"
»Wie wundervoll, Basil!«
"Why?"
»Wieso?«
"What o'clock is it, Victor?" asked Dorian Gray drowsily.
»Wieviel Uhr ist es?« fragte Dorian Gray noch verschlafen.
"We have carried their burden."
»Wir haben ihre Last zu tragen vermocht.«
"We are talking about poor Dartmoor, Lord Henry," cried the duchess, nodding pleasantly to him across the table. "Do you think he will really marry this fascinating young person?"
»Wir sprechen über den bedauernswerten Dartmoor, Henry«, rief die Herzogin, ihm vergnügt über den Tisch zunickend. »Glauben Sie, daß er wirklich die berückende junge Dame heiratet?«
"We are only at the beginning of our friendship, Dorian," answered Lord Henry, shaking him by the hand. "Good-bye. I shall see you before nine-thirty, I hope. Remember, Patti is singing."
»Wir stehen erst am Anfang unserer Freundschaft, Dorian«, erwiderte Lord Harry und schüttelte ihm die Hand. »Adieu! Ich hoffe, dich vor halb zehn zu sehen. Vergiß nicht: die Patti singt.«
"We don't know who he is, sir. That is what I took the liberty of coming to you about."
»Wir wissen nicht, wer es ist, gnädiger Herr. Deshalb war ich so frei, herzukommen.«
"Let us go to the theatre to-night," said Lord Henry. "There is sure to be something on, somewhere. I have promised to dine at White's, but it is only with an old friend, so I can send him a wire to say that I am ill, or that I am prevented from coming in consequence of a subsequent engagement. I think that would be a rather nice excuse: it would have all the surprise of candour."
»Wir wollen heute abend ins Theater gehen«, meinte Lord Henry. »Irgendwo wird sicher was los sein. Ich habe zwar zugesagt, im White-Klub zu soupieren, aber mich erwartet nur ein alter Freund; ich kann ihm also ein Telegramm schicken, daß ich nicht wohl sei oder infolge einer späteren Verabredung nicht kommen könne. Das würde ich für eine reizende Entschuldigung halten. Sie hat einen förmlich überraschenden Duft von Aufrichtigkeit.«
"A very charming artistic basis for ethics, Dorian! I congratulate you on it. But how are you going to begin?"
»Wirklich eine entzückende, künstlerische Grundlage für Moral, Dorian. Ich gratuliere dir dazu. Aber wie willst du damit anfangen?«
"Where I heard the name of Dorian Gray."
»Wo ich den Namen Dorian Grays gehört habe.«
"Where else should I be?" he answered, listlessly. "None of the chaps will speak to me now."
»Wo soll ich sonst sein?« antwortete er gleichgültig. »Kein Mensch will jetzt mehr mit mir sprechen.«
"Where was it?" asked Hallward, with a slight frown.
»Wo war das?« fragte Hallward mit leichtem Stirnrunzeln.
"Where were you yesterday?"
»Wo warst du gestern?«
"Where are you lunching, Harry?"
»Wo wirst du frühstücken, Harry?«
"Where, sir? Where is he?" he shouted. At the same time, the firing ceased along the line.
»Wo, Herr? Wo ist er?« rief er. Im selben Augenblick hörte das Schießen auf der ganzen Linie auf.
"Remembered what, Harry?"
»Woran erinnerst du dich, Harry?«
"What are you two talking about?" said Lord Henry, strolling over to the table and putting his cup down. "I hope Dorian has told you about my plan for rechristening everything, Gladys. It is a delightful idea."
»Worüber sprecht ihr beide?« fragte Lord Henry, während er gemächlich zu dem Teetisch ging und seine Tasse niederstellte. »Ich hoffe, Dorian hat dir von meinem Plan, alles umzutaufen, erzählt, Gladys. Es ist eine allerliebste Idee.«
"What do you mean?"
»Wovon sprichst du?«
"Safe from what, Dorian? You are in some trouble. Why not tell me what it is? You know I would help you." "I can't tell you, Harry," he answered sadly. "And I dare say it is only a fancy of mine. This unfortunate accident has upset me. I have a horrible presentiment that something of the kind may happen to me."
»Wovor sicher, Dorian? Du hast Unruhe. Warum sagst du mir nicht, was es ist? Du weißt, daß ich dir helfen könnte.« »Ich kann es dir nicht sagen, Harry«, erwiderte er traurig. »Und es mag wohl alles nur Einbildung sein. Der unglückselige Zwischenfall hat mich aus dem Gleichgewicht gebracht. Ich habe eine schreckliche Vorahnung, daß mir etwas Ähnliches zustößt.«
"Ten minutes past two, sir," answered the man, looking at the clock and blinking.
»Zehn Minuten nach zwei, gnädiger Herr«, sagte der Mann mit einem blinzelnden Blick auf die Uhr.
"Ten minutes past two? How horribly late! You must wake me at nine to-morrow. I have some work to do."
»Zehn Minuten nach zwei? Wie schrecklich spät! Sie müssen mich morgen um neun Uhr wecken. Ich habe zu tun.«
"All right, sir."
»Zu Befehl, gnädiger Herr.«
"I am afraid it is not Harry, Mr. Gray," answered a shrill voice.
»Zu meinem Bedauern ist es nicht Harry, Herr Gray«, antwortete eine schrille Stimme.
"Too strong! Surely not, my dear fellow? It is an admirable place for it. Let me see it." And Hallward walked towards the corner of the room.
»Zu stark? Gewiß nicht, mein Lieber. Es hat einen untadeligen Platz. Laß mich's mal sehen!« und Hallward schritt in die Zimmerecke.
"Too much of yourself in it! Upon my word, Basil, I didn't know you were so vain; and I really can't see any resemblance between you, with your rugged strong face and your coal-black hair, and this young Adonis, who looks as if he was made out of ivory and rose-leaves. Why, my dear Basil, he is a Narcissus, and you-- well, of course you have an intellectual expression and all that. But beauty, real beauty, ends where an intellectual expression begins. Intellect is in itself a mode of exaggeration, and destroys the harmony of any face. The moment one sits down to think, one becomes all nose, or all forehead, or something horrid. Look at the successful men in any of the learned professions. How perfectly hideous they are! Except, of course, in the Church. But then in the Church they don't think. A bishop keeps on saying at the age of eighty what he was told to say when he was a boy of eighteen, and as a natural consequence he always looks absolutely delightful.
»Zuviel von dir soll darin sein? Auf mein Wort, Basil, ich hätte nie geahnt, daß du so eitel bist; ich kann wirklich nicht die blasseste Ähnlichkeit entdecken zwischen dir mit deinem groben, eckigen Gesicht und deinem kohlschwarzen Haar und diesem jungen Adonis, der so aussieht, als sei er aus Elfenbein und Rosenblättern erschaffen. Nein, mein lieber Basil, es ist ein Narziß, und du -- natürlich hast du ein geistvolles Gesicht und so weiter. Aber Schönheit, wirkliche Schönheit hört da auf, wo der geistvolle Ausdruck anfängt. Geist ist an sich eine Art Übermaß und zerstört das Ebenmaß jedes Gesichts. Im Moment, wo man sich ans Denken begibt, wird man ganz Nase oder ganz Stirn oder sonst etwas Greuliches. Sieh dir doch mal alle die Männer an, die in gelehrten Berufen etwas geleistet haben. Sind sie nicht alle ausgesprochen häßlich? Natürlich die Männer der Kirche ausgenommen. Aber in der Kirche denken sie eben nicht. Ein Bischof sagt mit achtzig Jahren noch unveränderlich dasselbe, was ihm als achtzehnjährigem Bengel beigebracht wurde, und infolgedessen sieht er immer entzückend aus.
INQUEST ON AN ACTRESS.--An inquest was held this morning at the Bell Tavern, Hoxton Road, by Mr. Danby, the District Coroner, on the body of Sibyl Vane, a young actress recently engaged at the Royal Theatre, Holborn. A verdict of death by misadventure was returned. Considerable sympathy was expressed for the mother of the deceased, who was greatly affected during the giving of her own evidence, and that of Dr. Birrell, who had made the post-mortem examination of the deceased.
»_Leichenschau einer Schauspielerin._ Eine gerichtliche Untersuchung wurde heute morgen von Herrn Danby, dem Bezirks-Leichenbeschauer in der Bell Tavern, Hoxton Road, über den Leichnam von Sibyl Vane, einer jungen Schauspielerin, die seit kurzem am Royal Theater in Holborn engagiert war, abgehalten. Es wurde auf Tod durch einen Unglücksfall erkannt. Reges Mitgefühl erweckte die Mutter der Verblichenen, die während ihrer Aussage und der des ~Dr.~ Birrel, der die Obduktion der Leiche vorgenommen hatte, ihrem Schmerz erschütternden Ausdruck gab.«
"Fin de siècle," murmured Lord Henry. "Fin du globe," answered his hostess. "I wish it were fin du globe," said Dorian with a sigh. "Life is a great disappointment."
»~Fin de siècle~«, flüsterte Lord Henry. »~Fin du globe~«, entgegnete die Gastgeberin. »Ich wollte, es wäre ~fin du globe~«, sagte Dorian mit einem Seufzer. »Das Leben ist eine große Enttäuschung.«
"For the most trivial things, Mr. Gray, I assure you. Usually because I come in at ten minutes to nine and tell her that I must be dressed by half-past eight."
»Über die geringsten Dinge, Herr Gray, glauben Sie nur! Gewöhnlich, wenn ich zehn Minuten vor neun nach Hause komme und ihr sage, daß ich bis halb neun angezogen sein muß.«
The same nervous staccato laugh broke from her thin lips, and her fingers began to play with a long tortoise-shell paper-knife.
Über ihre dünnen Lippen kam wieder das nervöse Stakkatolachen, und ihre Finger begannen mit einem langen Papiermesser aus Schildkrot zu spielen.